“Totgesagte leben länger” weiß der Volksmund, auch wenn ich in diesem Falle wirklich nicht daran geglaubt habe. Fünfmal erschienen Ende 2022 die “Famous last words”, danach war für mich auch innerlich Schluss mit Eton. Einfach war der Abschied nicht. Meine bekanntesten Produkte, eng mit meinem Namen verbunden, fielen die Kellertreppe hinab und ich stand erst einmal ein paar Tage mit leeren Handen und leerem Gehirn im von jetzt auf gleich fast leeren Laden herum. Was macht ein Kaufmann, wenn ihm sang- und klanglos der Träger von 60 % des Umsatzes verloren geht, gleichzeitig Corona den persönlichen Kontakt im Laden nahezu wegfegt? Er wird depressiv, gibt auf oder sucht nach neuen Wegen. Nun, ein depressiver Wohlgemuth ist ein Widerspruch in sich, das richtige Alter für die Rente hatte ich allerdings längst. Doch trotzdem war noch genug Elan vorhanden, um nicht alles aufzugeben. Also dachte ich nach links und nach rechts, wohin ich mit Eton im Lager mein Hirn niemals bewegt hätte.
Und wie es so oft in meinem Leben geschah, hatte ich wieder einmal das Glück auf meiner Seite. Genau zum richtigen Zeitpunkt fiel mir der Airmotion-Transformer von Satori in die Hände und verlangte nach neuen Bauvorschlägen auf höchster Ebene. Die BelAirs ersetzten meine geliebten Eton-Bausätze mit unvorstellbarer Leichtigkeit. Nein, sie klingen nicht wie Eton, sondern haben ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter, der nicht nur mich begeistert. “Feingeister mit unglaublich viel Gefühl” nannte sie ein Besucher nach eingehender Hörprobe. Nun hatte ich wieder ein Produkt, das ich weiterhin guten Gewissens auf die verwöhnten Ohren der Musikgenießer loslassen kann.
Da aber mit dem Niedergang von Eton nicht nur die oberste Hierarchie-Ebene wegbrach, fehlte mir auch noch die von den Chorus-Bausätzen gebildete Zwischenklasse. Mit ihrer markanten Membran hatten sie zu Recht eine große Fan-Gemeinde, zudem konnten sie die Duetta-Reihe im Heimkino nahezu nahtlos ergänzen. Hier sprangen gern die Keramik-Chassis von SBAcoustics in die Bresche, auch ihre Memban bietet eine ungewöhnliche Optik. Da sie jedoch im Home-Theater nicht mit den BelAirs kombinierbar waren, erfand ich gleich noch die CineBels. Alles gerettet, aus dem deprimierenden Verlust entsprangen gleich drei Serien, die es andernfalls sicher nicht gegeben hätte.
Und nun steht alles wieder auf Anfang, Eton hat sich aus der Asche erhoben, Phönix schlägt schon wieder mit den Flügeln. Bereits komplett lieferbar sind die Chorusse und theoretisch die Linien 4 und 7. Doch praktisch sieht es mittlerweile anders aus. Die Linien mit dem Keramik-Hochtöner müssten nun mit den kaum teureren BelAirs konkurrieren, deren AMT ihnen aber keine faire Chance lässt. Viel mehr Fläche bei viel weniger Gewicht lassen sich nicht von einer Kalotte toppen, egal wie gut sie konstruiert wurde. So muss das Gute nach zwei Jahren Abwesenheit dem in dieser Zeit entstandenen Besseren zum Mindesten vorerst den Platz überlassen.
Keinen Tag länger will ich aber auf die Chorus-Reihe verzichten, an der nicht nur mein Herz hing. Die Chassis sind schon eingelagert, vor diesem Bericht mussten sie aber eine Tauglichkeitsprüfung überstehen. Immerhin werden sie nun von ganz anderen Menschen an einem ganz anderen Ort gefertigt. Das Prädikat “Made in Germany”, das dem langjährigen Eton-Chef Reiner Kröner immer wichtig war, haben sie dennoch behalten. Und auch ein Satz vom ehemaligen Chefentwickler Philipp Vavron gilt nach wie vor: “Wenn wir in Deutschland fertigen, sind unsere Pordukte teurer. Deshalb müssen sie auch entsprechend besser sein”. Ob die neue Produktionsstätte Limbach diesem Anspruch weiterhin gerecht wird, prüften wir daher vor jeder unbedachten Euphorie auf der Messwand. Das Ergebnis “altes Chassis (rot) gegen neu (blau) ist jeweils im letzten Diagramm zu sehen. (Das Mehr an Welligkeit im Mittenbereich ist dem zwischenzeitig erfolgten Umzug der Messwand vom Laden in den Messraum und einem neuen Mikrophon zu danken.)
