16. Juni 2019

Wie aus der SB 36 die SB 18 entsteht

Autor: Peterfranzjosef

Im Oktober 2018 stieß die Duetta im Protogehäuse die SB 36 vom Thron in meinem Hobbyraum. Ich wollte dann auch die SB 36 nicht in den Dornröschenschlaft schicken und verstauben lassen. Ein Kümmerdasein im Schatten der Queen?? Nein, das geht gar nicht. Im Hause fand sich jedoch leider kein Platz mehr für ausgewachsene Standboxen. Veteranen des LS-Selbstbaues kennen das. Jeder ansatzweise zum Aufenthalt von Menschen genutzte Raum ist bereits optimal versorgt, bis auf Klo, Treppenhaus, Waschküche und dem ungedämmten Dachboden.

Die SB 36 war 2017 auf die Schnelle in ein größeres, bereits vorhandenes Gehäuse eingezogen. Das überflüssige Volumen von ca. 16 Litern hatte ich durch Einkleben von sorgsam gesammelten MDF-/ Span-/ Multiplexabschnitten aus der heiligen Resteschachtel verringert, mit der von Udo gefrästen Front aus schwarzem MDF die neue Front aufgedoppelt.

Erfahrungen aus Verkaufsversuchen von selbstgebauten, höherwertigen Lautsprechern sind weit entfernt davon, auch nur ansatzweise mit dem Begriff Euphorie versehen werden zu können. Perlen vor die Säue werfen? Nee, mach ich nicht mehr. Ja was nun tun? Die SB 36 ist und bleibt ein hervorragender Lautsprecher.

Hey, die ältere Tochter in Mannheim brauchte doch noch LS. Und Hoppla, das Gehäuse der Quickly 18 in der Küche sieht verdächtig aus. Und ja, nach Überprüfung der Baupläne Q 18 und SB 18 stand fest, das geht. Gleich groß, Reflexabstimmung, passt ja.

Nun, nicht ganz, die LS-Ausfräsungen waren größer, die SB-Chassis würden fast hineinfallen, die Befestigungsschrauben kein „Fleisch“ finden.

Also mal genau überprüfen, runter mit den Q18 vom Küchenoberschrank (JA, kein optimaler Platz). Uii, die massive Mahagonibeplankung hatte die MDF-Trägerplatte durch Schüsseln aufgespalten. Das Ganze an der Rückseite, wo ich es bisher auch nicht sehen konnte.

Hatte ich eigentlich nicht erwartet. Die Massivholzfläche war nicht besonders groß und dick. Ursache war das 10mm MDF, zweifellos zu dünn um den Kräften des Mahagoni zu widerstehen.

Fazit:
Das nächste Mal werde ich bei Massivholzoberfläche als Trägerplatte Multiplex oder Sperrholz nehmen.

Ganz undicht war´s noch nicht, allerdings mit 2-3 mm bleibender Restdicke nicht akzeptabel. Meine Tochter wollte dann lieber eine FT 12 (aus Udo´s gelb/ schwarzer Periode), die sich nun aus der wohlgefüllten Restekiste und den frühpensionierten Q18 zusammenfügte.

So, der Rückbau der SB 36 zur SB 18 für die Küche (da höre ich am zweitmeisten Musik) war nun nach Entschwinden der Q18 zwingend. Erstmal die Spalten zuspachteln, dann die zu großen Chassisöffnungen schichtweise mit Spachtelmasse verkleinern. (wie beim Töpfern, oder Schwalbennestbauen, die Vögel, nicht ich)

Mir ist halt nix Besseres eingefallen. Nicht schön, nicht glatt, ein Provisorium ersten Ranges. Wer 2,20m groß ist, hätte es sehen können und danach damit leben müssen.

Hurra, hehe, ich darf, halt muss, ein neues Gehäuse bauen. So was auch!

