21. Juli 2019

Neue Aktivitäten

Autor: Udo Wohlgemuth

Es ist allgemein bekannt, dass wir seit Anfang des Jahres die Schiene des reinen Passivboxenbaus verlassen haben. Mit Duetta und ihrem Spross Duetta Top sind die ersten Aktiva auf den Weg gebracht, ihr erfolgreicher Start hat uns nicht wirklich überrascht. Mit Hilfe der neuen DSP-Module von Hypex haben wir uns dem Wandel der Zeit unterworfen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man hinlänglich mit seiner Stereoanlage unter Freunden protzen konnte. “Wie, du hörst noch CD’s?” ist heutzutage eher ein Makel. Millionen von Musiktiteln warten ganz offen im Internet auf den modernen Genießer, wer könnte die alle leiblich in seine Wohnung stellen? Der moderne Mensch hat ein Smartphone und darauf APP’s, mit denen er völlig entspannt jedes Portal erreicht, das ihm sogar mit Hilfe seiner bisherigen Auswahl niemals zuvor gehörte Stücke vor das Auge und zum Verstärker bringt, um das Ohr mit Abwechslung zu verwöhnen.

Nun ist der Weg über Smartphone und Bluetooth nicht so ganz der unsere, wir wandern lieber durch abwechslungsreiche Hör-Alleen mit vielen Informationen für das Ohr, wie sie in lang vergangenen Zeiten noch Schallplatten und später dann CD’s bereit hielten. Nicht mehr erreicht wurden wir von DVD oder Blu-Ray, diese elektronischen Allesfresser, die eher dem Auge dienten, haben wir geflissentlich übersprungen, ebenso das Zeitalter der platzsparenden MP3.

Aufgemerkt haben wir jedoch, als dann der PC als Abspieler immer weiter in den Focus rückte. Speicher kostet nichts mehr und so muss der Musik nicht mehr aus Platzmangel jeder feine Inhalt geraubt werden. Flac ist von CD bestenfalls gefühlt unterscheidbar, wenn eine wirklich gute Soundkarte das Signal zum Verstärker weiterleitet. So wunderten sich  schon vor ein paar Jahren unsere Besucher über das Tablet, das wir ihnen zur bequemen Musikauswahl vom bekannten Sofa aus in die Hand drückten.

Heute ist das längst der Alltag geworden, Streaming via PC, Raspberry Pi bis hin zu sauteuren Fertigkisten ist längst des Musiksammlers schöne, neue Welt. Speicherplatz kostet nichts mehr, auf 8 Terabyte für grob 150 Euro passen 15000 CD’s mit 250000 Titeln in Flac-Qualität. Das sind fast fünf Monate Dauerbeschallung ohne Unterlass. Ohr, was willst du mehr?

Unnötig wurde damit auch das übliche Hifi-Rack, Platten- und CD-Spieler stehen längst im Keller, daneben der protzige 19-Zoll-Verstärker der Abertausendeuroklasse, wenn das ganze Zeugs nicht gar schon per Auktionshaus das Weite gefunden hat.  Notwendig ist nur noch ein (Handteller großer Mini-)Computer mit Festplatten- und Internetanschluss per Wlan, der mittels komfortabler Fernsteuerungs-App die Musik an die Aktivmodule weitergibt.

Darin eingebaut ist bereits die Weiche, die ohne Bauteile über eine Software erstellt wird. Eigentlich würde es ausreichen, dem Musikfreund die FusionAmps, Chassis und Kleinteile mit den Worten “Mach mal!” in die Hand zu drücken. Das Gehaüse wird er sicher bauen können, doch ein Software-Filter programmiert sich nicht mal eben so. Dazu gehört genauso viel Erfahrung wie beim passiven Entwickeln und so sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Schaltungen für jeden Bausatz auszumessen und auf die Module zu laden. Was fertig ist, wird hier im Magazin präsentiert. Diesmal sind es die Doppel 7, Linie 53 und 54, die allesamt mit dem FA 123 kombiniert sind.

Nach der langen Einleitung wollen wir dazu keine langen Worte folgen lassen, es handelt sich – vereinfacht gesagt – nur um eine Modifikation bereits ausführlich vorgestellter Bauvorschläge. Deshalb betrachten wir den Bericht eher als Schilderung des abgehakten Ist-Zustandes und nicht als Neuvorstellung, bei der bisher nie Gehörtes mit unglaublichem Zauber hörbar gemacht wurde.

Doppel 7 aktiv

Duetta zu groß, die Top zu klein war vor ein paar Jahren das Dilemma, vor dem Günther stand. Da er nicht bereit war, auf Eton’s ER4 und 7-360 zu verzichten, blieb uns nur, für ihn die Doppel 7 zu erfinden.  Keine schlechte Entscheidung, können wir im Nachhinein sagen, es gab danach viele Menschen mit Günthers Problem. So war es recht schnell klar, dass wir die Doppel 7 auch im Laden vorführen müssen, nachdem uns der Prototyp nach der Vorstellung im Magazin verließ. Diesmal furnierten wir sie mal wieder, um nicht aus der Übung zu kommen, Nussbaum war zu der Zeit angesagt. Der Bau folgte im Wesentlichen dem Sketchup-Plan der Doppel7Stand, nur ersetzten wir den Reflexschlitz durch ein HP 70.

