12. Oktober 2025

Kais neue Ceram 85

Autor: Kucki

Den Wunsch, mir ein paar große Dreiwege-Lautsprecher zu bauen, trage ich schon ein paar Jahre mit mir herum. Ich musste erst Mitte 50 werden, um es endlich auch mal umzusetzen. Die Kinder sind inzwischen groß und nach meiner beruflichen Neuorientierung in eine andere Branche stresst mich mein Job nicht mehr so, er lässt mir zudem mehr Zeit für meine diversen Hobbys. Da ist zum einen die Fotografie und zum anderen wird viel getischlert. In ein Möbelgeschäft gehe ich in der Regel nur, um mich inspirieren zu lassen, um dann aber das gewünschte Möbel mit optimierten Maßen und Materialien selbst anzufertigen.

Meine alte Stereoanlage bestand aus einem sich in Wohlgefallen auflösenden Haarmann + Kardon-Receiver, an dem ich zwei inzwischen fast 25 Jahre alte, relativ zierliche Standlautsprecher von Canton (LE107, 2,5-Wege Bassreflex) betrieben habe. Die Musik kam über einen Sonos Connect, dieser war am CD-Eingang angeschlossen. Mit diesem Gerät habe ich meine ca. 650 CDs, die als FLAC-Dateien auf meinem NAS liegen, gestreamt, zusätzlich wurde auch Spotify genutzt. Auch das TV-Gerät hing an dem Receiver. Da ich mit der Schallplatte aufgewachsen bin und eine entsprechende Hörgewohnheit nie abgelegt habe, höre ich auch heute noch ganze Alben durch, auch über Spotify. Zappen und skippen sind mir hier fremd.

Mit dem Sound meiner alten Anlage war ich nie zufrieden. Es fehlte vor allem an Höhen und überhaupt an Auflösung, eine Bühne entstand selbst bei hohem Pegel nur mit Widerwillen, Tiefbass-Wiedergabe war nur sehr schwach entwickelt und dann kam diese ohne Akzentuierung. In der Folge hörte ich immer mit maximaler Anhebung der Höhen und etwas Anhebung der Bässe, dennoch ohne zufriedenstellendes Resultat. Es war aber auch eine sehr einfache Lösung damals, die Kinder waren noch klein, andere Dinge waren eben wichtiger.

Das würde sich nun ändern. Es sollte ein neuer, netzwerkfähiger Verstärker her, und dazu ein Paar Lautsprecher, die ohne zusätzlichen Subwoofer gut auskommen. Der zu beschallende Raum ist etwa 30 m² groß, jedoch unregelmäßig geschnitten. Das Musikspektrum reicht über Jazz, Blues, Pop, Progressive Rock, Industrial, Electronics bis hin zu Klassik, gern auch Orgel und Chorgesang.

Beim Verstärker war ich nach ausgiebiger Beratung und Recherche sowie Testhören auf einer Open House bei meinem Händler in Hamburg fündig geworden. Es sollte ein Gerät sein, welches ein paar große 3-Wege-Boxen für reinen 2-Kanal Stereo-Betrieb gut unter Kontrolle bringt, der aber auch gleich ein gutes Streamingmodul an Bord hat: ich entschied mich für den Yamaha R-N2000A. Dieser brachte auch an den alten Canton-Lautsprechern bereits eine erstaunliche Verbesserung.

Die Wahl des Selbstbausatzes war schwieriger, da ich nirgendwo testhören konnte. Also habe ich auch hier viel Recherche betrieben, versuchte zu klären, worauf es in meinem Falle ankommt, welches Lautsprecherprinzip wofür am besten geeignet ist, was an Größe noch (für meine Familie und für die Platzverhältnisse) zumutbar ist, wo die Kompromisslinie für mich ist.

10 – 20.000 € für Lautsprecher auszugeben, würde ich auch aus heutiger Sicht nicht übers Herz bringen, obwohl dies inzwischen theoretisch darstellbar wäre. Ich glaube, meine Frau hätte die Verhältnismäßigkeit infrage gestellt, was mir natürlich nicht gleichgültig wäre und auch permanent an meiner eigenen Überzeugung genagt hätte, guter Klang hin oder her.

Anstelle dessen jedoch viel eigene Arbeit zu investieren, dabei umfassende Erfahrungen zu sammeln, Spaß zu haben und etwas Eigenes zu erschaffen, etwas, dessen Wert man viel, viel genauer abschätzen kann, erscheint mir erheblich naheliegender, zumal das Ziel in erreichbarer Nähe liegt (also meinen Traumwagen würde ich mir nie selbst bauen können).

