Wer sich die Mühe macht, ein Special-Interest-Magazin zu schreiben, sei es gedruckt oder im Internet, erhält einen großen Teil seiner Motivation durch Rückmeldungen der Leser zu seiner Arbeit. Dort positiv anzukommen, nicht nur im Sinne von guter Unterhaltungslektüre, ist das A und O aller „Selbstdarsteller“, die sich auf diese Weise in eigener Person ein kleines Denkmal setzen wollen. Wir geben gern zu, dass wir in der Zunft der Schreiberlinge keine Ausnahme von dieser Regel repräsentieren, auch unser Brot ist der Applaus des Publikums. Auffällig gewachsen ist der Zuspruch der Leserschaft, sich am Magazin aktiv zu beteiligen.
Nicht nur die Rubrik „Leserecho“ findet heftigen Zuspruch, auch durch die „Fragen und Antworten“ im Forum und unter den Berichten fließen ständig neue Anregungen ein, aus denen mittlerweile einige handfeste Bauvorschläge geworden sind, die ihr Entstehen nur den entsprechenden Nachfragen verdanken. Nicht dass wir keine eigenen Ideen mehr hätten, wie wir die Chassis in verkaufbare Hüllen verpacken könnten. Unser Ziel, Boxen zu bauen, die die Welt auch braucht, liegt weitaus näher, wenn der spätere Nutzer sie schon konkret benennt. In dieser Art der engen Zusammenarbeit lief uns unser neuestes Kind in die Arme. Wie es bei unverhofften Adoptionen durchaus vorkommen darf, war es schon recht groß gewachsen. Zur besseren Unterscheidung von allen anderen nannten wir es recht technokratisch SB 240.
Bestückung
Wie es bereits häufig geschah, fragte jemand nach einer Erweiterung, diesmal traf es die SB 18, der ersten Box der Bluesklasse unter 150 Euro Stückpreis. Vorgegeben waren somit die ersten beiden Chassis der Box, nämlich der SB17NRXC35-8 und der SB26STC-C4. Die Erweiterung gibt es eigentlich zwar schon, denn aus der Einbass-Box lässt sich vortrefflich die SB 36 mit der doppelten Membranfläche basteln, die sich damals Boris als druckvollere Variante der Einbassbox gewünscht hatte. Es sollte aber noch etwas mehr sein, darauf drangen nach weniger als einem Tag dann schon mehr als drei Menschen, die auch gleich noch einen gemeinsamen Vorschlag hatten: Zwei SB23NRXS45-8 sollten es sein. Bekannt sind sie aus dem Bausatz SB 23/ 3, die sich wortwörtlich und unübersehbar breit machte. Anstatt an dieser Stelle ebenso breit die optischen und technischen Vorzüge der SBAcoustics-Chassis auszumalen, verweisen wir auf die Präsentation der Messungen in vergangenen Ausgaben unter Chassistest.
Gehäuse
Einteilig oder zweiteilig, das war die nächste Frage vor dem Zeichnen der SB 240. Sicher würden sich einige Leute freuen, wenn sie ihre SB 18 weiter nutzen könnten, indem sie sie auf ein neu zu zimmerndes Unterteil stellen. Sie müssen dazu lediglich 100 Liter netto in ein etwa 75 cm hohes Häuschen zwängen. Diese einfache Rechenaufgabe wollen wir ihnen nicht vorkauen, es heißt ja Selbstbau. Nun, auch wenn es hier nicht wirklich hingehört, müssen wir dazu neben der Reihe ein Wort sagen. Offenbar gehört es zum heute üblichen Begehr, sich alles fein säuberlich vor die Nase binden zu lassen, statt selbst die Windungen des Hirns oder wenigstens des Internets nach Informationen zu durchforsten. Nicht dass wir etwas gegen Fragen hätten, doch wenn aus ihnen nur ersichtlich wird, dass wir im Magazin ausschließlich nicht lesenswerte Unterhaltungslektüre abgeliefert haben, ärgert uns das schon ein wenig. Genug der Schelte, auch wir waren einmal jung und hatten Besseres zu tun, als das Schwarze und Weiße auf den damals noch gebräuchlichen Papierseiten, zusammen gebunden als Buch bezeichnet, nach Hause zu tragen. Sie hatten gleichwohl den unschätzbaren Vorteil, dass man sie unter das Kopfkissen legen konnte, was in schlaflosen Nächten nicht unerheblich zum Klügerwerden beitrug.
