9. Juli 2017

Jensens Granduetta

Autor: Jensen

Nach Jahren glücklicher Beschallung aus zwei Doppel 7 stand im Mai der Umzug in eine Wohnung an, die sich nur als „Traum“ bezeichnen läßt. Über 150 qm auf nur 2,5 Zimmer, ein Wohn-/ Esszimmer von sage und schreibe 95 qm, und das auch noch unterm Dach, also bis zu 4 Meter hoch.

Der geniale Nebeneffekt war….dass meine Doppel 7 „leider zu klein sind für den großen Raum, da muss was Größeres her“. Meine Freundin reagierte gelassen: „Super, finde ich klasse, wenn die dann NOCH besser klingen als die D7“ – Dem Bau eines größeren Lautsprechers stand also nichts im Weg.

Da ich als ER4-Fan die schon vorhandenen Chassis aus der Doppel 7 gerne weiter verwenden wollte, fiel die Wahl schnell auf die „Granduetta“. Mir schwebte etwas Ähnliches vor wie Werner’s GD, ich wollte sie gerne etwas schlanker und dafür tiefer. Nur – 180 Liter für den Bass und 24 Liter für MT/HT müssen ja auch irgendwo untergebracht werden. Zweiteilig wollte ich sie haben, gefiel mir besser und vor allem sollte man sie auch tragen können (Dachwohnung ohne Lift…)

Bei der Ideensuche im Internet fiel mein Blick auf die Lautsprecherboxen eines Schweizer Herstellers. Da meine Rahmenbedingungen erfüllt waren, war die Entscheidung schnell getroffen, diese Idee an meine Wünsche anzupassen. Ein Freund mit professioneller CAD-Software bot mir Hilfe an und so ging es ans Design und die Planung. Nach ein paar konstruktiven Stunden am Rechner war eine ziemlich gute Symbiose entstanden.

Aufgrund der benötigten Volumina war klar, daß die Granduetta niemals als „zierlich“ oder „grazil“ durchgehen würde. Meine Skizze gefiel mir gut, der rote Keil lockert der Übergang etwas auf und die 4° Neigung helfen dabei, dass die hohen Töne mein Ohr auf der Couch auch treffen. Nach zwei, drei Emails an Udo und damit verbundenen, kleinen Änderungen gab es von ihm grünes Licht und der Spaß konnte beginnen.

Also ran an die Holzbestellung. Das Gehäuse wurde in 22er MDF bestellt, die Versteifungen in 19er Spanplatte. Für die beiden Fronten entschied ich mich, diese aufzudoppeln. 12er MDF um 12mm zurückversetzt, und dann von Udo vorgefräste 22er Fronten darauf, diese dann 10mm angefast im 45° Winkel, eine aufgesetzte Front in Carbon Folie sollte es sein. Damit wollte ich erreichen, dass die Stösse am lackierten Gehäuse nicht so deutlich hervortreten.

Eine Woche später war das Holz da und es ging an’s Leimen. Dabei wurde schnell klar, dass große Boxen und kleiner Keller nicht gut miteinander harmonieren. Es ging eng zu und nur langsam voran. Als Laie mit wenig Platz und wenig Schreiner-Hilfsmittel tat ich mich schwer, die MDF Bretter passgenau zusammen zu leimen. Hier musste ich mich in Geduld üben und immer nur 1 Brett pro Tag verleimen.

Parallel suchte ich nach einer Lösung für den roten Keil. Diese Form von Hand zu Sägen, Schleifen, Hobeln kam kaum in Frage. Glücklicherweise fand ich einen lokalen Schreiner mit 3D CNC-Fräse, der mir 2 MDF-Keile für wenig Geld passgenau herstellte.

Mittlerweile war auch Udo’s Lieferung angekommen, jetzt war alles vollständig. Aber wer baut das alles zusammen???

Für die Frequenzweichen habe ich mich für kleine Holzbretter aus dem Baumarkt-Reste-Korb entschieden, die ich passgenau zurecht sägte (getrennt nach Bass und MT/ HT). Das Layout wurde eingezeichnet, die Löcher für die Kabelbinder gebohrt, damit auch alles schön hält. Die Bauteile habe ich dann mit Heißkleber fixiert, mit Kabelbinder doppelt gesichert und miteinander verbunden. Das 2,5-er Kabel hatte ich noch in meiner Restekiste.

Und irgendwann war dann auch das letzte Brett verleimt und ich überglücklich, einen Schritt weiter zu sein. Jetzt habe ich alle Würfel mit 180er Schleifpapier bearbeitet, um die Unregelmäßigkeiten zu beseitigen, und dann die Stöße mit Spritzspachtel bearbeitet. Dieses Zeug stinkt bestialisch, Spritzspachteln sollte ausschließlich im Freien stattfinden!

