Es war Mittwoch, der 5. Dezember 2012. Ich war auf der Suche nach Ideen für ein AV-Möbel. Beim Abklappern der örtlichen Möbelgeschäfte hatte ich nichts Brauchbares gefunden. Daher schaute ich mich mal im Web um. Meine Suche führte mich direkt zu einem grossen Hi-Fi-Forum. Da muss es dann so nach ca. 10 Minuten passiert sein: Ein unbedarfter Klick führte mich auf lautsprecherbau.de und schon hatte ich mir einen „Virus“ eingefangen! Der wurde sofort aktiv und ich zeigte unmittelbar die ersten Symptome.
Diese äusserten sich in stundenlangem Schmökern auf lautsprecherbau.de. Keine zwei Tage später brach die Krankheit vollständig aus! Ich nahm noch an selben Freitagabend um 21:30 per Mail mit Udo Kontakt auf und stellte Fragen zur «Little Princess» – dem einzigen wirksamen Gegenmittel. Seine Antwort erreichte mich noch am selben Abend!
Einige Mails später war die „Medizin“ genau auf mich abgestimmt und die Little Princess bestellt. Gleich mit dazu die Teile für die Gehäuse in 22 mm MDF. Es sollte ja schnell gehen… nur da kamen die Weihnachtsfeiertage! So musste ich noch einige Tage durchhalten. Am Donnerstag, dem 3. Januar waren dann die beiden schweren Pakete da. Patrick, mein Filius, half mir gleich beim Auspacken.
Zum Vorschein kamen die fein säuberlich verpackten Teile, welche wir uns als Lautsprecherselbstbauneulinge erst einmal genauer anschauen mussten.
Noch am selben Abend nahmen wir den Bau der ersten Box in Angriff. Die Gehäuseteile hatten eine 45° Gehrung. Als erstes legten wir sie auf der Werkbank zurecht.
Wir beschlossen daraufhin für das Verleimen Klebeband und einen Spanngurt zu Hilfe zu nehmen. Dabei eigneten sich Teile der Schutzkanten aus der Verpackung ideal als Kantenschoner. So gelang es uns die „Kiste“ ziemlich genau zusammen zu fügen.
Am Freitag stieg ich gleich nach der Arbeit wieder hinab in den Bastelkeller. Das zweite Lautsprechergehäuse entstand auf dieselbe Art wie das erste. Dies ging schon deutlich flotter von der Hand. Die eingesparte Zeit ging aber locker wieder flöten, weil die Weichen für die Mittel- und den Hochtöner doch etwas komplizierter im Aufbau sind als die der Tieftöner. Glücklicherweise hatte ich noch zwei Lochrasterplatinen, welche perfekt auf ein Versteifungsbrettchen der «Little Princess» passten. Darauf „arrangierte“ ich probeweise die Bauteile gemäss Schaltplan. Hier ergab sich dann auch eine der wenigen Schwierigkeiten. Ich kannte die Farbcodes der Widerstände nicht und musste mich erst mal im Web schlau machen. Den Tipp einfach ein Messgerät zu nehmen und die Widerstände zu messen, las ich leider erst zwei Wochen später. Der darauf folgende Samstag war dann ganz den kleinen Prinzessinnen gewidmet. Ein Grossteil des Morgens ging für den Bau der beiden Weichen drauf. Mit dem Ergebnis war ich aber zufrieden.
Sobald alle Langschläfer aufgestanden waren, warf ich die Oberfräse an und rundete die Kanten der Gehäuse ab. Den ganzen Tag hindurch baute ich weiter an den Lautsprechern. Mein Sohn half mir jeweils bei den Arbeiten, welche eine dritte oder vierte Hand benötigten. Das war vor allem bei allen Lötarbeiten sehr praktisch. So konnten wir abends um 23:00 Uhr den Rohbau abschliessen.
