1. August 2021

Beschäftigungstherapie im Lockdown oder Case Modding mal zwei

Autor: arndtinger

„Das braucht kein Mensch!“, sagte die beste Ehefrau von allen (Ephraim Kishon, R.I.P.) am ersten oder zweiten Advent, inzwischen gefühlt zum fünften Male. Ohne jetzt in die Philosophie abzugleiten und die Frage zu ergründen „was Mensch wirklich braucht“, hatte sie zugegebenermaßen Fakten auf ihrer Seite, die nicht von der Hand zu weisen sind. Angesichts einer voll funktionstüchtigen Musikanlage, die in der Lage ist, alle digitalen Quellen von Blu-ray über (SA)CD, oder USB/NAS bis hin zu DLNA/UPnP und letztendlich Spotify und dergleichen wiederzugeben und dazu auch noch Vinyl abspielt (alles zu meiner vollsten Zufriedenheit), springt einem die Notwendigkeit eines zweiten Satzes audiophiler Unterhaltungselektronik nicht unmittelbar ins Auge.

Aber fangen wir vorne an. Der Anstoß oder besser gesagt die ersten Gedanken zu dem Projekt liegen etwas mehr als anderthalb Jahre zurück, als in die o. g. Anlage eine Dayens Endstufe Einzug hielt. Wenn man sich etwas näher mit der Materie beschäftigt, stellt man fest, dass in Serbien einige Hersteller firmiert haben, die sich der Fabrikation hochwertig(st)er Verstärker widmen, und das – AURIS oder gar Trafotronic mal außen vor – zu Kursen, die nicht die ganze Familie für längere Zeit am Hungertuch nagen lässt. Neben Dayens kommt man in einschlägigen Medien da sehr schnell zu Vista Audio, deren Modell Spark mit seinen Dimensionen und in seiner Schlichtheit bei vielversprechenden Eigenschaften sofort in mein Beuteschema fiel.

Nun ist ein kleiner Vollverstärker, sei er noch so niedlich anzusehen (zumindest in der überarbeiteten Version), für sich genommen kein Ausstellungsstück und braucht zur vollendeten Zweckerfüllung auf der einen Seite einen Zuspieler und auf anderen ein Paar Lautsprecher. Also begann ich, in Gedanken eine ebenfalls minimalistische Anlage drumherum zu konstruieren. Alibi-Anwendungsfall war auch schnell gefunden. Die Tochter sollte damit irgendwann zwangsbeschenkt werden und in den Genuss hochwertiger Musikwiedergabe kommen. Da die heutige Jugend nicht mehr im Besitz von physischen Musikträgern ist, kam als Zuspieler also eigentlich nur ein Streamer in Frage, Hauptsache irgendwas, das Spotify kann, die Hauptquelle meiner Tochter für musische Unterhaltung (neben YouTube).

Für den gleichen Zweck werkelt in der Wohnzimmeranlage ein Raspberry Pi am HDMI Eingang des Blu-ray Spielers. Auf ihm läuft Volumio, was ich mal als Volkswagen unter den Softwarespielern auf Single Board Rechnern bezeichnen will (auch wenn der automobile Ruf wegen Trickserei angekratzt ist, worunter ich ebenfalls gelitten habe, ist mein Arbeitgeber doch der süd(ost)deutsche Ableger dieses Konzerns, aber das ist eine andere Geschichte). Meiner Erfahrung nach sehr solide Qualität, vor allem in meinen Ohren, und es kommt eigentlich jeder damit zurecht. Also sollte diese Lösung kopiert werden, allerdings mit einer entscheidenden Änderung. Während bisher das Produkt der Firma Cambridge Audio ab HDMI Eingang dankenswerterweise die Umsetzung der Einsen und Nullen in elektrische Schwingungen übernimmt, musste ich mir beim neuen Projekt etwas anderes einfallen lassen.

