29. Dezember 2019

Mirkos Duetta

Autor: Mirko Stary

Nachdem ich mich ursprünglich mit dem Thema Car-Hifi beschäftigt habe und zwei Autos mit Chassis, Verstärkern und Processoren von Gladen-Mosconi und Eton bestückt habe, fing ich an, Lautsprecher für mein Wohnzimmer zu bauen. Auf der Suche nach dem nächsten Projekt bin ich auf die Acoustic-Design-Online Seite gestoßen und habe mir mit viel Freude die tollen Bauberichte durchgelesen. Auch tat es gut zu sehen, dass andere Leute mit ähnlichen Problemen und Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, die ein größeres Lautsprecherprojekt so mit sich bringen können, und wie diese Probleme gut gelöst werden können. Überrascht hat mich immer wieder, wie es Leute schaffen, in drei bis vier Tagen einen Lautsprecher zu realisieren, ich habe vier Monate gebraucht.

Da ich in Freiburg wohne und beruflich sehr eingebunden bin, war eine Fahrt nach Bochum zu einem Probehören nicht möglich und so habe ich mir meinen Bausatz einfach so ausgesucht. Gut, Eton-Lautsprecher hatte ich bereits in meinem Auto verbaut und die Marke war deshalb nicht unbekannt . Und dann die Fotos von der Duetta Grandiosa – ja, das passte alles zusammen. Noch recherchiert, was so alles an Klangeindrücken über die Duetta geschrieben wird. Ja, da war mir schon recht klar, wohin hier die Reise gehen wird.

Die Duetta sollte es werden und zwar in Form der Duetta Grandiosa. Die Frage, ob ich eine Aktivversion bauen soll, stellte sich nicht, da es Anfang des Jahres diesen Bausatz noch nicht gab. Also erstmal bei Udo nachgefragt, ob es einen Bauplan für die Grandiosa gibt. Blitzschnell, wie so oft bei den vielen Fragen im Laufe des Projekts, kam die Antwort: ja, gibt es.

Außenabmessungen und Winkel waren da – ok. Aber wo lassen wir was aufeinandertreffen bei doppelter Decke, dreifacher Front und wie kriegen wir das hin, wenn es fast keine rechten Winkel gibt und es ohne CNC-Fräse gehen soll?

Da war mir schon klar, dass es nicht 100% identisch wird. Macht nix, wir machen es – so gut es eben geht – mit der Festtool Tauchsäge und Führungsschiene, Bosch Oberfräse, Stichsäge usw.

Als Problem sollte sich noch herausstellen, wenn man keine Tischkreissäge hat, dass man mit einer Tauchsäge nur unterschneiden kann. Wenn man aber nur das Maß von Ober- oder Unterseite des Werkstückes kennt und den Winkel, muss man ganz schön viel rechnen oder Trial and Error bemühen. Nicht so einfach ist auch das Befestigen der Führungsschiene der Tauchsäge, wenn die Werkstücke nicht mehr so groß sind wie etwa beim Topteil. Auch hier wäre eine gute Tischkreissäge die Lösung gewesen. Aber mit Geduld hat es dann doch geklappt.

Als Kleber habe ich (der Tipp kam hier aus dem Forum) zum Zusammenfügen der Teile überwiegend Alcone 10 verwendet (Achtung: Industrieklebestoff, nur mit Handschuhen arbeiten, Fenster auf und auf keinen Fall in die Augen bekommen!). Wie schon an anderer Stelle hier erwähnt, quillt der Klebstoff beim Aushärten leicht auf. Das ist bei Winkelschnitten und anderen kleinen Ungenauigkeiten sehr sinnvoll, damit hinterher keine Luft an unerwünschter Stelle aus der Box kommen kann. Will man hingegen zwei Bretter flach zusammenkleben wie an der Front der Bassabteile, empfehle ich Holzleim, weil sonst die Bretter durch das Aufquellen auseinandergepresst werden und eine Fuge entsteht, wo man keine haben will.

