Die Suche
Ich wollte mir eine Freude bereiten und es durfte etwas Besonderes werden – schließlich heiratet man gewöhnlich nicht allzu häufig und zu diesem Anlass wollte ich mich beschenken. Schnell kam die Idee auf, mich wieder einmal in der HiFi-Welt auszutoben. Schnell kam auch die Idee, in Lautsprecher zu investieren.
Mit meinen passiven Lautsprechern von einer im Süden des Landes sitzenden und direkt vertreibenden Marke bin ich nie so richtig warm geworden. Es waren die ersten Lautsprecher, die 4-stellig gekostet haben. Ich hatte keinen wirklichen Vergleich und im HiFi-Laden wurde mir gesagt, wenn ich wirklich einen Unterschied hören will, müsste ich tief in die Tasche greifen und 5-stellig investieren.
Hmm, dachte ich. Wenn man ein Argument sucht, um viel Geld auszugeben, gibt es an sich ja keinen besseren Anlass als eine – Vorsicht Wortspiel – einmalige Hochzeit. Also freundete ich mich mit dem Gedanken an und begab mich auf die Suche.
Doch nach kurzer Zeit kamen mir bereits Zweifel. Warum sollte ich darauf vertrauen, was mir von einem Mitarbeiter empfohlen wird, der mir unverschämt teure Lautsprecherkabel und Netzkabel empfiehlt, bei denen ich – diplomatisch gesagt – Zweifel daran habe, dass das Preis-/ Leistungsverhältnis stimmt.
Nun gut, also vielleicht in eine andere Richtung denken. Fragen wir mal ChatGPT.
Plötzlich tauchten da die Selbstbau-Lautsprecher auf. Welche sind denn gut, fragte ich das LLM.
Sehr schnell wurde mir die Duetta von ADW als absolute Referenz empfohlen. Toll, das schaue ich mir mal an. Die Firma ADW hat anscheinend einen sehr guten Ruf. Die Duetta klassisch: 3 Wege, große Pappe, getrennt aufgebaut. Das gefiel mir. Doch ich fand die Lautsprecher nirgends.
So viele zufriedene Bauberichte. So viel Lob, aber im Shop keine Spur davon. Es dauerte eine Weile, bis ich mir eingestand, dass es diese Lautsprecher wohl nicht mehr gab. Was nun?
Ich meldete mich in einem HiFi-Forum an und erläuterte meine Situation. Ich fragte nach Rat, Ideen, Einschätzungen, im Prinzip einfach nach Denkanstößen. So einige Lautsprecher im DIY Bereich hatte ich im Post aufgeführt, aber die Lautsprecher, weswegen ich überhaupt auf die Idee kam, vergaß ich zu erwähnen.
Die schnellen und freundlichen Antworten machten mir Mut und dann wurde mir von Skaladesign (Forum Name) empfohlen, den Udo doch einfach mal anzurufen. Der wisse damit schon umzugehen und könnte mir sagen, ob seine Lautsprecher was für mich sind. Udo? Den Namen hatte ich doch irgendwie schon mal aufgeschnappt. Ach, das ist der Entwickler der Duetta, wieso hab ich die Lautsprecher gar nicht erwähnt? Manchmal ist das Leben komisch.
Dann rief ich Udo an und wir quatschen bestimmt 90min am Telefon über Politik, Geschichte, philosophierten über dies und das und kamen dann irgendwann auch aufs Thema Lautsprecher. Irgendwie gab es keine große Überlegung, welche Lautsprecher es werden sollten. Udo befand, dass die Charakteristik seiner Boxen zu mir passen könnte und empfahl mir – er kannte meine Kriterien aus dem Forum – direkt die BelAir 54 (Big 5).
Gut, sagte ich, Entscheidung gefallen.
Danke Skaladesign!
Der Bau
Ich entschied mich für die Grundform aus der Freecad Datei. Ich benutzte 19mm MDF und leimte fröhlich drauf los.
Von einem anderen Projekt hatte ich noch einen Furnier-Händler im Gedächtnis. Eigentlich eher auf größere Aufträge ausgerichtet, aber auch beim letzten Mal waren sie von meiner naiven Art à la – Ich baue mir jetzt ein Massivholz Bett aus Nussbaum ohne irgendwelche Erfahrung – angetan und auch das Lautsprecher Projekt gefiel ihnen.
Ein Mitarbeiter nahm sich Zeit, zeigte mir etliche Furniere und schließlich führte er mich zu den sehr alten Restbeständen. Er sagte, wenn es etwas Besonderes sein soll, dann nimm das:
Bubinga geschält und nicht mehr lieferbar, weil mittlerweile ein Einfuhrverbot besteht. In 10 Jahren kannst du keine Lautsprecher mehr aus Bubinga bauen. Damit hatte er mich. Leider habe ich erst später SaRaiFo Furnier entdeckt und bin zwiegespalten, ob es gewissenstechnisch in Ordnung geht. Mein Gewissen wich dann aber einer Frustration. Er hat nicht gelogen, das Furnier war uralt und super trocken. Wie viel Spaß ich beim Furnieren hatte, brauche ich nicht weiter ausführen…
Ich war also zufrieden mit einer leicht welligen Oberfläche – hat die Box halt Charakter. Soll man mir ja auch schließlich glauben, dass ich sie selbst gebaut habe.
