Schuld war eigentlich Alechs, der kürzlich in den Bau-Dokus eine Frage unter den sieben Jahre alten Bericht von Max platzierte. Dunkel erinnerte ich mich noch an die schönen SB 36, die eigentlich damals schon verdient hatten, in den redaktionellen Teil transferriert zu werden, wo der Mantel des Vergessens etwas löchriger ist. Was immer das verhindert hat, hab auch ich längst vergessen. Doch zum Glück ist die Mindesthaltbarkeit nicht überschritten und die Schilderung des Baus frisch wie am ersten Tag. Und so, lieber Max, leg los.
Hallo zusammen,
an meinem studentischen “Zweitwohnsitz” in der Heimat spielten bislang “nur” ein paar AX-6 HR. Klar, in Anbetracht der Investition kein schlechter Lautsprecher, aber gerade was die Auflösung im Hochtonbereich betrifft, wurde doch der Wunsch nach einer kleinen Steigerung lauter. Und dann gibt’s da ja noch diesen notorischen Basteldrang – ihr wisst sicher, was ich meine. Kurzum: Vor einiger Zeit hab ich einen Satz SB 36 besorgt, die die AX-6 ablösen sollen.
Also flugs ein paar Gedanken zum Gehäuse gemacht. Freie Zeit ist derzeit Mangelware, daher soll es nicht allzu kompliziert und langwierig werden, zwei bis drei Wochenenden sollten reichen. Einfache Quader waren aber doch zu langweilig – nachdem ich auf die Schnelle ein paar Formen im CAD gepinselt hatte, erschien mir der linke Entwurf als bester Kompromiss aus Optik und Aufwand:
Nach etlichen gebauten Lautsprechern wurde es endlich Zeit, die Jungfräulichkeit in Bezug auf Furnierungen zu verlieren – die Optik des Materials war daher egal und ich konnte ruhigen Gewissens auf vorhandene Reste zurückgreifen. Im Keller fanden sich noch zwei beschichtete Spanplatten – klar, nicht das ideale Material für den LS-Bau aber dank 28mm Stärke sollten die recht schweren Tischplatten wohl ausreichend sein.
Auch beim Bau wollte ich mal neue Wege ausprobieren. Während ich bislang in der Regel nach “Udos Art” bretterversteifte Kästen mit Fugenleim und Spanngurt in Form gebracht habe, sollte es bei diesem Projekt ein von Ringversteifungen getragener Korpus werden. Mit den Spanten hab ich auch begonnen:
Im nächsten Schritt hab ich die Seitenwände gebaut, die Gehrungen hab ich nach “Lets Bastel Art” mit Klebeband und Leimpinsel gefertigt:
Auch beim Zusammenfügen des Gehäuses setzte ich erstmals auf Tape statt Spanngurten. Es hat funktioniert, allerdings bekommt man nicht den Druck der Gurte hin und auch mit Kleberesten auf der Oberfläche muss man ggf. aufpassen.
Die Front wollte ich wegen der Fräsungen aber aus MDF realisieren – die hab ich einfach aufgesetzt und mit dem Bündigfräser angepasst. Außerdem hab ich auf die Oberseiten 3mm HDF Platten geklebt und mit dem Bündigfräser angeglichen, um die vielen Stoßkanten zu überdecken. Eigentlich sollte es beim Furnieren ja nix brauchen, aber an der wichtigsten Seite wollte ich keine sich durchzeichnenden Stoßkanten riskieren und daher den Übergang offener Span <> harte Beschichtung überdecken.
Das erste Wochenende war dann auch schon vorüber und es ging wieder in die werkstattlose Stadtwohnung. Die Zeit dort hab ich genutzt, um das Furnier zu bestellen und die Weichen zu löten. Um auch den Ansprüchen der Theoriefritzen gerecht zu werden, hab ich wundervoll klingende High-End-Kabel zur Innenverkabelung vorgesehen (08/15 Schaltschranklitze H07-VK aus der Grabbelkiste, die bei Vollmond von einer Blondine verdrillt wurden) und die Spulen hoffentlich richtig angeordnet. Geklebt wurde die Weiche auf das Bodenbrett, welches dicht in der untersten Ringversteifung verschraubt wird. Dazu verwende ich gerne Dichtband für Ceranfelder, das ist günstig, dichtet gut und ist schön dünn (ebenso zum Einbau von Chassis, die keine Dichtfläche haben).
Am nächsten Wochenende ging es dann mit dem eigentlichen Bau weiter.
