Die Idee:
Schon lange habe ich mit neidvollen Augen auf die selbstgebauten Lautsprecher meines guten Freundes Philipp geschaut. Nicht nur weil der Klang deutlich besser als bei meinen ca. 15 Jahre alten Boxen war, sondern vor allem aufgrund der Optik. Ich finde Chassis (der Begriff hatte vorher keinerlei Bedeutung für mich) einfach schön. Und wie eine schöne Kaffeemaschine eine Küche aufwertet, so werten schöne Boxen in meinen Augen ein Wohnzimmer auf. Da Corona uns weiterhin gut im Griff hatte, war der Entschluss schließlich bei einem leckeren Alt (Anmerkung der Redaktion: Düsseldorfer behaupten, das sei Bier) gefällt worden, dass der Bau in Angriff genommen wird. Da ich allerdings technisch wenig bis kein Verständnis von Lautsprechern hatte (und tatsächlich auch immer noch habe), musste ich hier blind vertrauen. Ein paar Mail zwischen Philipp und Udo zu später Stunde und es fiel die Wahl auf die SB 85 BR. Warum genau diese – ich weiß es nicht. Aber um es vorweg zu nehmen: nach 2 Monaten des Hörens habe ich die Entscheidung noch nicht bereut.
Die Optik:
„Lies dir mal andere Bauberichte durch. Dann verstehst du das schon.“ So hieß es zu Anfang von Philipp. Mit meinem minimalen technischen Verständnis wagte ich mich also in die Höhle des Löwen. Recht schnell merkte ich, dass ich nichts verstehe. Somit hatte ich mich erst einmal mit der Optik befasst. Zwei separate Boxen (Hochton + Mittelton und Bass) wollte ich nicht. Alle Komponenten sollten in einer Box „kombiniert“ werden. Nach kurzer Rücksprache mit Udo bzgl. des benötigten Volumens der Boxen, holte ich Block und Bleistift heraus und begann zu zeichnen. Ein paar Biere später war der erste brauchbare Entwurf fertig. Ein „aufliegendes“ L auf der Box in Rostlack (passend zu meiner Lampe). Als weitere Anpassung sollte der Bassreflex nicht rund in die Front gefräst werden, sondern subtiler an der Unterseite der Front eingebaut werden. Anschließend galt es nur noch, die Maße der Bretter korrekt zu berechnen und entsprechend im Baumarkt zurecht schneiden zu lassen.
Und los geht’s:
Mit den Platten ging es in Philipps Halle. Hier war genug Platz, um Dreck zu machen und in Ruhe zu sägen. Der Haussegen sollte schließlich nicht schief hängen.
Glücklicherweise schrieb Philipp das CNC Programm für die Ausfräsungen der Chassis und so konnte das (fröhliche) Werkeln beginnen.
Lange ließ der erste Schrei nicht auf sich warten. Der Baumarkt hatte mir nicht wie bestellt 19 mm MDF Platten geschnitten, sondern hatte 19 und 16 mm gemischt. Somit war unsere Berechnung erst einmal für die Tonne. Nach ein paar tiefen Atemzügen ging es erneut in den Baumarkt, 3mm dünne MDF Platten geholt und auf die 16 mm aufgeleimt. Keine ideale Lösung, aber so mussten die Pläne nicht komplett neu berechnet werden. Wie sehr das zu einem Problem beim Lackieren werden sollte, war mir hier noch nicht bewusst. Die Fräsung lief glücklicherweise problemlos ab. Der Gehrungsschnitt und zweite laute Schrei des Tages folgten allerdings schneller, als mir lieb war. Ich setzte den Gehrungsschnitt an der falschen Seite der bereits gefrästen Front an. Glücklicherweise fiel mir dies nach ca. 5 cm auf. Der Frust war natürlich groß – aber nichts was Spachtelmaße und Schleifpapier nicht wieder richten konnten.
Das Verleimen aller Komponenten lief ohne weitere Schreie ab und so wagte ich mich an den angsteinflößenden Schritt der Weiche.
Die Weiche:
Einem Menschen, der es gerade einmal schafft, mit Hilfe eine Lampe anzuschließen, treibt das Thema Weiche kalten Schweiß auf die Stirn. Kondensator, Widerstände und co. hätten genau so gut auf Latein erklärt werden können und ich hätte ähnlich viel verstanden (Info am Rande: Ich kann kein Latein). Aber gut.
Zunächst beschriftete und sortierte ich alle einzelnen Komponenten. Mit einem Crashkurs im Löten und „Lesen“ des Bauplans wagte ich mich an meine ersten wackeligen Schritte. C2 and L2 und C3. Es dauerte ein wenig und Philipp hatte als erfahrener Boxen-Selbstbauer und Ingenieur viel zu lachen.
Am Ende des Tages klappte es aber mit ein wenig Hilfe. Weichen – Check. Gehäuse – Check.
