3. September 2023

SB 12 ACL auf die Spitze getrieben, ein Baubericht in Holz

Autor: Der Handwerk

Vorneweg, die Bausätze der altbekannten SB 12 ACL sind nicht gerade im Hochpreissegment angelegt, was ich nicht im Geringsten bedauere. Jetzt sollen sie meinerseits als High-End-Versuch die Würdigung erfahren, welche sie verdienen. Als Ausführung in MDF leisten sie bei mir seit 10 Jahren ihren hervorragenden Dienst. In Stereo ohne Schnickschnack füllen sie problemlos ein 30m² Wohnzimmer.

Durch andere, erfolgreich abgeschlossene Projekte mit Vollholz war die Idee, eine Variante der SB 12 zu schaffen, bei der als Baumaterial ausschließlich massive Eiche aus Stammware Verwendung findet. Kein Leimholz, keine Schrauben, kein Furnier, kein Lack, nix, der reine Stamm wie gewachsen.

Oh mein Gott, werden manche sagen. Durch den privaten Kontakt mit freilaufenden und unfassbar erfahrenen Schreinern habe ich als erste Antwort bekommen: “Andi, bist Du Dir sicher?” (Sie wollten wohl das Wort ´irre´ auf Grund des langen, gegenseitigen, freundschaftlich tiefen Respekts nicht verwenden.) Keine Möglichkeit zur Korrektur, absolute Präzision, kein Spachteln, kein Einleimen, wenn´s schief geht. Das Holz wird arbeiten, sich verwinden (hier gibt´s später mehr) usw. Man kann eine Seite voll schreiben, was an Bedenken alles möglich wäre und da ich zwar Handwerker bin (ich kann Oberflächen ziemlich gut), aber eben kein Schreiner, hört man sich diese Eingaben nicht ohne Nachdenken an. Aber hey, was soll´s! Vorgenommen ist vorgenommen.

Da der Bau der SB 12 in MDF ein wirklich erster Versuch war und MDF ein wirklich dankbarer Werkstoff ist, war diese Bauerfahrung nicht wirklich hilfreich. Die Fräsarbeiten wurden da teilweise freihand erledigt, hier hat dann fleißiges Spachteln, Schleifen, Spachteln und Schleifen alle Ungenauigkeiten verstecken können. In weiß lackiert sahen sie beiden Stangen zwischen dem übrigen Interieur auch recht ansprechend aus.

Diese beiden Türme dienen für das jetzige Projekt als Spender, alle Teile des Bausatzes sollen wieder Verwendung finden. Wenn man Lautsprechergehäuse mit einem wasserbasierten Lack lackiert, sollte man, wenn eine Öffnung oder Demontage des selbigen perspektivisch vorgesehen ist, dringend darauf achten, dass der Lack als „blockfest“ ausgewiesen ist. Blockfest heißt, dass sich berührende Bauteile oder Schaumdämmungen an Lautsprecherchassis NICHT verkleben… Nun ja blockfest wäre schön gewesen und fortschreitendes Alter macht ja weise und geduldig. Also schlussfolgernd war die Demontage nicht eins, fix, drei erledigt. Es sind aber mit Geduld und Ruhe alle technischen Teile zerstörungsfrei ausgebaut worden, was leider für die alten Gehäuse nicht zutraf. Gut, der Druck, was bauen zu müssen, ist dann jetzt da. Also los.

Die Baupläne sind vorhanden, das Holz gekauft, als unfassbar guter Vorteil eine komplette Tischlerei nutzen zu dürfen, 2 ausgewachsene Schreiner für Fachfragen in Reichweite, beste Bedingungen also. Aus den 70mm starken Eichenstamm-Bohlen war Dank der vorgenannten Rahmenbedingungen der Rohzuschnitt relativ unspektakulär absolviert.

Als ersten Schreckmoment gestaltet sich das längsseitige Teilen der Bohlen, um verarbeitungsfertige Bretter zu bekommen.

