13. Februar 2022

Olivers CT 193 reload

Autor: Gastautor

Wir schreiben die zweite Februarhälfte des Jahres 2020. Vor der heimischen Wohnungstür herrschen Temperaturen um die 5°C. Es ist grau, verregnet und windig. Zum Glück interessiert mich das jedoch herzlich wenig. Auf meiner Pool-Liege liegend, welche sich auf dem Gelände eines kenianischen Strand-Hotels befindet, habe ich ganz andere Probleme. Meine Gedanken fokussieren sich unkontrolliert und immer wiederkehrend auf das Eine: Wenn ich wieder zurück in heimischen Gefilden bin, möchte ich unbedingt einen frischen Boxenbausatz aus der Udo Wohlgemuth-Schmiede vor mir liegen haben. Aber was sollte es sein?

Mit dem Aufbauen und alltäglichen Genießen von Selbstbau-Boxen habe ich mich über die letzten Jahre mehr und mehr vertraut gemacht. So darf ich stolz die ein oder andere Horn-Konstruktion, sowie ein 2,5-Wege Bassreflex-System mein Eigen nennen.

Aufgrund meines leider nun mal endlichen Wohnraums, sowie des darüber hinaus kurz bevorstehenden Einzuges meiner besseren Hälfte in eben jene Wohnung, ist völlig klar, dass der Bau zweier weiterer, großer Standboxen wohl eher eine diffuse und weit entfernte Träumerei bleiben wird. Viel mehr beginne ich mich im Hinblick auf die äußeren Abmessungen auf kompakte Regalboxen zu versteifen. Nach intensiver Recherche in einschlägigen Foren, einigen Getränken und einem sich anbahnendem Sonnenbrand war die Entscheidung gefallen: CT193Reload!

Die CT193Reload ist eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Box mit dem Namen CT193. Diese wurde bereits in einer Ausgabe der Klang und Ton aus dem Jahre 2001 vorgestellt. Die Buchstaben CT stehen für CheapTrick, was in diesem Zusammenhang soviel bedeutet wie „aus kostengünstigen Komponenten qualitativ hochwertigen Klang erzeugen“. Da das damals verwendete Lautsprecherchassis heute in technisch leicht modifizierter Variante vertrieben wird, hat Udo sich der Sache angenommen und eine ebenfalls überarbeite Gehäuse- und Weichenkonstruktion aufgebaut – jedoch alles ganz im Stil der alten original CT193.

Ein paar Tage nach der online Bestellung hielt ich ein etwa Schuhkarton großes Paket mit einer Absende-Adresse aus Bochum in den Händen. Wie üblich war vom Bedämpfungsmaterial bis hin zu den beiden Lautsprechern alles zum Bau Notwendige sorgfältig verpackt enthalten. Ebenso der zugehörige Bau- und Bedämpfungsplan und der Schaltplan für die Weiche auch.

Natürlich habe ich mir bereits im Vorhinein energisch das Oberstübchen bezüglich der angestrebten Gehäuseoptik zermartert. Der gefasste Plan bestand darin, einen Gehäusekörper aus 19  mm MDF herzustellen, auf welchen abschließend eine Schallwand aus 18  mm Akazie-Leimholz aufgesetzt wird. Der originale Bauplan sieht eine eingelassene Schallwand vor. Durch die aufgesetzte Schallwand erhoffte ich mir allerdings beim späteren Lackieren Vorteile. Aber dazu später mehr. Folglich waren einige Anpassungen der laut Bauplan vorgesehenen Gehäuseteile notwendig, um die für den Klang essentiellen, resultierenden Innengehäuseabmessungen zu wahren.

Den Zuschnitt der MDF-Teile erledigte ein freundlicher Baumarkt-Fachangestellter, während ich durch die Verkaufsgänge bummelte. In den Einkaufswagen packte ich mir 1 Liter „Parkettschutzlack“, 500 ml schwarzen 2 in 1 PU-Lack, und eine Akazien-Leimholzplatte mit einer Dicke von 18 mm und ausreichender Größe. Holzleim sowie das zum Bau notwendige Werkzeug lagen schon im Keller bereit und warteten auf Ihren Einsatz.

Da die Öffnung des Bassreflexkanals als durchaus beachtlich zu beschreiben ist entschied ich mich dazu, das als Bodenbrett geplante MDF-Brett durch eines aus Akazienholz zu ersetzen. Der Gedanke: Wenn ich später die fertiggestellte Box frontal beziehungsweise von schräg oben betrachte, möchte ich gerne im Wesentlichen auf Akazienholz gucken.