So bin ich bei Udo Wohlgemuth gelandet. Udo bot mir nach erster Kontaktaufnahme ohne Umschweife ein Beratungsgespräch an, welches ich dann auch angenommen habe. Sehr schnell merkte ich, dass ich gut aufgehoben bin, denn Udo nahm sich viel Zeit, mir die Unterschiede und Besonderheiten seiner Bausätze zu erklären. Ich spürte die Begeisterung in Udos Ausführungen. Blieb nur noch die Frage, welcher Bausatz es werden soll. Testhören war leider nicht möglich. Da meine Vorlieben sehr breit gefächert sind und klar war, dass es Standboxen werden dürfen, ergab sich, dass es ein Dreiwege-Bassreflex-System werden sollte. Da ich mir eine Grenze in den Dimensionen der Lautsprecher gesetzt hatte, weil der Platz zur Aufstellung nicht so üppig ist, bestand die finale Qual in der Auswahl zwischen der SB 85 BR, der Chorus 85 und der Ceram 85. Da die Technologie der Keramik-Membrane auf mich moderner wirkte und, ja, ich gebe es zu, mich auch das Design der weißen Membrane ansprach, entschied ich mich für die Ceram 85. Auch Udos Aussage, dass die Ceram 85 „etwas näher an der musikalischen Wahrheit“ läge, gab einen wichtigen Ausschlag. Also habe ich den Bausatz für die passive Variante bestellt – leichtsinnigerweise ohne die angebotenen Schallwände.

An diesem Projekt wollte ich meinen jetzt 18-jährigen Sohn beteiligen, da man hier mit so vielen handwerklichen Techniken gefordert wird und entsprechend viel lernen kann.

Als erster Schritt musste das Holz beschafft werden. Für das Gehäuse – abgesehen von den Schallwänden – hatte ich mich auf Multiplex Birke in 18 mm festgelegt. Die Schallwände wollte ich aus MDF 18 mm fertigen, da ich davon ausging, dass meine Idee der Veredelung der Schallwände damit besser zu realisieren wäre. Da ich bis dato noch nie gefräst hatte, war das die Gelegenheit: Ich musste eine Oberfräse beschaffen und lernen, damit umzugehen. Als Erstes musste ein Fräszirkel her. Das Holz für die Gehäuse bestellte ich zugeschnitten im Baumarkt. Das Multiplex-Material nahm ich in der höheren BB/BB-Qualität, um möglichst perfekte Außenseiten zu erhalten.

Um es vorwegzunehmen: Die Schallwände selbst zu fräsen, war für meine Möglichkeiten eine etwas verwegene Idee. Ich habe den entstehenden Dreck und den Lärm völlig unterschätzt. Da ich keine Werkstatt habe, musste dafür einer unserer Balkone herhalten, der zum Glück ein mit Glasplatten verkleidetes Geländer hat, sodass der Dreck nicht groß wegfliegen konnte. Aber es fehlt eben auch an einer Werkbank und einer Absaugung. Ich musste also improvisieren.

Beim Fräsen der Schallwände zeigte sich, dass ohne Übung auch einiges schief gehen kann. Zum Glück hatte ich vorausschauenderweise gleich vier MDF-Platten zuschneiden lasen. Zweimal habe ich durch eine nicht richtig festgezogene Schraube am Fräszirkel und gleich zu tief eingestellte Fräse das Werkstück versaut, leider erst bei der letzten Fräsung. Der Ärger war entsprechend groß. Nach einem strammen Samstag hatte ich somit nur eine fertig gefräste Schallwand.

Am folgenden Montag schnappte ich mir die restliche, vierte Platte und fräste die Ausschnitte, inzwischen fast routiniert. Ich war sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich hatte gerade aufgeräumt und den Dreck beseitigt, als ich in einer Schrecksekunde feststellte, dass mir der Baumarkt leider eine MDF-Platte in 16 anstelle 18 mm untergejubelt hatte. Dies ist mir beim Fräsen nicht aufgefallen, da ich erstmal nicht durchgefräst hatte, den Rest wollte ich mit der Stichsäge machen… Ich war sowas von bedient… Die eine dünne Schallwand so zu lassen, kam jedoch nicht infrage, ich hasse halbe Sachen…

Also wieder zum Baumarkt. Nach einem weiteren Nachmittag mit der Oberfräse war das Werk endlich vollbracht: Ich hatte zwei ordentlich gefräste Schallwände. Neben den Ausschnitten fräste ich auch gleich die Kanten mit einem 15 mm-Radius. Dieses Erlebnis führte jedoch direkt in meine Paranoia rund um die beiden Schallwände: Mit jedem Arbeitsgang mehr wurde auch die Angst größer, dass mir irgendein blödes Missgeschick passiert. Diese Angst sollte mich bis zur Fertigstellung nicht mehr loslassen.