Spachteln, schleifen, Lackieren. Spachteln, schleifen, lackieren
Nachdem ich am fertigen Gehäuse noch eine Schattenfuge gefräst hatte, um ungenaue Arbeiten zu kaschieren und den Effekt des „aufliegenden L“ zu verstärken, ging es an die Ausbesserung der Fehler. Getreu der Cantina-Song-Parodie von Family Guy fühlte ich mich hier ein bisschen wie Tom Hanks in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich spachtelte, schliff und lackierte. Spachtelte, schliff und lackierte. Immer und immer traten kleiner Fehler auf, die ausgebessert werden mussten. Schnell wurde mir das Ausmaß an Arbeit bewusst, welches durch die zu dünnen MDF Platten entstand. Die Flächen der MDF Platten waren grundiert. Somit ging die Lackierung der Fronten recht einfach. Allerdings waren die Seiten eine Katastrophe. Minimale Abstände überall und das braune MDF schimmerte noch nach vielen Schichten Lack durch. Nach ca. 6 Dosen Lack (nur weiß) und ca. 3 Tagen Ausbesserungsarbeiten, freundete ich mich mit dem Ergebnis an.
Noch die Schattenfuge und das weiße Gehäuse abkleben, um den Rosteffektlack für die Front aufzubringen – und fertig ist die Lackierung.
Trocknen lassen und am nächsten Tag konnte verheiratet werden. Die Chassis wurden eingesetzt.
Die letzten Züge:
Auf den letzten paar Metern des Lautsprecher-Baus wurde ich dann erneut mit meiner Nemesis der Weiche konfrontiert. Chassis anschließen und Weiche montieren. Glücklicherweise ging dies deutlich einfacher als beim Bau der Weichen. Ein kleiner Lerneffekt ist also doch eingetreten. Alles verkabelt, Wolle rein, Chassis festschrauben und fertig. Es war vollbracht. Vorsichtig nach Hause transportieren, Füße drunter schrauben, aufstellen und genießen.
Das erste Probehören und mein neu entdecktes Hobby:
Das erste Probehören war leider etwas ernüchternd. Dies lag allerdings nicht an den Boxen, sondern an meinem Verstärker. Einen deutlichen Unterschied hatte ich nicht gehört und so stellte ich mir die Fragen: War es das Geld wirklich wert?
Allerdings zeigte mir hier erneut Philipp das Problem auf. Der Verstärker. In meiner jugendlichen Sinnlosigkeit hatte ich mir vor ca. 4 Jahren einen 7.2 Verstärker gekauft. Wenig Geld für viele Komponenten tat nicht das für die Boxen, was ein guter Stereoverstärker für die Boxen tun konnte. So bestellte ich kurzerhand einen neuen Verstärker und siehe da – Ein Traum.
Ich habe kein sonderlich feines Gehör, wenn es um den Klang von Boxen geht. Ich höre keine feinen Nuancen beim Mittelton heraus. Aber trotzdem. Selbst für mich war es ein Unterschied von Tag und Nacht. Alles hört sich voller (wenn man das so sagen kann) und einfach schöner an. Ich will nicht mehr zurück und es war das Geld definitiv wert. Mittlerweile sitze ich oft auf der Couch und höre einfach stundenlang Musik.
Und zum Schluss noch ein kleines Wort an alle Unentschlossenen: Macht es. Es macht Spaß und es lohnt sich. Klar ist ein Ingenieur eine Hilfe, wenn es beim Bauen Probleme gibt. Aber Udo hilft, wo er nur kann. Wie groß müssen die Boxen sein: Udo sagt euch das ideale Volumen. Danach ist es A x B x C. Passt das mit der Weiche so: Auch hier kann euch Udo helfen. Ihr könnte Freunde fragen und sollte es keinen im Freundes- und Bekanntenkreis geben, der beim Thema Weiche aushelfen kann, dann bestellt die gebaute Weiche einfach mit.
Nachdem der Bau der Boxen fertig war, habe ich schon die nächste Box für unterwegs bauen wollen und die Planung läuft. Es ist kein Hexenwerk und ist ein schönes Projekt, was einen durchaus ein paar Tage/ Wochen beschäftigen kann.
Hannes
Zur SB 85 BR im Online-Shop
Wow, beim *mal wieder durchstöbern* sind mir die LS hier direkt aufgefallen! Tolle Optik, wirklich gelungen! Gratuliere 😉
Hi Hannes,
schöner Baubericht und schicke Lautsprecher! Das aufgesetzte L gefällt mir sehr gut, hatte das bei meinen C52ACL ähnlich gemacht, wobei die Schattenfuge anders läuft und das L oben eingelassen ist. Weiterhin viel Spaß mit den neuen Boxen – bin gespannt auf deinen nächsten Baubericht der mobilen Variante!
