Gehäusematerial

Jeder feste Körper schwingt, wenn er durch ein Schallereignis angeregt wird, in Eigenresonanz aus. Die von der Lautsprecherrückseite abgestrahlte Schallenergie versetzt die Gehäusewände in Resonanzschwingungen. Nun wirken aber schwingende Gehäusewände wie Schallquellen, deren Schallanteile sich zu dem von den Lautsprechern abgestrahlten Schall addieren. Die Folge sind, je nach Materialdichte, mehr oder weniger deutliche Klangverfärbungen. Im Idealfall wird der Schall nur von den Lautsprechermembranen und den dafür vorgesehenen Gehäuseöffnungen (Bassreflexkanal, Hornöffnung, Transmissionline, …) abgestrahlt. Weiterhin muss das Gehäusematerial den direkten Durchtritt von Schall aus dem Inneren der Box verhindern. Daher ist es für den Bau von Lautsprechergehäusen empfehlenswert, Materialien hoher Dichte und hoher innerer Dämpfung zu verwenden und die Gehäusewände zusätzlich zu versteifen. Im folgenden wollen wir die Vor- und Nachteile der gebräuchlichsten Materialien gegenüberstellen.

Rohspanplatte
Aus Holzspänen und Kleber in Plattenform gepreßt besitzt sie eine relativ glatte Oberfläche und eine weniger fest gepresste Mittelschicht. Dadurch werden Gehäuseschwingungen stärker bedämpft, jedoch steigt der Anteil an Durchtrittsschall. Die Schnittkanten sind sehr grobporig und schlecht zu bearbeiten. Klebungen werden mit Holzleim oder Montagekleber durchgeführt. Fast alle Baumärkte bieten genaue Zuschnitte in Holzstärken von 10, 12, 16, 19 oder 22 mm an. Für kleinere Boxen, bis ca. 10 Liter Volumen, sollte die Holzstärke 16 mm, für größere Gehäuse 19 mm nicht unterschreiten. Rohspanplatte kann furniert, mit Folie oder Stoff beklebt oder (aufwändiger) gespachtelt und lackiert werden. Sie kostet im Zuschnitt zwischen 15 und 30 € pro m² und ist damit das günstigste Material für erste Probegehäuse.

Furnierte Spanplatte
Auf Rohspanplatte beidseitig aufgeklebte Holz- oder Kunststofffurniere stehen in großer Auswahl in fast allen Baumärkten im Zuschnitt in Holzstärken von 16 oder 19 mm zur Ver-fügung. Sie besitzen (natürlich) die gleichen Eigenschaften wie ihr Basismaterial. Holzfurnierte Bretter werden mit Holzleim, kunststofffurnierte mit Spezialleim geklebt. Die Schnittkanten verschönert man mit Holzleisten oder Kantenumleimern, die mit dem Bügeleisen aufgebügelt werden. Der Zuschnittspreis beträgt zwischen 35 und 65 € pro m².

Tischlerplatte
Ein klassisches Baumaterial ist die aus Holzleisten und dünnen Holzplatten zusammengesetzte Tischlerplatte, die es in verschiedenen Holzarten gibt. Für die Verarbeitung gilt das gleiche wie für die furnierte Spanplatte. Ihr Vorteil ist das wesentlich geringere Gewicht und die bessere Bearbeitbarkeit der Schnittkanten. Sie ist in 16 und 19 mm Holzstärke in vielen Baumärkten im Zuschnitt um 50 € pro m² erhältlich.

Grobspanplatte (OSB)
Verschiedene Furnierstücke und Binder zu Platten verpresst ergeben ein Patchwork-artiges Mosaik in vielen Gelb-Brauntönen. Die Oberfläche ist uneben, kann aber mit einem Bandschleifer geglättet und dann klarlackiert werden. Für das Auge wirkt die Grobspanplatte recht unruhig – doch, wer es mag, bekommt hiermit eine sowohl durchtrittsschalldämmende als auch schwingungsdämpfende Bauplatte für einen Quadratmeterpreis von 9 bis 18 € in 15 , 18 oder 22 mm Stärke. Sie wird mit Holzleim oder Montagekleber verklebt und ist leicht zu verarbeiten. Beize verleiht dem OSB ein ganz besonderes Aussehen. Die vielfarbige Oberfläche wird dabei weniger kontrastreich, bleibt aber weiterhin lebhaft. Vor dem Beizen muss der Klarlack, mit dem Grobspan immer versiegelt ist, gründlich abgeschliffen werden.

Mitteldichte Faserplatte (MDF)
Aus feinen Holzfasern und Binder gleichmäßig fest in Plattenform gepreßt besitzt sie eine glattere Oberfläche und viel feinporigere Schnittkanten als Rohspanplatte. Sie dämpft den Durchtrittsschall besser, neigt aber minimal mehr zu Eigenschwingungen, die jedoch auf Grund des hohen Gewichts größere Anregungen brauchen. Durch seine feine Struktur eignet sich MDF besonders für den Bau von Design-Gehäusen, denn Ausfräsungen, Schrägschnitte und Gehrungen gelingen besser als bei irgend- einem anderen Baustoff. Verklebungen mit Montagekleber sind schnell und einfach auszuführen. MDF kann furniert oder gespachtelt und lackiert werden, wobei die Schnittkanten eine besondere Behandlung erfordern. Zuschnitte gibt es in fast allen Baumärkten in Holzstärken von 10, 12, 16, 19 und 22 mm zu Preisen von 15 bis 25 € pro m².  Für Satellitenlautsprecher bis ca. 3 Liter Volumen reicht eine Holzstärke von 10 mm, für Gehäuse bis ca. 10 Liter 16 mm, größere Gehäuse sollten mindestens 19 mm stark sein. Durch seinen Preis und seine vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten ist MDF bevorzugter Baustoff für den Boxenbau.