Ich wollte ein Gehäuse mit geschwungenen Seiten, weil ich das mal ausprobieren wollte. Eventuell auch dann mit Furnier. Mit der Krümmung in der Waagerechten hätte ich richtige Pummel bekommen, nee, das übernimmt schon der Koch. Horizontal ergab sich eine schöne, schlanke Front, das Volumen passte, es konnte losgehen.

Eine Schablone aus HDF zeigte meiner Frau, was ich vorhatte, ein wohlwollendes, sogar lobendes O.K. liegt vor. Hoffentlich gibt´s die Farbe der Küchenfronten, mit der ich die LS lackieren will, auch zum Kaufen. -> entgültig bei der Abteilung “Frommer Wunsch” abgelegt,

Im Baumarkt bekam ich Biege-MDF 10 mm stark, der Quadratmeter für 17 Euro. Zwei Platten aufeinander, 20 mm passt. Der Rest normales MDF. Mit dem Fräszirkel wurden die Fronten und Rückseiten hergestellt und mit Boden und Deckel verbunden.

Die Kanten von Boden und Deckel wurden, soweit sinnvoll, den Rundungen angepasst, damit ausreichend Auflageflächen zum Verleimen vorhanden waren. Trockenübungen des “Biegens” verliefen gut. 10 Minuten ist der Leim “offen”, das genügte mir, um die Seitenteile mit den Spanngurten einzeln aufzubringen. Der erzeugbare Anpressdruck reichte aus, um den reichlich aufgetragenen Leim schön austreten zu lassen, aber auch Deckel und Boden nach innen zu verbiegen!!

Jetzt pressierts aber gewaltig! Gott sei Dank fand sich in Griffweite ein fast passender Multiplexabschnitt, mit dem ich Boden und Deckel auf den vorgesehenen Abstand verspreizen konnte.

Das Abbrechen der MDF-Stege am Rand war voraussehbar und durch großzügige Längenzugabe kein Problem. Vorgesehen war auch, mit 3 mm weiß beschichtetem HDF eine recht gut zu lackierende Oberfläche zu haben. Die Gehäusestärke ist dann 23 mm – das reicht locker und die Kanten können eventuell schön verrundet werden. Gleichzeitig würden alle Leimfugen nochmals abgedeckt und abgedichtet werden. Soweit der fein ausgeklügelte Plan, den ich da mal hatte.

Die unter Zeitdruck vorgenommenen Messungen für die HDF-Platten waren ungenau. Zwar in der Theorie für die Lösung von Gleichungen stimmig, jedoch in der Praxis halt doch wieder knapp daneben.

Manno, geplant war, dass die Frontplatten als Deckel für die Spalten des Biege-MDF dienen. Anstatt bei den inoffiziellen Weltmeisterschaften der Messamateure in die nächste Runde zu kommen, befand ich mich wieder einmal beim Dreisprung Fluchen, Improvisation und Kaschieren.

Die großzügige Abrundung der vorderen Kanten war nun nicht mehr gefahrlos möglich, ohne dem Quarzsand, der die Spalten füllen sollte, wieder die Freiheit zu schenken. Mittels Streichhölzern wurden nun die offenen Schlitze verschlossen, mit Spachtelmasse die fehlenden Millimeter zur Frontplatte ausgeglichen.

Die Schlitze des Biege-MDF mussten aufgefüllt werden. Hierzu nahm ich ganz feinen Quarzsand, der in die Spalten hineinrieselte, welche anschließend mit Reparaturspachtel abgedichtet und nach gründlichem  Schleifen mit der hinteren HDF-Platte gedeckelt wurden. (Richtig, neu und wesentlich größer geschnitten)

Dadurch wurden aus den Holztrommeln Lautsprechergehäuse. Klopfen erinnerte nicht mehr an einen Resonanzkörper wie bei Geige oder Gitarre, sondern erzeugte das angestrebte trockene „Tock“.