Aufwändig bei diesem Projekt sind die weggenommenen Kanten speziell beim Bassabteil. Aber sie lassen den Lautsprecher am Ende auch so schön ausschauen. Man muss erst mit einer Handsäge das Grobe wegnehmen, dann mit dem Bandschleifer eine MDF-Staubschlacht veranstallten und immer hellwach sein, dass man bloss nicht zuviel wegnimmt. Immer wieder kontrollieren, nachmessen, mit dem Bleistift nachzeichnen.

Das Ausfräsen vom Basschassis habe ich nach dem Aufkleben vom Eschenfurnier gemacht. Ohlala, da war ich nervös, weil schon alles fast fertig war. Dabei habe mir immer gedacht: Wenn das jetzt in die Hose geht! Das ist auch der Grund, warum ich sonst immer gerne das Fräsen VOR dem Zusammenbau der Box mache. Wenn da was schief geht, macht man halt eine neue Front. Aber mit Furnier bei diesem Projekt musste es so klappen und es hat geklappt!

Da man auf die schmalen dreieckigen Flächen nur sehr schwierig viel Druck beim Furnieren mit Leim bekommt, habe ich mich hier für das Arbeiten mit Pattex entschieden. Es funktioniert, wenn man folgendes beachtet: Pattex muss gut 15 – 20 min ablüften, bevor man Furnier und Werkstück zusammenfügt, und es darf keine Stelle sein (weder auf der Furnierseite noch auf dem Werkstück), wo sich kein Pattex befindet. Dann das aufgeklebte Furnier mit einem schmalem MDF-Brett, bei dem die scharfe Kante entfernt wurde, fest aufpressen (von innen nach außen arbeiten).

Der Überstand vom Furnier wird mit Stanleymesser und Nagelschere soweit zurückgeschnitten, bis man mit einem Stück Holz und Schleifpapier anfangen kann, es sauber zu bearbeiten. Maschinelles Arbeiten mit einem Bündigfräser ist hier unmöglich, da wir keinen rechten Winkel haben. Auch die Feile ist ungeeignet, weil mit ihr immer wieder kleine Holzsplitter aus dem aufgeklebten Furnier ausreißen.

Bei der Front vom Topteil bin ich einen anderen Weg gegangen. Ich habe mir zwei 19mm MDF Platten genommen, mit Esche furniert und die Ausfräsungen vom Hochtöner Eton ER 4 und dem Mitteltöner 7-360 bei Udo machen lassen (ok, hier kam doch eine CNC-Fräse zum Einsatz). Dafür gab es drei Gründe: erstens, ich habe keinen 9mm Fräser, zweitens, ich habe keine verstellbare Schablone und drittens es sollte sehr gut sein. Innerhalb von zwei Tagen waren die ausgefrästen Werkstücke wieder bei mir und es konnte weitergehen.

Und dann das: Beim Zuschneiden der schon furnierten und ausgefrästen Front hat sich das Sägeblatt aus mir bisher immer noch unergründlicher Ursache im Furnier verhakt und hat es splitterweise heraus gerissen. Also nochmal von Vorne: MDF-Platte zuschneiden, furnieren, wieder zu Udo schicken und nochmal die Pyramidenform zuschneiden, aber gaaanz vorsichtig. Ok, erste Seite, zweite Seite, dritte Seite und … ja, auch die vierte Seite gelang ohne Ausreißen des Furniers.

Da die Rückseite im Bassabteil und im Topteil aus 28mm MDF sind, konnte ich herkömmliche Polklemmen nicht verwenden, da sie zu kurz sind. Also habe ich mir vier Single-Terminals von ViaBlue ausgesucht und bestellt. Anstatt in die Rückwand ein großes Loch zu bohren habe ich mit einem 18mm Hohlbohrer nebeneinander zwei kleine Löcher gebohrt (nach dem Furnieren). Da habe ich dann die Kabel von der Frequenzweiche herausgeführt, an die Polklemmen des Terminals angelötet und das Terminal an den Lautsprecher angeschraubt. Die Terminals musste ich aber nochmal wieder abschrauben, um das Osmo Wachsöl auf das Furnier aufzutragen. Also das nächste Mal bitte in der richtigen Reihenfolge.