Wenn man 2 m lange, abgerichtete Bohlen der Länge nach mit Kreis- und Bandsäge zuschneidet, um in die Nähe der Stärke von 25mm zu kommen, hat man durch natürlichen Wuchs, Faserrichtung usw. zwei Holzbögen in der Hand, welche sich von Spitze zu Spitze um fast 20 cm verwerfen. Zack, da sind alle oben angeführten Bedenken der Fachleute präsent, äähm ja und das sehr deutlich! Nach dem Kürzen der Bretter auf die erforderlichen Längen ist dieses Problem etwas kleiner aber natürlich nicht gelöst. Es folgen das nochmalige Abrichten, der Dickenhobel und die geplante Zielstärke der Außenhülle von 20mm ist alsbald erreicht.

Dem natürlichen Wuchs geschuldet, stand von Anfang an fest, dass zahllose Lamellos die Leimkanten unterstützen müssen. Durch die festgestellten Verwindungen im Holz sind die gesetzten Abstände hier auch recht klein ausgefallen.

Die geplante natürliche Oberfläche der Außenhülle im Hinterkopf habe ich mir für das Einfräsen der Nuten an allen Teilen Zeit und Ruhe gelassen. Als Klebeverbindung dient normaler Ponal Holzleim, hier aber getreu dem alten Motto, viel hilft viel!

Da im Anschluss erwartungsgemäß excessive Schleifarbeiten nachfolgen, war dies die richtige Entscheidung. Durch den umfangreichen Einsatz von Lamellos, Leim und Schraubzwingen konnte ich die Eiche wirklich gut in Form bringen.

Die Kisten waren also gebaut. Nach der Trocknung des Leims habe ich alle innenliegenden Verbindungsfugen noch einmal verleimt, um auf Nummer sicher zu gehen.

Die teilenden, innenliegenden Brettchen sind im Nachgang eingeleimt worden, eins im Korpus, zwei auf der Gehäuserückwand. Wie angekündigt, folgten lange Schleifarbeiten an allen sichtbaren Außenseiten. Ich habe einen Excenterschleifer verwendet und mit den abstufenden Körnungen der Schleifpapiere 60, 80, 100, 150, 240 gearbeitet. Soweit, so gut. Alle Kanten sind nachfolgend mit einem Handfräser minimal gerundet, um die Haptik angenehm zu gestalten. An den sichtbaren Holzverbindungen sind, eigentlich auch wie erwartet, minimale Spalte und kleine Ausrisse durch das Schleifen sichtbar geblieben. Ich habe mir die Zeit genommen und übrig gebliebene Holzreste feingeschliffen, das Holzmehl gesammelt und mit dem Holzleim eine spachtelfähige Masse hergestellt. Das ist in meinen Augen unter „magic“ abzuheften und ausdrücklich zu empfehlen! Die Verbindungsfugen sind nur auf Grund der anders verlaufenden Maserung zu erkennen.
Da wir kurioserweise keine fertigen Fräszirkel als Profi-Werkzeug besitzen, sind diese selbst gebaut worden. MDF, Ruhe und Geduld waren hier wieder die Werkzeuge der Wahl und haben sich bewährt, um die Ausschnitte für Chassis herzustellen. DANKE in diesem Zuge an meine besten, besten Kollegen (die Schreiner) für die Hilfe! Das waren erfrischende Fachgespräche und absolute Präzision.

Es folgten abschließend weitere Schleifgänge mit Körnung 240, 400 und 500. Für mich ist die Oberfläche der Boxen einfach perfekt geworden.

