Startseite Foren Bau-Dokumentationen CT193 als Standbox Antwort auf: CT193 als Standbox

#22921
JoKa

    Ich höre die Boxen jetzt seit ein paar Tagen und wollte mich mit ersten persönlichen Eindrücken zurückmelden.

    Kleine Breitbänder sind ein Nischenprodukt, oder? Meist sehe ich sie als PC-Hupen, Line Arrays oder Fernsehlautsprecher-Ersatz. Ich hatte selbst lange Tangband-4-Zöller (CT218) unter unserem Fernseher, ich glaube, der Bausatz ist auch noch aus Udo´s Klang-und-Ton-Zeiten.

    Ein paar offensichtliche Vorzüge haben sie: preisgünstig, minimal zu beschalten, wenig Platzbedarf, einfach zu bauen.
    Dazu gibt es viele zu lesende Meinungen,
    positive: … phantastische Räumlichkeit, authentische Wiedergabe, Stimmen klingen sowas von „live“ … Wow!
    und negative: … kein Tiefgang, Verfärbungen, schwammiger Bass, geringer Pegel, Bündelung, fehlende Hochtonauflösung, welliger Frequenzgang, keine Dynamik … Wenn nur die Hälfte stimmen sollte, wofür brauche ich die dann?
    Vielleicht doch PC-Hupen?
    Aber wieso stecken die dann in einer 16-Liter-Box? 6 Liter reichen doch für 4-Zöller.
    Und wieso bestelle ich die jetzt und baue damit Standlautsprecher, für die ich eigentlich keine Verwendung habe? Ein Einsteiger-Bausatz als Abwechslung zur Linie44? Oder weil es einfach Spaß macht, Neues in anderen Gehäusen zu verbauen?

    Ich ahne, Breitbänder sind etwas sehr Spezielles, vielleicht auch Irrationales.

    Fangen wir unten an: Ja, die unterste Oktave fehlt – gewusst und geschenkt. Wichtiger ist mir, den vorhandenen Tiefgang finde ich angenehm, nämlich schlank und unauffällig, unerwartet präzise und im Rahmen seiner Membran-Möglichkeiten auch durchaus knackig. Geht doch! Gerade läuft Eclipse von Huschke´s Diabolica. Da dröhnt nichts, schon gar nicht ist der Bass „schwammig“. Mit Bedämpfung habe ich weiter noch nicht experimentiert, denn mir scheint, nur ganz oben und ganz unten ein wenig Sonofil, so wie aktuell eingebaut, das reicht völlig aus und passt schon gut.

    Im Mittelton, da entfaltet das Chassis mir einen etwas eigenen entrückten (Vintage-)Charme. Es hat eine Klangfarbe, die für mich leicht nasal klingt. Das ist jetzt nicht negativ gemeint. In meinen Ohren geht das einher mit Vereinfachung der Musik. Die ganze Komplexität und Fülle, die ein 3-Weger mit allen dazugehörigen Obertönen fähig ist als sehr vollständiges und anspruchsvolles Klangbild in den Raum zu stellen, die scheint der kleine Breitbänder auf das Notwendige zu reduzieren. Es klingt auf Anhieb wenig perfekt, denn suggestiv empfinde ich das Klangbild aus weniger Bestandteilen angeboten, in Summe ist es aber sehr homogen, auch realistisch, und hat etwas ganz unangestrengtes und symphatisches. Ich mag es spontan. Wenn sich darin Schwächen und Kompromisse wiederspiegeln – egal. Musik findet im Kopf statt und muss dort gefallen.

    Der Hochton war mir wie erwartet beim ersten Hören etwas zu flach und zu dünn, da fehlt es im Vergleich zu Mehrwegern an Brillanz, Spritzigkeit und Auflösung, das können leichte Kalotten-Membranen besser. Aber das Schöne: Nach einer Eingewöhnung … fällt das irgendwann gar nicht mehr so auf. Wenn man will, könnte man sich daran gewöhnen.

    Was für mich auch bemerkenswert ist: Pegel, Wirkungsgrad und Dynamik reichen sooo entspannt für mein 25qm-Wohnzimmer. Und wenn ich den Sansui auf 12 Uhr stelle, ist tonal immer noch alles im grünen Bereich. Auch der Tiefgang kann genügen, das ACL-Gehäuse scheint gut zu funktionieren, ein Vergleich mit dem Original-Gehäuse wäre natürlich prima.

    Bühnentechnisch spielen die CT193 häufig ganz entspannt etwas defensiv hinter den Boxen positionierte Musiker. Wenn die Aufnahme es hergibt machen sie aber auch Feuerwerk. Moto Perpetuo (immer noch von Huschke) lässt es gerade in allen Raumecken knacken, klopfen und zischeln, alles sehr schön ortbar an vorbestimmten Plätzen. Tolle Räumlichkeit!
    Der CT193 mögen es, wenn einfache Musik mit überschaubarer Instrumentalisierung gespielt wird. Und wenn die Aufnahme dann noch halbwegs professionell ist, macht es mächtig Spaß, und nicht nur im Sweet-Spot. Ja, er ist da, aber nicht so dramatisch eng.

    Hohe Langzeithörqualität mit Kopfhörer-Charakter im Nahfeld kann ich als Vorzug der Boxen hervorheben. Man kann leicht und tief eintauchen in die Musik, ganz unangestrengt, vielleicht nicht auf der kompletten Frequenzgang-Bandbreite, dafür mit einer individuellen Tondarbietung. Und wenn man keinen Umschalt-Vergleich zur Linie44 oder ähnlichem hat, man glaubt nicht, dass es 55Euro Materialkosten sind, die da gegenüber aufspielen. Einen gewissen WAF möchte ich auch noch bescheinigen. Die Box ist schon zierlich, aber die eine Membranfläche besonders niedlich, angesichts dessen was geboten wird.

    Definitiv für mich ein großartiger „Ergänzungs-Spass-Lautsprecher“ für besondere Momente und Aufnahmen, der aber auch locker normal große Räume hauptverantwortlich beschallen kann, wenn 55 Euro das Budget sein soll.

    Der bekommt noch ausführliche Hörsessions und bleibt erst mal 😊

    Soweit, LG Jo