6. Januar 2018

Selbstbau schnell erklärt – SB 12 ACL

Autor: derFiend

Nachdem ich bereits 2015 meinen ersten Selbstbau-Lautsprecher bei ADW bestellt hatte, ohne ihn vorher zu hören, wollte ich mir Anfang 2017 mal die Mühe machen, von München aus in´s beschauliche Bochum zu fahren, um einige Stunden in Udos Laden zu verbringen und mich für den nächsten Lautsprecher zu entscheiden. Der Weg von München aus ist natürlich nicht der kürzeste, also entschied ich mich für einen Zwischenstopp bei einem Kölner Freund. Wie es eben so ist, kam an diesem Abend das Gespräch dann auch auf den Lautsprecher-Selbstbau. Mein Bekannter Markus hörte sich meine Begeisterung mit großem Interesse an, all die Argumente vom tollem Sound zum günstigen Preis, und wie einfach das ja eigentlich alles so zu machen wäre.

Doch genau beim letzten Punkt sah ich die Skepsis in seinem Gesicht. Du wohnst auf dem Land und hast Platz und ausserdem hast Du auch Werkzeug, meinte er zu mir. Klar stimmt beides, aber eigentlich ist der Bauaufwand überschaubar, wenn man sich mit der ganz klassischen Lausprecherform zufrieden gibt. ADW liefert doch eigentlich alles, um den Bauaufwand überschaubar zu halten. Und weil Markus mir das nicht so recht glauben wollte, entstand die Idee zu diesem Bericht.

Zunächst ist die schwierigste Sache am Lautsprecher-Selbstbau eigentlich die Entscheidung, welchen der vielen Bauvorschläge man denn nun haben möchte. Diese Überlegung kann einem letztlich niemand abnehmen, aber im Forum auf dieser Webseite kann man auch jede noch so abwegige Frage dazu stellen!

Fangen wir also an mit dem Selbstbau.

1. Welches Werkzeug braucht man

Kreuzschraubenzieher
Zwingen oder Zurrgurte
Holz- oder Fugenleim

Schwingschleifer
Lötstation
Flachzange
Bügeleisen
Cuttermesser
Seitenschneider

Schraub- oder Klemmzwingen/ Zurrgurte bekommt man für recht überschaubares Geld in jedem Baumarkt. Eine Lötstation bekommt man für recht geringes Geld bei den üblichen Online-Versandhäusern. Einen Schraubenzieher, eine Flachzange und ein Bügeleisen sollte jeder halbwegs sortierte Haushalt bereits haben. Und den Schwingschleifer kann man oft im Baumarkt oder bei lokalen Maschinenverleihen für 20 Euro pro Tag (oft sogar weniger) leihen.

2. Was bekomme ich von ADW geliefert

Dem geneigten Anfänger würde ich empfehlen, bei der Bestellung des entsprechenden Bausatzes gleich die gefrästen Fronten und die fertig gelötete Weiche mit zu bestellen. Udo hält den finanziellen Aufwand dafür recht gering, auch um potentiellen Erstbauern den Einstieg so leicht als möglich zu machen. So sieht Udos Lieferung dann aus:

3. Welches Material muss ich selbst besorgen?

Primär das benötigte Holz, entsprechend dem Bauplan, der hier online zu finden ist, oder bei eigenen Anpassungen entsprechend dem Holzlistenrecher (auch hier online zu finden). Darüber hinaus braucht man eine Tube Ponal (Holzleim) und ich empfehle sogenannte Flachschuhstecker für die Verbindung der Kabel zu den einzelnen Chassis. Man kann die Kabel auch direkt anlöten, aber mit Hilfe der Stecker lassen sie sich bei Bedarf auch wieder lösen. Nach Wunsch dann noch Holzfurnier, das es auch online zu bestellen gibt. Kleiner Tipp hier, besorgt euch sogenanntes SaRaiFo Furnier (oder ähnliches), das mit einer kleiner Folienschicht unter dem Furnier versehen ist. Das hat den simplen Vorteil, dass es nach dem Aufbringen leichter zu schneiden ist.