Da ist die Eiche als Hartholz endlich mal ein dankbarer Werkstoff und lässt sich mit den angegebenen Schleifpapieren fast auspolieren. Als Oberflächenfinish ist ein reines Walnussöl zur Anwendung gekommen. Kurze Erklärung hierzu. Um das Holz so natürlich wie möglich belassen zu können, habe ich in mehreren Projekten vorab diverse (Speise-)öle ausprobiert. Leinöl war mir zu gelbstichig, Sonnenblumenöl läuft Gefahr, ranzig zu riechen, am Ende ist der Fokus auf Nussöle gefallen. Auch hier gibt es farbverändernde oder geruchsintensive Öle wie z.B. Sesam. Walnuss riecht nicht, wird nicht ranzig und feuert die Eiche in ihrem natürlichen Spektrum hervorragend an. Außerdem lässt sich die Oberfläche nach dem Einziehen und der Trocknung des Öls aufpolieren.

Um die angesprochene Spitze und den edlen Look zu erreichen, ist die Entscheidung auf kleine Edelstahl-Spikes gefallen, welche als Stand dienen sollen. Der passende Fuß hierzu spukte auch schon in der Planungsphase mit. Gleiches Holz, deutlich dicker, etwas mehr Umfang als die Box selbst. Also los, zurechtgeschnitten, Abrichte, Hobel, alles wie oben beschrieben, Astlöcher und Risse als dekoratives Element unbedingt gewollt und die Oberfläche bearbeitet, wie vor beschrieben. Die kleinen Standplättchen der Spikes noch gesenkt und oberflächenbündig eingeklebt.

Für die Spikes selbst wurden Einschlaghülsen verwendet, die vorgebohrt wurden,

So weit, so wunderschön. Als Korpus und Fuß das erste Mal zueinander fanden, war die fertige Optik zu sehen und ich begeistert. Klare Linie, das Wahnsinns-Holz, trotzdem etwas technisch. Die Fußplatten selbst stehen auf dünnem, nicht sichtbarem Moosgummi.

Beim Zusammenbau der fertigen Gehäuse habe ich stillschweigend noch einige Löt-Disaster aus früheren Tagen an den Weichen und Anschlüssen durch Steckverbindungen ersetzt.

Die damalige Idee hinter den massiven Zinnbatzen auf den Anschlüssen konnte nicht restlos aufgeklärt werden…

Hier abschließend noch die ersten akustischen Eindrücke und die mit Händen greifbare Nervösität vor dem ersten Hören der optisch wunderschönen Säulen. Receiver an, analoger Eingang, Lana del Rey mit „Born to die“ als Vinyl aufgelegt, kurz atmen… Klingen Sie? Tja Leute was soll ich sagen? Eiche massiv funktioniert ganz hervorragend!

Habe das Album zu Ende gehört und bin begeistert. Es folgen weitere 2 Stunden Musik durch alle Stilrichtungen. Danach eingespeist als HD-Stream und da zeigen die schmalen Stangen was wirklich in Ihnen steckt. Vinyl war ja schon schön, aber Depeche Mode mit „Leave in Silence“ als Remaster in Digital entlockt den Schallwandlern einen Hörgenuss der Extraklasse. Auch viele andere Musikstile haben an diesem Abend den Weg in unser Wohnzimmer gefunden.

Alles große Klasse, wie vor schon beschrieben. Wer die technischen Möglichkeiten der Bearbeitung hat, die Ruhe bewahren kann, sich Zeit nimmt und sich traut, mit den Eigenheiten von natürlichem Holz zu arbeiten, bekommt als Gegenwert echt was Schönes. Traut Euch, es lohnt sich!