Ein standalone DAC kam nach längerer Suche nicht in Frage. Erstens gibt es fast keine mit HDMI Eingang (oder er wird missbraucht) und wenn man für die SPDIF Aufbereitung schon extra einen Pi-HAT braucht, warum dann nicht gleich einen echten I2S-DAC in dieser Form? Zweitens sollte die Anzahl der Gehäuse nicht ins Unermessliche steigen, schließlich braucht es des Weiteren noch ein Netzteil. Die Franzosen von Audiophonics haben da was Schönes für gehobene Ansprüche im Angebot (ESS I-Sabre Chip der letzten Generation) und zu allem Überfluss auch noch IR-fernbedienbar mit Display. Nennt sich im Ergebnis RaspDAC Mini und wurde von mir auserkoren. Zur Stromversorgung kommen wir später.

Bevor sich jemand fragt, warum dieser Bericht ausgerechnet in diesem Magazin veröffentlicht wird, kommen wir mal schnell zum Thema Lautsprecher.

Ich kenne Udo seit meiner Studienzeit in Bochum. Zunächst half er dem Musikgenuss in meinem damaligen Fahrzeug auf die Sprünge und etwa vier Jahre später, vor ziemlich genau 23 Jahren, kaufte ich bei Ihm das erste Paar Lautsprecher, die Impuls 1, die mir lange Jahre treu dienten und später dann durch einen Subwoofer von ihm ergänzt wurden. Da wohnte ich schon in Bayern. Auch wenn ich zwischenzeitlich „fremdgegangen“ bin (was ich nicht bereue. Im Grunde ist er ein Stück weit selbst Schuld. Hätte er die Vota-Serie etwas früher aufgelegt, wäre es vielleicht gar nicht dazu gekommen.), hatten wir über all die Zeit immer mal wieder Kontakt und ich schätzte nach wie vor seine kompetente Beratung.

Ebenso schaute ich ab und an immer mal wieder in diese Seite hier rein, bewunderte die Werke der Nutzer, auch wenn ich nicht im Forum aktiv war. Schließlich bekam ich auch die Inspiration zum (Um)Bau der „Nicht-Udo-LS“ zur TQWT u. a. hier.

Was lag also näher, als mich bei Udo nach Lautsprechern mit sehr gutem Preis/Leistungsverhältnis umzuschauen, hatte ich mir doch selbst ein Budget-Ziel von ca. 1k€ gesteckt. Für alles. Vorab: Durch vor allem optische Ansprüche wurde die Latte gerissen. Wenn man allerdings die Komponenten für sich ohne Modding so zusammensteckt, wie man sie kaufen kann (und kein Werkzeug erwerben muss, mehr dazu ebenfalls später), Zahlt man für Verstärker, RaspDAC, Netzteil und Udo´s Bausatz knapp diesen Betrag. Holz, ggfs. Kabel und sonstigen Schnickschnack mal nicht gerechnet.

Der Spannungsbogen ist bis ins Unerträgliche gespannt, ich löse auf: Den Zuschlag bekam ein Pärchen SB12 ACL, weil es einfach Udo´s preiswertester Lautsprecher in der Blues-Klasse ist und im Gegensatz zur preisgleichen 6L-Version ohne Sub-Unterstützung auskommt. Ich habe halt ein Faible für (verhältnismäßig) kleine LS, die Großes leisten.

Dass ich Udo´s Bauvorschlag nicht übernahm und der Sache meinen Eigenen Design-Stempel aufdrücken musste, ist – bei mir – selbstverständlich. Die Schallwand von knapp 14 cm Breite, die Überlappung der Chassis und den Ersatz des BR-Rohres (hässlich! Alles – wie immer was Geschmäcker angeht – IMHO) durch eine entsprechende Brettchenkonstruktion ließ ich mir vorab von Udo genehmigen. Der letzte Punkt sollte jedoch mehr Aufwand bedeuten, als letztendlich geplant.

Womit wir jetzt endlich beim Baubericht angekommen sind. Inzwischen war die Genehmigung durch die Regierung indirekt mit den Worten „Du machst ja eh, was Du willst…“ erteilt worden, da ich die Rechnung ohne meine Tochter gemacht hatte. Sie hatte keinerlei Absicht, den Bluetooth Lautsprecher gegen eine seltsame Konstruktion von „Vattern“ (nicht der hier mit „dd“!) einzutauschen, was ich nicht verstehe. Klar die Bierdosen leisten Beeindruckendes, aber selbst im paarweisen Stereobetrieb mit Software Equalizer sind ernstzunehmende Wiedergabequalität, geschweige denn Räumlichkeit Fremdworte. Meine Generation hatte seinerzeit spätestens zur Konfirmation mindestens 80W Musik im noch so kleinen Jugendzimmer stehen. Aber heute scheint vor allen Dingen Mobilität zu stehen. Ich musste – damals wie heute – allerdings auch noch nie Musik beim Duschen hören… *EmojimitrollendenAugen*.