Ich entschied mich, die Front aus schwarzem MDF zu bauen und sichtbar zu lassen, weil ich die Wiederholung in der weißen Sprenkelung der Chassis und des MDF sehr harmonisch finde. Die AMT Öffnung wurde etwas weniger tief von Udos CNC gefräst, damit er schwarz strahlen kann.
Die Füße habe ich aus einem anderen Beitrag übernommen, es sind die Industrie Schwingungsdämpfer gepaart mit schwarzen Metallscheiben. Mittlerweile habe ich die Dämpfer direkt unter der Box angebracht. Das wirkt luftiger und weniger massiv.
Murphy’s Law
Die Lautsprecher waren also einsatzbereit. Wow, was ist das denn? Im Vergleich zu meinen vorherigen Lautsprechern ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Tonwiedergabe hatte eine Leichtigkeit und Auflösung, es wirkte spielerisch, fühlte sich einfach richtig an.
Aber halt, da ist doch etwas komisch?
Warum ist mein rechter LS so viel lauter? Meinte Udo nicht, dass ich anfangs vielleicht etwas Bass vermissen könnte? Dafür wummert es aber ordentlich (und ich kenne Berliner Clubs von innen). Irgendwie ist die gesamte Klangbühne stark nach rechts verschoben. Hmm. Nun gut, dachte ich. Scheinbar sind die LS wesentlich sensibler, was den Standort anbelangt. Also Vorhänge gekauft, einen Absorber gebaut und 2 Bassfallen in den Ecken des Raums verteilt – meine Frau schüttelte nur noch ab und zu den Kopf, aber ließ mich kommentarlos machen. Es half nicht. LS Kabel vertauscht, andere Verstärker angeschlossen, Boxen vertauscht. Es war der LS und nichts anderes.
Verdammt!
Meine größte Sorge beim Selbstbau war die Angst vor einem defekten Weichenteil und/ oder Lötstelle. Murphy’s Law schlägt in voller Härte zu! Die Erkenntnis wich schnell einer Ernüchterung und diese löste eine große Enttäuschung aus. Da die Fehlerquelle sehr wahrscheinlich auf der Weiche lag, war klar, dass die Box wieder geöffnet werden muss. Natürlich hatte ich aber die Weiche verschraubt und zusätzlich mit Heißkleber befestigt und schwerere Weichenbauteile mit Kabelbinder fixiert, damit sich auch ja nichts löst und schnarren kann.
Toll!
Zudem kam eine Unsicherheit: Hatte ich etwas falsch gemacht, habe ich etwas beim Bau kaputt gemacht? Die Weiche hatte ich mir aufgrund der oben genannten Sorge von Udo aufbauen lassen. Ich ließ etwas Zeit verstreichen und wollte mich in mein Schicksal zwingen. Doch dann kam wieder einer dieser Motivationsschübe, der mich zwang eine Lösung zu finden. Udo angerufen, 2 Tage später hatte ich neue Weichenteile zuhause. Weichenteile und Versand wurden dabei zu 100% von ihm übernommen. WOW!
(Anmerkung der Redaktion: Vermutlich wurden bei einer Box die Kabel zum Terminal und zum Bass vertauscht, wodurch Mittel- und Hochton von der dicken Spule “gefiltert” wurden.)
Als ich fertig mit der Arbeit war und die Boxen angeschlossen vor mir standen, wurde ich nervös. War der Fehler behoben?
Der Klang
Ich setzte mich, spielte ein Lied an und schrie förmlich:
“Wollt ihr mich verarschen?!”
Was für ein Klang! Wahnsinn, ich hätte es nicht für möglich gehalten, in solch einen Genuss zu kommen. Ich grinste über beide Wangen und realisierte in diesem Moment, was für ein nachhaltiges Glück ich mir da geschaffen hatte.
Eine klangliche Beschreibung ist etwas Merkwürdiges: mit Worten, die einen Klang haben, etwas beschreiben, das der Klang ist. Irrwitzig, simpel und doch so komplex.
Bei Interesse füge ich gerne mehr Details hinzu, aber um es kurz zu machen, ist für mich besonders die Klangbühne hervorzuheben. Die Ortung der einzelnen Instrumente ist herausragend. Aber das Besondere ist die gefühlte Ortung selbst tieferer Töne und der dreidimensionale, den Raum ausfüllende Klang. Die AMT spielen so präzise, dabei aber sanftmütig, ohne auch nur den Verdacht aufkommen zu lassen, dass sie nerven könnten. Sie sind so präsent und gleichzeitig so harmonisch, toll! Der Bass ist eine Wucht, und zwar eine, die nicht dröhnt. Wie schafft es eine Box einen so subtilen, im Raum stehenden Bass abzubilden? Meine Erwartungen wurden übertroffen.