Die «Little Princesses» wurden gleich an ihrem Bestimmungsort aufgestellt. Meine Frau schaute sich gerade im Fernsehen einen Film an. Natürlich durfte sie sich den zu Ende anschauen, hatte sie mich doch die letzen drei Tage boxenbaubedingt kaum gesehen.
Ich schloss die Lautsprecher trotzdem an und erschrak! Hatte ich etwas falsch gemacht? Ich hörte keinerlei Bässe! Was war da los? Nach einem „Kniefall“ vor der linken Prinzessin mit dem Ohr an der Membran war aber klar: Da bewegt sich doch was! Flugs die Lautstärke etwa hochgedreht und es wurde mir klar, wie mies der Soundtrack dieses B-klassigen Bollywood-Streifens war!
Ich musste noch eine knappe halbe Stunde ausharren, dann war es soweit. Der Player bekam von Pink Floyd «The Dark Side of the Moon» ins Laufwerk und bei mir im Wohnzimmer ging nachts um 23:30 die Sonne auf! Danach durften noch AC/DC, Eric Clapton und die Dire Straits die Lautsprecher einweihen. Ich kann nur sagen: „Zum Glück wohne ich in einem Einfamilienhaus!“
Die nächste Woche verbrachte ich jede freie Minute mit einem Dauergrinsen im Gesicht vor meinen unfertigen Lautsprechern. Davon ausgenommen war nur die Zeit, welche ich für den Bau der Abdeckungen aufwendete. Eigentlich sind die Prinzessinnen viel zu schön, um sie mit Abdeckungen zu verschandeln, aber wir haben zwei neugierige „Stubentiger“, welche nur zu gern ihre Krallen an allen möglichen und unmöglichen Stellen schärfen.
Damit die Abdeckungen auch schön passen, fertigte ich aus Fotokarton eine Schablone an. Diese wurde mit einem Klebestreifen an der Box befestigt. So konnte die Lage der Verstrebungen Millimeter genau geprüft werden.
Nach dieser Schablone fräste ich die Rahmen aus 15 mm Birkensperrholz mit der Oberfräse aus. Mit derselben Maschine wurden anschliessend die Kanten gerundet. Danach erhielten die Rahmen die Bohrungen für die Befestigungen. Noch vor dem Abendessen (man beachte das nächste Bild) wurden die Bohrungen auf die Lautsprechergehäuse übertragen.
Dazu richtete ich den Rahmen auf dem Gehäuse aus und fixierte ihn mit zwei Zwingen. Danach wurden die Löcher für die Befestigungsdübel durch den Rahmen hindurch vorgebohrt. Nun kam der Rahmen weg und die Löcher wurden auf den endgültigen Durchmesser aufgebohrt. So ist ein absolut perfekter Sitz des Rahmens gewährleistet.
Meine Lautsprecher waren somit fertig! Das redete ich mir nun für fast zwei Wochen ein. Schon allein der Gedanke, während Tagen auf den Klang meiner neuen Schätzchen verzichten zu müssen, lies mich die Tatsache verdrängen, dass die Boxen noch lackiert werden mussten. Ich erwischte mich sogar dabei, wie ich plante, die Fertigstellung in den Sommer hinein zu verschieben, weil es dann wärmer wäre, was die Farbe schneller trocknen lassen würde!
Ich befürchtete, dass die Prinzessinnen so nie ganz fertig werden würden und gab mir einen Ruck. Unter der Woche kaufte ich Grundierung und Farbe ein, und wieder an einem Freitagabend demontierte ich die Chassis und verpackte sie fein säuberlich in die aufgehobenen Originalkartons.
Die Boxen bekamen am Boden je vier Bohrungen für die Einschlagmuttern der QTC Spikes von ViaBlue. Diese fand ich bei einem HighEnd-Fachgeschäft in meiner Nähe. Dort sah ich das erste Mal in meinem Leben eine Vorstufe mit zwei Endstufen zum Preis von 35‘000 Euro (war eine Occasion, Neupreis lag bei 60‘000 Euro) – Sachen gibt’s!
