13. Dezember 2020

U_Doetta von Knutbox

Autor: Knutbox

Ein Teufelchen auf der Schulter flüsterte mir seit geraumer Zeit in’s Ohr, dass Bass und Membranfläche zusammengehören. Und viel wichtiger, dass es auch an der Zeit war, das mal auszuprobieren. Und was kam mir da Besseres in den Sinn als die U_Do 4?

Ich plante den Bau mit Biegesperrholz und gerundeten Seiten. Die Grundform der Schablonen habe ich am PC gezeichnet und auf’s Holz übertragen. Für die Front habe ich diesmal einfach den Bestellbutton gedrückt, gleiches beim Biegesperrholz. Ein neues Werkzeug gab’s zu Fuß im lokalen Baumarkt. Anschließend folgte grobes Aussägen der Grundform und der Feinschliff am Bandschleifer.

Zwischenzeitlich war das Sperrholz da. Aber was ist das?! So richtig biegsam ist das ja gar nicht! Die sinnbildliche „Dachrinne“, wie auf der Internetseite des Shops zur Erklärung der Biegeeigenschaften beschrieben, ist wirklich das Letzte, was man damit formen kann. Naja, ich musste die Grundform dann nochmal an die schwachen Biegeeigenschaften anpassen. Für den ersten Prototypen wurde das dünne Biegesperrholz einfach auf die Formschablonen geklebt. Anschließend konnte ich die Abmessungen auf Wohnraumtauglichkeit prüfen. Dann wurden Spanplattenstreifen rundherum aufgeleimt. Außen final noch eine Lage Sperrholz. Durch die Schichten und den dazwischen sitzenden Leim wurde das Gehäuse schön fest. Zur Sicherheit habe ich trotzdem noch ein paar Querstreben gegen Gehäuseresonanzen verklebt. Dem Tieftöner wollte ich die bisher ignorierte Fähigkeit, Holz in Schwingung zu versetzen, nicht absprechen.

Die Fronten habe ich zu Testzwecken aufgedübelt. Es folgte die Verkabelung. Die Frequenzweiche habe ich einfach mit Lüsterklemmen zusammengeschraubt. Alles wurde auf den Boxenboden geklebt.

Wie immer hatte ich nicht die Ruhe zu warten. Vielmehr wurde ungeduldig die Dämmwatte reingefummelt. Anschließend die Fronten dank Dübeln passgenau angesetzt und das Ganze mit Spanngurten verzurrt. In dem Punkt hudel ich seit Jahren. Beide Boxen klangen gleich und stimmig. Ein Vergleich mit der U_Do 15 war schnell gemacht. Da das aktuelle Lied wenig Bass hatte, fiel kaum ein Unterschied auf. Damit war das nur die Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben. Also schnell mal was mit Tiefgang raussuchen.

Mitten im Bericht komme ich nun zum Spannendsten mit geringster Aussagekraft, dem Höreindruck. Ist doch einfach zu schade, wenn man den weglässt, kommt da doch die Emotion in’s Spiel. Also, es stellt sich die Frage, was der Tieftöner für einen Unterschied macht?

Das Teufelchen auf meiner Schulter legte sein Gewand ab und zeigte sich fortan als Engelchen. Wohlwissend flüstert es mir zu: „siehst Du, hab ich’s doch gesagt“. Da wo mir früher Nichts fehlte, kommt jetzt ein knackiger Tiefton. Die Musik ist noch „umfassender“. Oder anders gesagt, es kommt nochmal ein Plus an Information aus den Boxen. Der 20er verleiht der U_Do 4 einen sehr erwachsenen und gleichzeitig entspannten Charakter. Die Aufteilung auf die drei Chassis ist stimmig, alles geht sauber ineinander über. Bei meinen Kids verbrüdern sich schnell zwei gegen einen. Bei der U_Do 4 spielen alle dauerhaft zusammen! Im Vergleich zu Bandpasskonstrukten gefällt mir der Bass durch Präsenz und Druck. Die Frage wird kommen, ob die U_Do 15 ACL da mithalten kann? Aber die 2.5 fache Membranfläche und dazu eine ~20 Hz tiefere Resonanz sind solide Eckpfeiler für die Erklärung, dass die U_Do 4 tiefer spielt. Die Physik lässt sich mit dem ACL Prinzip besser verbiegen als das blöde Sperrholz, aber nicht soweit.

