20. August 2023

Aggerflash’s U_Do 73

Autor: aggerflash

Na dann mal Hallo zusammen,
nachdem ich hier ja mal gefragt habe, welche Lautsprecher für mein Wohnzimmer was wären, und ich eh ein Fan von D’Appolito bin, war klar, dass es die U_Do 73 wird. Man muss ja auch Luft nach oben lassen. Zeitlich momentan etwas knapp bemessen war für den Bau sogar eine längere Zeitspanne eingeplant. Aber wenn man schon mal dran ist, kann man es auch irgendwie nicht lassen.

Angefangen habe ich mal mit der Schallwand, die ich aus 24er Birke- Multiplex fertigte. Da Multiplex entgegen der landläufigen Meinung aber ein Träger- und kein Sichtmaterial ist, muss natürlich Furnier drauf. Nur was wäre Furnier ohne passende Anleimer? Also zuerst mal die Grundplatte zugeschnitten, Anleimer gerichtet und sauber auf Gehrung das Ganze 3-seitig umleimt (die Kante am Boden sieht ja keiner).

Im Anschluss dann etwas Restfurnier genommen und das Ganze furniert. Den Ausriss im Furnier habe ich mal bewusst so gelassen, den gibts Spiegelbildlich auf der anderen Schallwand auch. Da kam mir spontan eine blöde Idee, was ich damit anstellen könnte.

Nach dem Umleimen und Furnieren habe ich noch die Fräsungen in der Schallwand vorgenommen und dann begonnen, den Rest des Gehäuses zu richten.

Da ich von Hause aus “faul” bin, nutze ich zum einen gleich MDF-Grundierfolienplatten. So spare ich mir das lästige Füllern und zum anderen schaffe ich die Ecken auf Gehrung, was wiederum mächtig Zeit einspart. MDF-Kanten schleifen und wirklich sauber deckend zu lackieren, ist kein Spaß.

Nachdem ich die Einzelteile alle auf Maß und Gehrung geschnitten hatte, habe ich da wo nötig noch Flachdübel eingefräst; nicht unbedingt wegen dem Plus an Halt sondern einfach, damit die Position der Teile schonmal vorgegeben ist und nix mehr verrutschen kann.

Also, alle Teile vollzählig, dann kann der Grundkasten ohne Rückwand ja verleimt werden. Ganz zum Schluss, nachdem der Rest gut durchgetrocknet ist, kommt noch die Rückwand drauf und wird mit Zwingen an Ort und Stelle gepresst, bis der Leim ausgehärtet ist.

Im Nachhinein wäre ich noch fauler und würde erst das komplette Gehäuse aufbauen und die Versteifungen so durchnuten, dass ich sie von vorne einfach reinstecken kann. Hat den Vorteil, dass man die Versteifungen in der Breite noch etwas anpassen kann – was einfacher geht, als die Gehrung der Rückwand nochmal 0,5 – 1 mm nachzuschneiden.

Nachdem die Rückwand auch fest ist, wird mit Oberfräse und Fräszirkel (Notiz an mich – da ist irgendwo ein Grat dran, der Oberflächen versaut) noch die Fräsung für das Terminal vorgenommen, die Kisten werden abschliessend umlaufend noch leicht gefast und die Ecken schonmal grundiert.

Während die Grundierung trocknet, probiere ich schonmal meinen Plan aus, wie ich den Riss im Furnier dekorativ zur Geltung bringen kann. Scheint zu funktionieren.