Danach verspachtelte ich alle Unebenheiten mit Epoxid-Spachtel und schliff die Gehäuse in mehreren Durchgängen mit immer feinerem Sandpapier. Als Malerwerkstatt wurde die Waschküche auserkoren. Weil es da aber zu kalt war, kaufte ich mir noch einen kleinen Ölradiator, den ich später im Modellbahnkeller einsetzen werde. Da ich für den Boden nicht bei jeder Farbschicht einen zusätzlichen Arbeitsgang mit anschliessender Trocknungszeit einschieben wollte, baute ich mir aus Holzresten und Gewindestangen zwei Bodenplatten. Die Gewindestangen steckte ich in die Bohrungen für die Füsse. So konnte ich, wenn auch mit Verrenkungen, den Boden immer gleich mitstreichen.
Am Sonntag dann kam die erste, echte Farbe auf die Gehäuse. Das „sündige“ Rot passte schon besser, deckte aber noch nicht ganz. Ich liess die Farbe diesmal fünf Stunden trocknen, bevor ich die Gehäuse schliff. Bei der ganzen Schleiferei wurde mir schnell klar, dass ich es nicht auf Hochglanz anlegen konnte und wollte. Mir gefielen die leichten Unebenheiten im Lack, die von der Rolle stammten. Ich finde, es steht den Boxen sehr gut. So wurden nur die gröbsten Unebenheiten mit feinem Schleifpapier beseitigt, bevor der zweite Farbauftrag erfolgte.
Danach konnte ich an diesem Sonntagabend nicht weiter machen. Am Montag war wieder arbeiten angesagt, aber am Montagabend wurden die Prinzessinnen fertig gestellt! Zuerst wurden die Spikes montiert. Da die Einschlagmuttern im MDF nicht richtig hielten klebte ich sie mit etwas Zweikomponentenkleber in ihre Löcher. Das saß bombenfest.
Die Kabel wurden angelötet und alle anderen Teile kamen wieder an ihren Platz. Wie alles fertig war, stellten wir die «Little Princesses» im Wohnzimmer auf. Seither stehen sie da und erfreuen nicht nur das Ohr, sondern auch die Augen – das würde sicher auch Herr Rach so sehen.
Die Prinzessinnen werden noch kleine Granitplatten anstelle der provisorischen Bretter unter die Spikes bekommen, womit die Behandlung der „Virus-Infektion“ abgeschlossen wäre. Ich kann jedoch schon heute sagen, dass ich noch nicht ganz genesen bin. Ich plane bereits einen völlig unnötigen Ausbau mit einem Center, eventuell zwei Rears – und da wäre doch noch immer dieses alte, potthässliche AV-Möbel unter dem Fernseher!
Damit wäre der Baubericht abgeschlossen. Ich bin mir aber sicher, der eine oder andere möchte noch etwas zu meiner Meinung über den Klang der «Little Princess» wissen. Dazu muss ich vorausschicken, dass ich nicht der Experte bin, welcher über zig Vergleichsmöglichkeiten und womöglich über ein absolutes Musikgehör verfügt. Ich kann nur meine subjektiven Erfahrungen wiedergeben.
Die «Little Princess» klingt für meine Ohren phänomenal! Am ersten Abend hatte ich noch meine 30 Jahre alten Boxen parallel über einen Lautsprecherumschalter angeschlossen. Ich musste fast zwanghaft immer wieder umschalten. Irgendwie war der Unterschied einfach zu verblüffend und kaum fassbar!
Schaut man mit der «Little Princess» Fernsehen, so fällt zuerst auf, dass die Dialoge der Schauspieler viel besser zu verstehen sind. Hintergrundgeräusche klingen teilweise so echt und sind räumlich derart klar ortbar, dass wir anfangs öfters etwas irritiert waren. Einmal war es zum Beispiel das Geräusch einer zufallenden Tür. Meine Frau und ich blickten gleichzeitig nach rechts. Dahin, wo es bei uns gar keine Tür gibt! Aber das Geräusch klang so echt, dass wir es für real hielten und zuerst nicht die Lautsprecher als Quelle vermuteten!
