27. Januar 2018

Herberts Linie 53

Autor: Gastautor

Hallo Zusammen,

da ich nach erfolgreichem Bau einer Linie 53 viel Freude an meinen neuen Lautsprechern habe, will ich nun die Gelegenheit nutzen und von der Klangwerdung berichten. Aber zuerst möchte ich erzählen, wie ich dazu kam, die Lautsprecher zu bauen.

Vor über 25 Jahren, hat ein Freund von mir angefangen, in einem „High-End-Laden“ zu arbeiten. Dies führte mich nach einigen Hörsessions zu einer kleinen aber feinen Anlage, deren meisten Komponenten auch heute noch bei mir in Gebrauch sind. Vor 3 Jahren wurden – zwecks Basserweiterung – die Lautsprecher gegen neue getauscht und die alten wanderten ein Zimmer weiter. Die neuen waren gut getestete „kleine“ Modelle eines renomierten deutschen Herstellers, welche neu „nur“ 3400 € gekostet hatten und die ich günstig als Vorführgerät erstehen konnte. Damit war ich auch zufrieden, bis ich auf die Idee kam, mal zu schauen, was für Chassis eingebaut waren. Die Hochtöner hatten sage und schreibe einen Neuwert von 29€ das Stück. Da beschloss ich, andere Hochtöner einzubauen. Was danach an Details zu hören war, war für mich schlicht und ergreifend unglaublich. Nur leider nicht wirklich langzeittauglich. Den Nachrüstungsversuch habe ich dann aufgegeben. Aber eines war klar: Neue Lautsprecher mussten her!

Wenn man nun nach Lautsprecher-Selbstbau recherchiert, kommt man um Udo Wohlgemuth und seine höchst informative Seite kaum herum. Nach einigem Mitlesen im Forum, reifte der Entschluss, selbst Lautsprecher zu bauen. Also: ab nach Bochum mit meiner Liebsten und ein paar Tonträgern. Nach sehr kurzweiligen 3 Stunden war klar, dass uns die Linie 54 am besten gefiel. Nur leider ist die zu groß für unser Wohnzimmer. Aber zum Glück gibt es die ja auch noch eine Nummer kleiner. Eine Line 53 sollte es also werden.

Bei Udo im Laden habe ich auch gesehen, wie schön die Oberfläche von schwarzem MDF werden kann, wenn man sie nur schön schleift und ölt. Das, zusammen mit Holzseiten, wie bei der Little Princess, sollte dann das Gehäuse für die 53er werden. Da mir außerdem die Optik von Mulitplex, mit den gestreiften Kanten, gut gefällt, war auch das festgelgt. Bei mir müssen die Lautsprecher aber höher werden als im Original, da ich beim Hören etwas höher sitze. Mit diesen Randbedingungen habe ich folgende Konstruktionszeichnung erstellt:

Durch die hellen Seitenteile wirkt der Lautsprecher schlanker, was durch den Leerraum unter dem Korpus noch betont wird. Die Innenmaße sind aber identisch mit dem Original, was die Konstruktion deutlich erleichtert hat.

Das Holz habe ich mir dann bei einem Schreiner in München bestellt, der einen guten Teil seines Geschäfts mit dem Vertrieb von Lautsprechergehäusen bestreitet. Dort kann man dann auch individuelle Holzteile bestellen oder sogar das Gehäuse fertig bauen und schleifen lassen. Eigentlich nur eine Frage der eigenen Fähigkeiten und des Geldbeutels.
Kleben wollte ich schon selber, nur auf das Fräsen der Chassis-Öffnungen hatte ich keine Lust. Also habe ich mir über den Individualzuschnitt 24 mm starkes schwarzes MDF mit gefrästen Chassis-Öffnungen und 45°-Phasen an den Stoßkanten und Seitenteile aus Birken-Multiplex mit Ahornfurnier bestellt.