Was nicht so richtig funktioniert, ist die Lackierung mit der Rolle. Irgendwas wurde an der Rezeptur geändert und der Nachfolger lässt sich mit der Rolle im Gegensatz zum Vorgängerlack, mit dem ich schon einige Lautsprechergehäuse lackiert habe, nicht richtig verarbeiten (Edit sagt: im technischen Merkblatt steht Rollenverarbeitung mittlerweile auch nicht mehr). Der Lack verläuft nicht mehr so seidig, sondern behält eine leichte Struktur. Auch die Zugabe von Wasser ändert nicht viel. Sieht zwar auch gut aus, kann man auch lassen und außer mir finden es alle schön, die ich gefragt habe. Aus 1 Meter Entfernung und mehr sieht man das nicht mal. Aber so, wie ich mich kenne, gehe ich da im Winter nochmal dran, wenn die Lackierkabine frei ist und ich das Teil mit der Becherpistole lackieren kann. Kennt Ihr sicher: “Ich weiß, dass da was ist, das nicht so ist, wie ich es wollte … “

Parallel zu alledem habe ich mal aus ein paar Reststücken 6 mm Sperrholz noch die Grundplatten für die Frequenzweiche ausgelasert und die Bauteile mit 2K-Kleber mal aufgebabbt.

Nachdem der Lack getrocknet und alle Teile zusammengetragen waren, ging es an die schönen Arbeiten – Zusammenbau.

Und so sehen Sie “fast fertig” im Wohnzimmer aus. Nun muss ich nur noch das Bassreflexrohr kürzen und verbauen und dann mal den Verstärker anschließen und lauschen was da so rauskommt.

Nachdem die Lautsprecher fertig waren, habe Ich sie an Ihren angedachten Platz gestellt. Eigentlich wollte ich noch abwarten, bis ein adäquater Verstärker im Haus ist. Aber wie es so ist, brennt es dann doch unter den Fingernägeln. Also raus in die Werkstatt, den Dynavox VT-100 abgeklemmt und mal den Laptop über die externe Soundkarte mit Chinch-Chinch angeschlossen.

Hmm, klingt irgendwie wie eine Blechbüchse; kann nicht sein – also los Ursachenforschung. Musik aus, Verstärker aufgedreht und „Rauschen und Brummen“. Also weg mit der Soundkarte und den Laptop per 3,5 Klinke to Chinch angeschlossen. *GRML* klingt noch bescheidener, was der Laptop da rausschiebt. Verdammi! Ich will jetzt Musik hören. Letzter Versuch – der Frau das Tablet stibitzt und den Verstärker mal dort per 3,5 Klinke to Chinch drangepackt und los geht’s.

Was da jetzt aus den Lautsprechern kommt, klingt ja schon mal gut. Also drehe ich mal etwas lauter oder besser gesagt, ich mache so als ob. Denn wirklich mehr gibt der Verstärker gepaart mit dem bissi, das da aus dem Kopfhörer-Ausgang des Tablets kommt, nicht her.

Also heißt es wohl abwarten. Ein paar Tage vergehen und dann stoße ich auf einen fast neuen Cambridge Audio AXA 35, den ich eh schon auf dem Radar hatte. Der Preis war so gut, dass ich zunächst eher vorsichtig war – denn ich habe schon einmal gutes Geld über Kleinanzeigen verloren. Aber nach ein paar Mails mit dem Verkäufer war klar, das Ding ist echt und der Cambridge wirkt nur so günstig aufgrund der Preissteigerungen der letzten Monate. Also zugeschlagen und abgewartet. Seit ein paar Tagen ist nun der Cambridge da und ich konnte endlich mal Musik hören. Mangels Zuspielern habe ich einfach wieder das Tablet mit 3,5 Klinke an den 3,5 Klinke AUX-IN des Verstärkers gestöpselt und war echt gespannt, was denn da kommt.

Den Anfang macht „Yello“ mit “The vanishing of Peter Strong” einfach um mal das Stereo-Bild zu testen. Wahnsinn, was soll ich sagen, der Lautsprecher spielt detailreich und die Effekte fliegen einem förmlich um die Ohren, während die Hauptstimme wie gewohnt mitten im Raum steht.

