14. Juni 2015

SB 15 Inwall

Autor: Udo Wohlgemuth

… und dann war da noch der Einbau in vorgebaute Wände oder abgehängte Decken, an den wir bisher nicht dachten, der aber offenbar für viele Heimkino-Freunde wichtig wird. Ob es nun die heftige Diskussion um Dolby Atmos oder tatsächlicher Platzmangel ist, der diese Bauart auf die Wunschlisten hievte, ist uns nicht wirklich wichtig. Sie wird gebraucht, also legen wir frisch, fromm, fröhlich los. Den Anfang macht, wie schon so oft, unsere preiswerte Premium-Marke SB-Acoustics. Wir modifizierten die Achtohm-Version der SB 15, die es seit Langem schon als STC und Wallstreet 3 in gleicher Besetzung gibt.

Nicht mehr viel zu sagen gibt es über die beteiligten Chassis, vermutlich wird jeder zweite Leser dieses Magazins die Parameter schon auswendig hersagen können. Daher sei für die Neuankömmlinge nur kurz erwähnt, dass der Bass auf den recht eingängigen Namen SB15NRXC30-8 hört. Die 15 verrät uns die Körbchengröße in Zentimeter, die 30 den Durchmesser des Schwingspulenträgers und die 8 steht für die Impedanz. Natürlich haben auch die Buchstaben eine Bedeutung, doch wirklich klar ist nur das SB, das uns den Hersteller Sinar Baja nennt. Die mittleren Lettern haben sicher auch eine Bedeutung, doch daraus zu erkennen, dass der Schingspulenträger aus Fiberglas besteht, fällt eher schwer. Der Partner mit relativ ähnlichem Zahlen-/ Buchstabengemisch heißt SB26STC-C000-4 und hat eine 26 mm Schwingspule mit 4 Ohm Gleichstromwiderstand. Dass in seinem Luftspalt kein Ferrofluid vorhanden ist, wissen wir, können es aber aus dem umfangreichen Namen nicht zweifelsfrei ablesen. Ulrik Schmidt, sein dänischer Kontrukteur, hat es durch seinen Gesichtsaudruck und die heftig abwehrenden Handbewegungen anlässlich meiner Frage sehr eindeutig bestätigt. Somit wär nicht einmal das Abschrauben der Frontplatte nötig gewesen.

Auch bei Wandeinbau ist es zwingend erforderlich, weil dem Bass ohne Kammer die Rückstellkraft der eingeschlossenen Luft fehlt. Da die SB 15 Inwall nicht als Vollbereichswandler, sondern im Heimkino als Satellit mit ergänzendem Subwoofer leben wird, reicht es uns, wenn sie bis etwa 80 Hz ihren Dienst anbietet. Das schafft sie unter Berücksichtigung der ergänzenden Reflexionen auf der Wand im geschlossenen Gehäuse mit grob 8 bis 10 Litern Nettovolumen. Die zur Verfügung zu stellen, hat der Nutzer wie so oft im Leben zwei Möglichkeiten. Zum einen kann er mit Hammer und Meißel ein Loch in die Wand stemmen, das mittels einer Holzplatte zur Chassisaufnahme verborgen werden kann. Von dieser Methode raten wir ab, denn was geschieht mit dem Loch, wenn in Folge einer Wohnraum-Umgestaltung, schlimmstenfalls samt Wechsel der Lebensabschnittspartnerin auf einmal ein Schrank oder Regalystem den Sound aus eben jenem Ort verdirbt? Die zweite Lösung besteht aus einer vorgesetzten Holz- oder Rigips-Platte, die im geschilderten Falle verschoben oder ausgetauscht werden kann. Wir lösten diese Aufgabe durch Bau einer kleinen Kiste, die wir mit aufgesetzter Front in unsere Messwand einsetzen konnten. Die Schrauben und Unterlegscheiben geben nur einen Ausblick auf spätere Vorhaben, sie müssen in der Wohnzimmer-Spielart nicht verwendet werden. Leim tut da sein Übriges.