Den Korpus der beiden Boxen klebte ich parallel dazu Stück für Stück zusammen, immer mit einem großen Eisenwinkel dran, ohne großartig zu beschweren und auch ohne zu verdübeln, da ich wusste, dass durch die Dübelei mit der mir zur Verfügung stehenden Ausrüstung zu große Ungenauigkeiten entstehen würden, Ungenauigkeiten, die bei einem Regal tolerierbar waren, nicht aber bei Lautsprechergehäusen.
Nach Durchtrocknung der Klebungen habe ich überall nochmal beidseitig eine Holzleim-Naht eingezogen, das sollte also halten.

Konstruktionsbedingt kam in meinen Gehäusen als vorletzte Platte die Rückwand zum Zuge, die ich vorher mit der Stichsäge für die Terminals aussägte. Die Außen-Abmessungen und das Volumen meiner Ceram 85 entspricht 1:1 den Vorgaben aus dem Bauplan, ich habe im Unterschied dazu nur die Platten so angelegt, dass die Schallwand vorn alles überdeckt und die Rückwand hinten innenliegend ist. Außerdem habe ich auf den Gehrungsschnitt verzichtet, da ich die Multiplex-Kanten-Optik doch sehr mag, habe aber dafür darauf geachtet, dass alles super bündig ist und kleine Macken in den Schichten der Multiplexplatten entsprechend verspachtelt.

Eine geringfügige Änderung habe ich aus optischen Gründen bei der Anordnung es Mitteltöners vorgenommen, die Abstände zwischen den Ausschnitten für die Chassis sind alle gleich groß.

Die Frequenzweichen habe ich auf jeweils zwei kleine Sperrholzbrettchen angeordnet, wobei ich Bohrungen machte, die Drähte nach unten durchsteckte und die Bauteile dann von unten verlötete. Dies hatte den Vorteil, dass die leichteren Bauteile schon halbwegs fixiert waren und ich beim Löten überall gut herankam. An den Brettchen hatte ich vorher von unten Leisten angeklebt, damit ich ca. 10 mm Platz zur Rückwand hatte. Diese Leisten dienten dann auch dazu, die Weichen in extra dafür vorgesehene Führungen einzusetzen und an der Rückwand zu verschrauben. Die Befestigung der schweren Spulen bereitete mir Kopfzerbrechen. Solch schwere Sachen ausschließlich mit Heißkleber zu befestigen, wollte mich nicht nachhaltig überzeugen – wahrscheinlich völlig unbegründet. Ich entschied mich erst für Bindfaden, dann aber doch für derbe Kabelbinder, die ich durch die Sperrholz-Brettchen fädelte, um die schweren Bauteile zu fixieren. Heißkleber kam dann aber zusätzlich auch noch zum Einsatz.

Als ich die Weichen verlötet hatte, kam mir das Thema Bi-Wiring in die Quere… Nun, neue Kabel wollte ich sowieso anschaffen, warum also nicht gleich Nägel mit Köpfen machen. So bestellte ich bei Udo noch die etwas größeren und auch insgesamt ganz schönen Bi-Wiring-Terminals, fertigte mir eine passende Frässchablone, schraubte diese in die Rückwand und fräste die Öffnungen auf das passende Maß.

Somit waren die beiden Gehäuse im Rohbau fertig. Das Finish stellte kein Problem dar, da ich hierfür neben einer leichten Phase an den Kanten, gründliches bündig Fräsen, Spachteln, Schleifen und Klarlackieren keine größeren Pläne hatte. Das Material war im Großen und Ganzen frei von Macken. Nach drei Lackierdurchgängen mit jeweiligen Zwischenschliff waren die Gehäuse einfach perfekt glatt, die Terminals konnten nun eingebaut werden.