Kommen wir zurück zum Thema, zweiteilig wäre unserer natürlichen Faulheit entgegen gekommen, wenn wir die SB 18 noch vorführbereit hier stehen gehabt hätten. Doch wie bei „Wenn“ und „Aber“ an der Tagesordnung, die Realität sagt: „Is nich!“ Also doch ein einteiliges Kistlein, in dem der 7-Zöller sogar schon mit 11 geschlossenen Litern zufrieden ist. Der richtige Platz für den Hochtöner ist in Ohrhöhe, also platzierten wir ihn zwischen die Bässe und den Mitteltöner. So muss niemand auf eine Leiter klettern, wenn er Musik hören will. Die 100 Liter Volumen für die Bässe verlangt halt nach einer Höhe von 120 cm, damit eine halbwegs erträgliche Breite und Tiefe herauskommt.
Bauplan SB240 als herunterladbare Sketchup-Datei. Wer lieber einen Reflexkanal auf der Front hätte, kann die SB 240 nach diesem Bauplan anfertigen.
Und damit sind wir im Wesentlichen wieder weg vom Thema, denn vorzeigbarer Gehäusebau braucht Zeit, von der wir trotz guter Organisation chronisch zu wenig haben. Das Bauen selbst ist Kinderkram, doch eine Oberfläche sauber zu gestalten, ist auf die Schnelle nicht drin. Hier war guter Rat dann eher teuer, denn im Baumarkt lächelten uns folierte Möbelbauplatten mit den Maßen 120 x 40 cm an, die Buchenholz recht gut imitierten. Fünf der Platten bekamen wir für knapp 70 Euro, der Mann an der Säge schnitt sie auf den langen Seiten um jeweils einen halben Zentimeter schmaler. Damit hatten wir offene Kanten, die sich mit Fugenleim leichter verkleben lassen. Eine der Platten teilte er uns gern in vier Abschnitte mit 39 x 26,2 cm, was Deckel und Böden unserer Boxen ergab. Damit er gleichfalls ein wenig weniger Zeit hatte, ließen wir ihn noch vier Bretter aus schwarz durchgefärbtem MDF mit 120 x 30 cm zusägen. Die Versteifungen mit ihren 26,2 x 10 cm und die Brettchen für die Mittelton-Kammern schnitt er uns aus einem Rest Spanplatte, was unsere Geldbörse insgesamt um weitere 60 Euro schmaler machte. Aus dem so entstandenen Gemenge an unterschiedlichen Hölzern klebten wir zu Hause zwei recht ähnlich wirkende Schreine zusammen. Das haben wir, wie kaum anders zu erwarten, sogar fotografisch festgehalten. Um nicht zu viel Platz im Internet zu verbrauchen, haben wir die Bilder klein gehalten. Ein Klick mit der Maus vergrößert sie.
Weiche
Der nächste Scheideweg, vor dem wir standen, offenbarte sich im Messraum. Zwei unterschiedliche Weichen-Topologien, beide mit gutem Klangergebnis, buhlten hier um unsere Gunst. Hatten wir uns bei der SB 18 weitgehend an den Vorschlag von SBAcoustics gehalten, gingen wir bei der SB 36 eigene Wege. Dort kamen wir ohne Klangeinbußen mit weniger Bauteilen aus. Das gab letztendlich den Ausschlag, dieser Variante den Vorzug zu geben. Für die Erweiterung mit zwei Bässen hätte die Weiche der SB 18 ohnehin geändert werden müssen. Ob überhaupt Bauteile der „alten“ Weiche weiter verwendet werden können, blieb zudem fraglich. So machten wir uns wohlgemut daran, der SB 240 die richtigen Flötentöne beizubringen.