Dann den Spachtel nochmal kurz mit 180er Papier nachschleifen und los ging es mit der ersten Grundierungsschicht. Ich habe mich für Udo’s Tipp „DurAcryl Fenster- und Türengrund“ entschieden. Dieser ließ sich leicht mit der Rolle auftragen und roch auch nicht unangenehm.

Ach ja: auch hier ist die Kombi Riesenboxen vs. kleiner Keller nicht sehr vorteilhaft. Zwischenschliff mit 240er Papier, nochmal rollen, und schon war die Grundierung drauf und ich konnte mit der Lackierung beginnen. Auch hier entschied ich mich für „DurAcryl Professional Weißlack seidenmatt“. Die erste Lackschicht habe ich auch mit einem 400er Zwischenschliff versehen. Nach der 2. Lackschicht war noch so viel Lack übrig, dass ich mich für eine 3. Schicht entschied. Und zwar mit vorausgehendem 600er Schliff und mit einem leicht verdünnten Lack. Mit dem Ergebnis war ich zufrieden und so kam dann final ein Schutzlack (Bergotec Aqua-Treppen & Parkett-Lack) darüber – fertig ist der Lack.

Ich wollte nicht das ultimative Klavierlack-Finish, von daher war mir ein leichter „Orangenhaut“-Look gerade recht, gerade weil er kleinere Fehler verdeckt. Ich habe mich da etwas an der Duetta von Chris3 orientiert. Wer beim Finish Perfektionist ist, dem sei ein Profi ans Herz gelegt….oder seeeehr viel Schleifpapier, Zeit und Schweiß. Die nächsten GDs werde ich vielleicht lieber furnieren ;-).

Für die Fronten gab es eine Carbon-Effekt Klebefolie, die ich günstig im Internet erstanden habe – die Profifolien waren mir einfach zu teuer. Meine Freundin ging mir beim Verkleben zur Hand, so dass gleichzeitiges Fön- und Foliehalten nicht zum Chaos wurden. Ich war überrascht, wie leicht sich die Folie im warmen Zustand über die Kanten ziehen ließ.

Jetzt wurden die Fronten aufgeleimt. Da ich sie vorher exakt zugeschnitten hatte, hat zum Glück alles gepasst und ging problemlos vonstatten. Leider sah man aus der Nähe betrachtet einige Ungenauigkeiten, die ich nochmals nacharbeiten musste (mit weißen Reparaturstift bzw. Acryl-Lack).



Dann ging es auf die Zielgerade: Löcher vorbohren, Weiche festschrauben, Dämmwolle rein, Lautsprecher anlöten und festschrauben…fertig! Und wärend der rote Lack auf den Keilen trocknete, hatte ich die Gelegenheit, meine „Queen XXL“ schon probezuhören.

Tja, und wie klingen sie? Ich habe den Eindruck, dass die d’Apolitto-Anordnung noch ein Quentchen mehr Auflösung und Tiefe bringt. Die Instrumente und Stimmen sind besser gestaffelt und ortbar. Der Bass ist knochentrocken und geht tief, ist dabei sehr dezent, was wahrscheinlich auch dem großen Raum geschuldet ist. Wie zu erwarten war, werden die Vorteile der Doppel 7 und des ER4 durch das Aufrüsten im Bassbereich aufgewertet.

Auf jeden Fall gibt’s ne Menge Gänsehaut! Ich bin im audiophilen Paradies angekommen! Die Frage ist nur: Was baue ich als Nächstes????? Ich glaube einen Röhrenverstärker 😉

Resumee:

Große Boxen und kleiner Werkraum passen nicht zueinander
Große Flächen mit top-Finish bedeuten seeeehr viel Aufwand
Eine eingesetzte + aufgesetzte Front ist schwer zu realisieren
Carbonfolie lässt sich relativ leicht verarbeiten
Alles vorher gut planen, Vorbereitung ist alles
Egal wie kompliziert: Selbstbau macht Spaß und stolz!

Jens

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Hallo Jens, auch von mir Glückwunsch zu den 2 geilen Teilen. Die Umsetzung mit dem roten Keil und die Farbkombination allgemein gefällt mir sehr gut.
Ich hoffe ich höre auch bald mal eine GD, da ich nun keine Probleme mehr mit dem WAF habe, könnte man überlegen, was man als nächstes baut.

Vielleicht ist es irgendwann an der Zeit eine Grandwhitepearl ins Leben zu rufen.

