27. Juni 2021

Martins SB 30 ACL, die Erste

Autor: Maetes

Wie kommt ein eigentlich handwerklich nicht sonderlich begabter Mensch zum Lautsprecherbau? Nun, Musik habe ich schon immer gerne gehört. Seit einiger Zeit hatte ich das Gefühl, dass das letzte Glied der Wiedergabekette noch Ausbaupotential hätte. Wenn man nach längerer Recherche schließlich das Gefühl hat, dass die von den üblichen Verdächtigen angebotenen Fertiglautsprecher nicht den eigenen Vorstellungen bzw. häuslichen Restriktionen entsprechen, landet man zwangsläufig beim Selbstbau. Nach weiterer Recherche zu dieser Thematik stellte ich schließlich fest, dass ich immer wieder auf der Internetseite von Udo landete. Inspiriert von zahlreichen Bauberichten im Magazin und nach kurzem Austausch per E-Mail entschied ich mich für die SB 30 ACL, die einerseits Platz in unserem Wohnzimmer finden und andererseits aufgrund ihrer recht schmalen Silhouette ebenfalls noch die feminine Duldungsbarriere überwinden würden.

Nach wenigen Tagen kam Udos Paket an; alles sah sehr gut verpackt und hochwertig aus. In den nächsten Tagen holte ich mir im Baumarkt die entsprechenden und ziemlich passgenauen MDF-Zuschnitte in 19 mm. Da Udo im Vorfeld angemerkt hatte, sich über einen Baubericht zu freuen, wollte ich natürlich den Baufortschritt mit Fotos festhalten. Um es vorweg zu nehmen: Nach Fertigstellung hat sich leider die Speicherkarte meiner Kamera unrettbar verabschiedet, so dass ich die folgenden Arbeitsschritte lediglich beschreiben und Fotos nur vom Endergebnis einfügen kann.

Den Bau der Lautsprechergehäuse konnte ich dankenswerterweise in der Werkstatt meines Schwiegervaters vornehmen. Hier fand ich alles Notwendige vor: Werkbank, Schraubzwingen, Oberfräse mit Fräszirkel, Standbohrmaschine und Schleifgeräte, Akkuschrauber und -bohrer, Stichsäge und vieles mehr.

Zusammenbau der Gehäuse
Vor dem Zusammenleimen der einzelnen Platten habe ich zuerst die Aussparungen für die Terminals an der Standbohrmaschine mit einem Lochkreisbohrer vorgenommen. Als nächstes stand die eigentliche Verleimung der Bretter an: Zuerst jeweils die Rückseite mit einer Seitenwand, dann die Versteifungsbrettchen sowie Deckel und Boden, Seiten- und Rückwand. Im nächsten Schritt wurde die zweite Seitenwand angeleimt. Dabei kamen unzählige Schraubzwingen zum Einsatz, die ordentlichen Druck auf die Verleimungen ausübten. Rückblickend muss ich sagen, dass ich hier etwas sorgfältiger hätte arbeiten sollen (z.B. mit Winkeln oder anderen rechtwinkeligen Hilfen), da hier an einigen Stellen die Bretter etwas verrutscht sind und diese Bereiche im Nachgang verstärkt geschliffen werden mussten.

Für die Vertiefungen der Lautsprecherchassis übte ich erst einmal mit Oberfräse und Fräszirkel an einem Probebrett. Das klappte ziemlich gut, so dass ich die Vertiefungen auf den späteren Schallwänden nach Maßnehmen und Aufzeichnen der entsprechenden „Kreise“ für meine Verhältnisse relativ gut anfertigen konnte. Die Frästiefen habe ich in zwei Durchgängen erstellt, um die Fräse (und nicht zuletzt mich) nicht zu überfordern. Anschließend habe ich dann auf die gleiche Weise die Aussparungen für die Chassis erstellt, wobei man kurz vor dem Ende des Kreises etwas aufpassen muss, da man sich quasi den Ast, auf dem man sitzt, wegfräst.