Ferner hatte sich aufgrund des allgegenwärtigen Virus eine erkleckliche Menge Resturlaub aufgrund nicht angetretener Reisen angestaut, Lockdown obendrauf; um sich also in den ungewöhnlich langen Weihnachtsferien nicht nur von Völlerei zu Fresskoma und umgekehrt zu hangeln, musste man(n) beschäftigt werden.

Da die bestellte Paketflut zu Beginn nur zögerlich eintrudelte, begann ich zunächst mit den LS-Kabeln, wollte ich doch bei diesem Projekt ebenfalls lange vor mir her geschobene Ideen umsetzen. Hier war es die Verwendung von Netzwerkkabeln, die durch die Twisted Pair Anordnung Unempfindlichkeit gegen Einstreuung versprachen. Ok, Aberglaube! Aber egal.

Auch das bedeutete mal wieder mehr Aufwand als erwartet. Zunächst wurden die Bestellten 10 m CAT7 Verlegekabel in 4 gleich lange Stücke geteilt. Schon das Einführen der jeweils zwei 2,5m langen Stücke in Geflechtschlauch verlangte eine Engelsgeduld, Dann kam das Abisolieren und „Verschalten“ der verdrillten 16 Pärchen in 8 Hohlbananas. Da es sich um AWG 23 Massivleiter handelte, was auch die Verwendung von zwei Netzwerkkabeln pro Seite erklärt, um auf einen nennenswerten Gesamtquerschnitt zu kommen, braucht man dazu 64mal Nerven wie … tja, eben Draht. Immerhin konnte sich das Ergebnis nach einem halben Tag Arbeit zumindest schon mal optisch sehen lassen.

An dieser Stelle bereits geht ein riesen Dankeschön raus an alle Paketzusteller, die fleißig und zuverlässig vor, zwischen und nach den Feiertagen arbeiteten und alles, was lieferbar war, pünktlich abkippten. Gerne zitierte Horrorstories von „nicht angetroffen“ über „Adresse nicht bekannt“ bis hin zu beim Nachbarn mit dem Namen „keine Werbung“ abgegeben sind nicht passiert. Wenn wirklich mal keiner da war, wurden sogar kreative Verstecke gefunden. Das gilt auch und vor allem für die Mitarbeiter des Versandhauses mit dem lächelnd unterstrichenen kleinen „a“. Auch ich stehe diesem Unternehmen sehr kritisch gegenüber. Fakt ist jedoch, dass man wegen des reichhaltigen Sortiments bezüglich diverser spezieller Kleinteile um Jeff´s Laden nicht herumkommt. Erst recht nicht, wenn der Einzelhandel zusperren muss.

Der RaspDAC und Pi wurden inzwischen geliefert und mussten zusammengebaut werden, was sehr einfach vonstatten geht. Meiner Faulheit halber hatte ich die angepasste Volumio Distribution (Treiber für Soundkarte, IR-Sensor und Display bereits enthalten) auf microSD-Karte gleich mitbestellt, was auch die Inbetriebnahme zu einem Witz geraten ließ: Einschalten, oder besser gesagt Strom drauf, und fertig. Der erste Hörtest mit Kopfhörern und einem – etwas potenteren – USB-C Ladegerät ließ bereits im wörtlichen Sinne aufhorchen. Donnerwetter! Das klang schon mal vielverspechend.

Das Holz kam (Expresszuschnitt.de) und der äußere Zustand des Pakets ließ nichts Gutes vermuten. Entgegen meiner Befürchtungen war jedoch innendrin alles noch einmal bestens verpackt und millimetergenau zugeschnitten. „Would buy again“, wie man im Neudeutschen so schön sagt, auch die nachträgliche telefonische Änderung der Bestellung, da ich zwei Bretter vergessen hatte, lief ohne Komplikationen und die Dame war sehr freundlich und zuvorkommend. Also konnte ich mich an den Teil des Projektes wagen, vor dem ich Angst, na ja, zumindest den meisten Respekt hatte.

