6. September 2020

Ralfs MiniACL auf die Schnelle

Autor: Ralf Hülle

Warum auf die Schnelle, werden sich die meisten wohl fragen. Nun ja. Erstens ist es lange her, dass ich die letzten Lautsprecher zusammengebaut habe und ich wollte wieder langsam reinkommen. Zweitens wollte ich meine neue Oberfräse ausprobieren, mit der ich noch gar keine Erfahrung hatte. Drittens wollte ich eine nicht verschraubte Box in 2 verschiedenen Oberflächen fertigen. Viertens wollte ich einen Bausatz von Udo mit meinen vorhandenen Selbstbau-Projekten vergleichen. Und das so schnell wie möglich.

Da dieser Vergleich in meinen Ohren halbwegs fair laufen sollte, habe ich mich für die MiniACL entschieden, weil meine Projekte mit ähnlichen Breitbändern bestückt sind.

Ich baue mir zwar gerade eine Tischkreissäge. Aber auch da war meine Ungeduld zu groß, um diese erst fertig zu bauen. Also ab in den Baumarkt und 12mm Birke-Multiplex zurecht schneiden lassen. Zuhause angekommen erstmal feststellen, dass die Front- und Rückblenden jeweils 12mm zu schmal sind. Natürlich. Und genauso natürlich ist es, dass ein Baumarkt neben der weit entfernten Arbeitsstätte ist und nicht neben dem eigenen Wohnhaus.

Am nächsten Tag wieder zum Baumarkt und neue Platten sägen lassen. Zollstock – sorry – Gliedermaßstab vergessen. Was soll´s. Der Baumarkt hat ja welche. An der Kasse auf die Schnelle gemessen (ich wollte ja die wartenden Kunden hinter mir nicht ausbremsen) und ab nach Hause.

Für die neue Oberfräse hatte ich mir schon eine verstellbare Zirkelfräs-Schablone gebaut. Erstmal ein Probebrett nehmen und üben. – OK, das klappt ganz gut. Auf zu den richtigen Platten. Fangen wir mal mit dem Terminal an. Loch bohren. Öffnung fräsen. Terminal probeweise einsetzen – wieso ist da soviel Luft?

Wer eine Anleitung lesen kann, ist klar im Vorteil. Position vom Terminal mit der Öffnung vom Bassreflex. Das war blöd. Am nächsten Tag habe ich mir weitere Blenden sägen lassen. Natürlich nur so viele wie nötig.

Soviel zu „Auf die Schnelle“.

Nochmal die Öffnung für die Terminals gefräst und – siehe da: Geht doch.

Nun die Öffnung für die Chassis. Angefangen mit dem großen Durchmesser und 2 mm tief. Ja Himmel, A… und Zwirn, was ist denn jetzt passiert?!? Der gefräste Ring weist eine Tiefe von Anfang 2 mm zum Ende 4 mm auf. Da hat wohl einer den Fräser nicht richtig festgezogen. Immer diese Amateure. Der Baumarkt kann mich mal. Ich fräse jetzt beide auf 4 mm Tiefe. Udo sagte mal: Lautsprecher sind toleranter als die meisten Menschen. Darauf baue ich jetzt.

So. Alles gefräst. Auf zum Verleimen. Die komplette Box ohne Frontblende sollte zusammengefügt werden. Das klappte mit Hilfe von Klebeband und den üblichen Schraubzwingen recht gut.

Dachte ich.
Hätte der Herr mal mehr Geduld beim Zusammenfügen gehabt….
Nicht nur, dass manche Übergänge hätten präziser sein können. Neee. Die Rück-Blende einer Box ist 2mm zu schmal. Wie konnte ich das übersehen?!? Sch… drauf. Das schleifen wir bei, ich will hören, wie sie klingen.

Auch beim Schleifen wieder die Ungeduld. Um schnell die Konturen beiarbeiten zu können, habe ich sogar mit 40er Körnung auf dem Schwingschleifer angefangen. Danach schrittweise bis 240er Körnung. Auf der Seite, an der die Rückblende zu schmal ist, musste ich soviel wegschleifen, dass man in der Multiplexplatte die nächste Faserrichtung gesehen hat. Und zwar nur im hinteren Bereich. Natürlich. OK. Dachte ich mir. Die Box soll ja eh schwarz gebeizt werden. Passt schon.

Nach dem Beizen sah man nicht nur, dass das furchtbar aussieht mit durchdringenden, 90° versetzten Faserrichtung. Nein. Man sah auch, dass der Held des Handwerks ein klein wenig mehr hätte schleifen müssen. Klar, dass die Leimstellen, die nicht richtig entfernt wurden, noch deutlich zu erkennen waren.

Nein. Ich schleife nicht nochmal. Ich will sie hören. Hier in meinen eigenen Räumen. Schnell!!!

Die Frontblende habe ich braun gebeizt. Hier war nichts weiter drangeleimt. Da konnte nicht mehr viel schief gehen.

Während die Beize einzieht, löte ich schon mal die Frequenzweiche. Wenigstens das klappt recht gut. Mit dem Heißkleber die Teile auf der Rückseite des Terminals angeklebt, Drähte zusammengedreht und Kabel angelötet. Fertig.