Bis zur Lieferung des Holzes hatte ich Zeit, die Weichen zu löten. Um die Spulen möglichst weit voneinander entfernt zu halten, habe ich für die MT-HT-Weiche die gesamte zu Verfügung stehende Breite für den Aufbau genutzt. Die fertigen Weichen für eine Seite sehen dann so aus:

Auf der Internetseite der Schreinerei gibt es ein gutes Aufbaubeispiel mit PUR-Leim und Klebeband, witzigerweise sogar mit einer Blue Note, dem Vorgänger der Linie 53. Das hat auch bestens funktioniert, so wie es beschrieben war. Auch die dort genannten Arbeitsmittel (Leim und Klebeband) sind bestens für den Gehäuseaufbau geeignet. Abweichend von der Baubeschreibung habe ich zunächst nur einen Seitendeckel aufgeleimt, um in Ruhe die Weichen und das Dämmmaterial einbauen zu können. Einige Arbeitsschritte habe ich in Bildern festgehalten:

Den PUR-Leim habe ich in 2 durchgehenden Streifen aufgetragen. Nach den ersten Klebungen hatte ich dann das richtige Maß.

Zum Ausrichten der Bretter für die Mitteltönerkammer, habe ich einfach ein Versteifungsbrettchen als 2. temporären Abstandhalter verwendet.

Die rückseitige Abdeckung des Hochtöners wird geklebt.

Weichen und Verkabelung sind montiert.

 

Zum Anschließen des ER4 habe ich 2 mm Bananenbuchsen verwendet. Die Buchsen sehen gerade so aus, als wären sie vom gleichen Hersteller wie die Bananenstecker von Eton.

Die Weichfaserplatten sind verklebt und die Dämmmatten hineingestopft.

Nachdem das 2. Seitenteil fest verklebt ist, habe ich mit einem Bündigfräser die noch leicht überstehenden Seitenteile begradigt und anschließend auch mit der Oberfräse leicht abgerundet.

So, fertig in der Holzwerkstatt. Bis hier habe ich ca. 4 volle Arbeitstage benötigt. Nun ab zum Schleifen und Öleen. Nach 4 Schleifgängen (120/180/240/320) und 3 feucht in feucht aufgetragenen Hartöl-Anstrichen sieht das dann so aus. Die Anleitung dazu (Oberflächenbehandlung mit Öl) habe ich im vorzüglichen Holzwerkerblog von Heiko Rech gefunden und eins zu eins befolgt. Das ist ganz einfach und unaufwändig. Man sollte nur für MDF und Multiplex unterschiedliche Schleifpapiere und Lappen verwenden, da das hellere Holz einen Grauschimmer bekommen kann, wenn der schwarze Staub hinüber wandert. Zeitaufwand hier ca. ein halber Tag. So sieht das dann fertig gebaut aus.

Hier sieht man schön die Maserung des Ahornfurniers.

Alles in Allem war das Bauen für mich eine Riesenspaß. Alleine schon, dass ich die Holzarbeiten aus Platzmangel in der Garage meiner Eltern gemacht habe, hat uns 4 schöne gemeinsame Tage beschert. Das Wetter war allerdings auch prima und mit gutem Essen und einem Lachen hie und da geht das Arbeiten einfach gut von der Hand. Außerdem war das Beerenobst reif!!

Nun zum Klang:
Bereits bei den ersten Tönen war klar, dass ich den alten Lautsprechern keine Träne nachweinen werde. Der Bass war noch etwas undifferenziert und der Hochton etwas forsch. Aber Raum und Detailfreude waren sofort da. Danach fing das große Boxenrücken an. Aber mit dem Raumeigenmoden-Rechner von Hunecke Raumakustik waren die problematischen Bereiche schnell identifiziert und die Grundpostition schnell gefunden. Nach leichtem Einwinkeln auf den Hörplatz war die Bühne dann zwar nicht mehr so breit, aber deutlich homogener. Nach ein paar Tagen einspielen (das hat das Radio für mich erledigt, wenn ich außer Haus war) war auch die Tonalität so, wie ich meine, es bei Udo wahrgenommen zu haben (sinnliche Erinnerungen sind immer ein heikle Sache).