13,8 cm Breite, 20,7 cm Tiefe (also eine Grundfläche kleiner als ein DIN A5 Blatt) und stark 1m Höhe ließen Empfindlichkeit gegen versehentliches Anrempeln vermuten, also sollte die Konstruktion eine solide – vor allem breitere – Basis bekommen. Gepaart mit meiner Abneigung gegen BR-Rohre wurde diese Öffnung auch in diesen Teil integriert. Ferner wollte ich Antispikes ausprobieren. Der einzige Plan, den ich zu dem gesamten Projekt gemacht hatte, ist im Foto zu sehen und wurde aufgrund der kompliziert(er)en Geometrie bei einschlägigen (Boxen-)Schreinern angefragt. Von 50% bekam ich eine Rückmeldung. Die aufgerufenen Preise stellten den Gegenwert von Oberfräse, Fräszirkel, Fräsersatz und einer Workmate dar, also erging der Beschluss „selbst ist der Mann“. So musste ich für die restlichen Fräserei nicht meinem Schwager (Schreiner) auf die Nerven gehen, der zurzeit stark in den Hausausbau seiner Tochter und seines Schwiegersohns involviert ist.

Stichpunktartig zu den nächsten Bildern (eigentlich fast selbsterklärend): 2x16mm MDF Schwarz zu 1x32mm geleimt (anschleifen nicht vergessen!), Frässchablone aus Hilfsbrettchen gefertigt. Auch mit einem Fräszirkel gelingt ein gewöhnlicher Zirkelschlag, um einen Punkt zu finden, der von zwei anderen gleich weit entfernt ist (Mittelpunkt der Außenradien). Die Bohrungen für die Gewindemuffen der Antispikes dienen als Referenz, daher ist hier besonders genau mit Bohrschablone zu arbeiten. Die Kontur wurde kopiert mit Bündigfräser (Anlauflager oben). Und das Ergebnis – wie sagt man so schön: Besser als erwartet! (wenn diese Wertung bei der Tour de France eingeführt wird, fahre ich auch mit).

Als nächstes wurde aus dem verbleibenden (Hilfs-)Material die Frässchablonen für die Griffausschnitte gefertigt. Warum Griffe? In meiner Vorstellung brauchen Boxen ein Motto. Die ersten Überlegungen gingen aufgrund der ähnlichen Dimensionen in die Richtung, das Ganze in einen alten Scheunenbalken einzubauen. Die zu erwartenden Schwierigkeiten vor allem bezüglich der Dichtheit und Stabilität der Konstruktion und der Aufwand (ohne die Hilfe meines Schwagers), brachte mich dazu, das Thema Altholz, obwohl ich es sehr spannend finde, für dieses Projekt ad acta zu legen. Da ein fixer Aufstellungsort nicht geplant war, wollte ich wegen der Größe der Komponenten das Thema Mobilität in den Vordergrund rücken.

Es brauchte also Anleihen aus der Optik der PA-Welt: Verstärkte Ecken, Griffe, Lautsprecherschutz“gitter“ und ein Finish mit Warnex-Lack. Die Öffnungen für die Griffe sollten sich später noch als Fluch und Segen zugleich herausstellen.

Das Netzteil war eingetroffen und musste unverzüglich getestet werden. Das geübte Auge erkennt die Bezeichnung „Tomanek“ und weiß vielleicht, dass jenes Teil vor einiger Zeit hier im Forum als Stromlieferant für den Pi besprochen und empfohlen wurde. Dort bekam es den Spitznamen „Ström“ und auch den Hinweis auf Ijon Tichy Raumpilot in einem Post fand ich sehr unterhaltsam… . Dass eine stabile Stromversorgung für eine DAC wichtig ist, akzeptiere ich einfach und hinterfrage es nicht. Ich empfand beim Hörtest etwas mehr Autorität bei der Wiedergabe über Kopfhörer im Vergleich zum zuvor verwendeten Ladegerät. Vielleicht ebenfalls Aberglaube. Thel als Alternative schied aus. Für meine Zwecke (später mehr) war es etwas zu groß und Thel hatte sich seit Anfang Dezember selbst einen Lockdown verpasst. Das Öffnungsdatum vom 11. Januar war mit Fragezeichen versehen. So wurde in Polen bestellt.