Die Boxen befreiten wir flux von ihren Weichenfesseln, verlegten drei Kabel durch das Reflexrohr zu den Chassis und konnten an den äußeren Enden die drei Kanäle des Hypex-Moduls anklemmen.

Mit Clio pocket wurden die Frequenzgänge gemessen, die Stück für Stück auf der Hypex-Software ergestellt wurden. Bass und BMT werden nach unten durch ein Subsonic-Filter geschützt, dies ist bei passiver Filterung wegen der erforderlichen Bauteilwerte nicht machbar. Gleich wie bei passiv blieb die Auskopplung des Basses mit 6 dB, zusätzlich glätten zwei kleine Boost/Cuts den Kurvenverlauf. Der zweite 7er wird oben mit 12 dB getrennt, hier kümmern sich gleich fünf Sauger um kleine Spitzen im Frequenzgang. Auch mit einem Filter 2. Ordnung ist der ER4 zufrieden, vier schmalbandige Sauger ergänzen es. Pegel und Delay noch angepasst, fertig war’s.

Von der Machart her ist die abgespeckte Duetta eine Zweieinhalb-Wegebox, bei der der untere 7-360 im Bass nur ergänzt und den von der Boxenbreite bedingten Pegelverlust aufholt. Da er bei unveränderter Mikrofon-Position eine weitere Entfernung zum Messpunkt als der BMT hat, erscheint er im Diagramm leiser. Drei Presets laden wir auf die FA 123, das erste ist recht geradlinig, das zweite senkt den Hochton oben etwas ab (sehr angenehm bei schrillen Aufnahmen), das dritte betont untenrum, was Bassfetischisten entgegen kommt.

Linie 53 aktiv

Schon häufig habe ich beschrieben, dass ich im Keller noch das Gehäuse der XY gefunden habe, weil ich ungern etwas Selbstgebautes wegwerfe. Dazu wurde ich aber bei einer Aufräumaktion (wir brauchten Lagerplatz) mit den Linie53-Häuschen gezwungen. Dass sie nur kurze Zeit später für einen Freund in Spanien hätten gebraucht werden können, hat mich in meiner Sammelleidenschaft dann umgehend bestätigt. Wirf nichts weg, was noch nicht ganz kaputt ist. Schlimmstenfalls kann das auch jemand nach dir tun, dann stört dich das nicht mehr.

Naja, die relativ neue Säge musste noch nie lange Gehrungen schneiden, hier war die passende Gelegenheit.  Also 22 mm MDF aufgelegt und schnipp-schnapp war das Werk vollbracht. Der Sketchup-Plan der Linie53 sieht zwar keine 45°-Winkel vor, doch beim Bau hilft er trotzdem.

Und wenn die Kisten schon mal hier herumstanden, konnte auch wieder das FA 123 darauf eingemessen werden.

Klassische Dreiwege mit 12 dB/ Oktave an allen Trennstellen, dazu ein paar Abschwächer, die mit unterschiedlicher Breite Dellen und Peaks glätteten, die sich auf insgesamt neun über alle Bereiche summieren. Dazu gesellt sich der übliche Hochpass 2. Ordnung als Subsonic-Schutz, die Pegelregelung und das Delay für den Hochtöner.

Nicht weiter beachtet haben wir die vermeintliche Bassschwäche in Preset 1 und 2. Der Lautsprecher stand beim Messen etwa 50 cm über dem Boden, der Bass war auch hier ein gutes Stück weiter vom Mikrofon entfernt als der Hochtöner. Auch für die Linie 53 werden drei Presets mit den gleichen Eigenschaften wie bei den anderen Aktivboxen vor dem Versand aufgespielt.

Linie 54 aktiv

Das Gehäuse für die Linie 54 stand noch genauso unansehbar im Laden, wie es sich in Nordhausen präsentiert hat. Diesen Zustand wollten wir schon länger ändern, der Neubau des Gehäuses musste aber immer wieder wegen wichtigerer Aufgaben verschoben werden. Da traf es sich gut, dass Michaturbos Wohnzimmergestalterin mit den alten, weiß geölten Kästen nicht mehr den Raum teilen wollte. Zum Glück konnte ich die auf Gehrung gesägten Multiplex-Bauten vor dem Sperrmüll retten, um sie fortan im Laden fremden oder bekannten Menschen vorzuspielen. Aufgebaut waren sie nach der Sketchup-Zeichnung Linie 54 einteilig. Zuerst füllte ich sie mit Dämmstoff, wie es im Plan aufgemalt ist.

