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Moin, an diesem schönen Montag.
Mechanische Einspielzeiten fata-morganen hier immer wieder durchs Forum, die spielen, besonders im Hochtonbereich, eher ein untergeordnete Rolle. Automotoren mussten früher eingefahren werden, bei heutigen Fertigungspräzisionen völlig überflüssig, ebenso ist es auch bei Lautsprechern.
Ich hatte kürzlich das Privileg hat, an einem fachübergreifenden Gespräch über Akustik als ganzes, Hörgeräteentwicklung , Verarbeitung und Speicherung akustischer Signale im Hörzentrum im Besonderen, teilzunehmen. Leider eines meiner Hobbies.
Kleines Beispiel: Sehr kompakte Lautsprecher, wie z. B. die SB 15, strahlen im Tiefbass nur marginal Energie ab, wir meinen aber, deutlich tieferes Bassgeschehen wahrzunehmen. Dies liegt ganz einfach daran, dass unser Gehirn ein meisterhafter Gaukler ist und sich die Tieftöne einfach dazu konstruiert. Es wird wieder den Ruf nach Verschwörung geben, das ist aber eine längst standardisierte Erkenntnis in der Neurologie.
Nehmen wir an, dass ein Kunde einen guten geschlossenen Lautsprecher von Herstelle XXXXXXX 30 Jahre gehört hat. Er baut sich ein Konstrukt von Udo mit ER4 oder hochwertiger Keramikkalotte. Das ist erst einmal ein Kulturschock, nicht ohne Folgen. Wenn sich 30 Jahre Klang- und Soundmuster in das Unterbewusstsein „eingebrannt“ haben, dauert es eine ganze Weile, bis das Gehirn die Verbesserung akzeptiert und automatisiert. Das gilt abgemindert auch für modernere Lautsprecher mit kürzerer Hördauer. Das hat aber rein gar nichts mit einer mechanischen „Einspielzeit“ zu tun.
Mechanisch sieht es so aus, dass, nehmen wir an, der ER4 oder die Kalotte schwingen im Mittel mit 20 kHz, in einer Minute 1,2 Millionen mal. In einer Stunde sind das schlappe 72.000.000 Schwingungen und ein paar Kilometer Weg. Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, dass ein Metallbändchen oder ein von einer so geringen Masse, nach 72 Millionen Hin- und Herbewegungen nicht seine Arbeit vollwertig aufnehmen kann.
Genauso verhält es sich bei Vergleichen von hochertigen mit „High-End“-Weichenbauteilen oder gar Kabeln. Der Wunsch ist der Vater des Gedankens und das Gehirn ein meisterhafter Gaukler.
Persönlich würde ich die eher die „Einspielzeit“ durch den Begriff „Gewöhnungsphase“ ersetzen. Wenn ich mir ein hochwertiges, technisches Gerät, z. B. ein Auto oder auch einen hochwertigen Mixer kaufen würde, dass bei einer durchschnittlichen Nutzungstiefe von einer Stunde am Tag, seinen Vollbetrieb erst nach mehr als 3 Monaten aufnehmen würde, wäre es schnell zurück auf dem Ladentisch. Die Dauer der Einwobbelphase ist auch auf keinen Fall ein Qualitätsmerkmal.
Beste Grüße und viel Spaß mit Deinen Lautsprechern
Hesse