Der bündige Einbau eines Schallabstrahlers in die Wand ist messtechnisch ein sinnvolleres Unternehmen als der Aufbau einer hervorragenden Kiste. Wir haben diese Variante dennoch für die Wallstreets gewählt und mussten mit der Weiche ein paar daraus resultierende Probleme ausbügeln. Bei direktem Abschluss mit dem Einbauort wird der Schalldruckverlauf über Frequenz gleichmäßiger als mit Abbruchkante und phasenverschobenen, nahen Reflexionen. So war es kein großes Unterfangen, eine passende Weiche für die Kombi zu finden, die zudem auch noch zur Topologie und Phasenlage der anderen SB-Bausätze kompatibel ist., eine wesentliche Voraussetzung für unser beliebtes, weil äußest sinnvolles Ausbaukonzept. Eine Luftspule mit 1,0 mm Draht wurde mit einem kleinen Kondensator überbrückt. Gemeinsam beseitigen sie den Höhenzug zwischen 5 und 12 kHz. Ein MKT-Audyn unterstützt sie dabei tatkräftig. Das “Buckeln” um 150 Hz schwächt ein großer Elko ab. Ein MKT wär an dieser Stelle zwar theoretisch besser, aber er würde den Bausatzpreis unangemessen fast auf den doppelten Preis katapultieren. Ihn einzusetzen überlassen wir aber völlig kritiklos all jenen, die sich aus für sie gutem Grund auf Klangverbesserungen um jeden Preis eingeschossen haben. Auch an der Diskussion, ob ein AVR das überhaupt herausarbeitet, werden wir uns hier nicht beteiligen. Hören ist sehr subjektiv belastet und oftmals ist schon allein die Sicherheit, alles richtig gemacht zu haben, enorm klangverbessernd.

Schaltungsmäßig noch wesentlich anspruchsloser gab sich der Hochtöner. Er war mit einem 12 dB-Filter plus Spannungsteiler zufrieden. Die Zweige kreuzen sich bei 3,1 kHz, die Addition ist perfekt im gesamten Trennbereich, auch wenn sich insgesamt keine gerade Linie ergibt. Wichtiger ist angesichts des Einbauortes die Messung unter 30 Grad, die nur kleine Welligkeiten aufweist.

Der Blick auf die Einbausituation und die Weiche muss nun nur noch durch die Angabe ergänzt werden, dass ein Beutel Sonofil im geschlossenen Gehäuse für die Abschwächung der von der Membranrückseite in die Kammer abgestrahlten Schallwellen sorgt.

Messdiagramme:

     
 Frequenzgang  Impedanz  Klirr für 90 dB
     
 Frequenzgang 0/ 30/ 60°  Sprungantwort  Wasserfall

Nicht nur für uns war es interessant, die eingebaute Inwall-Kiste ihres korrekten Namens zu berauben. Als Onwall-Aufbau mit etwa 5 cm Vorstand bei gleicher Weiche haben wir gleich zwei Problemzonen, die sich im Frequenzschrieb ausprägen. Zum einen entsteht eine Abrisskante an den Enden der Front, zum anderen stören frühe Reflexionen von der zurückliegnden Wand den Schalldruckverlauf. Ein Vergleich der beiden Messungen lässt eher sehr unterschiedliche Bausätze vermuten, als einen um gerade einmal wenige Zentimeter verschobenen Einbau.


