5. März 2023

SB 85 BR, spontan-aktiv

Autor: Niklas

Mitte Januar ging es im Forum über die Kombination von Stereo-Verstärkern an den Pre-Outs des AVR, um die Vorteile jedes Geräts zu kombinieren. Im Verlauf kam die übliche Frage nach möglichen Verstärkern, da die Preise mittlerweile stark gestiegen sind. Ich erzählte kurz von meinen Problemen mit Gebrauchtware und den Reparaturen und dass eine Aktivierung meiner SB85 BR bislang nicht verfügbar sei und spekulierte über die Gründe. Udo schaltete sich ein mit den Worten: „Der Grund ist ganz profan: Ich müsste für die Aktivierung eine SB 85 BR haben. Hab ich aber nicht. Gruß, Udo.“ Auf meine Frage: „Willste welche?“ kam: „Schreib mir eine Mail, wann du die Lautsprecher nach Bochum bringst…“. So entstehen hier also die spontanen Projekte, die den Lautsprecherbau nicht langweilig werden lassen. Habe verstanden.

Ab in die Planungs- und Ideenphase:
Mir gefällt es nicht, hinten an die Lautsprecher noch eine Kiste zu schrauben, um den Hypex-Modulen ein Zuhause zu bieten. Also sollen beide zusammen in eine Doppelmono-Kiste. Damit kann ich die 85er auch besser vorbereiten, die FA-Behausung wird später geplant. Ich habe in einem Baubericht mal gesehen, dass kleine 4 mm-Bananenbuchsen in das Holz eingelassen wurden, optisch clean und aufgeräumt. Also habe ich welche bestellt und in der Wartezeit überlegt, wohin damit und alles angezeichnet. Mit dem Bohren musste ich warten, bis die Teile da waren, da ich die Hoffnung hatte, mit einem Loch in gewissem Untermaß die Buchsen mit dem Hammer einschlagen zu können und sie so zum Halten zu bewegen. Im Durchmesser 0,4 mm kleiner erwies sich in MDF als gutes Maß, es sitzt bis jetzt stramm.

Die Weichen habe ich damals auf dem Boden der Lautsprecher verschraubt und auch diesen schraubbar gemacht, was sich nun als sehr gute Idee herausstellte. Die Weichen konnten unkompliziert abgelötet und die Kabel durch die Löcher nach draußen geführt werden. Die Terminals habe ich an der Weiche gelassen, dann baumeln keine offenen Enden herum. Die Weiche verbleibt auch an ihrem Ort, sicherer ist sie nirgendwo gelagert und falls ich sie wieder einsetzen will, muss ich nicht lange suchen. Von außen wurden schnell die Buchsen an die Kabel gelötet und versenkt. Die Bananenstecker erwiesen sich als stabil genug, um beim Einhämmern zu helfen.

Eine Woche nach dem Startschuss schnupperten die Lautsprecher also wieder Bochumer Luft und ich durfte zu Hause mit den Füßen scharren. Udo prophezeite eine Dauer von einer Woche, das lässt sich aushalten. Die SB 15 OnWall von hinten wanderten nach vorne, der alte Portokassen-Sub musste wieder ran und die Großen fehlten mir schnell. Wenn man keine SB 85 hat, hat man keine SB 85.

Nun kam also mein Einsatz, der Dank perfekt vorbreiteter Gehäuse recht zügig vonstatten ging. Das FA 123 wurde mit den Anschlussbuchsen verbunden und schon konnten die Zweige für Preset 1 ausgemessen werden.

Wie in den meisten Haushalten üblich stehen bei mir die Lautsprecher parallel zu den Wänden und werden nicht auf den Zuhörer eingewinkelt. Daher linearisiere ich den Frequenzgang traditionell unter 30 Grad. Für das entspannte Hören senke ich den Hochton in Preset 2 oberhalb von 5 kHz sanft herunter. Preset 3 betont zusätzlich den Bass, damit es im Heimkino auch ordentlich rummst.

Dann, wie versprochen, die Nachricht, dass ich den darauffolgenden Freitag zum Probehören und Abholen kommen kann. Also meine Frau eingepackt und ab in die Heiligen Hallen. Aufgeregt, das erste Mal etwas Zeit mit dem Erschaffer des musikalischen Hochgenusses zu verbringen, nahmen wir auf der Couch Platz. Bei Abgabe musste ich gestehen, dass aus irgendeinem Grund eine Delle in der einen Mitteltöner-Staubschutzkappe entstanden ist. Udo entdeckte leider einen Riss und hat den Treiber dankenswerterweise einfach so getauscht.

Auf meine Frage, ob es gut gelaufen sei, meinte Udo, dass er die 85 lange nicht gehört habe und nicht mehr wusste, wie gut die ist. Der Haustiger nahm neben uns Platz, als die ersten Töne erklangen und lief nicht weg, das erste Qualitätssiegel. Ein direkter Vergleich zu vorher war schwierig, die SBs standen frei im Raum, viel mehr Deckenhöhe, aber das Ergebnis passte. Wir wühlten uns durch seine Musiksammlung, bis wir die Tieftöner forderten und ein leichtes Schnarren auftauchte. Udos erste Gedanken waren Kabel, die von hinten anliegen. Also schnell den Schrauber geschwungen und nachgeschaut. Kabel waren es nicht, lediglich die Dämmwolle deckte die Polkern-Bohrung völlig ab, was für die Nebengeräusche sorgte. Problem gelöst. Weiter ging es mit der eigenen Musik. Die Aktiven schienen präziser, trockener zu spielen.

