31. Juli 2022

Ceram 34 BR – mal wieder was Neues

Autor: Udo Wohlgemuth

Nun ist es nicht so, dass SBAcoustics schon wieder neue Chassis produziert hat. Naja, eigentlich doch und das auch ständig. Frank Nielsen und Ulrik Schmidt von Danesian-Audio sind deren Erfinder und zu Recht steht auf ihrer Startseite: “Wir sind ein innovationsorientiertes Unternehmen, das stets danach strebt, die Grenzen von Technologie und Prozessen zu erweitern.” So habe ich die beiden auch kennengelernt, als wir vor vielen Jahren gemeinsam auf unserem High-End-Stand in München herumsaßen. Viel Wissen, gepaart mit jeder Menge praktischer Erfahrung und Neugier auf alles, was man noch nicht erforscht hat.

So verwundert es nicht weiter, dass sie neben der althergebrachten Pappe nach und nach alle möglichen Materialien für die Membran verwendet haben. Anders als vor grob 20 Jahren geht es jedoch nicht darum, den für die Marketing-Abteilung “besten” Werkstoff zu finden, sondern die unterschiedlichen Eigenschaften so zu nutzen, dass aus ihnen mehr als nur erträglicher Klang entsteht. Denn auch das steht auf der Homepage: “Wir sind der Meinung, dass trotz der fortschrittlichen Werkzeuge das menschliche Ohr das kritischste und wichtigste Werkzeug in unserem Entwicklungsprozess ist und verbringen daher viel Zeit damit, unsere Lösungen in unserem eigens eingerichteten Hörraum zu testen.” Und darin waren wir uns von Anfang an einig.

Die weißen CAC-Chassis liegen schon seit gut zwei Jahren in meinem Regal und hatten sich längst damit abgefunden, dass sie nicht so recht ins etablierte Sortiment-Gefüge passten. Über den “normalen” SB’s hatte sich Eton breit gemacht und es gab für mich keinen Grund, daran etwas zu ändern. Jahrelang hätte ich noch von meiner bereits erledigten Arbeit leben, meine eigene Neugier mit der Unbeweglichkeit des Alters übertünschen können. Fast wär es so etwas wie das “in Rente-Feeling” gewesen, zehren von der längst erbrachten Leistung.

Zum Glück kam es anders. Langanhaltende Lieferprobleme meines wichtigsten Chassis-Herstellers zwangen mich zum Umdenken. Es entstand auf die Schnelle mit den BelAirs meine neue Premium-Reihe, die Lücke nach unten füllen zu einem guten Teil die noch lieferbaren 5er Chorusse auf. Hier Alternativen zu schaffen, ist das Gebot der Stunde. Also schnell den Staub von den Keramik-Chassis gepustet und ran ans Werk. Noch hatte ich keine Zeit zum Rasten, dann werde ich hoffentlich auch noch nicht verrostet sein.

Für gewöhnlich hätte ich jetzt ein Kistchen zusammen geklebt, das den berüchtigten, aber allseits beliebten 17er samt Hochtöner beherbergen kann. Nach Kompaktbox stand mir aber nicht der Sinn, davon habe ich durchaus genug im Programm. Schlanke Standbox, die viel weiße Membran zeigt, konnte mich da viel eher begeistern: Ceram 34 – was sonst!

SB 17 CAC-8

Features:
Belüftetes Aluminiumguss-Chassis für optimale Festigkeit und geringe Kompression
Geometrisch verstärkter Keramikkonus für optimalen Kolbenantrieb und geringes
Aufbrechen der Membran.
Weiche Gummisicke mit geringer Dämpfung für verbessertes Einschwingverhalten
Nichtleitender Glasfaser-Spulenträger für minimale Dämpfung
Verlängerte Kupferhülse am Polkern für niedrige Induktivität und geringe Verzerrung
CCAW-Schwingspule für geringere bewegte Masse
Langlebige Silberdrähte
Belüfteter Polkern für reduzierte Kompression