Die Frequenzweiche vom Bassabteil habe ich an die Rückseite oberhalb einer Versteifung geschraubt, kein Problem. Aber die doch relativ große Frequenzweiche vom Topteil, wo machen wir die denn jetzt hin? Ich wollte sie erst auf dem Boden hinter dem Mitteltöner machen. Aber Udo hat gesagt, das ist so ziemlich der schlechteste Platz. Also doch externe Frequenzweiche oder Frequenzweiche vom HT und MT in das Bassabteil bauen? Aber wie dann die Kabelführung machen wenn man nur Single-Terminals hat und schön soll es auch noch alles ausschauen. Da habe ich mir den Kopf zerbrochen und bin mit diesen Gedanken schlafen gegangen.

Doch am nächsten Morgen plötzlich die Erleuchtung: wir bauen die Frequenzweiche hinter der Versteifung an die linke Seitenwand vom Topteil… da kommt man schlecht hin… aber es geht. Jetzt sind zwischen Lautsprecher und Frequenzweiche 30cm Abstand. Wieder bei Udo nachgefragt, ob das ok ist. Ja, ist ok. Mit einem Tropfen Heißkleber die Frequenzweiche angeklebt, dass das Teil erstmal an der Seitenwand sitzt – ich hab nur zwei Hände – und dann mit viel Fummelei und kleinem Schraubenzieher die Frequenzweiche endgültig angeschraubt.

Es folgte eine kleine Pause, weil der ER4 nicht lieferbar war, aber er kam wie versprochen Anfang Mai. Die Löcher von den Chassis wurden angezeichnet, vorgebohrt und angeschraubt. So und jetzt gut aufpassen: Rotes Kabel vom ER 4 ist MINUS und schwarzes Kabel (hat jetzt keinen blauen Stecker mehr) ist PLUS. Das Anschließen an die Kabel von der Frequenzweiche war auch nicht einfach, da die Front vom Topteil gedoppelt ist und dadurch recht dick ist. Die Kabel vom ER4 waren hierfür relativ kurz. Ich habe dann statt der vorgeschlagenen Lüsterklemme die passenden Krimpstecker (werden jetzt mitgeliefert) an die Kabel von der Frequenzweiche befestigt und mit dem ER4 verbunden. Da wird einem ganz schwindelig, wenn man ein rotes und schwarzes Kabel zusammensteckt.

So, ab ins Wohnzimmer mit den “Leichtgewichten” und an den Verstärker anschließen, erst einmal alle vier Teile separat und ganz leise aufdrehen. Geht, super, da kommen Töne raus. Klingt, glaub ich, auch so, wie es klingen soll. Ok, nächstes Bassabteil und dann noch die zwei Topteile. Gut, geht alles, wunderbar. So und jetzt bitte alle vier Bauteile zusammen: MUSIK!!!!

Nachdem man so viel Zeit mit dem Projekt verbracht hat, ist das ein ganz besonderer Moment, wenn man die fertig gebauten Lautsprecher an den Verstärker anschließt und Musik ertönt. Allein, um diesen Moment erleben zu können, war es die ganze Mühe wert und spendet Vorfreude auf das nächste Lautsprecherprojekt. Vorsicht, Suchtgefahr!

Die ersten CD`s, die über die Boxen liefen, waren: Michael Brecker (Tales from the Hudson), Yello (Touch), Marcus Miller (Tutu revisited), Marla Glen, Melody Gardot, Patricia Barber (modern cool) und Anna Ternheim (Separation Road). Beth Hart lief übrigens mittlerweile auch schon.

