15. Juni 2011

SB 36 Center

Autor: Udo Wohlgemuth

Eigentlich ist es doch ein schönes Leben, das sich man sich als Bausatzerfinder machen kann. Hin und wieder bringt man einen Bauvorschlag zur Welt, die übrige Zeit darf man einfach die Beine baumeln lassen und sich an den Klängen seiner neuesten Kreationen erfreuen. Kein Zeitdruck, keine festgezurrten Termine, alle Aufgaben stressfrei zu bewältigen! Naja, über “eigentlich” habe ich schon so manches Mal geschrieben, immer hatte es ein “aber” im Schlepptau.

Doch sparen wir uns die Klagen, ich bin es ja selber schuld. Durch das Update der SB 18-Weiche, die für das Heimkino taugliche Zusammenspiel mit der SB 240 sorgte, habe ich mir die Suppe eingebrockt. Das weckte Begehrlichkeiten, die in unserem Forum sogleich in ausreichend großer Zahl formuliert wurden. Dabei war es nicht einmal meine Baustelle, in der der Ruf nach einem passenden Center laut wurde, es ging, hier ist es schon wieder, eigentlich um die SB 15 Rear von Andreas. Doch wie schrieb Max: “Der nächste, logische Schritt wird wohl der SB 36 Center”. Ran ans Werk, hier kommt der Center.

Nicht weiter aufhalten kann mich die Erklärung der Bestückung und ihrer optischen wie inneren Werte, die Chassiswahl ergab sich automatisch aus den Vorgaben. Der SB17NRXC35-8 wird doppelt verwendet, dazwischen sitzt ein SB26STC-C0004 und ist für die hohen Töne zuständig. Die Datenblätter für die beiden Chassis findest du in der Ausgabe September 08, laut der der Hochtöner noch unter dem alten Namen SB 25 STC-C4 als paarweise verpackt bestellt werden musste. Diese für Heimkino-Verwender völlig absurde Verkaufsweise wurde bald danach umgestellt, so dass es nun auch möglich ist, fünf oder sieben Tweeter zu ordern.

Da wegen der strikten Vorgaben sogar unnötig ist, Doktorarbeiten über die Berechnung des Volumens für die Bässe abzuschreiben, geht es somit im Folgenden nur noch um die Art, wie die Chassis im Zentrum des Hörgeschehens eingebaut werden sollen. Nun, auch das wär eigentlich kurz abgehandelt, denn klar: Man sägt Löcher passender Größe in die Schallwand und schraubt die Töner dort ein. Aber dann will wieder jemand wissen, wie lang, breit, hoch das Sechseck werden muss und ob man das auch in anderen Abmessungen aufbauen kann. Die zweite Frage beantwortet ein klares “Ja!”, die Entgegnung auf die erste ist von den räumlichen Gegebenheiten abhängig. Da ich mich nicht weiter mit anderen absprechen musste, habe ich – doch ein wenig Grieche – das Häuschen für die SB 36 beibehalten und nur die Chassis so versetzt, wie es dem Symmetrie-Bedürfnis der meisten, potentiellen Nachbauer entsprucht: Hochtöner genau mittig und eng daran links und rechts die beiden Bassmitteltöner. Um der Spiegelgleichheit auch noch den Rest zu geben, habe ich das 7cm-Reflexrohr durch zwei 5er ersetzt, die den Platz zwischen Bass und Boxenseiten ein wenig auffüllen. Auf der Rückseite sorgt ein Terminal T 105 für den unproblematischen Kontakt zum Verstärker. Die Position darf jeder für sich selbst wählen, so viel Freiheit muss sein. Gefüllt wird der Innenraum mit acht Matten (vier Beutel) Sonofil, von denen je zwei über  und zwei zur Mitte hin neben dem Reflexrohr auf der linken und rechten Seite eingelegt werden. Die Weiche klebt auf der Rückwand in der Nähe der Anschlussdose, aber nicht direkt hinter einem der Reflexrohre. Bei 95 cm Breite und knapp 25 cm Tiefe bietet der Center dem Flachbildschirm eine wunderbare Aufstellfläche und ragt nicht allzu weit vor die Mattscheibe, wenn die heute überhaupt noch so heißt. Damit du das Holz einkaufen kannst, folgt der Bauplan, den es wie gewohnt auch als Sketchup-Datei gibt, dann ist eigentlich schon alles Wesentliche zum SB 36 Center gesagt.

Mittlerweile hinlänglich bekannt ist, was das nächste Wort sein wird: Aber – weil noch genug Platz auf dieser Seite verfügbar ist, kann ich ein paar Worte zum Weichenbau los werden, denn der ist der zweifelsfrei interessanteste Part dieser Bausatzvorstellung.

Vielfach wird in einschlägigen Foren gar fürchterlich auf liegende Center eingedroschen, die nur für den mittig davor sitzenden Zuhörer auf geraden Frequenzgang abstimmbar sind. Unter zunehmendem Winkel zeigen sich starke Einbrüche im Mittenbereich, hervorgerufen durch den unterschiedlich großen Abstand der beiden Bassmitteltöner zum Ohr. Soweit ist das völlig richtig, also sollte das Zentrum des Filmschalls besser stehend eingesetzt werden. Möglich wäre das noch mit einer SB 18, doch möchte ich selbst in diesem Fall den treffenden Argumenten der Hausfrau keinswegs widersprechen. Also doch liegend, aber nur ein SB 17-8? Dann stell da mal einen Breitschirm mit einem Meter Grundfläche drauf, das geht ganz bestimmt auch nicht! Bleibt am Ende doch nur der langgestreckte Sarg in D’appolito-Optik. Und eine Vorlage zur Vermeidung der breiten Einbrüche gibt es mit der originalen SB 36-Weiche auch. Wenn wie dort nur ein Bass die Mitten wiedergibt, fallen die Einbrüche durch Phasenverschiebung weg. Na dann, testen wir es einmal.