Nach geraumer Zeit und Pläuschchen musste ich dann die Frage loswerden, ob wir auch mal in die BelAirs reinhören dürfen, die da so schön aufgereiht standen. Na klar durften wir. Leider nicht die aktive Lady als direkten Dreiweger-Vergleich, dafür hätten die Presets aufgespielt werden müssten. Also wählte Udo die passive GrandLady. Schon imposant, was da passiert. Definitiv überdimensioniert für unser Heim, spielt sie Sachen bei Nils Frahm, die vorher nicht da waren. Bei manchen Tönen vibriert kurz das Sofa und sie sagt einem: „Haste nicht gehört, war aber da, ne? “ Wirklich imponiert haben sie im nächsten Augenblick, als sie die Querflöte in Griegs Morgenstimmung einfach zart in den Raum stellten, sodass wir uns nicht sicher waren, ob wirklich diese Kleiderschränke oder eine dieser anderen Kisten unterschiedlicher Größe aufspielten. Auf der Heimfahrt waren wir uns aber einig, dass unsere SB 85 BR schon Vieles sehr richtig macht, auf einem hohen Niveau spielt und nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten muss.

Zuhause angekommen habe ich schnell die Hypexe in Flugverdrahtung angeschlossen und per Cinch an den AVR. Was ist denn bitte hier los?? Alles deutlicher, präziser, trockener. Dire Straits – Iron Hand bei 1:50 war vorher da, aber angestrengt. Jetzt drückt das im Ohr, man spürt die Schwingung. Weiter querbeet durch die Musikstile von Nils Frahm „Sunson“ und „A Place“ bis Cindy Lauper „Time After Time“ zu Toto „I Will Remember“, Allan Taylor „Colour To The Moon“, Toni Braxton „Talking In His Sleep“. „Nothing Else Matters“ aus S&M gipfelt in einer Gewalt, dass wir mit Gänsehaut auf der Couch sitzen. Ein riesiger Schritt nach vorne. Wir sind beide beeindruckt, was Udo da herausgekitzelt hat.

Ein paar Lieder haben aber einen kleinen Dämpfer, denn zum Beispiel „Eurythmics – Sweet Dreams“ und ähnliche profitieren anscheinend von der etwas warmen, unkontrollierteren Kombination meines Stereoverstärkers und den Weichen. Es klingt aktiv richtig, die Synths bollern aber nicht mehr so.

Zwischenzeitlich habe ich die Anschlusskabel gebaut, da ich sechs Einzeldrähte recht unattraktiv finde, einmal in schön. Simpel zu bauen und macht was her, aus Kabelsleeve, Schrumpfschlauch und Bananensteckern.

Zum Bau der Kiste:
Der Grundgedanke für die Hypex-Behausung ist eine Mischung zwischen dem Yamaha und den Lautsprechern. Elemente sind das Brett, in dem die Hypexe eingelassen werden. Als Boden ein Brett, dass noch Belüftungsschlitze bekommt, denn auch Einsen und Nullen wollen atmen. Als Deckel gibt es nur einen Kranz, damit der AVR darauf stehen kann und man bei Bedarf noch an die Verkabelung kommt.

Also Thermowäsche angezogen, in die Werkstatt und losgelegt. Ich habe meiner Frau versprochen, kein weiteres Geld auszugeben. Also durchsuchte ich die Restestapel und fand ein Stück MDF, eine Platte, vermutlich Schrankrückwand und die Reste der Dreischichtplatte, aus der die Fronten meiner SBs sind. Damit kann ich arbeiten, also mit erfrorenen Händen alles angezeichnet und mit der Kappsäge zugeschnitten. Das Grundgehäuse habe ich verdübelt und verleimt, mit Spanngurten gezwungen und die Zwischenböden angezeichnet. Jetzt standen die Maße fest.

Diese schnell zugesägt und ab an die Oberfräse. Die Belüftungsschlitze in dem Bodenbrett sind mir etwas entglitten, da das Brett zu schmal für den Parallelanschlag ist. Aber da unten schaut eh keiner hin.

Weiter mit den Ausschnitten für die Module, das funktionierte deutlich besser. Dann noch das Loch in den Deckel und das Rumgestaube war vorbei. MDF bedeutet halt immer Sauerei. Der Leim am Gehäuse scheint sich bei knapp über dem Gefrierpunkt nicht zu seiner Arbeit überreden zu lassen. Also aufräumen, durchsaugen und ab nach Hause ins Warme.