Zunächst hab ich die zwischenzeitlich eingetroffenen Furnierblätter von ihrer für den LS-Bau sehr günstigen, aber unhandlichen Liefergröße (0,4x3m) mit dem Cutter grob vorgeschnitten. Es handelt sich um “Etimoé wild gemasert”, welches mir optisch sehr gut gefällt und von der Blattgröße sehr gut passte – ich hatte vergleichsweise wenig Verschnitt und bei meiner ersten Furnierarbeit wollte ich nicht stückeln, weshalb die Blattgröße mindestens 38×120 cm betragen musste. Edit: Beim Suchen nach dem Furniernamen ist mir aufgefallen, dass auch Michael das Furnier schon für seinen SB 36 Center verwendet hat. Sorry, wollte nicht “abkupfern”. Aber weil mir das Etimoe-Furnier gar so gut gefällt und ich als Allgäuer ein leidenschaftlicher Winterfan bin, hab ich mir zwischenzeitlich noch ein paar passende Ski damit gebaut.
Im nächsten Schritt wurden die Gehäuse auf das Furnieren vorbereitet, dazu wollte ich die Rückseite (die ebenfalls zwei 28mm Stoßkanten enthielt) mit Nigrin 2K-Spachtel versiegeln, da dieser im Gegensatz zu einer passenden HDF Platte bereits vorhanden war – das war ein Fehler.
Ich weiß nicht, ob ich beim Mischen was verbockt hab (bin eigentlich streng nach Anleitung vorgegangen) oder das Zeug einfach nicht mehr gut war, jedenfalls kam die Hälfte der Masse beim ersten Schliff trotz 15h Trocknungszeit wieder mit runter. Außerdem schien der Leim nicht wirklich gut darauf zu halten. Also hab ich das Zeug so gut es ging wieder abgekratzt/-geschliffen.
Schließlich hab ich den ganzen Korpus mit 120er Papier mit dem Exzenterschleifer auf das Furnieren vorbereitet, bevor es ans Eingemachte ging. Dazu hab ich nochmal kurz Udos Anleitung und den Artikel “SB12_6L – Furnieren mit Thomas” überflogen. Aus letzterem ich den Tipp aufgegriffen, die Kanten des Furniers mit Malerkrepp zu stabilisieren. Dieser Tipp ist sehr hilfreich, allerdings mit einer Einschränkung: Das Krepp darf nur Furnierbereiche berühren, die später abgetrennt werden. Der Kontakt mit dem Bügeleisen verwandelt nämlich den extra leichten Halt zumindest beim von mir verwendeten Malerkrepp in zähen Kleber, der sich kaum mehr rückstandsfrei entfernen lässt – das hab ich zum Glück bei einem kleinen Teststück gemerkt.
Also nur die Ränder des Furniers grob einen halben cm breit mit Malerkrepp eingefasst und dann samt Korpus dünn mit Leim eingerollt. Randnotiz zur Planung: für meine grob 2.5m² Furnierfläche hab ich knapp 1kg Ponal Classic verbraucht.
Nachdem der Leim abgebunden war, hab ich mit dem Aufbügeln begonnen, was erstaunlich gut ging. Verwendet hab ich unser Skiservice-Bügeleisen bei knapp 150°C und einen Streifen von Großmutters Backpapier. Wenn man immer schön in Richtung der Maserung bügelt und fest aufdrückt, geht das einwandfrei und (bislang) ohne Risse und Blasen – nur zu fotografieren hab ich im Eifer des Gefechts vergessen. Die überstehenden Reste an den Kanten hab ich alle mit Schleifklotz und 120er Papier abgetrennt.
Nach dem Furnieren war zwar der für mich neue Part erledigt, die Aufregung wollte sich aber noch nicht gänzlich legen, da ja als nächstes die Ausfräsungen anstanden. Inzwischen hab ich zwar bestimmt 50 Kreise gefräst, trotzdem war klar, dass hier ein Fehler am quasi fertigen Gehäuse drastische Auswirkungen hat und es nicht wie sonst mit 5 € + 30 min für eine neue Schallwand getan wäre. Obwohl es ein langer Tag und bereits nach Mitternacht war, lief alles problemlos und von diesem “Erfolg” beflügelt nahm ich gleich noch einen 240er Schliff und die erste Ölung vor, bevor ich zufrieden ins Bett ging.