Danach gönne ich mir mal etwas Gitarrenspiel mit Gesang (irgendwas High-Res-Audio auf Youtube). Wenn man so im Sofa sitzt und die Augen schließt, hat man das Gefühl, als würde einem der Gitarrist direkt gegenüber sitzen. Der Lautsprecher spielt auch hier echt detailreich auf – jedes Rutschen auf der Gitarrensaite, jedes Zupfen, man hört einfach alles. Und auch hier ist die Stimmwiedergabe absolut natürlich.

Anschließend will ich mal wissen was der Lautsprecher denn so tief im Keller anstellt und James Blake mit “Limit to your Love” gibt mir die Antwort. Der Bassteil nach dem Refrain gibt mir das Gefühl, als würde gerade ein leichtes Erdbeben stattfinden. Wahnsinn.

Abschließend höre ich mir Spaßhalber über Youtube von “EpicSymphonicRock” das Iron Maiden Medley “Fear of The Dark, The Number oft he Beast, run to the Hills” an und bin echt baff. So detailreich habe ich das auf meinen kleinen Dekstop-Breitbändern noch nie gehört. Einfach irre; man sitzt auf dem Sofa in ungefähr drei Meter Hörabstand und hat das Gefühl, das Orchester steht direkt vorm Haus. Besonders gepackt hat mich der Moment, als der Schlagzeuger auf seinem Hi-Hat einsetzt – so explizit rausgehört hatte ich das bisher noch nie.

Fazit:

Leistung kommt von Hubraum und Klang von Volumen; so oder so ähnlich könnte man es in Kurzform fassen. Zuerst war ich ja recht skeptisch, was man denn in dem Preisbereich von einem Bausatz für einen ausgewachsenen Standlautsprecher erwarten kann. Ich hatte immer Breitband-Bausätze für Kompaktlautsprecher im Hinterkopf, die in ähnlichem Preisbereich lagen, aber für mich bei Weitem nicht so überzeugend waren. Irgendwas hat immer gefehlt.

Die U_Do73 macht für mich persönlich alles Richtig; die Optik ist gefällig (ja ich mag Dinge, die symmetrisch sind wie hier die D’Appo Anordnung). Der Preis ist absolut der Knaller und den Aufbau kann man gestalten, wie man will. Ob man nun kinderleicht einfach alles stumpf verleimt, die Kiste auf Gehrung arbeitet, furniert oder oder oder – Grenzen gibt es bei der Bauform eigentlich kaum. Von meiner Seite aus hat der Lautsprecher eine volle Empfehlung.

Nachtrag:

Die U_Do 73 habe ich nun schon einige Tage in Betrieb, was mich aber nicht hindert, hier fleissig die Bauberichte anderer Selbstbauer zu studieren. Durch das “Vater & Tochter Projekt” von Schülzken und der dort genannten Testsongs kam ich darauf, mir mal anzuhören, was andere so über Ihre Lautsprecher jagen.

Also einfach mal blindlings Taylor Swift “Exile” rausgesucht, ohne zu wissen, wer diese Frau überhaupt ist. Da meine Nachbarn (Doppelhaushälfte) grad nicht zu Hause waren, habe ich mich dann auch mal getraut, “etwas lauter” zu stellen und den Play Knopf zu drücken. Schon die ersten Töne des Klaviers waren echt fantastisch, als würde das Instrument tatsächlich im Raum stehen. Die Stimmen wie gewohnt präzise und sauber in der Mitte. Wahnsinn! Also noch Lady Gaga “Remember Us This Way” nachgelegt. Wow, sowas kann man Stunden anhören – Klavier und Gesang das scheint wohl eine regelrechte Stärke des Lautsprechers zu sein.

Ein weiterer Aha-Moment ergab sich dann, als ich in meinem Genre etwas von AudioSlave anhörte und ich regelrecht erschrak, als der Schlagzeuger Brad Wilk beherzt nacheinander in die 3 Toms schlug. Ich kannte das Lied, habe aber die Toms in dieser Intensität noch nie so wahrgenommen. Das war wohl das, was die Techno-Jünger als “Kickbass” bezeichnen würden. Atemberaubend.