Der Award für die beste Transportverpackung geht übrigens an unsere östlichen Nachbarn: wäre das Teil aus dem Flugzeug in einen gefrorenen See gefallen, wäre der Inhalt wahrscheinlich trotzdem unbeschadet hier angekommen. Auch das Gehäuse selbst ist massivst, so dass man damit vermutlich während des Betriebes Scheiben einwerfen könnte.

Inzwischen wurde es im Keller und in der Garage jahreszeitbedingt teilweise ziemlich kalt, so dass ich mich für weniger staub- und dreckintensive Tätigkeiten in den Wohnbereich zurückziehen konnte, z.B. sich Gedanken zum Weichenlayout zu machen und Einbauversuche mit dem „Lautsprechergitter“ aus Möbelgriffen. Die Fronten waren mittlerweile gefräst. Die Inspiration lieferte die Car-Hifi Fraktion, die ihre Subwooferchassis mit mitunter massiven Streben gegen umherschwirrende Gepäckstücke schützt. Die Möbelgriffe mussten ein gutes Stück in entsprechende Bohrungen versenkt werden, bis noch genug Abstand für die Bewegungsfreiheit der Membranen übrigblieb. Wer jetzt Bedenken hat bezüglich der Stange direkt vor dem HT: die hatten Udo und ich auch. Die Physik sagt, dass Hindernisse mit Durchmesser kleiner Wellenlänge vom Schall ignoriert werden. Damit sollten Frequenzen unterhalb 34kHz safe sein. Udo riet ab, ich hab es trotzdem gemacht, da ich keine Fledermaus bin. (Das allgemeine Ansehen dieser possierlichen Tierchen hat im letzten Jahr doch sehr gelitten.) Ergebnis vorweg: Subjektiv lässt sich kein Höhenverlust feststellen.

Bei Betrachtung der Bilder wird dann auch klar, warum die Überlappung von HT und TMT vom bloßen Designgag zu einer Notwendigkeit mutierte, hätten doch sonst die Teile nicht unter Möbelgriffe gepasst. Von der Ausführung hab ich vermutlich wegen Nervosität die Fotos vergessen, ist aber schnell erklärt. Bevor das Loch des TMT finalisiert wird, fräst man die Versenkung im oberen Bereich ein zweites Mal mit eingebautem HT. Angsthasen wie ich, nehmen den Waveguide ab, was ich mir jedoch hätte sparen können, kommen doch die Kalotten dann mit. Man sollte ein paar Millimeter beim Fräszirkel unterlegen, damit das Ganze etwas aus dem Gehäuse raussteht, um Kratzer und sonstige Schäden zu vermeiden.

Das Paket aus Serbien war dann auch durch den Zoll und angekommen. (Platz 2 in der Verpackungstechnik) Wie versprochen, hatte Boris gegen einen kleinen Obolus ein zweites Gehäuse mitgeschickt und ich konnte die Transplantation des „Ström“ und des RaspDAC detaillierter planen und in Angriff nehmen. Boris ist im Übrigen ein fantastischer Typ, spricht (schreibt) sehr gutes Englisch und kann sich von der Service Qualität und Antwortzeit durchaus mit Udo messen. Er hatte mir sogar im Vorfeld unter dem Mantel der Vertraulichkeit die Zeichnungen der Frontplatte geschickt, so dass ich neue Acrylglassplatten bestellen konnte, die dann passend für Display, LED des Tomanek und IR-Sensor sind. Leider musste ich bei Lieferung des Spark feststellen, dass wiederum sein Lieferant die Zeichnungsvorgaben bezüglich einiger Radien für Vorschläge hielt und die Optik nicht exakt passte.