Im letzten Schritt dann habe ich die Schallwand wieder mithilfe einiger Schraubzwingen auf den Korpus geleimt. Da ich mir die Option aufrechterhalten wollte, später magnetische Lautsprecherabdeckungen einzusetzen, bohrte ich an vier Stellen um die Chassis herum etwa drei Millimeter tiefe und acht Millimeter breite Löcher, in die ich mit etwas Bastelkleber 8x2mm große runde Neodym-Magnete einsetzte. Diese Stellen habe ich anschließend mit glasfaserbasiertem Spachtel überspachtelt.

Schleifen des Gehäuses
Nachdem die Lautsprechergehäuse zusammengeleimt waren, musste ich diese vor der weiteren Verarbeitung schleifen. Hier fielen mir zunächst meine oben erwähnten Unzulänglichkeiten beim Zusammenleimen ins Auge. Der vorsichtige Einsatz eines Bandschleifers konnte aber relativ schnell Abhilfe schaffen. Allerdings sah ich danach aus, als wäre ich in einen Sack Mehl gefallen. Schutzmaske und -brille sind hierbei (und auch beim Fräsen) ein Muss!

Da ich die Gehäuse lackieren wollte, habe ich anschließend die Oberfläche mit der Hand in mehreren Schritten von grob (120er Körnung) nach fein (240er) geschliffen. Im vorerst letzten Schleifarbeitsgang wurden die Kanten ebenfalls mit einem Handschleifklotz gebrochen. Am Ende alles gut absaugen und ganz leicht feucht wischen, dann sahen die Kisten für meine Augen schon ziemlich ordentlich aus.

Lackieren der Lautsprecher
Die im Vorfeld am schwierigsten angedachte Entscheidung fiel vergleichsweise leicht bzw. schnell: Welche Farbe bekommen die Lautsprecher? Zunächst hatte ich an eine senfgelbe Variante gedacht. Aus dem Baumarkt hatte ich aber auch einige Grautonmuster mitgebracht, die mir – und dem Rest meiner Familie ebenfalls – spontan zusagten. Am Ende entschieden wir uns dann für einen mittelhellen Grauton.

Als erstes wurden die Gehäuse zweimal mit wasserverdünnter, weißer Dispersionsfarbe grundiert, mit Zwischenschliff. Dann habe ich mit einer Lackrolle den grauen, wasserbasierten Lack aufgetragen und nach dem Durchtrocknen geschliffen. Diesen Arbeitsgang habe ich noch einmal wiederholt. Am Ende habe ich zum Schutz eine Schicht seidenmatten und ebenfalls wasserbasierten Klarlack mit der Rolle aufgetragen. Rückblickend wäre es sinnvoll gewesen, die Schnittkanten und Leimfugen ebenfalls zu spachteln und zu schleifen. Bei genauer Betrachtung kann man die Fugen bzw. Schnittkanten noch leicht erkennen.

Frequenzweiche und Bedämpfung
Nachdem Udo mir dankenswerterweise die auf einem Holzbrettchen zurechtgelegten Bauteile für die Frequenzweiche abgesegnet hatte,

stand für mich das Löten an. Da ich auf diesem Gebiet überhaupt weder Erfahrung noch entsprechendes Werkzeug habe, fragte ich meinen Schwager nach Hilfestellung. An einem sonnigen Nachmittag und einem halben lauen Sommerabend haben wir zusammen die Bauteile auf die Holzbrettchen geklebt, verdrahtet und verlötet, dann die Innenverkabelung erstellt und diese ebenfalls mit Weiche, Terminal und Chassis verlötet.

Die Frequenzweiche fand ihren Platz an der Rückwand hinter dem unteren Bassmitteltöner, wo sie mit vier Schrauben befestigt wurde – nicht ohne vorher einige Gummistopper auf die Rückseite der Weiche geklebt zu haben, um mögliche Schallübertragungen auszuschließen.

Als nächstes wurden von der mitgelieferten Bedämpfung jeweils ein etwa 20x80cm großes Stück in die obere Kammer hinter die Lautsprecherchassis eingebaut. Nach Fertigstellung entdeckte ich zufällig in einem Forenbeitrag von Udo den Hinweis, dass der Übergang zu den unteren Kammern frei bleiben soll, so dass ich nachträglich die Dämmung etwas hochgezogen habe.