Aber auch Dynamik, Homogenität und Auflösung haben noch mal deutlich zugelegt. Es ist einfach eine Freude Musik zu hören. Egal ob von Platte, CD, Streamer oder gar einem guten Konzertmitschnitt aus dem Radio, die Töne werden fein ausdiffernziert und weit in den Raum gestellt. Dabei geht aber nie der Zusammenhang verloren. Nie klingt es nervig (es sei denn, die Musik selbst nervt) oder vordergründig. Alle Klangquellen sind einfach wie selbstverständlich da.

Ich habe immer wieder gelesen, diese Box sei für Klassik, diese für Jazz und die dort für Rock geeignet. Fast so wie in der Küche, wo man für jedes Gemüse auch ein spezielles Gerät zur Zubereitung kaufen kann. Der Linie 53 ist es egal, welches Genre gespielt wird. Rock ist rockig, bei Jazz fangen die Finger an zu schnippen, wenn ein ganzes Orchester loslegt, kann man bei einer guten Aufnahme die Größe des Raums wahrnehmen und Liveaufnahmen klingen einfach livehaftig.

Schlechte Aufnahmen werden natürlich nicht besser, aber sie kippen nicht ins nervige um. Man hört einfach nur, was da ist oder auch nicht. Letztes Wochenende habe ich auf dem Flohmarkt eine Schallplatte erstanden. Ich wusste nicht, was es war, es stand etwas mit Tango drauf und der Name Carlos Gardel. Zu Hause habe ich dann gelesen, dass ich ein Weltdokumentenerbe mit Aufnahmen aus den 30er Jahren erworben hatte. Die Aufnahmen sind verrauscht und knistrig. Wahrscheinlich von gebrauchten Schellackplatten aufgenommen. Aber trotzdem zieht mich diese Stimme in ihren Bann und nach kurzer Zeit höre ich kein Rauschen mehr, sondern nur noch diese wundervollen, lebendigen Lieder. Den Status Weltdokumentenerbe haben sie redlich verdient.

Mit diesen Lautsprechern kann ich alt werden und noch lange auf musikalische Entdeckungsreisen gehen.

Herbert

Zum Upgrade L 53 auf aktiv im Online-Shop

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Hallo zusammen,

vielen Dank für die Blumen. Es freut mich, wenn euch der Bericht gefällt.
Da ich ein eher ungeduldiger Mensch bin, habe ich inzwischen (hatte ich ja auch schon lange genug Zeit dafür) gelernt, lieber nicht allzu langwierige Projekte anzugehen.
Daher habe ich mir gut überlegt wie ich mit überschaubarem Aufwand einen sehr guten Lautsprecher bauen kann, der mir hinterher auch noch viele Jahre Spaß bereiten wird. Und Udo macht es einem ja auch einfach!

@nymphetamine: Ja, das mit dem separaten Weichenfach habe ich mir auch überlegt, mich dann aber doch dagegen entschieden. Falls wir unser hohes Sofa mal gegen eines mit niedrigerer (normaler) Sitzhöhe tauschen sollten, muss ich einfach nur die Seitenteile kürzen. Und außerdem gefällt es mir sio.

@Rundmacher: Ja, genau die Einsteiger waren das Ziel, da ich ja selbst einer bin 😉
Gelesen habe ich das mit den günstigen Bauteilen schon öfter, aber halt nur auf so Nerdseiten wie hier im Forum. Die Investition beim selber bauen ist ja auch weniger das Material sondern vielmehr die Zeit zzm Bauen. Wenn einem das Spaß macht und nicht gerade 2 linke Hände hat ist das ja auch in Ordnung. Wenn nicht, dann lieber mehr Geld ausgeben.
Fotografie ist ein anderes Hobby von mir, muss aber zugeben, dass der größte Teil der Bilder auf die schnelle mit dem Handy gemacht wurden.