25 SD 4
Orchestra 5-612
Orchestra 7-612
Orchestra 8-612
Dass die Chassis trotz neuer Produktionsstätte optisch identisch sind, war sicher zu erwarten. Die vergleichenden Messungen der Treiber zeigen, dass man sich auch technisch an die Vorgaben gehalten hat, mit denen die Orchestras vor sieben Jahren in Neu-Ulm konzipiert wurden. Somit kann ich eigentlich guten Gewissens davon aus gehen, dass meine damals entworfenen Frequenzweichen auch heute noch passen. Da ich im Keller ein fertig aufgebautes Gehäusepaar für die Chorus 71 fand, konnte mich dennoch nichts davon abhalten, es anhand von praktischen Messungen am “lebenden” Objekt zu verifizieren.
Nun bin ich vollkommen beruhigt und kann auf einen Schlag elf alte neue Bauvorschläge aus der Chorus-Reihe wieder im Shop anbieten. Viele werden darauf gehofft haben, um ihr Eton-Heimkino zu ergänzen, andere sich darüber freuen, dass die beliebten Chorus 52 ACL und Chorus 73 und 85 wieder nachgebaut werden können. Und weil die Chorus 71 gerade aufgebaut im Laden standen, konnte mich nichts von einer kurzen Hörprobe abhalten. Besonders gefreut hat es mich dabei, die unaufgeregte Darstellung jeder Art von Musik genießen zu dürfen. Sauberer, trockener tiefreichender Bass war in der richtigen Menge vorhanden, der Hochton angenehm, aber trotzdem differenziert. Dass die Lautsprecher nicht, die Musiker dagegen sehr genau ortbar waren, muss ich sicher nicht erwähnen. Wie bei den meisten Lautsprechern aus meiner Werkstatt gewöhnt, spielte die Musik ein gutes Stück hinter den Boxen. Der Chorus 71 “fehlt” die leichte Oberbass-Betonung der SB 18 und die etwas frischere Gangart der Ceram 17. Sie klingt etwas neutraler als die beiden, manche sagen dazu langweiliger. Und das trifft es tatsächlich im Kern, denn der Chorus 71 kann man wirklich eine sehr lange Weile zuhören. Und dass dann wie in meinem Fall drei Stunden vergangen sind, merkt man nur an der langen Liste der gehörten Titel. Hätte ich diesen Text nicht schreiben müssen, wär sie sicher noch ein gut Stück länger geworden. Aber vielleicht ist nach dem letzten Punkt hinter dem Bericht noch ein wenig Zeit übrig, ich habe die Boxen jedenfalls noch nicht weggeräumt.
Um das Zucken der Finger noch ein wenig zu verstärken, folgen nun ein paar Impressionen von gelungenen Chorus-Nachbauten unserer Leser. Wenn es auch dir beim Betrachten der Bilder in den oberen Akren juckt, ist das eine ganz normale Reaktion. Und selbst wenn schon die besten Selbstbau-Lautsprecher deine Ohren verwöhnen, der bekannte Virus sagt: “Never say never again.”
Wer weitere Motivation benötigt, kann in der Bausatz-Suche bei “Eton by ADW” einen Haken setzen und sich die gesamte Liste der Chorus-Berichte auf den Bildschirm laden. Viel Spaß beim Lesen der Klangbeschreibungen.
Udo Wohlgemuth
Zur Chorus 51 im Online-Shop
Zur Chorus 51 ACL im Online-Shop
Zur Chorus 51 Wallross im Online-Shop
Zur Chorus 52 im Online-Shop
Zur Chorus 52 ACL im Online-Shop
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Zur Chorus 72 im Online-Shop
Zur Chorus 73 im Online-Shop
Zur Chorus 73 aktiv im Online-Shop
Zur Chorus 85 im Online-Shop
Zur Chorus 85 aktiv im Online-Shop
MEGA!
Hallelujah!
Schärft die Stichsäge, faltet das Schleifpapier, öffnet die Badezimmertür, das audiophile Leben hat wieder einen Sinn 🥰
Welch freudiges Comeback!
Dicke fette Mitfreude mit allen zukünftigen Genießern!