Ein Umstecken auf die U_Do 15 ACL klingt im ersten Moment etwas dünn, wobei man sich bereits nach 3 – 4 Minuten fragt, was man eigentlich damit gemeint hat. Ein Umschalten am Verstärker zeigt es einem dann wieder. Schon komisch, dass einem beim Hören meist Nichts fehlt und nur der Direktvergleich die Unterschiede offenbart. Mein Gehörsinn scheint auf jeden Fall kein Langzeitgedächtnis zu haben.

Nach der ersten Höreinlage ging es daran, die Lautsprecher fertig zu kriegen. Ich musste die Fronten aufkleben. Da die Chassis samt Verkabelung schon in der Front steckten, musste ich sie auf gut schwäbisch „heben“. Leider habe ich sie dabei wohl auch ein wenig „gelupft“. Die Faulheit hatte dann ihren Preis. Beim Hochtöner brach eine ganze Lötfahne samt Plastikhalterung ab. Mit Fingerspitzengefühl habe ich das Kabel an die aus dem Chassis herausschauende Litze gelötet. Eine Durchgangsprüfung zeigt immer sauberen Kontakt. Am Ende nicht schlimm und auch kein finanzielles Fiasko. Ein bisschen traurig war ich schon. Sowas will man nicht verbauen. In Zukunft werde ich Kabel an die Chassis löten und deren Enden mit Kabelschuhen versehen. Man lernt nie aus…

Und dann gab es noch eine Überraschung. Im Magazin erschien ein Kommentar zur U_Do 4. Da fragte doch ein Nutzer, ob es wirklich richtig sei, das BR-Rohr auf 8cm zu kürzen? Langsam drang die überflogene Info in’s Bewusstsein. Schnell in den Keller und die Bauanleitung rausgekramt. Tatsache, da steht’s „kürzen auf 8 cm“. Da hab ich mich erst geärgert, dann gefreut. Konnte ich jetzt doch mal austesten, was das klanglich ausmacht. Und siehe da, der durchschnittliche Bass wird noch ein bisschen präsenter, die Box noch ein wenig rockiger! Keine Welten, aber ein feiner Unterschied.

Beim Fertigstellen ist noch allerhand Unheil passiert. Beim Ablängen der Fronten hab ich mir den gerundeten Korpus angesägt. Danach hatte eine Boxenseite wellenform. Wenn man Wochen in den Bau steckt und einem dann so eine blöde Blödartigkeit unterkommt, man möchte schreien. Also ein Teil des Biegesperrholzes aufgeleimt und mit einem neuen und super scharfen Bündigfräser drüber. Puh, geklappt! Für zukünftige Arbeiten liegt jetzt eine Japansäge im Keller. Schickes Teil und super zum bündigen ablängen.

Beim Aufkleben des Biegesperrholzes wollte ich mit hohem Anpressdruck arbeiten. Also mit Klemmzwingen und Querbalken gearbeitet. Blöd nur, dass man die Klebestelle nicht mehr sieht. Nachdem alles ausgehärtet war, musste ich feststellen, dass das ganze Seitenbrett verrutscht war und ich einen ordentlich Spalt hinbekommen hatte. Das wäre mir nicht mal Freihand so mies gelungen.

Außerdem stellte ich zwischenzeitlich fest, dass die linke Box immer einen Ticken lauter spielte. Ich habe mit der Dämmwatte experimentiert aber ohne anhaltenden Erfolg. Irgendwann stand fest, dass der alte Denon ein paar viele Stunden auf dem Buckel hat und eine Reinigung von Schaltern und Relais anstand.