Da die Dinger als Einzelanfertigung nicht eben wohlfeil sind und es sich um eine Schicht aus drei (!) Platten handelt, sah ich davon ab, neu zu bestellen und so wurden aus den geplanten Zwillingen lediglich Geschwister. Wie Ihr später sehen werdet, tut das der Optik fast keinen Abbruch. Zwischenzeitlich wurden die Griffmulden gefräst, die Weichenbretter gebohrt und die Gehäuse fertig geleimt.

Die Umarbeitung des Ex-Spark-Gehäuses mit Flex und Feile verschlang speziell an der Rückseite auch ein gutes Stück Arbeit. Ich habe seit meinem Praktikum nicht mehr so viel gefeilt. Es blieb zum Schluss recht wenig „Fleisch“ übrig, sollte doch noch ein IEC-Netzfilter und ein 230V Ausgang dort Platz finden, von dem der Spark dann „gesiebten“ Saft erhält (wieder einmal Aberglaube). So musste ich teilweise ein wenig mit Sekundenkleber schummeln. Die Grundplatine des RaspDAC musste beschnitten werden, die Anschlüsse für den IR-Sensor und Display finden sich auch auf der DAC-Platine, so dass das Display mit GPIO Jumper Kabeln und der Sensor mit einseitig angelöteten Jumperkabeln nach vorne verlegt werden konnten. Auch hat die DAC-Platine zwei dezidierte Lötstellen für 5 V, so dass der USB-C Anschluss arbeitslos wurde.

Final hat alles gepasst und nach Lötassistenz meines Nachbarn (Elektrofachkraft von der Ausbildung her, ich bin im Löten eine Niete) lief die Inbetriebnahme reibungslos. Wie Ihr seht, hat das Display auch noch fast die gleiche Farbe wie die Spark-Illumination. Die Optik der kleinen Ziegelsteine finde ich Wahnsinn. In Bezug auf professionelles Aussehen und Angleichung hab ich bezgl. DIY Komponenten eine neue Stufe erklommen und bin stolz wie Bolle.

Anmerkung: Bereits in der Wohnzimmeranwendung hatte ich festgestellt, dass eine externe WLAN-Antenne für einen Raspberry Pi im Metallgehäuse Pflicht ist. Sonst ist es Essig mit dem Musikgenuss und der Bedienbarkeit über das Webinterface. Auch das Heimnetz wird durch dauernde Verbindungsversuche derart belastet, dass andere Nutzer leiden und das Meckern anfangen.

Hinter das Leimen hat der liebe Gott das Schleifen gesetzt. Auch wenn ich Schattenfugen geplant hatte, da ich stumpf verleimt hatte, sollte das grob zusammenpassen. Bei der Positionierung der Basen und der Abschlussbrettchen (vulgo Böden) hatte ich damit zu kämpfen, dass die Basen keine gerade Kante als Referenz haben. So musste die Position vor dem Bohren der Schraublöcher (hier wurde nicht geleimt) mit Zwingen „erzwungen“ werden. Nach dem Anbringen von 3mm Radien rundum und dem Fräsen der Schattenfugen war alles fertig zur Lackierung. Wer sich mal verfräst (am Ende des Brettchens kann man nicht mehr wirklich von einer „Führung“ durch den Seitenanschlag der Oberfräse sprechen, auch passiert es ungeschickten Menschen wie mir, dass man mal zu weit fährt, wenn die Fugen eigentlich ein sauberes „T“ bilden sollten), dem hilft der alte Trick: Holzleim + Schleifspäne = Spachtelmasse. Im Netz las ich auf der Suche nach dem Mischungsverhältnis den hilfreichen Tipp, dass die Konsistenz „wie Erdnussbutter“ sein soll, was im Übrigen bei MDF auch farblich ganz gut hinhaut.