Ausstattung:
Membran Keramik Polplattendicke 5 mm
Sicke Gummi Wickelhöhe 16 mm
Korb Druckguss Magnetdurchmesser 100 mm
Polkernbohrung ja Befestigungsbohrungen 4 mm
Zentrierung Flachspinne Außendurchmesser 171 mm
Magnet Ferritring Einbaudurchmesser 146 mm
Schwingspule 35,5 mm Einbautiefe 82 mm
Träger Fiberglass Frästiefe 6,5 mm
Parameter:
Fs 35 Hz Cms 1,3 mm/N
Diameter 124 mm Mms 16,5 Gramm
Re 5,7 Ohm BL 6.94 Tm
Rms 0,75 Ns/m VAS 27,6 Liter
Qms 4,96 dBSPL 86 dB/2,83V
Qes 0,43 SD 118 cm²
Qts 0,4 MMD 15,6 Gramm

Messungen:

SB 26 CDC-4



Features:

Aluminium/Keramik-Kalotte
Phasenoptimiertes Membrandesign für kohärente Wiedergabe hoher Frequenzen
Kupferkappe für reduzierte Schwingspuleninduktivität und minimale Phasenverschiebung
Sättigungsgesteuertes Motorsystem für geringe Verzerrungen
Reflektionsfreie Rückkammer mit optimierter Dämpfung für verbesserte Dynamik
Strömungsoptimierter, belüfteter Polkern für optimale Ankopplung an die Rückkammer
CCAW-Schwingspule für geringe bewegte Masse
Langlebige Silberdrähte
Niedrige Resonanzfrequenz

LSPCad sagte: “Umbaue 47 Liter mit Holz für zwei SB 17 CAC-8”, was ich umgehend an die Freecad-Datei “Standbox DAppo Rohr aufgesetzt” weitergab. Neben den Chassis-Maßen tippte ich 1150 (Boxenhöhe), 230 (Boxenbreite) und 19 (Materialdicke) in die Tabelle ein und heraus kam die Zeichnung samt Holzliste. Die “Bemaßung” musste ich noch selbst bemaßen. In drei Minuten war klar, was ich sägen, fräsen und kleben musste.


Wer die Box nachbauen möchte – ob in meinen oder eigenen Maßen – braucht die Freecad-Datei  Ceram 34 Rohr seitlich eingesetzt. Als Material wählte ich in schon bewährter Manier Multiplex für die Seiten und schwarzes MDF dazwischen, was die Keramik-Membranen so richtig schön zur Geltung bringt. Noch schöner ist es natürlich, wenn der Deckel auf Gehrung gesägt ist. So gibt es keine störenden Schnittkanten und sieht fraglos professioneller aus. Das hab ich dann auch in der Freecad-Datei Ceram 34 Gehr Rohr seitlich eingesetzt umgesetzt.

Das Zusammenkleben der Bretter gehört zu einem Baubericht, auch wenn es für den Großteil meiner Leser dazu eher keine Fragen geben kann. Doch möglicherweise helfen die Fotos dem einen oder anderen Neuling, dann haben sie sich ihren Platz im Internet allemal verdient.

Der Boxenbau verschlang inklusive des Fotografierens etwa 20 Minuten und der Leim war noch nicht abgebunden. So konnten die Spanngurte alle Bretter (nahezu) lückenlos für die restliche Trockenzeit zusammenpressen. Nach dem Bündigfräsen  und Schleifen aller überstehender Kanten füllte ich einen Holzkasten mit dem für ihn vorgesehenen Inhalt. Danach ging es an die Weichenentwicklung.

Auch wenn es sich jetzt einfach liest, dass die parallel geschalteten Bässe und der Hochtöner mit Filtern dritter Ordnung zum ordentlichen Zusammenwirken gebracht wurden, war der Weg dorthin lang. Es gibt viele Möglichkeiten, Bauteile vor die Chassis zu packen, alle ergeben andere Frequenzgänge. Am Ende muss die bestmögliche Addition der Zweige stehen, die unsere Box wie aus einem Guss klingen lässt. Für den Nachbauer zählt das Ergebnis, den langen Weg dorthin beschreitet der Konstrukteur mit PC und (siehe oben) Ohr.