Danach zog ich ein paar Kabel durch die Reflexöffnung, an die ich die Konus-Chassis anlötete. Der ER4 hat seit Kurzem seinen roten und blauen Stecker verloren, dafür gibt es nun ein Paar Kabelschuhe an einem roten (Minus) und schwarzem (Plus) Kabel. Diese Eigenheit hat mein Lieblingshochtöner ebenso behalten wie seinen seit 20 Jahren unveränderten Frequenzgang. Wer genauer auf die Bilder der Linie 54 schaut, bemerkt auf einem ER4 den Eton-Aufdruck. Dieses Exemplar ist mein Messnormal und begleitet mich seit nunmehr 15 Jahren. In diversen Lautsprechern eingesetzt, bildete er dabei stets ein Paar mit jedem neuen Kumpel, der in der zweiten Box steckte und aus der neuesten Produktion stammte.

Immer gleich ist die Vorgehensweise aus Vergleichsmessen in Clio und HFD, Anpassen der Frequenzgänge der einzelnen Chassis-Abteilungen auf Achse, Optimieren der Zweig-Addition unter Winkel, zwischendurch immer wieder Reinhören, bis auch das Ohr von den Diagrammkurven überzeugt ist. Wenn alles passt, werden zwei weitere Presets mit den üblichen Vorgaben ausgearbeitet.

Hoch- und Tiefpass 2. Ordnung und je zwei kleine Korrekturen für Bass und Mittelton, ein 12 dB Filter und drei Cuts für den ER4 waren nötig, um die fünf Chassis zu einer harmonischen Einheit zu formen. Nicht unterschlagen wollen wir die Pegelanpassung.

Das Erstellen des Filters mittels Software geht schnell von der Hand, Verbindungskabel zwischen Bauteilen können sich beim fliegenden Aufbau nicht unbemerkt lösen, selbst das Herumwandern zwischen Lager und Messstand beim Bauteilwechsel fällt weg. Digital können Filter genau auf den Punkt gesetzt werden, wo die übliche E12-Reihe passiver Elemente oft nur näherungsweise passt. Elektrisch sind Verstärker und Chassis “näher” zusammen, weil keine Weiche mit ihren parasitären Eigenschaften überwunden werden muss. Klanglich hat das zur Folge, dass Dynamik und Feinzeichnung zunehmen, mit der Anrisse und Schläge auf Instrumente, sowie ausklingende Töne wiedergegeben werden. In die Module können die Signale digital eingespielt werden, müssen also nicht durch zwei Wandlungsstufen, die ihre Einflüsse nicht ganz verstecken können. Wer zu den neuen Boxen noch einen passenden Verstärker sucht, wird auf dem Markt kaum ähnlich Gutes zu vergleichsweise günstigem Preis finden.

Vieles wird durch die Aktivierung also richtig gemacht, sie ist aber trotzdem nicht der einzige Weg zum Glück. Musikwiedergabe ist nicht objektiv und so kann dem einen das “Richtige” gefallen, dem anderen aber die “Fehler” der gewohnten Kette fehlen. Deshalb fahren wir weiterhin zweigleisig und lassen den Zuhörer selbst entscheiden, was er lieber mag. Das geht natürlich am besten bei einer Hörprobe, die im Laden zu den üblichen Geschäftszeiten angeboten wird. Bring ein wenig Musik mit, Platte, CD oder flac auf Stick sind dabei gern gesehen. Das Sofa wartet schon.

Udo Wohlgemuth

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Hallo, bringt denn die Aktivierung überhaupt klangliche Vorteile, wenn man einen AVR mit Einmessung nutzt? Ich würde mich dann bald auf einen Aktivierung meinr Kera freuen 🙂

Gruß
Alex

Hallo Udo,
wird es auch eine aktivierte SB23 geben?
LG
Hartmut aus Bremen

Hallo Udo,

wird es dann auch einen aktiven Duetta Center geben? Dann könnte ich tatsächlich och mal ins Grübeln kommen…

Ciao
Chris

Hallo Udo,

ja, danke, wenn ich mir dann das ganze gelesene auch merken könnte, hätte ich mich daran erinnern können. So viel Konjunktiv. Aber kein Konjunktiv: im Shop gibt es (noch) keinen Eintrag für den aktiven Center und das Upgrade. 🙂

Ciao
Chris

P.S. Bei der Duetta Top steht in der Übersicht im Shop der FA 123, in der eigentlichen Beschreibung dann der FA 122.

Sehr schön ;0), es geht Aktiv weiter.

@Udo, ist seitens Eton überliefert warum der Anschluss geändert wurde ?!?

Gruß Michael

Hallo Udo,
schön wie sich die „Aktivisten“ versammeln. Auf die Eine warte ich noch.
Gruß Dino

Für jemanden wie mich, der Musik eigentlich genau so hört wie du es oben beschreibst, ist die Aktivierung eigentlich ideal. Es ist der kürzeste Signalweg. Außerdem bietet es quasi uneingeschränkte Möglichkeiten das ausgegebene Signal auf die eigenen Hörgewohnheiten anzupassen. Ich freue mich schon mir das Ergebnis abzuhören!

PS: es heißt “Terabyte” 😉

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