Ehrlich gesagt, kann ich eine klangliche Veränderung bzw. Verbesserung subjektiv nicht erkennen. Mit Raummoden habe ich aber (noch) nicht zu kämpfen.

Abdeckungen
Um die Chassis vor Staub und den Erkundungsgängen unserer Kinder zu schützen, habe ich mir aus MDF-Platten (18x44x1cm) entsprechende Lautsprecherabdeckungen gebaut. Die Magnete habe ich an den entsprechenden Stellen bündig versenkt und mit etwas Sekundenkleber befestigt.

Den grauen Akustikstoff habe ich zuerst versucht, mit einem Hammertacker zu befestigen. Das klappte aber mehr schlecht als recht beim recht harten MDF, d.h. ich musste die Tackernadeln nachträglich mit dem Hammer versenken, außerdem gab es an einigen Stellen Risse im Stoff. Der zweite Versuch mit der Heißklebepistole war dagegen von Erfolg gekrönt. Sieht zwar von hinten etwas wüst aus, von vorne bin ich aber zufrieden, und die Haltekraft der Magnete ist auch ordentlich.

Aufstellung
Die Lautsprecher stehen in unserem Wohnzimmer jeweils auf vier zueinander unebenen Fliesen. Zum Ausgleich habe ich jeweils drei Eindrehmuttern (M6; 12x15mm) in die Bodenplatte eingeschraubt. In diese habe ich dann Gewindeschrauben zusammen mit einer Kontermutter eingedreht. So kann ich die Lautsprecher perfekt ausrichten.

Bei Bedarf können hier auch entsprechende Spikes oder Gummifüße eingedreht werden. Wie man sieht, hätte ich die Löcher statt mit einem 10er- besser mit einem 11er-Holzbohrer vorbohren sollen. Leider ist an den Kanten das MDF etwas gerissen. Im Alltag sieht man das aber nur, wenn man will. Trotzdem ärgerlich.

Fazit
Die SB 30 ACL ist optisch ein – wie ich finde – unauffälliger, aber dennoch ansprechender Lautsprecher: eine klassische, rechteckige Form, recht schmal gehalten mit einer schönen D’Appolito-Anordnung.

Die Lautsprecher haben einen, wie ich finde, tollen Klang und geben Musik unglaublich harmonisch aufgelöst wieder; so hätte ich das im Vorfeld nicht erwartet. Die SB 30 ACL sind dabei sehr ehrlich, d.h. schlechte Aufnahmequalität wird auch als solche wiedergegeben. Gut aufgenommene bzw. abgemischte Musikstücke dagegen belohnen den Hörer mit einer tollen Differenzierung der Instrumente und einer schön gestaffelten Bühne – die Musik löst sich im wahrsten Sinne des Wortes von den Lautsprechern.

Alles in allem hat mir der Bau Spaß gemacht, und ich bin mit einem ausgezeichneten Lautsprecher belohnt worden. Danken muss ich an erster Stelle Udo, der mir bei der Auswahl geholfen hat und bei Fragen während des Baus stets hilfreich zur Seite gestanden hat. Ein super Service! Aber auch den vielen Autoren im Magazin danke ich für ihre hilf- und aufschlussreichen Berichte. Ich denke, dass “die Erste” nicht “die Letzte” gewesen sein wird!

Martin

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Hallo Martin,

genau das gleiche wie Martin habe ich mich auch gerade gefragt. Bei ordentlich Pegel wandert der Lautsprecher? Denke auch die Ankopplung ist so eher unoptimal. Versuche doch mal Gummifüsse das wird sich klanglich evtl. positiver auswirken.

gruss Dirk

Hallo Martin. Gratulation zu einem schönen schlichtenn Lautsprecher, der eben NICHT gleichzeitig auch langweilig wirkt. Die Idee mit den Füßen gefällt mir. Hast Du keine Probleme mit “klappern” ? Denke ich mal, da die Schraubebköpfe ja hart sind.
Gruß Martin

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