Wer das Bretterkleben ausführlich dokumentiert, sollte auch für den Einbau der Komponenten ein paar Bilder bereitstellen. Gern wird dazu nach dem Verteilen des Dämmstoffs gefargt. Nun, die gelieferte Matte mit 50 x 160 cm pro Box wird in vier Teile geschnitten, den Rest erklären die Fotos und der Dämmplan.

Selbstverständlich wurde auch die 2. Box bestückt und so ging es zu dritt in Stereo in den Hörraum. Zufällig gesellte sich Robbie Williams zu uns und trug uns seine Version von “Mackie Messer” vor. Bigband-Sound vom Feinsten, marschierender Bass, fetzige Trompeten, Schlagzeug mit Spaß und erst recht der Sänger, swinging and wining. Weniger “warm und schön”, wie von den SB’s gewöhnt. Dynamischer, impulsiver, aber ebenso mit dreidimensionaler Bühne nahm mich die Ceram 34 mit. Dabei verzichtete sie auf den Effekt, alle kleinen Details als wichtig nach vorn zu stellen, wie ich es oft von Metallmembranen serviert bekam.

Das machte Lust auf Mehr für das allerdings zuerst einiges weniger notwendig war. Raus mit den Weichen und die Chassis mit Hypex FA 122 verbunden, schon ging es weiter. Die Module fanden ihren Platz in externen Kisten, die hinten an den Boxen befestigt wurden. Die Kabeldurchführungen wurden ordentlich abgedichtet, damit keine Luft durchpfeift.

Mit den Erfahrungen bei der Konstruktion der Passiv-Weiche hatte ich leichtes Spiel, die aktive Version zu entwerfen. Natürlich auch hier Filter 3. Ordnung, zusätzlich kleine Korrekturen, die mit Bauteilen so kaum machbar sind. Drei Presets gestaltet, von denen das 1. “linear”, im 2. der Hochton oben flacher abfällt und bei 3 der Bass um 3 dB angehoben wird.

Robbie war noch nicht gegangen und stimmte zu, sein Lied noch einmal auf aktiv zu singen. Ohja, immer noch passte alles hervorragend zusammen, jedoch noch ein wenig genauer. Nur ein Draht zwischen Verstärker und Chassis, die Frequenz-Beeinflussung digital vor den beiden Amps, die Bässe und Hochton so noch besser kontrollierten. Aber das war ja zu erwarten und wird nun niemanden überraschen. Um aber auch einmal den Vorzug der passiven Boxen deutlich zu machen: Der Verstärker macht die Musik und auch hier gilt, die Geschmacksrichtung bestimmt der Hörer. Ich freue mich, am 10.09. viele Lauscher:innen in Nordhausen zum offiziellen Jahresabschluss treffen zu können. Die Ceram 34 hat schon ihren Platz in der Kreismusik-Schule gebucht.

Udo Wohlgemuth

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Hi Udo,
ich werde mir die Ceram 34 BR bauen und finde den Aufbau mit schwarzem MDF mittig und Multiplex Birke als Seitenwände super, man sieht noch dass es DIY ist aber man hat ohne viel Aufwand auch gleich ein (wie ich finde) cooles Design.
In der Holzliste (ohne Gehrung) steht die Seitenwand aber mit falscher Tiefe drin? Diese sollte 258mm sein da die Seitenwand auf den Bildern hier und in der CAD aufgesetzt, nicht versenkt ist?
Grüße
Johannes

Hallo Udo !
Ich habe gerade festgestellt , dass der Link Ceram34BR. in deinem Shop zur Mini ACL passiv. führt.
Vielleicht möchtest du es ja korrigieren .

Bei der Gelegenheit möchte ich mal fragen , ob (und ggf. wann) du weitere Boxen aus der Ceram-Serie vorstellen wirst ?
Ich dachte da an so ähnliche iBoxen wie die damaligen Symphonie 285 bzw MiDu … also 2 x 20er (hier im Vergleich zur Ceram85 dann. 2 x 23″) plus 2x 5er (oder 1 x 7er) plus 1x Kalotte .