Frontblende aufleimen. Check.

Nur um es zu probieren, habe ich dem Ganzen noch eine Schicht Hartwachsöl verpasst. Aber nur eine. Mir war inzwischen klar, dass dies nichts für die Ewigkeit sein sollte. Der Rest war dann echt „easy“. Dämmung rein und vernünftig positionieren. (Klar. Vernünftig. Sagt der Richtige) Terminal, Chassis und Reflexrohr einbauen. Tatatataaaaa!

Ihr seht: Ich habe erstens ein echtes Problem, mich selber ernst zu nehmen, und zweitens nicht im geringsten die Fähigkeit, einen vernünftigen Baubericht zu verfassen. Aber mal Spaß beiseite. Auch wenn alles so passiert ist, wie es oben steht: Diese Lautsprecher erfüllten für mich genau den Zweck, den ich für sie erdacht hatte. Die Erfahrungen, die ich beim Bau dieser Boxen gemacht habe, waren für mich besonders wertvoll. Gerade weil so viel daneben gegangen ist. Auch der Umgang mit einer Oberfräse sollte geübt sein, bevor man sich an Herzensprojekte wagt.

Und nun zum für mich wichtigsten Punkt, dem Klang. Nachdem ich mich schon `ne halbe Stunde eingegroovt hatte, ging ich mal mit einem breiten Grinsen nach oben zu meinem 18jährigen Sohn. „Sind fertig. Willste ´ma hör´n?“

Wir fingen mit einem Stück von Camo&Krooked an. (Hier auch ein Danke ans Forum. „Mosaik“ gehört zur Zeit zu meinen Lieblingsalben.) Direkt im ersten Lied meinte mein Stäuber: „Was war das denn? Das hab´ ich ja vorher noch nie in dem Lied gehört“. Wenn das mal kein Kompliment für die kleinen Brüllwürfel ist. Mein Sohn hört zwar auch gerne mit Papa´s Anlage Musik, aber tut dies doch meistens mit seiner S…ung Kompaktanlage.  Wir beide waren sichtlich beeindruckt. Zumal die drei Lautsprecher-Paare, die noch im Keller standen, hier nicht mithalten konnten. Diese Projekte waren mit ähnlichen Breibändern bestückt und die Bauvorschläge waren aus Zeitschriften oder dem Internet.

„Können die auch laut?“ war die nächste Frage. Naja, noch sind wir recht human. Schaun´mer mal. Wir sind etwas lauter geworden, als der übliche Teenager wahrscheinlich seine Musik alleine genießen würde. Es dauerte keine 5 Minuten bis meine Frau kam und sagte: „Im Vorgarten sieht man in der Wasseroberfläche der Vogeltränke die Vibrationen vom Bass!“ KEIN SCHERZ! Und wir reden immer noch von der MiniACL. Nunja. Laut können viele. Aber diese Homogenität für dieses Preis- Leistungsverhältnis? Aber wem erzähl´ ich das. Hier wohl keinem.

Jetzt gebe ich es zu. Im gleichen Zuge wie die MiniACL, habe ich mir auch schon die „SB 15“ zugelegt. Hier werde ich mir aber Zeit nehmen. Die sollen vernünftig werden und sind für das zukünftige Heimkino geplant. Auch hier hatte ich mir erstmal nur 2 mitgenommen – zum probehören. Aber jetzt weiß ich, dass ich mir über den Klang keine Sorgen machen muss.

Eigentlich wollte ich sogar aus den MiniACL die Soundbar für das Schlafzimmer in „vernünftig“ bauen. Daraus wird wohl nix. Die behält mein Sohn. Über die optischen Fehler hört er weg. Da muss ich mir wohl demnächst noch ein Paar MiniACL bei Udo bestellen. Und das Stereopaar im Wohnzimmer muss wohl auch erneuert werden. Die Ansprüche steigen langsam. Also langweilig wird mir nicht.

Zum Schluss ein riesiges Dankeschön an Udo und dieses Forum.

An Udo: Selten habe ich einen Menschen kennengelernt, der so offen und freundlich neuen Menschen begegnet und dazu noch in der Lage ist, sein großes Fachwissen so klar und einfach weiterzugeben, dass sogar ich es verstehe.

An das Forum: Ihr alle habt bereits so tolle Bauberichte veröffentlicht und gezeigt was alles möglich ist. Die Ideen sind in meinem Kopf hängengeblieben und werden mich noch lange beschäftigen. Allerdings staune ich über die Fähigkeiten und Möglichkeiten, die so mancher hat, um seine Lieblinge zu bauen.

Meine Vorstellung war eigentlich, einen Baubericht für Anfänger zu schreiben. Diesen wollte ich Mut machen, dass man kein Vollprofi sein muss, um günstige, coole und leistungsfähige Lautsprecher zu bauen. Man muss weder eine Schreiner-Lehre, noch hochprofessionelle Maschinen haben. Vielleicht gelingt mir das beim nächsten Bericht. Und doch: Lernt man nicht aus Fehlern – auch wenn andere sie machen?