Ganz anders verhielt es sich mit den Schallwänden: Hier war ich lange sehr unschlüssig, wie ich die Lackierung vornehmen sollte. Die erste Idee war, matt grau sauber mit der Schaumstoffwalze zu lackieren und die Schallwände erst dann anzukleben. Andererseits wusste ich, dass die Schallwände einen Tick zu breit waren. Ich würde diese also nochmal bündig fräsen müssen… Nur wie stellte ich das am besten an? Die Schallwände müssten hierzu perfekt fixiert sein, die Oberfräse darf dabei keinesfalls in die Ausschnitte der Chassis eintauchen… Dann kam mir die naheliegendste Idee: Holzdübel, die ich hier bisher vermieden hatte, sollten nun dazu dienen, die Schallwand zu fixieren, damit ich die Kanten bündig fräsen kann und eine oben aufgelegte Platte würde das Eintauchen der Oberfräse verhindern. Außerdem würden die Holzdübel mir hier das Anleimen der Schallwände erleichtern, da ich in der Zwischenzeit zu der Erkenntnis gelangt war, die Schallwände erst zu lackieren und dann anzukleben – und nicht umgekehrt. Was bedeutete, dass diese dann entsprechend empfindlich sein würden.

Gute Idee, wie sich herausstellte: Die Bohrungen für die Holzdübel brachte ich sehr vorsichtig, etwas aus der Mitte versetzt in die Schallwände/ Vorderkante der Gehäuse an, fräste die Schallwände bündig, fräste auch die Rundung nochmal nach.
Und dann kam mir noch die Idee, vorsichtshalber von der Rückseite der Schallwände Magnete zu verbauen, falls ich später noch Abdeckungen für die Fronten bauen will. Also habe ich von hinten mit der Oberfräse noch entsprechende, 14 mm tiefe Löcher gefräst, überall extrastarke Magnete eingesetzt und mit Heißkleber verklebt.

In der Zwischenzeit reifte in mir die Idee, für die Schallwände Autolack zu verwenden. Das MDF musste so oder so erstmal ordentlich grundiert werden. Für den Autolack umso gründlicher, da hier jede Nachlässigkeit sichtbar werden würde. Nach einiger, relativ ernüchternder Suche im Netz in Sachen Grundierung von MDF habe ich mich für Dickschichtacryl entschieden, aufzutragen mit einer Schaumstoffwalze. Dieses Material habe ich zweimal aufgetragen, jeweils mit anschließendem Zwischenschliff mit sehr grobem Schleifpapier. Diese Arbeit entpuppte sich als echtes Geduldsspiel. Denn es war äußerst mühsam, die Flächen frei von der Struktur zu bekommen, die durch die Schaumstoffwalze entstanden war. Andererseits sind diese krümeligen MDF-Platten dadurch doch recht hart geworden. Letzte Unebenheiten verspachtelte ich zwischendurch immer wieder mit Acryl.

Ich entschied mich nach Sichtung diverser DIY-Videos für die Variante mit dem Metallic-Lack in glänzend, aus der Spraydose. Diesen bestellte ich zuzüglich 2K-Klarlack und einem Grundierfüller, ebenfalls aus der Spraydose. Auf die Grundierung aus Dickschichtacryl sprühte ich drei Schichten Füllprimer und habe die Schallwände zwischendurch jeweils mit 600er bzw. 800er Schleifpapier abgeschliffen. Das sah sehr gut aus, auch die MDF-typische Kantenproblematik war kein Thema, die Poren waren überall geschlossen und hatten eine superglatte Oberfläche.

Nun sollte es mit dem Basislack, einem dunklen Metallicgrau losgehen. Schon beim ersten Sprühdurchgang wusste ich, dass hier etwas nicht stimmte: der Farbton… Es war fast schwarz. Ich entschied mich, dennoch weiter zu lackieren, in der Hoffnung, dass ich meinen Gefallen daran finden würde. Anschließend habe ich dann auch den 2K Glanzlack aufgetragen, soweit erstmal unfallfrei…