Am nächsten Tag war dann schließlich der Endspurt angesagt: Von Hand hab ich mit 240er Papier noch die letzten rauen Stellen beseitigt (entstanden durch feine, sich im Öl aufstellende Härchen) und die Kisten noch ein zweites Mal geölt. Dazu hab ich Hartwachsöl von Oli Natura verwendet, welches mit 18 €/ L nur gut die Hälfte des bekannten Osmo-Pendants kostet und ebenfalls tolle Ergebnisse liefert. Aufgetragen hab ich es einfach mit einem zusammengeknüllten Microfaserlappen, zunächst mit kreisenden Bewegungen “einmassiert” und dann in Richtung der Maserung abgezogen.
Es war mein erster Kontakt mit Hartwachsöl und ich glaube kaum, dass ich in Zukunft noch häufig etwas Anderes verwenden werde, obwohl ich Zugriff auf Kompressor und Lackierpistole hab. Das Handling ist super easy und die entstehende Oberfläche wirklich toll. Die seidenmatte Optik gefällt mir sehr gut, insbesondere hat mich aber die tolle natürliche und sehr wertige Haptik überzeugt.
Schließlich ging es an den Zusammenbau der Boxen. Die Chassis-Ausschnitte hab ich diesmal nahezu perfekt getroffen – die 17er flutschten mit einem leichten Klaps vom Gummihammer geradezu in die Ausschnitte und sitzen ohne jeglichen erkennbaren Spalt. Ebenso wanderten Dämmmaterial und BR-Rohre in die Kisten, bevor sie mit dem Boden samt Weiche verschlossen wurden. An dieser Stelle möchte ich noch einen besonderen Dank an den User Elvis3000 aussprechen, der mich einerseits mit seinem Bericht zur SB 18 zur Furnierung motiviert hat und mir dann vor allem ein Set seiner tollen Edelstahlschraubenterminals gefertigt hat. Ich finde, die cleane Optik passt perfekt in den schlanken Rücken der SB 36.
Zu guter Letzt gibt es natürlich noch ein paar Worte zum fertigen Lautsprecher. Klanglich gab es für mich als langjährigen SB 240- und SB 18-Hörer natürlich keine großen Überraschungen, was aber keinesfalls abwertend gemeint ist. Die SB 36 ist ein toller Lautsprecher, der bei keiner Musikrichtung Schwächen zeigt und passt perfekt in das gut 20 m² große Zimmer. Feinzeichnung, Bühnenstaffelung, Punch, Pegel, Tiefgang – alles da. Wie gesagt, ich wusste ja, was ich erwarten kann, aber für < 500 € komplett ist das schon richtig großes Kino. Befeuert werden sie übrigens von einem Pioneer A-676, den ich vor ein paar Jahren für einen zweistelligen Betrag erstanden hab.
Abends kam dann meine Mutter vorbei, um das Werk zu begutachten und wollte die Teile auch mal hören. Eigentlich ist sie ein “Anlagenverweigerer” – sie besucht regelmäßig Konzerte verschiedener Musikrichtungen und hat dafür teilweise Abokarten. Ihrer bisherigen Meinung nach kann man diese Musikqualität aber daheim eh nicht nachbilden und drum sind Stereoanlagen überflüssig. Was soll ich sagen, nach zwanzig Sekunden des ersten Liedes musste ich ihr versichern, dass die Töne wirklich nur aus den Lautsprechern kommen und nicht aus der Schwarzen Kiste in der Mitte (Verstärker), nach einer zweistündigen Hörsession verließ sie schließlich den Hörplatz mit einem breiten Grinsen und der Bitte, mir doch am nächsten Tag die Bedienung der Anlage zu erklären, damit sie Musik hören kann, während ich in München beim Studieren bin.
Zwischenzeitlich schaute auch mal mein Großvater vorbei – ihm gehört unsere kleine Werkstatt und er hat grob 70 Jahre Heimwerkererfahrung und spätestens seit dem Renteneintritt genug Zeit für einen gewissen Perfektionismus. Was soll ich sagen, selbst er war mit meiner Arbeit mehr als zufrieden, was ich wohl als großes Lob werten kann.
Ich jedenfalls hab es genossen, mal wieder für ein paar Stunden dem digitalen Uni- und Arbeitsalltag entfliehen zu können und ganz analog etwas Handwerkliches zu schaffen, dass mir nun auch in der zweiten Heimat das gewohnt hohe Udo-Klangniveau liefert.
Lessons learned:
1. Klebeband kann beim Gehäusebau insbesondere bei Gehrungen ein wertvoller Helfer sein, Zwingen und Gurte aber nicht gänzlich ersetzen.
2. Furnieren mit der Bügelmethode ist echt nicht schwer und man bekommt mit vergleichsweise wenig Aufwand tolle Oberflächen. Obacht beim Spachteln!