Achim (aggerflash)

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Hallo Achim,

Schöne Lautsprecher sind das geworden. Ich bin ein großer Freund von weißen Lautsprechern, mit der „Holzfront“ sieht das wirklich schick zusammen aus.

Was mich interessieren würde wäre der Hintergrund der zu diesem Schallwandaufbau geführt hat. Du bezeichnest Multiplex ausdrücklich als Trägermaterial. Da streiten sich die Gemüter ja aber jeder Jeck ist anders.
Ich verstehe nur nicht warum du dann nicht einfach komplett in MDF gebaut hast. Da hättest du die Front genauso furnieren können und in der Anwendung als Lautsprechergehäuse sehe ich zumindest keinerlei Vorteile beim furnierten Multiplex.

Ein Großteil der Lautsprecherbauer die hier Multiplex verbaut haben haben das eben als optischen Akzent verwendet. Ob man es nun mag oder nicht. Eine Kombi aus MDF und furniertem MDF hab ich glaub ich noch nie gesehen. Funktioniert sicherlich einwandfrei! Mir drängte sich nur die Frage nach dem warum auf. Vielleicht weil man besser reinschrauben kann?

Ich finde die, um das nochmal zu betonen, wirklich hübsch!

Liebe Grüße
Tobias

Hallo Achim,

danke für die ausführliche Antwort, so ein wenig hab ich mir das schon gedacht. Manchmal hat man Material rumliegen das einfach perfekt passt. Dann macht es mitunter Sinn, es einzubauen.
Staubtechnisch hasst du Recht! Das ist eine Katastrophe bei MDF, wobei ich das mit einer vernünftigen Absaugung an der Fräse in den Griff bekommen habe.
Bezüglich des Multiplex geh ich auch mit dir! Birke vergilbt mit der Zeit, weshalb ich die Flächen teilweise weiß lasiert habe. Die Qualität hat sicherlich auch nachgelassen, wobei ich da noch an brauchbares Material rankomme. Der Preisanstieg ist hier allerdings auch enorm.
Bezüglich der Verschraubung der Lautsprecher: Da hatte ich früher auch immer mal nach Sonderlösungen geschaut weil ich Angst hatte die Schrauben reissen raus. Irgendwann hab ich das dann testweise einfach mal gemacht und seitdem tatsächlich immer ins MDF geschraubt. Wenn man die Schrauben nicht ständig rein und raus dreht, was man ja üblicherweise nicht macht, ist das völlig unproblematisch und hält bombig.

Liebe Grüße
T.

Hallo Achim,

die hast Du sehr schön gebaut. Die Rissgestaltung finde ich super, bei dessen Größe geht ja kaschieren wohl immer in die falsche Richtung.

Die Hervorhebung ist gut. Ich habe mir mal beim Anfasen den Schnitt mit der Handkreissäge falsch gesetzt und es erst nach ein paar Zentimetern bemerkt. Zusätzlich blöd war, dass die Box schon fertig zusammengebaut war. Nach dem Ausfluchen habe ich beschlossen den Schnitt hervorzuheben.
(Lötzinn+silberner Nagellack in schwarzem MDF)

Die Japaner haben es zur Kunstform entwickelt. Schlitzaugen hatte ich auch ganz kurz vor Wut.

Mein Schwiegersohn in-spe hat sich auch die 73 gebaut. Seine stehen, anders als bei Dir, akustisch gesehen am Platz des Entsetzens. (Nahezu gegenüber)

Was aber trotzdem die akustischen Qualitäten hören lies.

Hätte ich nicht schon Platzprobleme, wären die 73, Dáppolito mag ich auch noch, Lautsprecher, die

ich bauen würde. (zudem ist der Hochtöner widerstandslos verbaut und die Weiche minimalst)

Ich wünsche Dir viel Vergnügen mit Deinen Prachtstücken.

Servus Peter

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