Viele Grüße
Alex
Oh, ich glaube, wir beide holen sie aus dem Schattendasein. Ich hab die als Komponente meines SB-Heimkinos noch im Karton. Holz ist im Zulauf und wird diesen Sommer verarbeitet. Freue mich jetzt umso mehr darauf..
Gruß und Danke für den Bericht!
Niklas
Cool sind sie geworden.
Das aufgesetzte L gefällt mir ausgesprochen gut 👍
Wozu ist der Schalter am Terminal? Schonmal prophylaktisch fürs Bi-Amping ausgerüstet? 😜
Gruß derFlo
Hey Flo,
das war eine Spinnerei von mir:
Laut Udo kann man mit dem Vorwiderstand des Mitteltons die Bühne verändern. Daher haben wir direkt drei verschiedene eingebaut und einen Wechselschalter ins Terminal gepflanzt.
Leider konnten wir durch die Corona-Problematik noch keine zwei Bediener finden, die uns die Lautsprecher gleichzeitig umschalten, aber keine Luft atmen…
Insofern können wir noch keine Aussage zu den Unterschieden machen.
Grüße Philipp
Hi Philipp,
auch keine schlechte Idee damit bisschen rumzuspielen.
Ist auf jeden Fall eine auch lustige Vorstellung: Einer hört entspannt auf der Couch Musik und zwei Lakaien sitzen mit ihrem Bier an je einem Lautsprecher 😂
Gruß Flo
Wirklich sehr schöne Arbeit und aus gegebenen Anlass:
https://www.youtube.com/watch?v=EB24h7IXP7c
So hab ich mich beim Furnieren auch gefühlt 😀
Hi zusammen,
da von mir im obenstehenden Text doch das ein- oder andere Mal gesprochen wird, wollte ich auch noch ein paar Sätze von mir geben. =)
Als erstes: Dass Udo so intollerant beim Thema Bier ist, hätte ich nicht gedacht… 😉
Zum Bau: Direkt mit einer großen Dreiwegebox anzufangen war natürlich schon sportlich, allerdings habe ich mich mich doch die meiste Zeit zurücklehnen können. (Und wenn ich nicht da gewesen wäre, hätte es wohl auch geklappt)
Für mich war es einfach schön zu sehen, dass andere Leute sich genauso über sich selbst ärgern können wie ich.
Zum Lautsprecher: Bin vom Ergebnis echt begeistert. Für das Geld so viel Lautsprecher zu bekommen ist schon erstaunlich. Schade, dass die SB 85 so ein Leben im Schattendasein führt.
Sie hört sich schön differenziert an, ohne nervig zu sein.Sie geht sie abartig Tief runter, ist recht ansehnlich und nicht zu groß.
Zusätzlich ist sie von den Proportionen her wesentlich ansehnlicher als die SB 23! (ich gehe schon mal in Deckung…)
Schön, dass ich nun ein zweites Wohnzimmer habe, in dem ich mich entspannt zurücklehnen und Musik hören kann.
Danke an Udo und Danke an die fleißigen Lautsprecher- und BerichtfertigerInnen.
Grüße, Philipp
Hallo Philipp,
als linker Niederrheiner wär ich eigentlich auch dazu verdammt, Alt als Bier gelten zu lassen. Aber das Zeug hat mir auch in der Altstadt nie geschmeckt. Als intolerant empfand ich eher, dass man dort ein gepflegtes Pils nicht zu kennen schien 😉
Hätte Andre für die Vorstellung ein schöneres Gehäuse gebaut, wär die SB 23/ 3 heute Schnee von gestern. Doch nun gibt es eine Version in ansehbar. Mal sehen, was die bewirkt.
Gruß Udo
Hallo Hannes. Also der Farbenmix gefällt mir sehr gut . Das mit dem BR-Kanal hab ich auch schon mal probiert und es gefiel mir gar nicht. Lag vermutlich an der farblich einheitlichen Front. Bei Deinem Mix schaut es top aus. Ansonsten schließe ich mich den Vorschreiben gerne an.
Gruß Martin
Hallo Hannes
Das war Bill Murray!
Aber ansonsten ein tolles Projekt. Viel Spaß damit.
Grüße Enrico
Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen: man fühlt sich direkt an das letzte Projekt zurückerinnert. Ein schöner Bericht und ein tolles Ergebnis! Viel Spaß mit diesen hervorragenden Lautsprechern.
Moin Moin,
Sehr schöner und lebhaft beschriebener Baubericht 😀 … da kommen Erinnerungen hoch!
Das Design gefällt mir sehr gut … vor allem die Integration vom BR!
Ganz wichtig: Ich muss endlich mit dem Bau der Fräse anfangen 😀
Viel Spass mit den Beiden und den anderen Projekten die schon laufen und/oder noch kommen …
Gruß, Markus