Sperrholz (Multiplex)
Aus ca. 1mm starken übereinander geleimten Birken- oder Buchenplatten, die von Platte zu Platte um 90 ° gedreht sind, ist Multiplex der beste Baustoff sowohl zur Resonanzdämpfung als auch Durchtrittsschall- Dämmung. Zur Verklebung eignet sich Holzleim am besten. Die Oberfläche kann gebeizt und klarlackiert oder auch geölt und gewachst werden. Reizvoll sind die Hell-/Dunkelkontraste der Schnittkanten, die zum Boxen-Design genutzt werden sollten. Holzstärken von 15, 18, 21 und 24 mm stehen zum Boxenbau zur Verfügung. Sehr unterschiedlich sind die Preise bei verschiedenen Baumärkten und Holzhändlern für die gleichen Plattenstärken. Oftmals muss man auch eine ganze Platte ( 1,5 m x 3,0 m ) kaufen, für die der Zuschnitt zusätzlich berechnet wird. So zahle ich für 18 mm Birken-Multiplex zwischen 65 und 75 € pro m² incl. Zuschnitt. Multiplex ist wesentlich schwerer zu schleifen als MDF, daher ist ein sehr genauer Zuschnitt erforderlich. Wegen seines zu MDF geringeren Gewichtes bei gleichzeitig größeren Robustheit baut man Musikerboxen meist aus Multiplex, denn diese Boxenart soll häufige Transporte unbeschadet überstehen ohne den Instrumentalisten schon vor dem Konzert mit Bandscheibenvorfall außer Gefecht zu setzen.

Stein
Marmor, Granit und Schiefer sind die gängigsten Natursteinarten, die zum Bau außergewöhnlicher Gehäuse dienen können. Nachteilig ist die schwierige Bearbeitung, die Maschinen und handwerkliche Fähigkeiten eines Steinmetzes verlangen. Besonders Schiefer ist als Baumaterial hervorragen geeignet, da es durch seine Struktur relativ weich ist, Wandschwingungen aber nicht zulässt. Leider bedarf es eines Autokrans zum Aufstellen von Stand-lautsprechern und selbst, wenn man Regalboxen bauen möchte, sind größte Anforderungen an die Tragfähigkeit des Regals gestellt. So brachte z.B. die 2-Wege-Regalbox eines Kunden 54 kg auf die Waage anstatt der 6 kg, die das gleiche Modell in Grobspanplatte wog. Nichts desto trotz war ihr Klang das Gewicht wert. Zu den Preisen befragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker, da es diesen bei der Nennung so großer Zahlen nicht so schwindelig wird.

Acryl- oder Plexyglas/ Glas
Immer wieder höre ich die Frage, ob eine Lautsprecherbox auch aus durchsichtigem Material gefertigt werden kann. Ein sauber aufgebautes Gehäuse, das die inneren Werte nicht verbirgt, ist schon etwas Besonderes – erst recht, wenn für die Frequenzweichen edelste Bauteile verwendet wurden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass eine Lautsprecherbox ohne Dämmmaterial im Allgemeinen abscheulich klingt. Andererseits empfinde ich es als unsinnig, ein durchsichtiges Gehäuse mit Dämmstoff zu füllen, da dieses nicht der innere Wert sein kann.

Leimholz/ Echtholz
In nahezu allen Baumärkten werden seit einiger Zeit sehr schöne Kiefer-, Eucalyptus- und Buchen-Leimholzplatten (das sind plangeschliffene, zusammengeleimte Holzleisten, deren Flächen ein interessantes Patchwork-Muster haben) recht preiswert für den Möbelbau angeboten. Für den Lautsprecherbauer werden diese Platten als Gehäusebaustoff nicht ohne Einschränkung empfohlen. Holz “arbeitet”, d. h. bei größerer Luftfeuchtigkeit dehnt es sich aus, bei Trockenheit zieht es sich zusammen. Ist das Holz aber in allen Richtungen verleimt, (was beim Boxenbau ja unabdingbar ist), entstehen in den Wänden Spannungen, die sich erst auflösen, wenn einer nachgibt. Dies geschieht dadurch, dass eine Platte an ihrer schwächsten Stelle einen Riss bekommt, und aus ist es mit der erwünschten Luftdichtigkeit. Trotzdem ist Holz für den Lautsprecherdesigner nicht uninteressant, eignet es sich doch hervorragend für eine aufgesetzte Schallwand.

Andere Materialien
Leider können wir nicht alle denkbaren Materialien, die bis jetzt erfunden sind oder noch werden (besonders die chemische Industrie verblüfft immer wieder mit neuen noch festeren, leichteren, für alle Zwecke anwendbaren, die Umwelt nie belastenden Materialien wie z. B. Plastiktüten oder gelben Säcken), hier an dieser Stelle besprechen. Doch für alle Baustoffe gilt: sie dürfen nicht luftdurchlässig oder verbiegbar sein. Ebenso wenig dürfen sie, wenn man mit dem Knöchel auf sie klopft, nachschwingen wie z. B. Metallplatten.

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