Den Anfang machte der Neue, richtiger beide. Die Bässe wurden parallel geschaltet und in der Box mit Mikrofon in Hochtönerhöhe gemessen. Heraus kam bis 600 Hz ein ordentlicher Frequenzgang, der bei 1,2 kHz in einer heftigen Senke verschwand, sich später eines Besseren besann und doch wieder mitmachen wollte. Schuld am zwischenzeitlichen Versagen ist der unterschiedliche Abstand zum Mikrofon, der die Addition der Einzel-Schalldrücke in eine Subtraktion wandelte. Die einfachste Art, das gerade zu biegen, wäre das Verrücken des Mikrofons genau zwischen die Bässe gewesen. Doch Weichen entwickelt man nun einmal in Hochtöner- und nicht in Kniehöhe. So konnten wir getrost eine mittelgroße Audyn-Spule aus der Ferrobar HQ 56-Reihe vor und einen dicken Elko glatt parallel zu den Bässen einfügen, was uns die blaue Kurve auf den Monitor malte. Nicht weiter gestört haben uns am scheinbar frühen Ende der Basswiedergabe mit -3dB-Punkt um 45Hz. Die Box stand in 1,5 m Höhe weit vom Boden entfernt, der ihr untenrum noch einiges aufpackt, bei einer Messung mit unten stehender Box durch frühe Reflexionen aber zu falschen Ergebnissen führt.
Vom Bass befreit, muss der 7-Zöller (Frequenzgang in der Box: rot) nicht mehr weit nach unten spielen, er soll lediglich den Bereich zwischen Bass und Hochtöner mit dem richtigen Pegel füllen. Für die passende Anpassung mit idealer Addition in Richtung Bass reichte ein großer Audyn-Q4. Nach oben war seine Bändigung schon etwas trickreicher zu gestalten, denn die Dolomiten am Ende der roten Kurve bedurften schon einer kräftigen Erosion, um in unhörbare Niederungen verwandelt zu werden. Da half die Erfahrung mit der SB 36, bei der ein kleiner Q4 über die Tiefpass-Spule gelegt und ein zum Mitteltöner paralleler Kondensator zum Abtragen des Gebirges ausreichten. Das Gleiche half auch hier.
Nicht viele Worte mussen wir zur Hochtonweiche verlieren, dessen Messung in der Box traditionsgemäß rot dargestellt wurde. Eine leichte Ansenkung des Pegels mittels Vor- und Parallelwiderstand aus 4 Watt Moxen und ein klassischer 12 dB-Filter mit scheinbar sehr großem Audyn-Q4, natürlich der Impedanz von 4 Ohm geschuldet, und eine aus dem gleichen Grund recht kleine Parallelspule bringen die gewünschte Amplitude (blau). Bleibt fast nur noch zu sagen, dass zur idealen Addition der Zweige der Bass zum Rest verpolt angeschlossen werden muss und dass fast alle Welligkeiten im Frequenzgang bei der 30°-Kurve weg sind. Für Röhren-Besitzer bieten wir selbstredend auch eine Impedanzglättung.
Die Bauteile wurden mit Heißkleber getrennt nach Bass und Mittelhochton auf kleine Brettchen geklebt und ordentlich verlötet. Dabei muss man keine Angst haben, dass man sie zu sehr erhitzt und so zerstört. Der Lötkolben sollte eine Meißelspitze haben und auf 320 bis 360 Grad eingestellt werden, das Lot schön zerfließen. Die Weichenbretter haben wir links und rechts auf die Seitenwände platziert, die Kabel nach ihren Zielen durch die Ausschnitte geführt. In den Boden der Mitteltonkammer bohrten wir zwei Löcher zur Kabeldurchführung, die hernach wieder mit Heißkleber verschlossen wurden. Eine Matte Sonofil, füllt einmal gefaltet die obere Kammer, jeweils zwei weitere Matten kommen leicht zusammengerollt dahinter ins Bassabteil und unter das Reflexrohr und je eine hinter die beiden Bässe. Die Impedanzkorrektur ist nur zur Verwendung mit Röhren sinnvoll, daher wird sie außen direkt an die Terminals geschraubt.
Messungen:
Klang
Hinlänglich bekannt ist, dass wir schon seit einigen Jahren nicht nur uns, sondern auch unseren Besuchern unsere Boxen mit Röhrenverstärkern vorspielen.