Andreas

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Hallo Andreas, großes Kompliment! Sehr schöne Lautsprecher hast Du gebaut und ich finde es großartig, dass Du sie nicht mit Plattenmaterial, sondern aus 7cm-Eichen-Bohlen gefertigt hast. Erst recht, wenn Du kein geübter Schreiner bist. Ich habe selbst seit ein paar Jahren Standlautsprecher aus Vollholz. Das Holz war vor dem Zuschnitt lange abgetrocknet und sie sind dicht wie am ersten Tag.Eiche ist ein wunderbares Holz. Ich kenne für mich kein europäisches Holz mit schönerer Farbe und Maserung. Einzig die beiden Schnittkanten in der Front finde ich etwas schade. Wenn Du eine Format-Kreissäge nutzen kannst, hätte ich sie eher auf Gehrung geschnitten. Das wäre m.M. nach auch die bessere Eckverbindung, als sie stumpf zu verleimen. Und man spart sich die Lamellos.Die Ausfräsungen für Chassis und BR-Rohr hätte ich sicherheitshalber vor dem Verleimen der Boxen gemacht. Aber ist ja alles gutgegangen :)Dann habe ich mich noch gefragt, warum Du die Rückwand erst nachträglich eingeleimt hast. Es ist ja ungleich schwieriger, sie erst ganz zum Schluss einzusetzen, einzuleimen und zu schleifen. Ich setzte gerne mal die Bodenplatte als letztes auf einen Rahmen ein, wenn ich unten mehr Zugriff ins Innere haben will, weil es da auf Optik nicht ankommt.Ist keine Kritik, nur Neugier :)Die SB12acl waren vor 8 Jahren mein erster ADW-Bausatz, ich schätze sie immer noch sehr.Viel Spaß damit und viele Grüße, Jo

Andy, tolles Projekt mit einem wunderschönen Material. Als Stamm ist da die Maserung auf jeder Seite homogen, da schmeichelt es dem Auge!

Ohne Profiwerkzeug sicherlich nicht in dieser Anmutung erreichbar, toll wenn Freunde hier tatkräftig unterstützen können.

Ich habe ähnlich gute Erfahrungen mit Olivenöl gemacht, allerdings auf Fronten aus Kernbuchenholz mit durchgehenden Lamellen.

Viel Spaß mit den Schönen 🙂

Glückwunsch zu den Schmuckstücken! Sie sehen phantastisch aus.
Und Respekt für die Umsetzung mit diesem anspruchsvollen Holz!
Ich mag Eiche mit seiner lebhaften Maserung.
Meine BelAir 54 habe ich zwar “nur” in MDF mit Eichefurnier gebaut (Baubericht ist noch in Arbeit). Aber das Furnier war auch nicht so ganz einfach zu bearbeiten.

Die Beiden gefallen mir richtig gut!
Echtholz, sprich Massivholz klingt und schwingt ja immer anders als MDF oder Multiplex, was ich aber eher als natürlich schön betrachte.

Meine kleinen RS 100PC in Kirsche und Esche haben auch einen besonderen Klang.
Und Eiche ist auch eine gute Wahl! Hab da in den letzten Monaten auch so manche Bohle kleingekriegt 🙂

Viel, viel Spaß damit und danke für den guten Baubericht. Trifft genau meinen Nerv der Holzbearbeitung

Grüße Alex

Hallo Alex,

wenn das Gehäuse (aus welchem Material auch immer) schwingt, habe ich es falsch konstruiert. Lautsprecherboxen sind keine Musikinstrumente, bei denen diese Eigenschaft zwingend für den Klang gebraucht wird. Bei Boxen nennt man das Verfälschung und die will niemand haben 😉

Gruß Udo

Morgen,
ein wunderschönes Ergebnis! Da hat sich die Mühe wirklich gelohnt.
Wie hast Du die ACL Bretter in das Gehäuse eingebaut?
Viele Grüße
Rincewind

Moin,

sehr schön geworden und endlich mal jemand der die Weiche auf Platine macht. Udo wird irgendwann auch fertige Platinen anbieten wo nur noch die einzelnen Bauteile eingelötet werden müssen…. ( er weiss es nur noch nicht 😉 )

gruss Dirk

Hallo Dirk,

bevor ich Platinen empfehle, muss ich dement werden. Das wird hoffentlich nicht so schnell passieren 😉

Gruß Udo

Danke für den Bericht zum Sommtagmorgen!

Und die sind wirklich wunderschön geworden – herzlichen Glückwunsch dazu!

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