Scheibchen-MiDu

als ich im März 2012 meine Duetta TOPs gebaut hatte und mein Baubericht hier im Forum veröffentlicht wurde, schloss ich mit den Worten: „Was erwartet mich erst nach der Erweiterung zur MiDu, ich freu mich schon drauf!!!!“ Nun, als ich das neue Projekt endlich beginnen wollte, gab es die MiDu nicht mehr, sie war von der MiDu2 abgelöst worden. Also habe ich die halbfertigen Pläne auf die MiDu2 abgeändert, was nicht lange dauerte, da sie eh fast baugleich sind.

Da meine bisherigen Bauten doch eher schlicht und „normal“ ausfielen, wollte ich dieses Mal etwas Extravagantes und Besonderes erschaffen, zumal diese Lautsprecher wohl an der Spitze des Selbstbaus stehen. Dem sollte das Gehäuse in nichts nachstehen. Also entwarf ich im CAD ein um 5° nach hinten geneigtes TT-Abteil und, um die Hörposition zu treffen, eine um 5° nach vorne geneigte HT/MT-Kammer. Das Ganze sollte von gerundeten Seitenwänden flankiert sein.

Um nun diese gezeichnete Form in die Realität umzusetzen ging ich einen anderen Weg als die meisten mit diesem Vorhaben. Während einige die gerundeten Seiten aus Biegeholzplatten oder mehreren dünnen Schichten verleimen, habe ich mich dafür entschieden den Lautsprecher aus einzelnen MDF-Segmenten aufzubauen.

Am 26. Februar klingelte es an der Tür und der Spediteur lieferte die bestellten Zuschnitte. Jeder Lautsprecher besteht aus 52 Segmenten mit einer Stärke von 25mm, wobei Bassreflexkanal und Verstrebungen eingearbeitet wurden. Die fünf Riesenpakete in den 2. Stock hochgeschleppt, ausgepackt und zur Probe aufeinandergestapelt, war ich froh über die gelieferte Qualität.

Zum darauf folgenden Turmbau zur MiDu richtete ich mir ein kleines Basteleck in unserem Kellerabteil ein. Die einzelnen Scheiben wurden mittels Riffelstäben zentriert und an den Kontaktflächen verleimt. Insgesamt gingen drei große Flaschen Fugenleim drauf.

Die TT- und die MT/HT-Kammer bleiben noch getrennt, da es so einfacher ist, die Komponenten zu montieren. Zudem sollen beide Kammern ein unterschiedliches Oberflächenfinish bekommen. In beiden Fällen war erst einmal Schleifen angesagt…und schleifen. Da ich dies nur schwerlich in unserem Mietkeller bewerkstelligen konnte, fand ich geeignete Unterkunft in der Werkstatt eines Freundes, vielen Dank dafür!

Vorgeschliffen konnte ich nun endlich mit dem Oberflächenfinish beginnen. Der TT Korpus sollte mit einer Schellack-Politur und die TOPs mit Palisanderfurnier veredelt werden. Wer noch nicht mit Schellack gearbeitet hat, dem sei gesagt, mach es nur, wenn du ZEIT und GEDULD hast. Dies trifft für mich jedenfalls in beiden Fällen nicht zu und ich habe mich des Öfteren für meine Entscheidung verflucht. Es klebt fürchterlich und, wenn man ungeduldig ist, muss man umso öfter zwischenschleifen und nachbessern.

Bei den TOPs habe ich mich beim Furnieren für die Pattex Methode entschieden, was erstaunlich gut und problemlos funktionierte. Hierbei werden beide Klebeflächen mit Sprühkleber versehen, ca. 5 Minuten antrocknen lassen und gefügt. Die Furnierblätter lassen sich zwar nicht mehr korrigieren, aber mit vier Händen klappt das ganz gut. Die überstehenden Kanten werden mit einem Cuttermesser so weit wie möglich gekürzt und mit feinem Schleifpapier 400er geschliffen. Danach habe ich das Palisanderfurnier mit roter Beize angefeuert.

Die Ausschnitte der Chassis wurden mit Hilfe von Oberfräse und Fräszirkel erstellt. Nach gefühlten, nervenzerreißenden 154 Schichten Schellack waren auch die TT-Korpusse soweit. Die Gehäuse konnten endlich die Heimreise antreten!

Die FQW waren zwischenzeitlich verlötet und die Bausätze längst geliefert. Die Terminals sind aus 4mm Aluminiumplatten gefertigt und auf einer Rundbiegemaschine der Rundung des Gehäuses angeglichen.

Der Zusammenbau dauerte dann doch einen ganzen Abend, danke hier an meine Frau, die mich dabei tatkräftig unterstützte.

Mehr als ein halbes Jahr später spielen die MiDu2 nun seit zwei Wochen in unserer Wohnung. Die TOP-Teile wurden final noch mit zwei Schichten Bootslack überzogen.

Um nun an den Baubericht der Duetta TOP anzuschließen: Was mich nach der Erweiterung auf die MiDu(2)s erwartet? Ich bin im Lautsprecherolymp angekommen!!

Alles, was die TOPs so einzigartig richtig machen, machen die MiDus mit noch mehr Überlegenheit und Nachdruck. Dieser unangestrengte Detailreichtum über alle Frequenzen, ohne dass leisere Töne von lauteren überlagert oder gar verschluckt werden, ist sehr imposant und macht unglaublich viel Freude. Ich bin ein überzeugter Alleshörer von Klassik, Blues, Soul, über Folk, Rock, Pop, bis HipHop, Electro. Nach zwei Wochen intensiven Hörens kann ich mit Bestimmtheit sagen, alles macht Spaß!

Die Bluesklasse spielt nicht nur Blues und Jazz auf höchstem Niveau. Ich kann die MiDu2 auch allen Hörern, die „moderne“ Musik spielen und diese auch mal richtig dreckig krachen lassen wollen, nur bestens empfehlen, es ist ein Erlebnis! Singer Songwriter z. B. (Agnes Obel, Bella), leise und feine Klänge gibt sie auf eine derart überwältigende Art und Weise wieder, wie ich es bisher (unter 30.000Euro) noch nicht gehört habe.

 

Vielen Dank!

Bernhard


Nicht mehr lieferbar

 

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.acoustic-design-magazin.de/2013/11/10/scheibchen-midu/

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
0
Kommentar schreibenx