4. Forsch an´s Werk

Zunächst gilt es, nach der gelieferten Konstruktionszeichnung ein paar Holzbretter zusammen zu kleben. Hier gibt es eigentlich keine größeren Hürden. Man überlegt sich, in welcher Reihenfolge das ganze wohl am besten zu bewerkstelligen ist, versieht eine Holzkante mit Holzleim setzt das Brett auf das andere und fixiert es mit Hilfe einer Zwinge. Hier ist als kleiner Tipp eigentlich nur zu beachten, dass man die Bretter möglichst genau aufeinander klebt, möglichst ohne unnötige Überstände zu lassen, die müssen sonst mühsam abgeschliffen werden. Darüber hinaus wird der austretende Holzleim einfach mit einem feuchten Tuch abgewischt (bitte feucht, nicht nass!). Die einzelnen Verleimungen lässt man je 30 Minuten bis eine Stunde trocknen, das fertige Gehäuse dann etwa einen Tag bei Zimmertemperatur. Udo verwendet in seinen Berichten Zurrgurte und Fugenleim. Damit muss man zügiger arbeiten, weil die Bretter erst nach dem letzten Leimauftrag verpresst werden.

Im Anschluss folgt der arbeitsintensivste Schritt, das Schleifen. Hier versucht man einfach alle entstehenden Kanten und Grate absolut eben abzuschleifen. Man kann das zwischen den einzelnen Schleifvorgängen immer mal wieder prüfen, indem man mit dem Finger über den Übergang zwischen zwei Brettern fährt. Spürt man hier keinen Übergang mehr, hat man ausreichend gearbeitet.

Dieser Arbeitsschritt sollte nach Möglichkeit an der frischen Luft durchgeführt werden. Nicht etwa, weil die so gut für euer Wohlbefinden wäre, sondern weil es beim Schleifen ordentlich staubt. Wer nicht im Anschluss noch einen Frühjahrsputz in der Wohnung durchführen möchte, sollte sich also auf den Balkon, in den Innenhof oder die Garage stellen. Die Holzböcke gibt es übrigens auch für einen 10er im Baumarkt

Ach, und beim Schleifen die Schleifstelle so legen, dass ihr Druck von oben ausüben könnt. Seitlich geht auch und spart einen Tag im Fitnessstudio…

Am Ende des Tages haben wir dann zwei komplette Gehäuse vor uns stehen, und können uns dem nächsten Schritt widmen: Löten.

Löten ist eigentlich nicht so schwierig. Falls ihr das noch nie gemacht habt, einfach mal ein kurzes Tutorial bei Youtube anschauen, wie z.B. das hier: https://www.youtube.com/watch?v=T5v3illPk8I

Im ersten Schritt überlegt man sich, wo im Gehäuse man die Weiche montieren möchte. Von diesem Ort aus misst man die benötigten Kabellängen zu den Lautsprecherchassis ab, sowie zum Terminal. Entsprechend der Längen schneidet man dann immer ein rotes und ein schwarzes Kabel zurecht. Denkt bitte daran, noch etwas Spielraum bei den Kabellängen zu lassen, um im Gehäuse auch über Reflexbretter zu kommen oder um später die Chassis auch herausheben zu können.

Wie man hier sieht, habe ich ein Kabelende bereits mit Flachschuhsteckern versehen. Diese können einfach geklemmt werden (mit der Flachzange) oder auch verlötet (sicherer). Das andere Ende wird dann jeweils an die Weiche gelötet. Wohin ist meist einfach zu identifizieren, denn Udo beschriftet die jeweiligen stellen mit z.B. HT + an die man also das rote Kabel (+) für den Hochtöner lötet.

Hat man alle Kabel an die Weiche gelötet, kann man diese im Gehäuse montieren. Udo liefert seine Weichen auf einem dünnen Holzbrett, also kann man es mit KURZEN Spaxschrauben in das Gehäuse schrauben (wenn sie hinten rauskommen, wars nicht so gut!). Alternativ kann man die Weiche auch mit Heißkleber in das Gehäuse kleben. Der Nachteil hier ist, das es etwas länger dauert, die Weiche wieder raus zu bekommen, falls man doch irgendwo eine Lötstelle nicht so perfekt hinbekommen hat…

Tja, und wenn das geschafft ist, kommt der Moment, den man beim Lautsprecherbau immer so hat: man will dann wissen, wie es klingt! Also verbindet man die Kabel mit den Chassis, indem man entweder die Flachstecker an die Chassis anbringt, oder die Kabel anlötet, schraubt sie an ihren Positionen fest und los geht’s. Die Terminals mit Lautsprecherkabel an den Verstärker anbringen, den Verstärker vielleicht nicht gleich auf volle Pulle drehen und eine CD, Vinyl oder den Stream starten – sein Bauwerk genießen!