Da es unmöglich war, auf die Schnelle und nur zum Zwecke des einmaligen Abhörens ein Heimkino mit Wand- und Deckenlautsprechern in meinem Laden aufzubauen, beschränkte sich die Hörprobe diesmal auf ein kurzes Anspielen verschiedener Musiken direkt vom Messrechner. Hierbei war die großartige Bühnendarstellung oder famose Platzierung von Akteuren und Instrumenten weniger Gegenstand der Untersuchung. Mit nur einer Messwand ging nicht einmal Stereo, aber das brachte mich dazu, die SB 15 STC mit gleicher Bestückung auf dem 2. Kanal anzuschließen. Die Reflexbox kam im Oberbass natürlich etwas kräftiger, tonal passten die beiden Versionen aber so gut zusammen, dass kein Bruch im Klangbild zu befürchten ist, wenn sie in einer Installation gemeinsam auftreten dürfen. Sicherlich wird auch das Atmos- oder Aura 3D-Kino vom Deckenlautsprecher namens SB 15 Inwall profitieren, die dritte Dimension wird dem Zuhörer damit nach dem optischen Durchbruch auch akustisch nahtlos in den Raum gebracht.

Ein paar kleine Anmerkungen zum Funktionsprinzip der dreidimensionalen Illusion für’s Ohr füllen an dieser Stelle sicher den noch vorhandenen Platz auf dieser Seute besser aus als eine ausführliche Klangbeschreibung. Nun, es ist ganz einfach, denn wir kennen es seit vielen Jahren schon vom Stereo. Zwei Schallquellen strahlen Töne in den Raum, zu Anfang der Zweikanaltechnik waren oftmals links die Musiker, rechts die Instrumente zu finden. Ich habe noch eine alte Aufnahme von Barry McGuire’s “Eve of destruction”, die das Geschehen so darstellt. Ausgenommen von der strengen Trennung ist nur die Mundharmonika, die sich zum Sänger gesellen darf. Erwachsen ist aus diesem ursprünglichen Ping-Pong-Stereo ein tiefgestaffelter Raum, der sich vor dem Zuhörer in die Breite und Tiefe aufbaut. Entstanden ist die scheinbare Ortbarkeit von nicht vorhandenen Schallquellen durch geschicktes Mischen der Pegel und Phasenlage beider Abstrahler.  Eine dritte Dimension hat niemand vermisst, denn es gab keine Helikopter, Drachen oder Dämone, die über uns von der Decke fielen. Anders ist das natürlich bei effektvollen Spielfilmen, bei denen eine realistische Darstellung von Angstzuständen zum Inhalt gehört. Also hängt man über den Zuschauer weitere Lautsprecher, die das Geschehen nach oben und durch entsprechende Abmischung sogar nach unten erweitern. So können wir nun endlich mitten in einem Raumschiff sitzen, in dem oben die Kanone des Gegners ein Loch reißt und gleichzeitig sorgenvoll von unten das tieffrequente Stottern des Antriebsmotors wahrnehmen, bevor die letzte Explosion unser Sofa zerreißt. Allein die Tatsache, dass ich es für mich nicht brauche, soll dennoch kein Argument gegen diese neue Darstellungsform sein. “The Times they are a changing” sang Bob Dylan schon 1964, als in der Rockmusik noch kaum jemand etwas von Stereo wusste. Dem wollen wir uns nicht verschließen, auch wenn der Nachsatz “nos et mutamur in illis” aus dem 16. Jahrhundert für manchen leider nicht mehr gilt. “Jeder so, wie er es mag” ist der tolerante Ausweg, an den wir uns hier gerne halten.

Udo Wohlgemuth

 

Zur SB 15 Inwall im Online-Shop

zum Thema

Ähnliche Beiträge

Yogas SB 18

Seit über einem Jahr höre ich mit der leider ausgestorbenen Minuetta Musik. Und was soll ich sagen, ich bin nach

Weiterlesen »

JunioRS 100

So, also wieder einmal Baubericht! Ich habe letztes Jahr die SB18 von Udo gebaut und bin immer noch absolut begeistert.

Weiterlesen »
Community

Kommentare

Subscribe
Benachrichtige mich zu:
4 Comments
neuste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments

Hallo Udo,
Folgt hier noch eine SB 30 Inwall? Wäre interessant.
Gruß
Dino

Na die habe ich glatt übersehen, wahrscheinlich wegen dem “unpassenden” Bild. Dann kann das Planen ja weitergehen.
Danke Udo.

4
0
Kommentar schreibenx
Nach oben scrollen