Das Mikrofon wurde für die Messung aus der Mitte zweimal um jeweils 15 Grad zum Bass gedreht. Das kann sich für einen Center in Horizontallage doch wohl sehen lassen! Da wir es jedoch immer etwas genauer wissen wollen, auch wenn wir das Ergebnis fürchten, haben wir auch die drei Messungen in die andere Richtung gemacht.

Im Übernahmebereich überlappen sich natürlich auch die Frequenzgänge von Hoch- und Mitteltöner. Verschieben wir das Mikrofon in Richtung BMT, vergrößert sich der Abstand zum HT,  die Phasenlage passt nicht mehr und aus der Addition der Zweige wird auf einmal eine Auslöschung. Auch bei “normalen” Lautsprechern ist das nicht anders, deshalb gibt es ja die Empfehlung, den Hochtöner in Ohrhöhe einzubauen. Betrachten wir die beiden Diagramm nun unter dem Gesichtspunkt, dass nichts für dich allein steht. Im Normalfall wird das Getöne auf der Front durch alle drei Lautsprecher erzeugt, was bedeutet, dass rechts und links verschiedene Mischungen schon allein aus dem Direktschall entstehen, Raumeinflüsse gar nicht erst einbezogen. Besser wäre es dann doch, gleiche Senken auf beiden Seiten des Centers zu haben, was dem Symmetriedenken wieder einmal sehr entgegen kommt. Also verwarf ich die Zweieinhalb-Wege-Lösung schnell wieder, obwohl sie halbseitig zu einem schönen Ergebnis führte.

Weiter ging es mit der herkömmlichen Schaltung, in der beide BMT parallel an der Weiche hängen. Dazu wurde zuerst gemessen, wie sie sich ohne Bauteile in der Box verhalten (lila). Mittels eines Filters 2. Ordnung aus Luftspule und Elko entstand die grüne Kurve, deren Flanke durch einen zur Spule parallelen MKP-Q4 oberhalb von 3 kHz steiler gestaltet wurde (rot). Störte nur noch der Buckel um 1 kHz, der sich durch einen Saugkreis aus Kondensator, Spule und Widerstand problemlos glätten ließ. Heraus kam ein reichhaltig bestückter Weichenzweig mit immerhin sechs Bauteilen und einem glatten Verlauf bis 2 kHz. Sparen konnte ich dagegen beim Hochtöner (mittleres Diagramm), dem schon ein 12dB-Filter und ein kleiner Mox-Widerstand zur Filterung reichte. Bei gleicher Polung aller Chassis erhielt ich aus den Weichenzweigen die Summenkurve im dritten Diagramm, die eine handwerklich saubere Addition zwischen 1 und 5 kHz zeigt. Die Winkelmessungen offenbaren bei dieser Variante bei 15 Grad eine kleine Senke zwischen 1 un 4 kHz, größer ist der Einschnitt bei 30 Grad. Nun müssen wir aber berücksichtigen, dass bei 3 m Abstand zum Center der 15°-Strahl 80 cm, bei 30 Grad schon 1,8 m neben der Mitte liegt. Wer setzt sich da schon freiwillig hin?

Um das Ganze etwas ins rechte Licht zu rücken, habe ich spaßeshalber zwei Symphony 5 mit mit dem gleichen Signal gespeist und  bei 1 m Abstand zueinander in 50 cm Entfernung gemessen. Dabei stand das Mikrofon zuerst mittig (blau), dann wurde es um 15 Grad (rot) und 30 Grad (grün) gedreht. Zum Schluss stellte ich den Druckempfänger 50 cm vor die linke Box (lila).

Das kommt tatsächlich am Ohr an, wenn sich mehrere Leute nebeneinander sitzend Musik anhören. Es sagt aber nichts darüber aus, was das Gehirn daraus macht.

Fast sind wir es schon so gewohnt, an dieser Stelle dürfen auch die anderen Messkurven bewundert werden:

Messungen:

   
 Frequenzgang und Phase  Impedanz  Frequenzgang unter 0/ 30/ 60°
     
 Klirr für 90 dB  Sprungantwort  Wasserfall

Klar, jetzt wär eigentlich die Klangbeschreibung dran, aber was soll ich zur Räumlichkeit, Ortbarkeit oder gar Loslösung des Klangs von den Boxen über einen einzelnen Center schreiben. Die Homogenität des Zusammenspiels der SB-Chassis wurde so oft beschrieben, dass Copy/ Paste aus anderen Berichten nichts Eigenständiges zu Tage fördern würde. Wenn der Center nicht zu den SB 18, 36 oder 240 kompatibel wäre, hätte ich weiter an der Weiche gearbeitet und keinesfalls an dieser Stelle meine Box in die Öffentlichkeit gestellt. Wir haben ja keinen Zeitdruck und  keine festgezurrten Termine.

 Udo Wohlgemuth

 

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