Und noch etwas … verstehe ich deine Angabe in der Seitenleiste richtig , dass in deinem Laden die Ceram nicht angehört werden können ?

Schönes Wochenende und viele Grüße ,
Detlef

Na dann mach dich Mal an n die Arbeit und entwickle schön. Ich hoffe dann auf Nordhausen (und darauf , dass ich diesmal wieder teilnehmen kann) .
Gruß , Detlef

Und wieder ein Vorurteil gnadenlos niedergerissen, nämlich, dass DIY Boxen klanglich an gekaufte Boxen nicht heranreichen können. Was kurz vor Weihnachten mit “Du Papa, kannst Du mit mir zusammen ein paar gute Lautsprecherboxen bauen” begann, endete mit zwei klanglich erstaunlichen Ceram 34 Säulen, die meinen gekauften “diabolischen” Lautsprechern klar ihren Platz zeigten. Meiner Frau und mir viel die Kinlade runter, als wir zu Dvorak nicht nur glaubten Geiger zu hören, sondern diese auch noch fast zählen konnten. Das hatten wir wirklich nicht erwartet. Da ich die Boxen natürlich wie geplant an meine Tochter übergeben habe ist klar, dass die gekauften eher früher als später abgelöst werden. Klar ist nur nicht ob durch die Ceram 34 oder doch die 85? Mal gucken. 🙂

Hui die sind aber schön. Sehen genau so gut aus, wie die Eton Chassis. Hoffentlich klingen sie auch so gut.
Sehr schön, dass es mittlerweile auch gleich die aktive Version gibt

Hab ich eine “detaillierte” Chassisvorstellung irgendwo verpasst?

Last edited 1 Jahr her by Alechs

Ich denke die Vorstellung im Artikel IST die detaillierte Vorstellung 🤔

Hallo Udo,

Es geht weiter und weiter und weiter.
Ich bin jetzt echt geplättet.
Die Schlagzahl nimmt zu.
Geplättet vor allem wegen der Anzahl der Weichenbauteile.
Ist das jetzt der Qualität der Chassis geschuldet oder hat das mit einer neuen Form von Minimalismus zu tun, der Du Dich künstlerisch hingibst.
Bin gespannt ob es demnächst Bausätze gibt bei welchen noch weniger Bauteile verwendet werden.
Wenn ich beim letzten mal nicht 2,5 Stunden gebraucht hätte, ich würde mir die beiden anhören UND die modifizierten Ilumi30ACL mitbringen.
Tja wenn….

Mach et jut Udo

LG aus dem Auenland
Yoga

Sehen schon schön aus in weiß. Die Klangbeschreibung klingt auch sehr interessant. Hatte schon überlegt nach Nordhausen zu fahren um mal die Bluesklasse abseits der SB Reihe zu hören. Die sind ein Argument mehr.

Wäre interessant die dann im Vergleich mit den Chorus zu hören, die ja preislich etwa in der selben Klasse sind.

Hui! Jetzt geht’s aber los hier… Wo soll ich die denn noch hinstellen? 🥹
Mir gefallen die weißen Membrane tatsächlich sehr. Kommt auf die Probehör-Liste.
Apropos Probehören: Nordhausen ist ja nun auch ein ganzes Stück weg vom Norden und ich Frage mich, ob sich sowas nicht auch irgendwo oberhalb der Elbe realisieren ließe?

LG Helge

Interessant, interessant. Ich glaube der eine Samstag in Nordhausen wird kaum genügen. Die Veranstalter sollten überlegen, den Sonntag mit dazu zu buchen 😉
Wird ein spannendes Event werden, ich freue mich.
Hermann

Hallo Udo,

du machst es mir immer schwerer NICHT nach Nordhausen zu fahren. Ich muss die Urlaubsplanung noch irgendwie Richtung Norden lenken…
Grüße Achim

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