Es folgte viel Schleifen, Kleben und Streichen. Ich entschied mich für den aktuell so beliebten Vintage Look. Also ein dunkles Grau als Grundton und dann weiße Kreidefarbe oben drauf. Anschließend anschleifen und mit Klarlack versiegeln. So der Plan und die Hoffnung, dass sich der Vintage Look hervorragend mit kleinen Ecken, Kanten und Gehäuseunsauberkeiten zu einem harmonischen, antiken Gesamtbild formt. So die Theorie, gefallen hat es mir am Ende nicht (leider ohne Foto). Viel zu unruhig. Aber die einfache weiße Box war schön. Also wurde es Weiß.

Und dann war ich irgendwann fertig. Eigentlich sollte man einen neuen Lautsprecher nicht unfertig ins Wohnzimmer stellen, da nichts länger hält als ein Provisorium. Und es erfordert schon ein wenig Disziplin, die Box auch optisch schön zu machen, wenn sie das klanglich schon längst ist.

Im Frühjahr hatte ich dann das Glück auf einem Flohmarkt einen alten Dual zu ergattern. Wenn man der Schallplatte so beim Drehen zuschaut, wird die Musikerfahrung greifbar. Versteht man doch wie zuckelnde Zeitsignale in das Vinyl gepresst und mit dem Tonabnehmer wieder abgegriffen werden. Auch wenn die Digitaltechnik das letztendlich viel beeindruckender hinkriegt, bleibt für mich eine gemütliche Faszination.

In der Zwischenzeit hat der Dual eine neue Nadel bekommen. Die Boxen spielen jeden Tag schöner. Alte Alben und die Lieblingsmusik werden noch einmal von vorne gehört. Hier und da kribbeln die Nackenhaare, wenn man (tiefere) Details hört, die vorher verborgen blieben.

Mittlerweile kann ich mir nur noch schwer vorstellen, wieder auf kleinere Abmessungen zurückzugehen. Für die kalten Tage liegen jetzt noch die Monas im Keller, gedacht als TV Unterstützung für die Schwiegermutter. Der Winter kann also kommen, so entspannt war ich selten.

Christian

Zum Nachfolger U_Do 53 im Online-Shop

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Moin

Hach, die 4er. War mein Erstling vor 4 Jahren. Sehr gute Lautsprecher. Haben mit viel Spaß bereitet und seit nem halben Jahr stehen sie zusammen mit dem restlichen U_Do-Heimkino bei meinen Eltern. Nun freuen die sich über tollen Klang.

Schöne zarte Rundungen hast du da hinbekommen. Daran versuchte ich mich auch schon, kann dich da also sehr heut verstehen.

Viel Spaß mit deinen kleinen Großen.

Grüße Enrico

gut verstehen meinte ich natürlich

Servus Christian,
ein schöner Bericht über einen Lautsprecher den ich gut kenne. Diese Box kann auch ich uneingeschränkt empfehlen. Da passt das hochwertige Gehäuse welches Du gebaut hast absolut.
Das Fluchen, Suchen und Schreien gehört zum Lautsprecher bauen. Das erhöht doch aber am Ende nur die Genugtuung und den Stolz etwas, so noch nie da gewesenes, geschaffen zu haben, was dann auch noch gut klingt.
Viel Paß beim Hören.
Gruß Dino

Hallo Christian,

wer von uns kennt es nicht, dieses kleine, verfluchte Teufelchen. Es nistet sich wie der Bauvirus in eine Gehirnwindung und wird immer dann aktiv, wenn man woanders Musik hörte (aktuell nicht möglich) oder einen neuen Bericht liest.
Einen Bericht wie den Deinen. Man fragt sich, geht da noch mehr?
Dann holt man sich andere Kisten aus anderen Räumen und vergleicht. Der Gedanke dahinter ist nur reine Bestätigung. Da geht doch noch was!

Du hast es treffend erwähnt, beim direkten Umschalten ist ein Unterschied da, nach 3-4 Minuten vermisst man nichts mehr.

Jetzt stellt sich die Frage, widersteht man dem Teufelchen und dem Virus oder verfällt man in alte Muster. Das ist ein Problem, welches jeder einzelne für sich klären muss.

Viel Spaß mit Deinen Lautsprechern!

LG
Jochen

Moin Moin … ich schließe mich Jochen an! Ich könnte nix treffender formulieren!!
Gruß, Markus

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