Zum Lackieren gibt es wenig zu sagen. Punkt 1: Warnex lässt sich hervorragend mit der Grobschaum-Strukturrolle aufbringen und musst keinesfalls gespritzt werden. Auch die angestrebte „Tüpfelstruktur“ kommt gut raus. Punkt 2: Hier gibt es wirklich mal breaking news, da ich nahezu nichts dazu im Netz der Netze gefunden habe: Warnex weiß kann man abtönen! Fertig gibt es ja diese Farbe werksseitig nur in schwarz, grau und reinweiß. Warnecke und Böhm bietet ab xx kg Abnahme eine individuelle Tönung an. Nach Telefonanruf dort wird dies mit einer eigenen Paste erreicht, die sie nicht weiterverkaufen. Der lokale Farbhandel drückte mir nach grober Beschreibung (Acrylatdispersion, Wasserverdünnbar) ein kleines Fläschchen „Mixol“ für nicht mal drei Euro in die Hand mit dem Hinweis, vorsichtig zu dosieren, da sehr pigmentintensiv. Das stimmt. Für 1kg Farbe reichten 50-60 Tropfen aus. Das Fläschchen hatte die Farbe eines starken Kakaos und das Ergebnis war ein Cremeweiß. (Ich weiß auch nicht, warum meine Lautsprecher am Ende immer zumindest teilweise diese Farbe haben.) Die Stellen, wo später Möbelecken hinkommen, hab ich vorher abgeklebt. Ich wollte eigentlich Fräsen, aber das lohnte sich bei 0,5mm Wandstärke nicht. Die Basen wurden einfach mit Ballenmattierung eingelassen und bieten so durch ihre natürliche Farbe und große Unterlegscheiben Unempfindlichkeit gegen ungewollten Staubsaugerkontakt oder ähnliche Misshandlung.

Jetzt war ich also auf der Zielgeraden. Die Weichen mussten noch fertiggestellt und alles montiert werden. Wer – wie ich notgedrungen – nach der Devise lebt „klemmen ist seliger denn löten“ (s. o.), lässt sich mitunter seltsame Konstruktionen einfallen, damit man nicht erneut dem Nachbarn auf den Wecker fallen muss. In dem konkreten Fall wurden die Verbindungspunkte mit einer Messing M4 Gewindestange (auf 4/3/2 cm gekürzt, je nachdem, was verbunden werden musste, und ob es auf der anderen Seite des Brettes weitergeht) und entsprechenden Hut- und gewöhnlichen Muttern mit Scheiben realisiert. Und der alten Technik des Ösenbiegens. Die Weichen sollten hübsch werden und außen auf der Rückseite zu liegen kommen. Zum Bauteilschutz um knapp 2cm Versenkt und mit den schon bekannten Möbelgriffen flankiert. Innen geht es dann mit Ringösen und Kabeln mit Flachsteckern weiter zu den Chassis und zum Anschlußterminal (2x Stäubli EB4 vergoldet in Rot und Schwarz, Foto der Innenseite hab ich vergessen).

Der Volumenverlust in der ersten Kammer wird durch die Griffausschnitte und dadurch kompensiert, dass ich alle „ACL“-Brettchen einen Zentimeter tiefer gesetzt habe als in Udo´s Vorgabe. Die unterste Kammer war durch die zusätzliche Base mit BR-Öffnung eh etwas zu groß und wurde zusätzlich um 1cm in der Höhe beschnitten.

Eigentlich sind die Griffe für die Box deutlich überdimensioniert (optisch und mechanisch). Dass die Öffnung dafür nicht groß genug sein kann, zeigte die Endmontage. Da die Möbelgriffe von innen festgezogen werden müssen und das bei einer inneren Grundfläche von etwa 10x15cm in den oberen und unteren Ecken der Kammer, herrschte währenddessen Kesselflicker- und Rohrspatzatmosphäre. Elektrische Schrauberhilfen und Schraubendreher mit ordentlich Grip scheiden auf jeden Fall aus. Abhilfe schaffte lediglich die mit Bitaufsatz versehene kleine Ratsche. Trotzdem war es eine Qual. Hatte ich mir selbst eingebrockt. Wer schön sein will, muss leiden.

 

Dennoch hat sich der Aufwand gelohnt. Optisch und akustisch. Entstanden ist eine minimalistische „Kompaktanlage“ (wenn man so will) mit sehr kleinem „Footprint“ wie die Angelsachsen sagen. Alle Komponenten sind < 14cm breit, wenn man die Boxenfüße mal ausblendet.