Das Aufleimen der Schallwand beschreibt das Ende des Gehäuserohbaus. Wie dem aufmerksamen Betrachter mit Sicherheit bereits aufgefallen ist, weist die Schallwand sichtlich größere Abmaße (etwa 10mm) als das restliche Gehäuse auf. Warum ist das so?

Wie bereits zu Beginn des Berichtes erwähnt, ist dies nicht meine erste Selbstbaubox. Und man lernt ja schließlich immer weiter dazu. Und so musste ich in der Vergangenheit schmerzlich lernen, dass, egal wie viel Mühe ich mir gebe, ich es partout nicht schaffe, alle Gehäusebretter 100prozentig rechtwinklig zueinander zu verleimen. Wenn nun weiterführend alle Gehäusebretter im Baumarkt annähernd perfekt auf Maß geschnitten wurden, führte dies in meinem Fall immer unweigerlich dazu, dass an manchen Stoßkanten Versatze zu erkennen sind. Es ist halt nun mal gar nicht so einfach, wie es sich anhört, eine optisch perfekte Kiste aus Holz zusammen zu leimen…

Dieser Überstand von etwa einem Zentimeter ist jedoch sicherlich verschwenderisch groß gewählt, aber da Udo diesen hervorragenden Boxenbausatz ja quasi für nen Appel und nen Ei unters Volk bringt, kann ich das verschmerzen.

Nichtsdestotrotz bietet dieser Überstand mir die Möglichkeit mit einer Oberfräse und einem Bündigfräser mit Anlauflager unten die Schallwand mit dem restlichen Boxengehäuse bündig zu fräsen. Die Abmessungen der Schallwand werden also bewusst zu groß bemessen, um einen Überstand im Vergleich zum Gehäuse zu erzeugen, welcher später einfach weggefräst wird. Die mehr oder weniger nicht zu verhindernden Ungenauigkeiten beim Holzzuschnitt und späteren Verleimen der Box können so kompensiert werden. Genauso habe ich auch an einigen anderen Stoßkanten des Gehäuses verfahren. Als Ergebnis erhält man eine „optisch perfekte“ Holzkiste.

Nun machte ich mich ans Werk, die Öffnung für den Bassreflexkanal in die Schallwand zu zaubern. Dazu schnitt ich zunächst mit einer Stichsage an der entsprechenden Stelle einen deutlich zu kleinen Ausschnitt. Dann nahm ich mir die Oberfräse und montierte einen Bündigfräser mit Anlauflager unten. Nun wird die Oberfräse so geführt, dass das Anlauflager an der Gehäuseinnenseite entlanggeführt wird. Als Ergebnis erhält man einen Ausschnitt in der Schallwand, welcher exakt bündig mit den Abmessungen des Bassreflexkanals ist.

Das Abfräsen der Überstände ist eine Arbeit, die ich nicht unbedingt uneingeschränkt empfehlen kann, sofern man diese auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses ausführen muss. Was dabei an Spänen und Schallemission entsteht, ist nicht zu unterschätzen…

Für das Fräsen der Öffnung für Lautsprecher und Anschlussterminal, habe ich einen Ortswechsel in den Garten meiner Eltern vorgenommen. Mit Oberfräse und Fräszirkel waren die Ausschnitte ratz fatz gefräst. Außerdem habe ich die Außenkanten der Schallwand aus optischen Gründen mit einem 20° Winkel versehen. Die Innenkanten der Schallwand im Bereich der Bassreflexöffnung habe ich leicht abgerundet. Nun wurde mit dem Exzenterschleifer geschliffen, was das Zeug hält. Zuerst mit 120er Körnung und dann nochmal alles mit 300er. Besonderes Augenmerk habe ich darauf gelegt, dass alle Stoßkanten möglichst keinen Versatz mehr aufweisen.

Auf das Einlassen des Chassis in die Schallwand habe ich verzichtet. Da der Korb eine Dicke von lediglich etwa 1 mm aufweist, erwarte ich dadurch keine signifikanten akustischen Störungen.

Wieder in den eigenen 4 Wänden machte ich mich an das Lackieren der Boxen. Als Grundierung trug ich 2 Schichten Parkett-Versiegelungslack mit einer Schaumstoff-Rolle auf das gesamte Gehäuse auf. Zum einen bringt das die Maserung der Schallwand deutlich zur Geltung. Zum anderen möchte ich damit eine einheitliche und vollständig versiegelte Oberfläche erstellen. Beim späteren Lackieren mit Farblack erhoffe ich mir dadurch keine Stoßkanten und Übergange zwischen den einzelnen Gehäusebrettern mehr zu sehen.

