Weichenbau

Häufig finden wir in unseren Mails eindeutige Hinweise, dass wir mit unserem Magazin mittlerweile längst nicht mehr ausschließlich Hobby-Bastler mit reichlich Selbstbau-Erfahrung erreichen. Den Anfang machten Fragen zum Gehäusebau, die meist in engem Zusammenhang mit dem verwendeten Kleber und den nötigen Hilfsmitteln standen. Vieles wurde durch die Berichte unserer Leser zum Bau der eigenen Boxen erläutert und so entstand nach kurzer Zeit ein gewisses Vertrauen in die eigenen Handwerkskünste, das für die Entscheidung zum Selbstbau die gewichtigste Rolle spielt. Zwei linke Hände oder kein Platz zum Werkeln galten schnell nicht mehr als Argument für den Kauf von Stangenware. Selbst die Verschönerung der Oberfläche trauten sich immer mehr neu gewonnene Kunden zu, weil sie auch hierzu genügend Hilfen in den Leserechos fanden.

Dummerweise zeigte sich jedoch schon bald das nächste, für viele wiederum fast unüberwindbare Hindernis, der Aufbau der Weiche. Zugegeben, mit genügend Betriebsblindheit geschlagen, konnten wir uns gar nicht vorstellen, dass daraus ein Problem erwachsen könnte. Immerhin war ein Schaltplan vorhanden, die Bauteile darauf benannt und deren Werte-Zuordnung aufgedruckt. Was da nicht verständlich sein könnte, verrieten uns in letzter Zeit gehäuft die neuen Fragen in den Mails, die sich nunmehr um diesen Komplex drehten.

Offenbar hatten wir zu viel Hobby-Wissen vorausgesetzt, das bei einem Neueinsteiger oder gar Ein- bis Zweimaltäter nicht vorhanden sein kann und versäumt, auch die für uns völlig einfachen Dinge nachbausicher zu erklären. Letztendlich Auslöser dieser Erkenntnis war die Frage von Volker, der sich nicht zutraute, die BlueNote-Weiche selbst aufzubauen. Während ich das für ihn übernahm, ging mir das Licht auf und ich dokumentierte die gesamte Geschichte mit Fotos von jedem einzelnen Schritt.

Hier haben wir alles versammelt, was zum Bau der BlueNote-Weiche benötigt wird: Lötkolben, Lötzinn, Heißkleber-Pistole mit Sticks, Seitenschneider, Abisolierer, Schaltplan, MDF-Brettchen und vor allem Bauteile, die unterschiedliche Aufgaben haben. Zum einen sehen wir große und kleine Kupferdrahtwickel, Spulen (L) genannt und Frequenz abhängig. Ihr Widerstand steigt mit der Frequenz an, sie werden dadurch immer undurchlässiger, je höher die Signale liegen. Einige haben zur Verstärkung ihrer Wirkung und Senkung des Drahtwiderstandes einen Kern, der bei weniger Kupferverbrauch einen höheren Wert ermöglicht, der in milliHenry (mH) angegeben wird. Genau umgekehrt verhalten sich die Kondensatoren (C), die in den meisten Fällen als gewickelte Folien mit Schutzmantel (schwarz und rot) oder als Elkos in Metallbechern mit Gummipfropfen (grün) geliefert werden. Sie erhöhen ihren Widerstand zu tiefen Frequenzen. Die kleinen, blauen Rollen sind Metalloxid-Widerstände, kurz Mox genannt und mit „R“ bezeichnet. Sie weisen einen festen Widerstand auf, der nicht von der Tonlage abhängt, und dienen der gleichmäßigen Senkung des Pegels oder der Wirkung der frequenzabhängigen Bauteile. Diese kurze Betrachtung erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll lediglich im Groben verstehen lassen, was da in der Weiche geschieht.

Beginnen wir im Frequenzkeller, in dem der Bass hauptsächlich agiert. Vor ihn ist eine Spule (L1) geschaltet, die wegen des benötigten, großen Wertes einen Rollenkern aus Ferrobar besitzt. Sie wird mit abgespreizten Drähten und Heißkleber auf ein kleines MDF-Brett geklebt und nimmt dem Bass zu hohen Frequenzen Pegel. Der grüne Elko (seit einer EU-Verordnung ist das nun ein schwarzer MKT-Kondensator) liegt parallel zum Tieftöner und hat wie alle anderen Bauteile keine Einbaurichtung. Sein Widerstand wird für hohe Töne gering, somit führt er diese Signale am Bass vorbei, während tiefe Frequenzen nicht vom C beeinflusst werden. Die beiden letzten Bilder zeigen die Verbindung der Bauteile und die Fixierung mittels Lötzinn, das heutzutage bleifrei ist. Ein kleiner Silberanteil ist durchaus sinnvoll, er lässt das Metall besser fließen. Die Temperatur des Lötkolbens soll zwischen 320 und 360 Grad liegen, seine Leistung nicht unter 30 Watt.

Weiter geht es mit dem Mittelhochtonzweig. Nachdem ich zuerst einmal testweise alle Bauteile zum Maßnehmen auf dem Brett verteilt hatte, klebte ich den Kondensator C2 oben auf das MDF. Ihm folgte der Widerstand R1, dessen Bein ich mit dem des C2 verzwirbelte. Der Rest der Bilder folgt im Schnelldurchgang mit erklärenden Texten auf den Fotos, die sich mit einem Rechtsklick zum besseren Lesen anzeigen lassen.

Die Impedanzkorrektur durfte natürlich auch nicht fehlen. Sie wird allerdings nur für Röhrenamps benötigt und wird zwischen den Plus- und Minuspol des Anschlussterminals geschraubt.

Alle Bauteile wurden mit farbigen Ringen versehen, die sich auf dem Schaltplan wiederfinden. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass C3 und R2 ihre Plätze getauscht haben. Das ist bei Bauteilen, die im Parallelzweig liegen, ohne Auswirkung, im Signalweg darf das aber nicht gemacht werden. Ebenfalls ist es nicht erlaubt, wenn L3 zwischen L2 und C3 oder L4 hinter R3 angelötet wird. Dagegen kann die Impedanzkorrektur auch andersherum in die Polklemmen geschraubt werden.

Ein letztes Problem stellt die Zuordnung der Widerstände dar, die bei Moxen nur durch Farbringe angegeben sind. Um die „lesen“ zu können, gibt es das praktische Tool von Wikipedia, in dem die Bedeutung der Farben in Zahlen und Faktoren übersetzt wird. So befinden sich im Bauteile-Sortiment der BlueNote drei Moxe mit 10 Watt, die sich nur durch die Ringe unterscheiden. Einer weist da braun, grün, gold und rot auf. Übersetzt heißt das:
Braun = 1, grün = 5, gold gleich Faktor 0,1 und rot Toleranz 2% oder in verständlichen Zahlen:
15 x 0,1 = 1,5 Ohm mit maximal 2% Abweichung.

Alle Fragen zum Weichenbau wird dieser Bericht nicht beseitigen, aber es ist doch schon einmal ein kleiner Anfang gemacht, der zu leichteren Verständnis beitragen kann. Fotos der auf einem Holzbrett aufgebauten Weichen sind in fast jeder Bausatz-Vorstellung zu finden. Sollten sie nicht zum eigenhändigen Löten ausreichen, können optional auch Fertigweichen zum Bausatz geordert werden.

Udo Wohlgemuth

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