Zum Klang muss ich fast nichts mehr schreiben. Erstens ist das Ergebnis bekannt und Udo´s Beschreibungen sind unerreicht. Ein Attribut ist mir eingefallen, das ich noch nirgends gelesen hatte. Das Ganze klingt „unerwartet vollständig“. Auch die 2×20 Watt RMS, die das Verstärkerchen zu mobilisieren weiß, sind mehr als ausreichend. Wenn zum Beispiel Phil Collins bei „In the air tonight“ zur Attacke auf die Drums ausholt, ist das schon sehr beindruckend. (Normal nicht meine erste Wahl an Musik, aber geeignet um Schaulustige abzuholen, da das Material in den allermeisten Fällen gut bekannt ist.) Ich jedenfalls bin mit meinem selbstgebastelten Weihnachtsgeschenk hochzufrieden und es war ausdrücklich keine weitere Zuwendung der Familie nötig. Das habe ich der Gattin auch so gesagt, damit sich sie sich beruhigt, weil der Ehemann mal wieder Geld für unnützes Zeug ausgegeben hat. Klar, das Budget wurde gesprengt. Um knapp 50% etwa. Werkzeug nicht gerechnet. Es ist aber keine Elbphilharmonie und kein Hauptstadtflughafen geworden.

Dennoch fand sich unter dem Baum eine Flasche Whisky aus bayrischen Destillation (vom Schliersee, um genau zu sein). Wenn ich hier mal Roy Hall frei zitieren darf: „A glass of good single malt makes every HiFi system even better.“

Arnd

Zur SB 12 ACL im Online-Shop

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Arnd,

“Stolz wie Bolle” kannst Du sein, sowohl auf den Streamer als auch den Bericht sowie das Gesamtwerk.

Deine offen sichtbare Weichen sind ein absoluter Hingucker, ich habe mich das nie getraut, auch wenn ich tatsächlich löten kann.

Mit meinen Kids hatte ich übrigens das gleiche “Problem”, dass es ja der Bluetooth Krawallwürfel angeblich tun würde… Lies sich recht schnell korrigieren, nachdem ich dann die LS gebaut habe und zu einer Hörsession geladen habe. Danach wurden die Eulenkästen als Beute geschwind in die Gemächer entführt. In diesen Fall übrigens auch mit dem überraschend guten SB-12 NRX-4 (für den Preis), mit einer F3 von ca. 55 Hz. Geht auch ohne ACL.

Ich bin ja ein inzwischen ein Freund runder Bassreflexöffnungen (oder noch besser gleich closed), Deine Lösung weiß aber sehr zu gefallen, das werde ich mal im Auge behalten.

Toller Bericht, danke!
Thomas

Hallo Arnd,

ein großer Bericht. Da ist Herzblut dabei, ich habe sehr angespannt gelesen, sehr viel Herzblut.
Das ist großes (Heim)Kino!

Klar, aus den zusammengekauften Elektronikkomponenten im gemeinsamen allgefälligen Gehäuse den modernen Zuspieler zusammengelötet. Auch auf jeden Fall mein Ding.

Die strukturiert offen gelegten praktischen Details, was ihre Probleme samt Lösungsbeispiele betrifft. Z.b. die Farbe und wie man sie trotzdem als DYI’ler abtönt. 🙂

Über die Wiedergabequalitäten der ausgewählten ADW-Box braucht man hier nicht zu schreiben, wenigstens nicht wenn Arnd als ausgewiesener ADW-Oldie solch einen Senior-Baubericht schreibt. Man versteht sich. 😉

Ich musste schmunzeln, ach was sage ich, ein wenig mitleiden…

Die, die schon alles haben, die gut versorgt sind (schülzken? 😉 ) wie froh sind sie doch wenn sie endlich wieder eine Gelegenheit gefunden oder erkämpft haben die nächste, noch bessere Box zu bauen.

Vielleicht ein Tipp für die kalte Jahreszeit, wenn die Blätter von den Bäumen sind:

Sie: Schatz, ich weiß nicht was ich dir zu Weihnachten schenken soll!

Er: Ich schon.

Sie: Oh!

Er: Wir brauchen noch zwei sehr gute Lautsprecher, endlich ist es möglich!

Sie: ……………………….

Arnd, danke.

G Rundmacher

Hallo Arnd,

da geraten die Lautsprecher ja fast in den Hintergrund bei soviel geballter Elektronikkraft.

Klasse Bericht. 👌🏽

gruss Dirk

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