Eigentlich wollte ich ja noch alles bis auf die Schallwand mit einem schwarzem PU-Lack lackieren. Auf der anderen Seite war ich mittlerweile so ungeduldig geworden, der Box endlich mal ein paar Töne zu entlocken, dass ich mich kurzerhand entschloss, das Lackieren vorerst auf nächste Woche zu verschieben. Also ging es weiter mit der Frequenzweiche. Der Aufbau stellte mich vor keine nennenswerten Probleme. Im Weichenplan ist alles gut beschrieben. Die Weiche habe ich zusammengelötet und mittels doppelseitigem Klebeband einfach auf der Terminalrückseite befestigt.

Schließlich verkabelte ich noch alles und brachte die Dämmwolle gemäß Plan in das Gehäuse ein. Die Lautsprecher sowie die Terminals konnte ich dann mit den mitgelieferten Schrauben im Gehäuse verschrauben.

Jetzt stand dem ersten Probehören nichts mehr im Wege. Die beiden Boxen habe ich an den ebenfalls selbst zusammen gebastelten Symasym (der ein oder andere wird das Gerät kennen) angeschlossen und langsam am Lautstärkepoti bis auf Zimmerlautstärke gedreht.

So eingestellt habe ich den Lautsprechern erstmal eine Stunde Einspielzeit gegönnt. Von anderen Lautsprechern bin ich es gewohnt, dass sich der Klang in den ersten ein, zwei Stunden Spielzeit tatsächlich merklich zum Besseren hin verändert. Das war hier nicht der Fall oder es war so marginal, dass es mir nicht aufgefallen ist. Das war aber auch gar nicht notwendig, da die Box von Anfang an gut akzentuiert gespielt hat. Mittlerweile traute ich mich auch mal, etwas höhere Ströme durch die Lautsprecherwicklung fließen zu lassen. Der Schalldruck, der aus den kleinen Boxen rauskam, überraschte mich. Die Bässe würde ich als knackig und präzise beschreiben – Stichwort „Kickbass“. Die Höhen sind klar und deutlich. Wobei man allerdings sagen muss, dass es wie für Breitbänder üblich, eine nicht zu überhörende Bündelung des Schalls kommt. Darin sehe ich jedoch kein Problem. Einmal auf den Hörplatz ausgerichtet und fertig.

So gingen drei oder vier Wochen ins Land, Corona brach über uns alle herein und ich hörte immer noch mit meinen MDF-farbenen CT193Reload-Boxen Musik. Meine Freundin drängte jedoch immer intensiver darauf, die Teile endlich zu lackieren. Also tat ich unterwürfig, wie mir befohlen wurde. Die Schallwand klebte ich sorgfältig mit Malerkrepp an. Nach zwei Anstrichen mit der Schaumstoffrolle war ich bereits zufrieden. Es sind nahezu keine Übergänge zwischen den Gehäusebrettern zu erkennen.

Der Klang und auch die Optik der beiden CT193Reload gefällt mir so gut, dass ich tatsächlich alle anderen Boxen erstmal in den Keller verfrachtet habe und nur noch den Klängen der beiden kleinen Kameraden lausche. Ich kann diesen Bausatz uneingeschränkt zum Nachbauen – auch für den etwas ambitionierteren Hörer – empfehlen!

Oliver

Zum CT 193 reload im Online-Shop

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Moin Oliver,
sehr schön geschriebener Bericht.
Ich liebäugle schon länger mit den Kurzen, als flexible “Pack ein und Wech” Lautsprecher 🙂 … aber bis jetzt leider noch nix gebaut.
Irgendwann muss ich mir die mal anhören.
Die Umsetzung gefällt mir sehr gut!
Ich wünsche Dir viel Freude mit den Beiden.

Lieben Gruß, Markus

Hallo Oliver,

herzlichen Glückwunsch zu den kleinen Riesen. Vor Jahren hatte ich das Privileg die CT193 beim Treffen in Eschborn in Axels Tanzschule zu hören. Es war erstaunlich, wie diese kleinen Kisten den großen Raum, in dem zuvor die ADW-Dickschiffe vorgeführt wurden, mit Musik geflutet haben. Udo hatte die kleinen Kisten perfiderweise noch auf die Duetta gestellt, so dass einige der in Fachgespräche vertieften und nur beiläufig lauschenden Anwesenden sich nicht ganz sicher waren, wer oder was nun genau die Schallquelle war. Udo stöpselte dann bald wieder mit schelmischem Grinsen auf die Duetta um und rückte so das Universum wieder an seinen Platz, aber der Eindruck der CT blieb.
Die Idee mit dem Leimholz und der “halben Fase” finde ich übrigens gut, deswegen habe ich das genau so vor 2 Monaten in meinem SB-Heimkino umgesetzt (Bericht folgt). 😉

Viele Grüße,
Roland

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