Wenn dann die ersten Tage voller Begeisterung über den eigenen Lautsprecherbau verklungen sind, kommt noch der letzte Schritt, um auch die Optik für den jeweiligen Lebenspartner und die eigenen Augen gefällig zu gestalten.

Es gibt dabei viele Varianten, vom Lackieren, Bekleben, Beizen, Ölen usw. usf.

Um mit wenig Erfahrung und möglichst wenig Aufwand eine annehmbare Optik zu erzielen, empfielt sich meiner Meinung nach das Furnieren am ehesten. Online gibt es einige Versender von Furnieren, bei dem man sich das Material entsprechend den eigenen Vorstellungen auswählen kann.

Da die Front von Udo bereits fertig gefräst kommt, muss man das Furnier hinterher aber schneiden. Normales Furnier ist recht dünn, und reisst beim Schneiden schnell ein. Daher meine Empfehlung hier ein Furnier auf einer Trägerschicht zu erwerben. Das hat den Vorteil, dass es weniger leicht bricht, und auch dass es sich weniger wellt, wenn es durch den Auftrag von Kleber (auch hier wieder Holzleim) etwas feucht wird.

Die SB12 passten genau auf mein Bügelbrett, also musste es auch gleich als rückenschonende Unterlage herhalten.

Das Furnier schneidet man am besten vorher grob mit etwas Überstand zu. Anschließend pinselt man die Holzfläche flächig mit Holzleim ein (nicht zu viel!), legt das Furnier auf, und fährt mit dem Bügeleisen (etwa 40°) mehrmals darüber. Es empfielt sich zwischen Furnier und Bügeleisen eine Lage Backpapier zu legen, wenn man das Bügeleisen hinterher noch für seine Kleidung verwenden möchte 😉

Ein Tutorial zum Furnieren von Lautsprechern gibt es z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=1SCn0LkRmPc

Ist der Lautsprecher dann vollständig furniert, müsst ihr die Fräsungen für die Chassis wieder ausschneiden. Am besten nehmt ihr dazu einen SCHARFEN Cutter, noch besser sind Skalpelle die es z.B. für den Modellbau gibt. Ihr stecht dann in die Mitte der Fräsung und fahrt mit dem Schneider bis an den äusseren Rand der jeweiligen Fräsung. Von dort aus bewegt ihr das Messer entlang der Fräsung und fahrt diese nach. Die leichten Ausfransungen die sich ergeben, könnt ihr anschließend einfach mit etwas feinem Schleifpapier entfernen. Am Ende sieht das ganze dann so aus:

Tja, und dann seid ihr auch schon am Ende angekommen, und habt es geschafft! Künftig wird jeder Bekannte, Verwandte oder Besucher neidisch auf euer Werk sein und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, wenn ihr noch sagt, was der Spaß (nicht) gekostet hat 😉 Als echte Arbeitsstunden für den ersten Selbstbau würde ich mal etwa 10 Stunden veranschlagen. Mit den üblichen Trockenzeiten und anderen Wartezeiten eingerechnet, ist eine SB12 ACL in etwa 2-3 Tagen fertig zu bauen.

Ganz zum Schluss dann noch, was man auch als Anfänger gerne liest: die blumige Klangbeschreibung 😉

Die SB12 ACL sind für mich ein recht guter Lautsprecher gerade in Mietwohnungen. Sie machen eigentlich jede Musik mit, zeigen schnell auf, wenn eine Aufnahme technisch nicht so gut ist und zeigen, was die Musiker so drauf haben, wenn die Aufnahme entsprechend gut ist. Ich verwende sie auch für Filme und bin damit sehr zufrieden. Das Erstaunliche an den SB12 ACL ist nämlich unter anderem der Bass. Wenn man sich die dünnen Spargel so anschaut, würde man es ihnen niemals zutrauen, aber sie haben einen ausserordentlich kräftigen, und recht definierten Bass. Natürlich nicht so druckvoll, wie er es nur sein kann, wenn entsprechende Membranfläche vorhanden ist, aber so, dass man eigentlich nichts vermisst. Wie „fett“ er dann ist, lässt sich hervorragend über den Abstand zur Rückwand regeln.