Unvorsichtig, wie wir manchmal sind, hatten wir vergessen, vor dem Einschalten die zuletzt gehörte CD “That’s Live” von Eric Burdon aus dem Player zu nehmen und den dabei naturgemäß hohen Pegel herunter zu regeln. So knallte uns sofort mit dem für Live-Konzerte üblichen Pegel der alte Klassiker “Don’t let me be misunderstood” entgegen. Misszuverstehen war dabei nichts! Anders als bei vielen unserer Boxen stand der Sänger ein Stück weiter vorn auf einer Linie mit den Boxen, die Musiker hinter ihm aufgereiht in einem Raum, dessen Tiefe sich auch durch das Händeklatschen des begeisterten Publikums offenbarte. Offen, luftig und dynamisch ging es zur Sache, saubere Bassläufe, differenzierte Becken und die druckvollen, körperlich deutlich spürbaren Bassdrum-Attacken waren – anderswo stünde jetzt: noch nie so gehört und einfach sensationell – lediglich der Bluesklasse gerecht, eine höhere Auszeichnung können wir kaum vergeben. Ehrlich gesagt hatten wir auch nichts anderes erwartet, also waren wir nicht sonderlich überrascht, das sich der alte Rock wie guter, alter Rock anhörte, fetzig, manchmal knallig und immer live dabei. Nicht beklagen konnten wir uns über Bassmangel, aber auch das war schon vorher klar.
In der nächsten Abteilung ging es klassisch weiter: Horowitz in Moskau, das berühmte Klavierkonzert mit dem etwas ungewohnt unruhigen Publikum und dem hustenden Herrn in der sechsten Reihe. Grandios das subtile Spiel des damals schon 83 jährigen Meisters mit der fast jugendlich anmutenden Beweglichkeit seiner Finger, das Federn der Saiten des Flügels, der wunderbare Nachhall des Raumes, nicht einmal die Erkältung des angesprochenen Herrn störte die Darbietung. Wer saß denn schon einmal in einem Konzertsaal, in dem sich alle Besucher mucksmäuschenstill verhielten? Auch Mozart, Scarlatti, Chopin und Liszt hätten nichts Falsches in ihren Werken entdeckt.
Wenn wir schon einmal bei Live-Aufnahmen sind,: Eine große Freude machte uns Eckart, der erste Nachbauer der Symphony 285, mit der E.S.T.-CD “Live in Hamburg”, auf der sich das schwedische Rocktrio etwas länger als 17 Minuten über “Dolores in a shoestand” auslässt. Warum nur drei der offensichtlich 12 Musiker namentlich auf dem Cover genannt werden, entzieht sich unserer Kenntnis. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass sie sich Klavier, Bass und Schlagzeug vortrefflich teilten. Eigentlich hatten wir die Musiker vor zwei Jahren mit eigenen Ohren anhören wollen, leider fehlte, oben ist es schon beklagt, die Zeit. Dass es kurz danach nicht mehr möglich war, sie auf der Bühne zu erleben, konnte niemand vorhersehen. Ein klein wenig entschädigt hat uns der Hörtest, der geradezu atemberaubend war. Wer dabei still sitzen bleiben kann, nicht mit dem Fuß, Kopf oder ganzen Körper wackelt, muss taub sein, wie die Boxen, denn als wir nach fast 20 Minuten die Augen wieder öffneten, standen sie immer noch dort, wo wir sie hingestellt hatten, teilnahmslos, nicht einmal in kleinster Weise erschöpft, nachdem sie so großartig die Musik in den Raum projeziert hatten. Sofort kamen uns Zweifel, ob sie daran überhaupt beteiligt waren. Selbst eine eingehende Untersuchung mit offenen Augen konnte kein eindeutiges Resultat hervorbringen, denn auch nach der dritten Zugabe gab es immer noch keinen wahrnehmbaren Zusammenhang zwischen der Musik und den mitten im Raum stehenden Boxen. Verstehen konnten wir das Publikum, das auch jetzt keinen Zweifel daran ließ, dass es niemals mehr im ganzen Leben gewillt sein würde, den Konzertsaal jemals wieder zu verlassen.
Udo Wohlgemuth
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