@Michael: Vor allem wegen des schönen Ahornfurniers gefallen sie mir gut. Das erhöht den Kontrast zu dem schwarze Kern. Mit der Klangbeschreibung habe ich mir schwer getan,da sinnliche Eindrücke per Definition individuell sind. Wenn man da nicht ein einheitliches Vokabular abstimmet (wie beispielsweise professionelle Weinverkoster), ist es schwierig sich so mitzuteilen, dass es anderen klar wird. Schön, dass mir das zumindest bei dir gelungen ist.

Noch mal herzlichen Dank euch Dreien für das positive Feedback

Grüße aus Wiesbaden
Herbert

Moin Herbert, da ich auch mit dem Gedanken spiele, die 53 zu bauen – könnte ich mal aus DA bei dir vorbei kommen in WI? Gerne pm an mich!

VG Felix

Toller Bericht und so einfach kann Boxenbau sein. Ich frag mich schon länger wie meine Linie 54 wohl mit MPX und mit Schwarz ausgsehen hätten. Ich kann nur sagen sehr gut, denn deine Linie 53 tun das. Wirklich hervorragend! Und auch deiner Klangbeschreibung kann ich 1zu1 zustimmen. 🙂
mfg
Michael M.

Hallo Herbert,

Samstag Nachmittag, die Bundesligashow läuft im Radio, es ist Zeit die Chipstüte und das zugehörige Getränk heraus zu kramen und sich den allwöchentlich erscheinenden wichtigen U_do Nachrichten zu widmen.
Die heutige Newsmeldung kommt von Herbert, eine lesenswerte News. Ich habe mir den Beitrag offline abgespeichert, der Micha wird begeistert sein. (mit mir zusammen auf dem Ledersofa sitzend hat er sich jetzt endgültig für die Chorus 85 entschieden, die Bauart ist ähnlich der L 53)
Herbert, das ist ein allumfassender Beitrag, da steckt viel Arbeit dahinter, nicht nur beim bauen.
Die Info über den in der Vergangenheit liegenden Werdegang, und ENDLICH schreibt es mal jemand das er den Schneid hatte den Hochtöner aus einer 3000 + € Box blank zu legen und zu erkennen das da ein Produkt in der Preislage einer halbe Tankfüllung eines Kleinwagens verbaut ist.
Die Bezugsquellen vom Holz sind genannt, niemand muss mit einer Oberfräse umgehen können.
Der Weichenbau, top. Die Fotos auf den Punkt!
Mit dieser Baubeschreibung verliert man als Einsteiger die Zweifel ob man das hin bekommt und als erfolgreicher Boxenbauer kribbelt es wieder in den Fingern.
Die Beschreibung des Klanges ist bei jedem anders und persönlich geprägt, gerade darum immer wieder wertvoll. Die Marketingaussagen der Industrie verblassen dagegen.
Und das in der Hochtönkammer am Bohrungsloch bezeichnet mit ‘rot’ der blaue Draht durchgeht und am anderen Loch mit ‘blau’ der rote Draht lässt uns Schmunzeln, das ist Boxenbau pur, das ist DIY in Reinform.
Klasse.
Ich lese ihn mir jetzt gerade noch einmal durch.

Es grüßt freundlich
Rundmacher

Hi Herbert,

Sieht gut aus… Und man(n oder frau) sieht, wie einfach es ist, ein paar bretter zusammenzuleimen und dadurch in den genuß von audiophilen klängen zu kommen. Ohne dabei ein kleinwagen zu kaufen.

Ich hätte aber die front komplett bis unten gemacht, dann hättest du ein separates weichenfach gehabt… Aber das is das schöne am selbstbau… Jeder kann es so gestalten, wie er es selber möchte.

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