Auch beim Spielen mit der Konsole ist man in einer neuen Dimension unterwegs. Die Soundeffekte springen einen richtig an und der Rennwagen in GT5 brüllt mit einer solchen Vehemenz, dass der Nachbar meint, man hätte sich einen neuen Lamborghini geleistet! Somit kann ich nur zu diesem Fazit kommen: Die «Little Princess» ist genial und klingt auch so!
AV-Möbel und Center und Rears
Die LP standen nun im Wohnzimmer, aber der eigentliche Auslöser, das alte TV-Möbel, stand noch immer dazwischen. Aus Eichen-Leimholz baute ich ein neues. Ich wollte von Anfang an einen Center im Möbel unterbringen. Deshalb sah der Plan in der Mitte ein Fach vor, welches nur mit einem stoffbespannten Rahmen verschlossen wird. Als Center leistete ich mir auch eine LP, bei den Rears knauserte ich und wählte auch wegen dem WAF die SB 12 ACL. Weil die Frau meines besten Freundes bald den 50. feierte und ich noch ein passendes Geschenk benötigte, bestellte ich bei Udo gleich vier Bausätze für die SB 12 ACL.
Einen detaillieren Baubericht dazu spare ich mir an dieser Stelle und beschränke mich auf Besonderheiten und Fotos. Anders als bei den ersten LPs bezog ich das Holz nicht vorgefertigt, sondern wollte alles selber machen. Ich baute mir also einen einfachen Fräszirkel, besorgte das Holz im Baumarkt und legte los. So wurden die Gehäuse im Rohbau fertig gestellt, bevor die Teile eintrafen. Den Center grundierte und lackierte ich sogar schon.
Erst als ich die Chassis probeweise in die Löcher legen wollte, bemerkte ich, wie unsauber ich gearbeitet hatte. Zwei der Löcher waren zu klein und zwei hatten die falsche Frästiefe. Kurz: Das Gehäuse war ein wirtschaftlicher Totalschaden! Ich hätte das wahrscheinlich noch „hinbiegen“ können, aber der Aufwand dafür lohnte nicht. Für etwas über 20 Euro besorgte ich mir nochmals das MDF und 24 Stunden später hatte ich den Center fertig gebaut und ins AV-Möbel „verfrachtet“.
Ich habe alle Anschlüsse für Strom, Netzwerk, Sat-TV zentral an der Wand. Das Möbel steht genau vor den Dosen und ist in der Mitte offen. Vorne wird der Bespannrahmen mit vier Möbelschnäppern eingeklinkt. Er verdeckt den Center und den ganzen Kabelsalat, inklusive dem WLAN Access Point und dem Ethernet Switch.
Als Tüpfelchen auf dem i liess ich mir zwei schwarze Granitplatten aus indischem «Nero Assoluto Extra» mit den Massen 22.5 cm x 28 cm anfertigen, welche unter den Spikes der LP platziert wurden. Das war zwar teuer, aber sieht um Welten besser aus als die provisorisch unterlegten MDF-Bretter.
Damit habe ich das Projekt Boxenselbstbau vorerst abgeschlossen. Mit dem Resultat bin ich mehr als zufrieden. Das gilt auch für die SB 12 ACL. Klar zieht sie gegen die LP den Kürzeren, aber es ist schon erstaunlich, was aus der relativ kleinen Box an Klang herüber kommt. Auch die mit dem zweiten Pärchen beschenkte Jubilarin hatte beim ersten Hören in ihrem Wohnzimmer das mir schon bekannte Dauergrinsen im Gesicht! Ausserdem kann ich ja jederzeit noch zwei LP bauen und vielleicht noch zwei Subwoofer… Ich glaube, da ist er schon wieder – der Virus!
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