Am nächsten Morgen begutachtet, zeigte sich, dass der Glanzlack eine höchst unschöne Orangenhaut gebildet hatte, der Glanz war sehr ungleichmäßig und es gab diverse Staubeinschlüsse. Dass ich den falschen Farbton bestellt hatte, war mein eigener Fehler. Nun ja, das geht besser, dachte ich. Und dann mit der richtigen Farbe. Nach Sichtung einiger Videos wusste ich nun auch, warum mein Lack so unschön geworden ist: Zu wenig Lack, zu großer Abstand, zu schnell bewegt, zu ängstlich gewesen, dass Läufer entstehen. Außerdem hatte ich zu wenig Material bestellt. Also eine neue Bestellung an den Farbenhändler, nochmal Füllprimer, doppelte Menge Basislack, doppelte Menge 2-K-Klarlack. Dieses Mal sorgte ich für eine saubere Umgebung, indem ich einen Bereich mit Folie abhängte. Als Räumlichkeiten diente nun eine Wohnung in einem Abrissgebäude, zu der ich jobbedingt Zugang habe. Dieses Mal klappte alles viel besser: nach einem gründlichen Anschliff des alten Lackes trug ich in drei Durchgängen Primer auf, drei Durchgänge Basislack (Metallic-Lack Thorium Grau) und anschließend drei Durchgänge 2K-Klarlack. Ich habe drei Dosen Füllprimer sowie jeweils 4 Dosen Basislack und Klarlack verbraucht. Von hinten hatte ich die Schallwände mit Malerkrepp abgeklebt, jedoch einen 1 mm breiten Rand offengelassen, um diesen auch zu lackieren, damit der Lack an den Kanten nicht so sehr empfindlich wird. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen.

Nach zwei Tagen Trocknung verklebte ich die Schallwände mit den Gehäusen, was jetzt eine perfekte Passform ergab. Die Dämmwatte hatte ich bereits vorher zugeschnitten und eingelegt. Am folgenden Tag war es dann so weit: Die Chassis konnten endlich verlötet werden = fertig!

Die neuen Bi-Wiring-Kabel, die ich selbst konfektioniert hatte, lagen bereit. Zum Testen aktivierte ich nochmal den alten Verstärker. Erst einmal entfernte ich die Brücken von den Terminals und schloss nur die Tieftöner an. Ein Test zeigte eindeutig, dass diese genau das taten, was sie sollten: Nur tiefe Töne wiedergeben. Nun waren die Mittel/Hochtöner an der Reihe. Auch hier zeigte sich, dass offenbar alles richtig verlötet war. Nun verkabelte ich meine neuen Lautsprecher mit dem Yamaha-Verstärker und startete ein erstes Album. Ich entschied mich für Blackstar von Bowie, gefolgt von Yello mit Pocket Universe, Yello mit Touch, Hans Zimmer mit Interstellar, Nine Inch Nails mit The Downward Spiral, Pink Floyd mit A Momentary Lapse Of Reason. Schon bei den ersten Tönen zeigte sich ein eklatanter Unterschied zum Vorher. Um es ganz kurz zu beschreiben: Gute Aufnahmen klingen erheblich, wirklich erheblich besser, als ich es gewohnt bin.

In den ersten Tagen gab ich den neuen Boxen bewusst etwas energiereicheres Futter, damit sich die neuen Chassis aus ihrer Starre lösen und in Bewegung kommen. Aufgrund unseres robusten Gebäudes mit guter Dämmung war dies auch bei teilweise recht hohen Pegeln möglich. Inzwischen bin ich auch bei feineren Klängen angelangt: Beck mit Morning Phase, Abbey Lincoln mit Wholly Earth, etwas Jazz war auch dabei, Nik Bärtsch zum Beispiel und Björn Meyer, Anouar Brahem.

Da ich sehr viel Musik höre, kenne ich auch viel davon wirklich in- und auswendig, weiß, wie die Alben bisher klangen. Ich kann mich derzeit kaum satthören und entdecke immer wieder neue Facetten an mir eigentlich bekannter Musik. Die Ceram 85 überzeugte vom ersten Ton an durch eine sehr fein durchzeichnete, neutrale Wiedergabe, geprägt von einem ausgewogenem, gut präsenten Mitten- und Hochtonbereich, der nichts verbirgt, aber auch weit davon entfernt ist zu vordergründig zu sein oder zu nerven. Dazu gesellt sich ein punchiger Bass mit einem wohligen, nach unten scheinbar unbegrenzten Tiefbass, der mit ordentlichem Pegel unsere 30 m² große Wohnküche ohne irgendwelches Dröhnen mühelos in ein Adrenalin gesättigtes Paradies verwandeln kann, sofern der Tonträger dies bietet. Ein richtig fetter Tiefbass, dessen Durchzeichnung mühelos erhalten bleibt, der regelrecht spürbar wird. Das habe ich noch nicht erlebt. Als krasses Soundbeispiel sei hier Tricky mit der neuen EP namens K.R.U.S.I.K., speziell dem Song „All Day / All Night“ genannt.

