Home Foren Offtopic (allgemeines Geplapper…) Auflösungsvermögen des menschlichen Gehörs Antwort auf: Auflösungsvermögen des menschlichen Gehörs

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Sparky

    Guten Abend Rincewind,

    ich zähle mich da eher zu den “normalos”, das ist aber auch sehr viel “Kopfsache” und Selbstreflektion.
    Daher wird dieser Thread sicherlich ein interessanter, bei dem man gern eine Chaiselongue in den Raum schieben kann.

    Zur Physik: Meinereiner hört noch von 22-18500 Hertz, letzter Test vor zwei Jahren betriebsärztliche Pflichtuntersuchung (mag also auch fortschreitend degeneriert sein). Geboren bin ich ’87

    Zum Gehirn: Ich bin Empiriker. Ich glaube, was ich messen und beweisen kann, bin mir aber durchaus bewusst, dass man die Sinne perfekt täuschen kann. Messen ist also nicht gleich hören, denn das Gehirn ist ein Meister der Interpolation. Soll heißen: Wenn die Hörfähigkeit abnimmt, ist das Gehirn bis zu einem gewissen Maße gut in der Lage, die fehlenden Bausteine mittels “Korrekturalgorithmus” zu ergänzen.

    Das beste Beispiel ist beispielsweise Beethoven, der trotz seiner Taubheit noch ein ausgezeichneter Komponist war, am Ende ohne die Möglichkeit, die Komposition “korrekturzuhören”.
    Des weiteren sind auffallend viele musikalisch begabte Menschen Synästhetiker, soll heißen, Musik wirkt auf diese Personen sinnübergreifend und regt parallel noch andere Sinne an, weshalb Musik auch vielfach mit anderen Sinneseindrücken wie Farbe, Temperatur und co. beschrieben wird.

    Als letztes greift noch die Erklärungslücke: Alle Sinnesreize (Licht in Form elektromagnetischer Wellen, Schall in Form von Druckschwankungen usw) trifft in physikalischer Form auf die entsprechenden Rezeptoren unseres Körpers und wird in elektrische Nervenimpulse umgesetzt, die unser Gehirn verarbeiten muss. Daher ist es bei solchen Sinneseindrücken schlicht nicht möglich, eine einheitliche Erklärung / Normung zu finden. Als Beispiel: zwei Personen betrachten eine rote Erdbeere. Person A sagt zu B, die Erdbeere sei rot und B stimmt zu, weil ihr Sinneseindruck in unserer Sprache mit dem Wort “Rot” ausgedrückt wird. Trotzdem weis A noch nicht, was B tatsächlich sieht, beide nutzen nur das gleiche Wort. Ist B teilweise farbenblind, KANN sie gar nicht das gleiche sehen. Und ob, sie, selbst wenn sie Trichromat ist, das gleiche sieht, bleibt auch auf ewig ein Rätsel.Warum das so ist, lässt sich mit folgender Aufgabe erklären: Erklärt mal einer Person, die von Geburt an blind ist, die Farbe Rot OHNE auf umschreibende Wörter wie “warm” etc. zurück zu greifen. Ebenso verhält es sich mit Musik und hören. Wie erklärt man einer Person, die Taubstumm ist, Musik? Die Person kann Musik nur über Körperschall wahrnehmen und wird vermutlich lieber bassbetonte, bzw. laute Musik “hören” wollen.
    (“Musik nur, wenn sie laut ist” / Herbert Grönemeyer)

    Aus diesem Grunde finde ich dieses Thema höchst faszinierend, auch wenn am Ende sicherlich 500 Meinungen von 400 Menschen hier stehen werden. Somit darf von mir aus jeder gerne das hören, was sein Gehirn glaubt, aus dem gegebenen Input zusammenzuschustern zu können 😀
    Daher klappt ja auch MP3 hervorragend, es wurde einfach an einer Vielzahl von Menschen erprobt, ab welcher zeitlichen und tonalen Schwelle eine Änderung eines Tons wahrgenommen werden kann und in wie weit das Gehirn in der Lage ist, fehlende Informationen unbemerkt zu ergänzen. Im Blindtest kann eine hochauflösende MP3 selbst von “geschulten” Ohren nicht mehr treffsicher erkannt werden,
    was natürlich auch an der Musik selbst liegt.

    So viel zu meiner Wissenschaftlichen Meinung.
    Nun zu mir und worauf ich achte:
    Ich mag Musik ebenfalls “farbig”, d.h. gern mit den dazu passenden Obertönen. Diese “Verfärbung” empfinde ich oftmals als angenehmer als das Ausgangsmaterial, daher auch meine Affinität zu Röhrenverstärkern. Andersherum mag ich aber keinen “Bollerbass”, daher “paare” ich dann Röhre mit Eton, denn die hie Güte der Chassis gleicht die nicht vorhandene Präzision im Bass recht gut aus.
    Der Rest ist alleine persönlicher Geschmack und Aufnahme. Knackt eine CD, sage ich “Fehler!”, knackt eine Schallplatte, sage ich “Kaminfeuerromantik”. Bei hochauflösenden Aufnahmen wie Klavier bin ich wesentlich besser darin, von Grund auf schlechte oder totkomprimierte Aufnahmen zu erkennen als bei Bravohits. Was dann auch die Komponente Tontechniker in´s Spiel bringt und wie fähig der ist bzw. wie viel der gesoffen hat vor der Aufnahme. Es gibt Aufnahmen, die sind schlecht gemacht und die höre ich nicht gerne, es gibt Aufnahmen, die sind schlecht gemacht und ich mag sie trotzdem (da hilft dann auch kein HiRes-Format, Shit in -> Shit out) und es gibt gute Aufnahmen, die ich gerne mag und solche, die ich trotzdem nicht hören will, weil es nicht mein Geschmack ist. Die Kette spielt bei mir in sofern eine Rolle, als dass ich auf einer hochauflösenden Kette lieber die guten Aufnahmen höre (es gibt mehr zu entdecken) und auch weniger gut auflösenden Ketten lieber die schlechteren (sie werden nicht so bloßgestellt)

    Das waren meine zehn Cent zu dem Thema 😉

    Gruß,
    -Sparky

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