Der Maschinenpark entfernte überstehende Materialien, der erste Rohling stand vor mir. Aha, mit dem Hochtöner oben, schauts ja nicht so gut aus. Der TMT-Ausschnitt ist nicht genau in der Mitte der Front. Eine längere Front war wegen des maximalen Abstandes Oberschrank/Zimmerdecke von 41cm nicht machbar gewesen. Sie bewegt sich mit ihren 40,7 cm schon gefährlich nah am Limit. Mit mehr Spielraum in der Vertikalen hätte ich die Positionen zum gefälligeren Anblick etwas mehr in die Symmetrie verschieben können. Beim Bau befanden sich die LS überwiegend in der Horizontalen, so aufgestellt sieht es meiner Meinung nach besser aus, akustisch drastisch auswirken wird sich das bei diesem Aufstellort sowieso nicht.

Damit nix „eiert“, mussten nun Füße her. Ich hatte die Fräsabschnitte nicht weggeworfen, weil ich durch andere Bauberichte um deren Nützlichkeit als Halter oder Anpressteile für kurvige LS wusste.

Außerdem werfe ich so gut wie nie was weg. Mein Unterbewusstsein sieht meistens im dunklen Wabern der Zukunft schon die Nützlichkeit komischer Reste kommen, für die der Spezialhandel – darum heißt er auch so – gern auch Spezialpreise nimmt.

Flugs waren die Fußgestelle zusammengeleimt. Ihr schwarzer Lack fand sich auch noch im Fundus. Zweimal lackiert, passt von der optischen Qualität, sehen kann´s aus der Nähe wieder nur der ominöse 2,20 m Mann.

Das weiß beschichtete HDF der LS wurde mindestens 2mal mit normalem Baufix-Lidl-Lack gerollert. Das HDF hat den Vorteil, durch die leicht strukturierte Oberfläche einiges an Lackierungsunzulänglichkeiten zu kaschieren. Klar, fette Nasen sieht man immer, Kleinigkeiten aber nicht. Und das ist enorm hilfreich, wenn die Ritter der Ungeduld permanent hinter mir stehen. Das Furnieren hatten sie ja auch schon abgelehnt.

Gestrichen wurde trotzdem, bis die Farbe alle war. Die Einfräsungen wurden noch mit Edding eingeschwärzt, damit auch nicht der kleinste, braune Spalt erkennbar sei. Ja, dann waren sie auch schon fertig.

Kurzer Soundcheck in der Werkstatt, passt alles ? Ja passt, dann ab in die Küche damit.

Zum Klang: Wie zu erwarten mit weniger Druck als die SB 36. Feinzeichnung, Details, Bass hervorragend.

Räumlichkeit: Durch den Herd verläuft die Mittelachse. Auch einen Meter daneben fällt das Klangbild sehr räumlich aus.

Zur Lautstärke: Reicht locker, die 25qm Küche zu rocken.

Verstärker: Den Yamaha AX 592 mochte sie lieber als den kleinen Rotel RA820BX2, am Yamaha klingt sie konturierter, die Bässe sind straffer.

Und noch was: Liegend hört sich es auch besser an als stehend. Vermutlich weil die Zimmerdecke nun etwas weiter vom HT entfernt ist, vielleicht auch, weil mein Kopf näher dran ist.

Erfahrungen:

Besonders die relevanten Teile einer Konstruktion lieber 1cm größer, länger oder breiter schneiden.

Standboxen mit gebogenen Seiten nur mit 4 Händen angehen.

Peter

Zur SB 18 im Online-Shop

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Hallo Peter. Die ovale Form mit dem Ständer gefällt mir gut. Würde gut in meine neue Küche passen. Der Amp ist schon fertig.
Baust Du aus den übrigen 18ern noch einen Sub? Gruß Martin

Hallo Peter,
ein interessant zu lesender Baubericht. Das Resultat ist ausgesprochen gut gelungen.
Da ich auch noch mit einer ovalen Form für meine SB30ACL29RD schwanger gehe, habe ich einige Dinge Deines Berichtes im Hinterkopf behalten. Danke dafür, vielleicht wird das ja noch was bei mir.
Keep you informed.
Ich wünsch Dir noch viele schöne Stunden in der Küche mit guter musikalischer Unterhaltung,

Yoga

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