Alle genannten Alben habe ich über Tidal in höchster Qualität gestreamt. Was mich zudem sehr beeindruckt, ist, dass ich den Verstärker nach kurzer Zeit bereits in den Pure-Direct-Modus geschaltet habe und damit das Optimum erreiche. Mit meiner alten Anlage war dies schlicht undenkbar, da der Sound dann komplett frei von Höhen und jeglicher Dynamik war.

Die YPAO-Funktion vom Yamaha habe ich bisher nicht eingerichtet, wahrscheinlich brauche ich diese gar nicht. Die Lautsprecher stehen im gleichschenkligen Dreieck zum Hörplatz, haben platzbedingt nur etwa 20cm Platz zur Wand, sind nur leicht eingedreht, stehen jeweils in einer Ecke und mein Hörplatz ist gut 1 m von der Wand hinter mir entfernt (der Raum ist unregelmäßig geschnitten, knickt schräg zur Küche hin ab).

Eine weitere Feststellung musste ich aber auch machen: Es zeigt sich, dass unter meinen Lieblingsalben doch auch ein paar dabei sind, die weniger stark an Präzision, Klarheit in den Höhen und auch im Tiefgang gewinnen als andere Alben. So hört sich beispielsweise das Album „Harmony Codex“ wirklich unfassbar kraftvoll und präsent an, während „To The Bone“ weniger stark gewinnt, dagegen fast etwas gedämpft daherkommt. Beide Alben sind von Steven Wilson. Offenkundig gibt es größere Unterschiede in der Qualität von Tonaufnahmen bezüglich des Dynamikumfangs und der Gradation, als mir bewusst war. Ich bin gespannt, was ich noch alles entdecke.

Insgesamt kann ich sagen, dass ich mit dem Ergebnis wirklich äußerst zufrieden bin. Von meiner Seite gibt es eine uneingeschränkte Empfehlung für diesen Bausatz. Und ein herzliches Dankeschön geht an Udo! Er hat mich von Beginn an sehr gut beraten und hat auf meine Fragen, die zwischenzeitlich aufkamen, immer sehr schnell reagiert, und ich finde es sehr schön, dass es diesen Shop und auch das Forum gibt. Auch halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass ich mich nochmal an ein weiteres Projekt heranwage, einfach, weil es so sehr Spaß gemacht hat. Wir haben da sicher bald noch ein Zimmer frei… Aber erstmal werde ich mich zurücklehnen und genießen.

Für Fragen stehe ich gern zur Verfügung.

Grüße aus Hamburg
Kai

Zur Ceram 85 im Online-Shop

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Hallo Kai,

herzlichen Glückwunsch zu den tollen Lautsprechern!
Gerade der Lack ist sehr gut gelungen und harmoniert grandios mit der Birke. Hut ab!

Die Ceram 85 habe ich bei Udo gegen die Doppel 9 gehört. Letzlich hat der Hochtöner der Bel Air Reihe und die gute Räumlichkeit den Ausschlag gegeben. Ich trauere aber immer noch etwas dem unheimlich präzisen Tiefton der Ceram hinterher und frage mich, ob ich diese Lautsprecher nicht auch noch irgendwo unter kriege. Aber leider habe ich nur ein Wohnzimmer…

Viel Spaß beim Hören! Es scheint ja nicht so, als würde die Membranen bei dir Staub ansetzen!

Schöne Grüße
Dominik

Wow! Vielen dank für den ausführlichen Bericht, vor allem den handwerklichen Teil! Viel Spass beim Musik genießen!

Guten Morgen,

also wenn dies tatsächlich dein „erstes“ Projekt war, dann herzlichste Gratulation zu deinem handwerklichen Geschick und der Fähigkeit deinen guten Geschmack in die reale Welt zu überführen. Design, sowie wohl auch klangtechnisch ein kleines Meisterwerk. Ich wünsche viel Freude mit den zwei Trümmern.

Grüße aus den österreichischen Alpen…

Alex

Moin Kai,

schön, dass ich die Boxen hier nochmal wieder sehen kann! Ich hatte sie ja schon in Nordhausen bewundern dürfen.

Und die Bilder können kaum wiedergeben, wie unfassbar gut dir die Lackierung der Fronten gelungen ist. Aber jetzt konnte ich ja nachlesen welchen Aufwand du da getrieben hast.

Zum Klang kann ich dir nur zustimmen. Obwohl ich selbst über Chorusboxen höre, war ich in Nordhausen begeistert vom ausgewogenen und klaren Sound deiner beiden.

Ich wünsche dir ganz viele schöne Stunden mit breitem Grinsen beim Musikhören.

Liebe Grüße

Uwe

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