3. Der Tipp mit dem Malerkrepp ist gut, allerdings nur auf Rändern, die abgeschnitten werden.
4. Hartwachsöl hat seinen guten Ruf zurecht. Die Verarbeitung ist super easy (auch im Wohnzimmer und nicht staubfreien Räumen machbar) und sowohl Optik als insbesondere auch die Haptik der behandelten Oberflächen sind spitze!
5. SB ist und bleibt ein wahnsinnig toller Allrounder, der schon echtes High End bietet und dabei noch sehr preisWERT ist.
6. Musikhören mit SB ist wie täglich Weihnachten.
Gruß Max
PS: Udo, falls du meinst, dass das besser bei den normalen Artikeln als im Forum aufgehoben ist, nur zu. Wirklich viel “Neues” war ja aber nicht dabei.
PPS: In Echt wirkt die Farbe etwas anders. Eine Spur röter und kontrastreicher, als auf dem letzten Werkstattbild, aber nicht ganz so rot-orange wie auf den letzten drei Bildern, sondern eher etwas bräunlicher. Das liegt wohl an der recht kalten Farbtemperatur des Lichts aus den Leuchtstoffröhren in der Werkstatt bzw. des viel zu warmen Lichts aus den Halogenstrahlern im Zimmer. Bei Gelegenheit mach ich mal noch schönere Bilder bei Tageslicht.
PPPS: Zwei weitere Bilder gab es nachträglich und Max hörte auf meinen Rat, auf die für seinen Aufbau noch besser geeignete Center-Weiche umzurüsten.
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Hallo Max, ich finde Furnier und Formgebung extrem gelungen, Hut ab. Bringt mich zum Nachdenken ob ich meiner Little Lady ein paar neue Kleider verpassen sollte. Aber erst mal liegt noch ein Paar SB 23-3 im Keller….. das Virus halt 😉
Viele Grüße,
Uwe
Guten Morgen zusammen,
schön, dass Udo den Artikel wieder gefunden hat – ich hatte ihn ehrlich gesagt schon ganz vergessen. Den Kommentatoren vielen Dank für die Blumen!
Technik hat bei mir für gewöhnlich eine recht kurze Aufenthaltsdauer, ich leide an schwerer Upgradeitis. Das galt auch für einige Lautsprecher (ich konnte zwischenzeitlich auch einige Vertreter der Eton-Königsklasse mein Eigen nennen), aber nicht für die SB36, die es mittlerweile sogar vom “studentischen Zweitwohnsitz” ins heimische Wohnzimmer geschafft haben.
Auch 7 Jahre und 3 Wohnungen später spielen die SB36 noch immer hervorragend und bereiten mir und meiner inzwischen Frau nach wie vor viel Freude!
Gruß Max
Hallo Max,
nach 7 Jahren hast du vermutlich nicht mehr die Sketchup Datei? 😀
Die Center Version scheint einen sehr guten Ruf zu haben.
Wirklich tolles Design. Mit das Beste, was ich hier gesehen habe
Alex
Hallo Max,
da kann ich mich den anderen nur anschließen! Sehr unterhaltsamer Baubericht mit dem ein oder anderen Schmunzler und guten Tipps!
Etimoe hatte ich schon öfter gesehen, allerdings noch nie in einer so schönen Maserung. Hätte ich auch genommen, sieht sehr klasse aus.
Witzig ist auch, dass ich erst vor zwei Wochen den SB 36 Center in einer sehr ähnlichen Form gebaut habe. 10 Grad Winkel an den beiden seitlichen Flächen?
Viele Grüße Alex
Hi Max,
da hast du ja einen Bericht hingelegt! -Chapeau-
Toll geschrieben, super Tipps (bin ja schon lange dabei ;o) und dann noch eine klasse Arbeit abgeliefert. Das Design ist richtig schick und kann mit den Designerboxen aus dem High-End-Bereich locker mithalten. Viel Freude wünsche ich euch noch beim ausgiebigen Hören.
Liebe Grüße aus dem Ruhrgebiet von Chris
Moin, moin.
Ein unglaublich schönes Furnier und ein echt gelungenes Design!
Die These das Klebeband die Zwingen oder Spanngurte ersetzen kann, ist wieder mal widerlegt. Es kann nur ne Notlösung sein… 😉
Wenn man Orchestergänger inkl. Dauer-Abo bekehren und überzeugen kann ist alles richtig gemacht worden! 😁
Gute Arbeit! Viel Freude mit den beiden Schätzchen.
LG Andreas