So, noch ein paar Worte zur Klangbeschreibung: Ich bin begeistert. Die Bühne ist da, sehr offen und lebendig und alles wird schön aufgefächert, ohne spezielle Bereiche übertrieben darzustellen. Sehr kräftiger Grundton, rundes, tiefes Bassfundament ohne übertrieben starken, percussiven Druck von unten. Gerade wenn man aus dem Car-Hifi-Bereich kommt, wo man oft mit sehr druckvollen Bässen arbeitet (was auch Spass macht), zeigt einem die Duetta, was ein ausgeglichenes Klangbild ist, ohne dass einem etwas abgeht. Dynamik und Darstellung einer guten Aufnahme mit Kontrabass sind eine Freude oder legen wir Touch von Yello auf. Die Duetta hat mir nochmal so deutlich wie sonst bisher keine Box vorher gezeigt, wie gut diese Produktion wirklich ist.

Sehr positiv in meinem Wohnzimmer ist, dass der Bassreflexkanal der Duetta nach vorne führt. Alle meine bisherigen Boxen hatten das Bassreflexrohr nach hinten hinaus, sie sind vom Aufstellungsort in meinem Wohnzimmer problematischer.

Während die Duetta sich in meinem Wohnzimmer einspielte, hatte ich den Eindruck, dass der Bass immer kräftiger wird. Ich wurde mittlerweile aber eines Besseren belehrt. Es liegt wahrscheinlich am Hochtöner, der am Anfang eine etwas aggressivere Gangart an den Tag gelegt hat und sich jetzt im eingespielten Zustand mehr zurückhält.

Bedanken möchte ich mich noch bei meinem Bruder Philipp, der mir bei der Auswahl vom richtigen Werkzeug und bei der Furniertechnik sehr geholfen hat, ebenso bei Andreas aus Hochdorf, der mir viele gute Tipps beim Arbeiten mit der Oberfräse gegeben hat, und bei Udo, der sich mit unermüdlichem Einsatz um die gute Betreuung der Lautsprecherbauer bemüht. Ich hoffe, ein Besuch in Bochum ist bald einmal möglich!

Vielen Dank auch an meine Frau, die mir bei vielen Handgriffen geholfen hat, bei denen es mit vier Händen viel einfacher ist als mit zwei. Auch hatte sie eine große Toleranz gegenüber dem Staub und Dreck, den ich in unserem Wintergarten produziert habe. Aber wo gehobelt wird, fallen Spähne, und ohne sägen, fräsen und schleifen und schleifen und schleifen kann man so ein Projekt nicht bewerkstelligen.

Ich träume noch von der großen Holzwerkstatt mit Tischkreissäge und professioneller Absaugung …

Liebe Grüße aus dem sonnigen Freiburg, Mirko

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Danke dir für den Tipp! Speziell die Breite ist da natürlich auch sehr interessant!

Frohes neues Jahr in die Runde!

Ich darf mich gerne den anderen anschließen und muss sagen, dass mir das Design außerordentlich gut gefällt. Mich würde noch interessieren, welches Furnier du neben dem Eschefurnier verwendet hast? Der Korpus sieht genial aus.

Superschön ist die geworden! Das Design defällt mir außerordentlich gut.

Hallo Mirko,
ein Bericht mit Ecken und Kanten! Wahnsinn, was man mit den eigenen Händen schaffen kann. Es sieht eher nach einem Kunstwerk aus, als nach einem Lautsprecher.
Kurzum: tolles Ding, welches du aus dem Wintergarten gezaubert hast!!
Viel Spaß beim Hören und Genießen wünscht Chris3

Boah, ich glaubs ja gar nicht, eine Duetta in meiner Stadt…kann gut sein, dass ich mal bei dir Aufschlage Mirko und die Grandiosa anhöre :-), sehen super aus.

Klasse Arbeit Mirko,

diese Mordsgeduld und “Winkelfummelei” beim Bau aufzubringen, Respekt.

Viel Spass beim Hören.

Peter

Guten Morgen Mirko,
was kann man zu diesem Projekt und Deinem Bericht sagen?
Nur eines: GRANDIOS!!!
Viel Spaß mit Deinen Duettas.

Grüße aus dem Auenland
Yoga

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