Wie schön, wie klangvoll
Matthias
Das sind aber mal sehr gute Nachrichten!
Ich denke auch dass es eine willkommene Ergänzung des Produktportfolios darstellt. Ja genau, die Weichen und die restliche Entwicklungsarbeit müssen nicht noch einmal durchexerziert werden.
Und sollte mal wieder ein Nagetier an den Chassis rumfressen weiß ich das es Ersatz gibt. 😉
VG Rundmacher
Hallo Rundmacher,
das nennt man dann wohl natürlichen Verschleiß 😉
Gruß Udo
Gottseidank!!
Es sind einfach feine Lautsprecher. Bin froh, dass sie zurück sind.
Jetzt wo ich just Ersatz für ein selbst geschrottetes Chassis von Udo bekommen konnte, blicke ich im Heimkino wieder auf 21 Eton-Chassis…..
Hallo Udo
Da bin ich ja froh, dass ich die Gehäuse der 51er Wallross noch nicht verheizt habe. Die hatte ich schon mal ohne Furnier und Löcher vorbereitet.
Die wollte ich nämlich als Dolby Atmos Deckenlautsprecher haben. Waren dann aber nicht mehr lieferbar. So wurde es die SB18CB, die ein gutes Stück größer ist.
Gruß Ralf
Moin, moin.
Ein wohliges ‘aaah’ geht durch die Gemeinde… Wieder Futter für die Infizierten. Ich habe noch keine Erfahrungen mit der Chorus Linie, aber was nicht ist kommt bestimmt bald. ☺️
Ich finde die Designs mit den Doppel-Rohren sehr gelungen! Dadurch das man die Rohre durch Fräsen ja komplett oberflächenbündig einbauen sieht das sehr edel aus!
LG an alle, LG Udo!
Andreas
Hallo Andreas,
kann es sein, dass deine Finger schon jucken? 😉
Gruß Udo
Na klaro, man wird ja zum Glück nie fertig… Nach dem Projekt ist vor dem Projekt.
😉
Eine ACL im Rohr? 😉
Nur so ein ‘Mini’- Projekt…😜
Hi,
dem Sonntäglichen Leser drängt sich die Frage auf was ist mit dem ER4 und dem 7/360 Hex ?
Dirk
Hallo,
Ich musste in der Tat zweimal hinsehen als ich die Tollen Nachrichten gesehen habe. Kommen die Bausätze um den ER4 auch zurück?
Viele Grüße!
Guten Morgen, letzte Woche hat das Surfen mich mal wieder zur Eton HP geführt… Und siehe da, ER4 und 11-212 hex wieder lieferbar…. Der 7-360 bleibt aber nicht auffindbar. So weit ich weiß war Udo damals Recht exklusiver Restnutzer des Angebots der Produktion des 7-360… Deshalb wohl wenig Hoffnung auf ein Duetta Revival…
Grüße
Hallo Jungs,
wie es mit den ER4-Bausätzen weitergeht, werde ich bekannt geben, wenn der Hochtöner tatsächlich wieder lieferbar ist. Laut Vertrieb soll das bald sein, doch ist das keine allzu konkrete Zeitangabe. Jetzt bin ich erstmal froh, dass die Chorusse wieder zuverlässig auf Lager liegen. Sie passen hervorragend in mein Sortiment und streiten sich dabei nicht mit den zwischenzeitlich erfundenen Reihen.
Gruß Udo
Die Daumen bleiben gedrückt, eine Duetta würde sich niemals mit den emporkömmlingen streiten, sie blickt erhaben darüber hinweg 🥃🥰
Hallo Udo,
wunderbar, dass der Shop wieder mit Chorussen gefüllt ist! Ich bin immer noch begeisterter Hörer meines Surround-Sets mit der Chorus 73 vorn. Die bieten eine tolle Mischung aus Präzision und Gelassenheit.
Da ich mir ja gerade in der letzten Woche einen Hochtöner zerschossen hatte mit einer anschließenden schlaflosen Nacht, wie und wo ich denn jetzt Ersatz herbekommen sollte, wusste ich ja schon aus unseren Mails, dass du wieder im Geschäft bist (herzlichen Dank noch für die schnelle Lieferung!). Schön, dass es dann gleiche alle Bausätze wieder zu kaufen gibt!
Und ich kann bestätigen: weder optisch noch klanglich gibt es beim neuen Hochtöner einen Unterschied zum Vorgänger!
Gruß aus Ostwestfalen
Uwe