Vom Mann mit Gitarre bis zu Elektro-Orgien macht die SB 12 ACL alles klaglos mit. Hinsichtlich ihrer Beschaffenheit ist sie aber eher für klassische Zimmerlautstärke und auch ein bisschen darüber zu gebrauchen, während Pegelorgien für Partys nicht so ihre Sache sind – aber wie oft hat man die schon ? Bei mir beschallen sie ein 25 qm Wohnzimmer immer exzellent, nie nervig, nie überdreht und immer so, dass man jeder Musik gerne lauscht!

derFiend

Zur SB 12 ACL im Online-Shop

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Moin,
das passt ja wie Faust aufs Auge. Mein Paket SB12 ist letzte Woche gekommen. Aufbau strikt nach Udos Vorlage, da ich auf den Multiplexlook stehe. Heute bekamen die Spargel die letzte Ölung mit dem guten Osmo matt.
Am Mittwoch wird noch mit Freunden gelötet und dann sogleich Musik genossen. Da das alles nichts neues ist, spare ich mir den Bericht und freue mich über deinen umso mehr.

Gruß Enrico

Nachtrag:
Seit 2 Stunden sind die kleinen Raketen fertig. Ich lausche diversen Quellen und freu mich. Fürs Schlafzimmer genau richtig. Toller Klang mit leichtem Tiefgang ohne andere im Haus zu stören. Auch leise hören macht viel Spaß. Der kleine SMSL Q5 Pro macht einen tollen Job als Mini-Amp.

Also Nachbauen ist eine ganz klare Empfehlung.

Gruß Enrico

Gern doch und schon geschehen

Diese Anleitung kommt genau zur rechten Zeit, habe ich mir doch gerade gestern genau diesen Bausatz bestellt! Vielen Dank hierfür an derFiend, du hast mir alle Fragen beantwortet, von denen ich noch gar nicht wusste, dass ich sie hatte.

Sehr schick und macht Mut,
Wenn das mal nicht eine Verlinkung in den Grundlagen wert ist

Matthias

Hi Georg,

wirklich super Bericht! Denke der ist genial gerade für Einsteiger und wird vielen Leuten weiter helfen und die Angst nehmen – viele der alten Hasen hier haben ja schon eine zweistellige Anzahl Lautsprecher gebaut, da gehen oft wichtige Details als Selbstverständlichkeit unter.

Drei Anmerkungen:
– Bügeln bei 40°C? Ich hätte eher 140° erwartet – Tippfehler?

– Wer sich mit der Holzoptik anfreunden kann, könnte statt auf MDF auf Multiplex setzen. Das ist unterm Strich sogar günstiger als MDF+Furnier und ebenfalls schick, man spart sich das aufwändige Furnieren

– die imho einfachste Oberflächenbehandlung ist Hartwachsöl (Osmo oder OliNatura), das einfach mit einem fusselfreien Lappen aufgerieben wird. Das kann wirklich jeder und es gibt ne tolle, natürliche Oberfläche.

Gruß Max

Hallo,

“Selbstbau schnell erklärt – SB 12 ACL”, so hat derFiend sein Projekt genannt. Es ist für den Erstbesucher dieser Seiten eine Informationsquelle wie sie nicht besser sein kann. Das ist ein Kochrezept, alle Zutaten werden incl. der Bezugsquellen erklärt, die Verarbeitung wird bis zum fertigen Produkt leicht verständlich und optisch unterstützt dargelegt.
Dieser Beitrag nimmt den Erstbesuchern die Zweifel ob sie hier an der richtigen Stelle sind, er muntert sie auf.
IMHO erkläre ich den Bericht von derFiend als Referenzbericht.
Er ist es wert an entsprechender Stelle ganz oben angepinnt zu werden.

Es grüßt freundlich
Rundmacher

Schönen Samstagnachmittag zusammen.
Ein schöner und gut lesbarer Bericht und 1a Werbung für den Selbstbau.
Scheint alles drin zu sein. Der Rest ist Learning by doing. Das Furnier gefällt mir sehr gut weil es die Bauform super betont. Habe etwas ähnliches für meine Needle verwendet.
Liebe Grüße aus dem Süd – Süden.
Martin

Klasse Bericht, alles was man an Infos braucht an einer Stelle! Ich kann mich deiner Message nur anschließen: Es geht auch mit wenig Erfahrung, Equipment und Platz!

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