Bleibt alle gesund!

Euer Ralf

PS.: In mir entsprang die Idee, den Bau auf Video festzuhalten. Tatsächlich mit dem Grundgedanken auch Anfängern zu zeigen, wie einfach es ist, selber Lautsprecher zu bauen.  Naja,- es ist jetzt mehr ein Schnelldurchlauf der Erstehung der MiniACL geworden. Demnächst sollen noch Videos kommen, in denen die einzelnen Schritte genau erklärt sind. Und wenn das alles gut läuft und mir weiter Spaß macht, dann zeige ich nicht nur den Aufbau weiterer Lautsprecher, sondern auch den Werdegang meines kompletten Heimkinos.

Schaut mal auf YouTube: Ralfs Refugium oder gleich hier:

… und weil gerade früher Sonntagmorgen ist, hier noch das Video zum Bau der SB 15 PC und dem Hörvergleich mit der MiniACL.

Ralf

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Hallo Ralf,

da sind viele von uns durch, diese ganzen kleinen Ausrutscher, das falsche Vermessen, Sägefehler, den vollen Durchmesser des Stiftes vom Fräszirkel verrechnet statt dem Hälftigen, Kleber antrocknen lassen und und und.
Aber das macht gerade den Spass am Selberbau aus, die Fehler werden weniger, die Projekte anspruchsvoller.

Und dann haust du so ein Ding raus mit den beiden Videos, das ist Bombe! Das ist professionell, entweder hast du eine Gabe dafür oder bist ein Profi.
Bitte mach weiter damit.
Wer in der Werkstatt, dem Refugium, eine French Cleat Wand gebaut hat meint es ernst, da kommt bald mehr. Das ist die beste Befestigungsart welche ich kenne. Solche Wände füllen sich wie von selbst, sogar LS-Boxen kann man da hinhängen…

G Rundmacher

Servus Ralf,

sehr gut und lustig zu lesen. Aus kritischer Selbstbetrachtung können alle lernen.

Den SB15 Video finde ich auch gut. Modernes Medium mit ebensolcher Ansprache für Ersttäter. (und ungläubige Thomase. 🙂 What? Ich glaube nur was ich sehe)
Peter

Hallo Ralf,

und ich dachte, der Titel “Master of Disaster” sei meiner Person vorbehalten *lach*, na dann wir teilen uns einfach das Stockerl und die Ehre.

Ja, ich fühle mit und nochmals ja, ich kenne das ungläubige Staunen wenn man das erste mal die MiniACL hört. auch bei mir war es der erste bausatz aus Udos Schmiede und ich konnte nicht real begreifen was da gerade passiert als ich die verschiedensten Tracks drüberrattern ließ.

Ungläubiges Kopfschütteln, kombiniert mit einem Grinsen vom einen Ohr zum anderen.

Zu Camo&Krooked – Mosaik… um es mal in Jugendsprache auszudrücken: “Total heißer Schei**”… ich vergöttere dieses Album…

Na dann… viel Spaß bei deinen nächsten…

Shamanic

Hallo Ralf,

es ist eine Freude eine eigene gute TKS zu haben, um sich damit einen genauen Zuschnitt machen zu können, damit ist die halbe Arbeit beim Boxenbau schon gemacht!
Wenn man selber nicht zuschneiden kann oder möchte und man eine Oberfräse besitzt, habe ich mit folgender Technik gute Erfahrung gemacht: im Falle der Mini-ACL lässt man die Front und den Rücken statt mit 322 mit 326mm Höhe und statt 132 mit 136mm Breite zuschneiden. Somit hat man auf jeder Seite 2mm Überstand, mit dem die Box zusammengeleimt wird. Dann wird in die Oberfräse ein Bündigfräser (Anlaufring unten) eingespannt und man entfernt damit den Überstand vonFront und Rücken. So werden diese Teile absolut bündig mit der rechten und linken Seite sowie Boden und Deckel der Box.
Es ist zwar ein “Extra-Abeitsschritt”, aber die Zeit holt man wieder rein, weil das “Bündigschleifen” entfällt; und das “Stirnholz” von Multiplex schleifen ist echt mühsam.
Danke für die interessanten Videos!
Grüße aus Freiburg, Mirko

Moin Ralf,

das ist ja mal ein Baubericht. Beim lesen dachte ich immer mehr „ oh nein der Arme „ da läuft ja wirklich alles schief“ hat aber auch Pech. Passte aber nicht zu den Werkstattbildern im Hintergrund …die sieht nämlich schon professioneller aus….mt der Handhabung von Werkzeugen sollte er sich doch auskennen.

Nungut alles überhastet da passieren Fehler…Chaos pur.

Am Ende hast Du 2 ganz proffesionelle Videos gemacht. Das muss man erstmal hinbekommen so locker und easy alles durch zu sprechen ohne sich zu verhaspeln.
Ganz grosses Kino finde ich.

Bist ein toller Typ und mir sofort sympathisch!

Chanel aboniert.

gruss Dirk

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