Hier habe ich mir noch einmal Gedanken über die Höhe des Hypex-Brettes gemacht, damit nach unten genug Luft unter den Bauteilen ist und nach oben die Anschlussstecker nicht abgeknickt werden. Zur Befestigung des Brettes und des Bodens habe ich mit der Japansäge eine Fichtenlatte abgelängt. In dieser wird alles von oben und unten verschraubt. Mittlerweile war auch der Leim trocken. Also alles anpassen, vorbohren, teilmontieren, Ausschnitt für die Netzbuchse, Löcher für die Bananenbuchsen in die Rückwand und ab zu Pinsel und Feuer.

Zuerst habe ich den unteren Teil der Front verbrutzelt, anschließend den Rest des Gehäuses mit Spritzspachtel vorbehandelt. Das war mein erster Versuch mit Spachtel, ich hätte es mir schenken können. Die Kiste sollte schnell fertig werden, damit die Hypexe aus den Kartons herauskommen. Da fehlte mir die Geduld für eine perfekte Oberfläche, zumal im Holz größere Fehlstellen waren als gedacht. Nach dem Trocknen rollte ich den Großteil schwarz seidenmatt, nach dem zweiten Anstrich war das ganz passabel. Das Aussehen der Front hatte ich mir stimmiger vorgestellt, ich muss also irgendwann nochmal ran.

Jetzt ab zur Montage. Zwei Anschlussadern wurden an jeden Anschluss der Buchse gelötet, damit beide Module über einen Stecker am Gehäuse betrieben werden können. Mit Kabelschuhen wird der Anschluss am Modul realisiert. Mit Schrumpfschlauch habe ich auch nicht gegeizt, das lässt mich ruhiger schlafen. Jetzt wurden die Adern durch die Bananenlöcher gezogen und die Buchsen aufgelötet. Das Hereinhämmern klappt auch in Dreischichtplatte, was ein Glück.

Beim Löten fehlt mir immer die dritte Hand. Aber ich weiß mir zu helfen. Dank des Einsatzes ausreichender Kabelbinder wurde der Salat zur Ordnung gezwungen und mithilfe von Nagelschellen als Kabelbinderhalter an das Holz fixiert. So sollte nichts dahin wandern, wo es nichts zu suchen hat.

Probehören, hab wohl einen Bass verpolt, schnell umgelötet, alles gut. Die Kiste fristet jetzt ihr Dasein unter dem Yamaha AVR und bekommt in ein paar Wochen noch eine neue Front. Was sich jetzt liest, als hätte ich mal eben an einem Abend die Kiste zusammengebraten, zog sich in Wahrheit über 10 Tage, da ich halt immer nur zwischendurch mal Zeit dafür hatte. Das erklärt vielleicht etwas meine Ungeduld beim Oberflächenfinish.

Fazit: Aktiv hat sich für uns gelohnt. Danke Udo für die Arbeit und all das hier. Ebenso Dank an meine Frau, die mit den Worten „Wieviel soll das kosten?? Lohnt sich das? Ja, dann mach!“ ihren Segen gab.

Gruß
Niklas, Britta, Frederike und Mats.

Ach ja, Kinder. Die Zimmer sind ja auch noch leer. U_Do73? Overkill für sechs- bis achtjährige? Akustisches Eigentor? Wir werden sehen.

Zur SB 85 BR aktiv im Online-Shop
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Hallo Niklas,

ein richtig guter Baubericht für die nachträgliche Aktivierung einer Passivbox, das oder die Aktivmodule extern eingebaut und verkabelt. Man braucht keinen Durchbruch in das bereits vorhandene Gehäuse einfräsen und wenn der Platz hinter dem Gehäuse für die Module nicht ausreicht so stellt man sie eben dahin wo es passt.

Ich würde der Empfehlung von Hypex folgen und die Verkabelung im Gehäuse optimieren. Kurze Wege (!), bei jedem Kanal die Signalleitung und das zugehörige Massekabel miteinander leicht verdrillen. Die einzelnen Kanalleitungspaare, sofern möglich, räumlich trennen, also nicht auf lange Strecken parallel zusammen routen.
Das hört ja an den Buchsen nicht auf, die Leitungen gehen weiter bis zu den Boxen…

Wahrscheinlich würde ich bei den Zuleitungen zu den Boxen auch bei jedem Kanal die Signal- und Masseleitung verdrillen. Und, so wie ich mich kenne, würde ich jeden Kanal zusätzlich mit einem Abschirmgeflecht versehen. 😉

Das Slevegeflecht hat eine sehr ansprechende Textur, mal etwas anderes.

Viel Spaß mit den Aktiven und den drei Presets!

VG Rundmacher

Spannender, und auch deshalb schön zu lesender Bericht, Niklas.

Viel Spass mit den aktiven SB 85.

Peter

PS: So wie ich´s mag: Projektwunsch/Aufgabe klar erkannt, benannt und schnurstracks umgesetzt.

Schön zu lesen, dass eine SB85BR ebenfalls ein faszinierendes Erlebnis durch Aktivierung bietet. Bei der Auswahl von Nils Frahm musste ich schmunzeln. Alles geniale elektronische Stücke. Höre ich ebenfalls sehr gerne.
Tipp für zukünftige LS-Anschlüsse: Schaut nach Neutrik NLT8MP und dem Gegenstück NLT8FX

Viele Grüße
Rincewind

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