Beste Grüße

Kai

Glückwunsch Jens,
Es ist ein langer Weg zum schönen Lautsprecher, manchmal auch ein steiniger, aber die Belohnung ists wert.
Hast Du eigentlich auch ein wenig mit der Aufstellung experimentiert? So gequetscht umter der Schräge, beim linken macht die Nähe zur Seitenwand viel Bühne kaputt, nach rechts die Unendlichkeit – da sollte doch Besseres möglich sein? Von so nem cool großen Wohnzimmer können die meisten nur träumen, nutz es 😉

Matthias

Hi Matthias,
ich bin einer der Glücklichen, die schon auf Jens’ Couch zum Genuss des GD-Spektakels verweilen durften. Die Aufstellung ist in der Realität deutlich luftiger, als es auf den Bildern erscheint. Ich kenn ja inzwischen doch einige von Udos Kreationen und einige Hörräume, aber so ne Bühne hab ich bislang noch nicht erlebt. Also alles easy 😉

Gruß Max

Beruhigend zu lesen 😉

Sehr, sehr schön.
Wie groß ist die GD denn genau?

Muss mal recherchieren, wo von Koblenz aus gesehen die nächste GD zur Vorführung bereit stünde…

VG und “Happy listening”
Gerd

Ha, noch ne GD.
Da kann man nie genug von haben – je mehr davon in unseren Landen stehen, desto mehr Menschen können sie hören und auch eine basteln wollen 😉

Gruß,
-Sparky

Kaum gehört und jetzt gelesen.
Ja, das war eine tolle Vorstellung!!!
Danke Jens.
Die GD füllten den sehr großen Raum sowas von lässig, das hat was.
Die Optik finde ich sehr gelungen und sie passt hervorragend in den Raum.
Hoffe, es gibt ein nächstes Mal.
Gruß Martin

Moin Jens,
Glückwunsch zur GD!
Sehen gut aus.
Ist das ein Transrotor neben der rechten GD?

Servus Yoga,
Vielen Dank!
Du siehst richtig, das ist ein Transrotor,
allerdings ein Unikat, den gibts nicht zu kaufen.
Gruß Jens

Hallo Jens,

Glückwunsch zur GD. Sehr gut umgesetzt.

Auf dem letzten Bild sehe ich eine Marantz AV Vorstufe und Endstufen Kombination. Darüber im Fach müsste mal neu sotiert werden. 😉
Ich mein, nur für den Fall wenn du nicht weißt was noch so gebaut werden könnte.
Im Bildhintergrund sehe ich auch was mich an einen SUB erinnert.
Aber lass dich nicht abhalten einen Tube-Amp zu basteln.

Gruß schuelzken

Hallo schuelzken,
Danke für die Lorbeeren, ich brauche dir wohl nicht sagen wie viel Spaß die Dicken machen. Und du hast vollkommen recht, Martin, Max uns ich haben heute beim Hörtermin einstimmig festgestellt, dass ein D7C das nächste Bauprojekt wird 😉
S’muss halt einfach z’ammpassen.
Gruß Jens

Ja,

D7C ist bei der Raumgröße eigentlich unter minimum, gedanklich bin ich nen Schritt weiter.
Die ersten Striche sind gemalt.

Was willst hinten stellen?

Gruß schuelzken

Hinten stehen nochmal 2 baugleiche zum Center.
Ich will den Center erstmal ganz raus haben (also auf Phantom) und hören wie das klingt. Die GDs sollten das ganz gut hinbekommen.
Dann kommt ein D7C, sobald wieder etwas Geld in der Kasse ist. Hinten bleibt’s erstmal so.

Gruß, Jens

Naja Schülzken, mit wieviel Bass wird denn der Center wirklich gefüttert? Dann doch lieber die beiden 11er mit ner ordentlichen Endstufe versehen und an lfe anschließen…

Nicht falsch verstehen, Granduetta Center ist zwar Quatsch, dennoch ein cool krankes Projekt, aber zu behaupten die D7c reicht als Center nicht aus? Hust…
Oder willst Du jetzt echt behaupten Deine Mitteltöner schlagen an wenn Du aufdrehst?

Freu mich schon auf Deine Zeichnungen / Bilder, machst du nen live Planungsbericht?

Matthias

Hallo Jens,
Wieder einer. Sehr schön! Danke für den Bericht.
Komme gerade aus dem Keller und ja, Platz und Planung sind Voraussetzung für Spaß am Bauen. Ich baue gerade zwar “nur” die U_do 4 jedoch fehlt es bei mir an Ablageflächen. Bevor ich die Große angehe muss ich Platz schaffen!
Gruß
Dino

Glückwunsch, Jens!

Da steigt die Vorfreude auf heut Nachmittag ja gleich nochmal!
Die LP sind bereits verladen, die Salatkartoffel im Wasser – bis gleich! =)
Gruß Max

So, knapp ne Woche nachdem ich auf deiner Couch platz nehmen durfte, muss ich den Glückwunsch nochmal wiederholen!
Glückwunsch zu deiner Wohnung. So schön und dann auch einigermaßen bezahlbar – das gleicht hier in München einem Lottogewinn.
Und Glückwunsch zu deinen Lautsprechern. Wirklich ne tolle Umsetzung der GD, die ihren “Kindersarg” Charakter bei dir total verloren hat. Klanglich sowieso ganz großes Kino!

Gruß Max

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