Gut Ding will Weile haben – schoss es mir durch den Kopf.
Jonas
Zur BelAir 54 (Big 5) im Online-Shop
Traumhaftes Geschenk an sich selbst! Direkt ganz oben ins Regal gegriffen. Das Finish ist wunderbar geworden!
Hallo Waldfee,
Toller Lautsprecher, tolle Umsetzung, ich hätte es genau so gemacht. Gratulation!!! Ich war drauf und dran ebenfalls die Big5 zu ordern. Ich finde sie langzeittauglicher als die D9, auf lange Sicht erscheint sie mir ausgewogener. Allerdings hat Udo jetzt die Duetta NG wieder neu erschaffen. Da muss ich nochmal zu Udo fahren.
VG
Hermann
Tolle Arbeit sehr schönes Furnier
Gruß Volker
Hallo Volker,
auch von mir ein lautes Danke für deinen Hinweis im Hifi-Forum.
Guten Gewissens kann ich auch den Weg andersherum empfehlen. Wer für seinen Bausatz einen sehr guten Schreiner sucht, findet ihn bei Skaladesign.
Gruß Udo
Holla, die Waldfee!
Ein schönes Projekt, zwei Daumen hoch dafür.
Bubinga mit schwarzer Front habe ich als D9-Version auch bei mir stehen. Ein sehr schönes Furnier, aber ein Biest. Als ich vor 20 Jahren die Vorgängerbox der D9 damit beklebt hatte, konnte ich das Problem der Welligkeit des Furniers mit der „Dampfbügelmethode“ lösen – also das Aufbügeln des Furniers durch einen nassen Lappen. Die Furnierbeulen waren damit gebändigt, leider ist mein Furnier beim Durchtrocknen später an vielen Stellen gerissen. Die Risse habe ich dann in vielen Stunden mit Schmelzwachs gekittet (Nussbaum dunkel und Mahagoni gemischt).
Akustisch ziehe ich persönlich die D9 der Big5 vor. Aber das ist bekanntlich Geschmacksache.
Beste Grüße,
Martin F
Hallo Waldfee
Ich finde das Furnier ist absolut der Hammer. Auch mit dem schwarzen MDF als Front. Nur hätte ich die nicht einfach aufgesetzt. Die Schnittkanten vom MDF sind nicht so schön.
Gruß Ralf
PS: veratest mir, wo du das Furnier gekauft hast? Gerne auch per PM
Hi Ralf,
Ja, die Boxen sind nicht perfekt und an den Schnittkanten sieht man teilweise sogar noch Leimreste. Als das Laustärkeproblem noch nicht behoben war, dachte ich mehrfach über einen kompletten Neubau nach. Ich habe mich dagegen entschieden und bereue es nicht. Sie haben halt ihre Macken…
das Furnier habe ich bei Furnier Lehmann gekauft.
Danke für die Info.
Berlin ist dann doch nicht grad um die Eck. 😊
Moin Waldfee, toller Baubericht, hat mir den Sonntag versüßt, mit allen Höhen und Tiefen.
Hast Du einen Trick, wie Du des störrischen Furniers Herr geworden bist?
Deine Klangbeschreibung ist außerdem toll. Ein Teil des Grinsens, das ja viele User beim ersten echten Klangcheck im Gesicht haben, ist ja gerade die Erkenntnis, etwas wirklich nachhaltiges geschaffen zu haben. Hast Du schon gut ausgedrückt.
Witzig auch, dass Dich ein LLM auf diese Seiten gebracht hat, das ist ja quasi “kondensiertes” Wissen. Ich hätte gedacht, dass es gerade im HiFi-Bereich soooo viele unterschiedliche Meinungen und Diskussionen und teilweise auch sehr emotionale (nicht in diesem Forum) Ansichten gibt, so dass ein halbwegs neutraler Beobachter da kaum einen verwertbaren Konsens rausfischen könnte. Falsch gedacht. Toll!
Hi Ollum,
Danke, das freut mich zu hören!
Bezüglich des Furniers kann ich mich Martin nur anschließen. Das wellige Furnier habe ich an den kritischen Stellen nass gemacht und dann per Bügelmethode verleimt. Und auch bei mir ist das Furnier dann beim Trocknen zum Teil gerissen. Ich musste mich also zwischen Rissen und Buckeln in Furnier entscheiden…
Habe mir die als aktive gebaut im Austausch für meine Granduetta . Kann dir nur beipflichten . Der Klang ist überragend . Allerdings hatte ich am Anfang nur einen sehr dünnen Bass . Die Einspielzeit der Tieftöner ist echt lang . Mittlerweile ist alles in Ordnung .