18. Mai 2025

Ceram 17 – Works As Intended Edition

Autor: clemens

Ein oft unterschätzter Vorteil des Selbstbaus sind die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich einem bieten. So habe ich alleine auf dieser Seite zahllose Bilder von hochwertig verarbeiteten Musikmöbeln, Bluetooth-Boxen und sogar Kinderspielzeugen in allen möglichen und unmöglichen Formen, Farben und Materialien gesehen. Ein Musikwecker fehlt meines Wissens nach noch. Vermutlich möchte einfach niemand seine Musik mit dem Wachwerden assoziieren? Von dieser winzigen Lücke einmal abgesehen gibt es hier endlos Projekte, die begeisterte Bastler und Heimwerker inspirieren können.

Der nun folgende Bericht fällt nicht in diese Kategorie. Ich baue meine Lautsprecher strikt nach dem ästhetischen Minimalprinzip, form follows function, etc. Rein nach Bedarf, weil die wenigsten Hersteller von Fertiglautsprechern einen vertrauenswürdigen Eindruck erwecken. Dementsprechend skeptisch war ich zuerst, als Udo in einer Mail: “denk an die Bilder für den Baubericht!” schrieb. Ich bin alles andere als ein Fotograf und eine Regalbox von der Stange inspiriert vermutlich niemanden. Andererseits impliziert die Seite für Bauberichte, dass eine erbauliche Sammlung an Dokumentationen den Leuten hier hilft, einen Schritt nach dem anderen zu meistern. Na, wenn das so ist, hier habt ihr sie.

Ausgangssituation

Zuletzt hatte ich aus Gründen nur noch ein Paar MiniACL bei mir im Haushalt, das durch einen fiesen, handgroßen Bluetooth-Verstärker betrieben wurde. Dieser Verstärker ist dann exakt nach Ende der Garantiezeit abgeraucht. Ich beschloss, mir diesmal einen normalen Hifi-Verstärker zuzulegen, und das war auch gut so, wenn man die klanglichen Unterschiede bedenkt. Meine Empfehlung: Testet auch kleine Lautsprecher wie die MiniACL mit einem brauchbaren Verstärker. Selbst über die Bluetooth-Verbindung klingt der neue Amp um Welten besser.

Nun ist hier schon viel über die MiniACL geschrieben worden, die wahrscheinlich besten Lautsprecher für den Schreibtisch, die ich je gehört habe. Allerdings konnte ich meine Räumlichkeiten nicht länger als Nahfeld bezeichnen. Außerdem höre ich ab und an sowas, sowas oder sowas und wenn es etwas hektischer wird, kommen die kleinen Treiber dann doch an ihre Grenzen.

Tiefere Frequenzen haben mir bei den MiniACL nicht gefehlt. Tatsächlich habe ich erst überlegt, eine der geschlossenen Boxen zu bauen, damit meine Nachbarn weniger gestört werden. Aber die 17er-Boxen mit Bassreflex-Port lassen sich dann tendenziell doch etwas einfacher auf Kopfhöhe ausrichten. Da ich zudem neben einer Straßenbahnhaltestelle wohne, sagte ich mir: Was solls, in einem nuklearen Winter kommt es auf einen weiteren Atomschlag nicht an. Eine eher neutral klingende Wiedergabe sollte es sein. Wenn man den Beschreibungen hier Glauben schenken darf, war damit die SB 18 außen vor. Daher musste ich mich zwischen der Ceram oder der Chorus entscheiden. Beide waren in einem preislichen Rahmen, in dem es mir noch nicht zu sehr weh getan hätte, falls etwas schief gelaufen wäre.

An den genauen Entscheidungsprozess erinnere ich mich nicht mehr. Vermutlich war es etwas Kleinliches wie „die Ceram passt farblich besser“ oder „für die Chorus wird keine vorgefertigte Front angeboten“, das letztendlich den Ausschlag gegeben hat.

Da ich kein leidenschaftlicher Schreiner bin und auch keine echte Begeisterung für lebensgefährlichen Nonsens wie, sagen wir, Kreisschneider aufbringen kann, habe ich die Frontplatten gleich mitbestellt, in schwarzem MDF. Tatsächlich ist es eher ein Dunkelgrau-Silber; die Reflektion des Lichts an den Schnittkanten hängt vom Blickwinkel ab, so, wie ihr das ggf. von einem Teppich aus Polyester kennt.

Bezüglich der Abmessungen habe ich mich an den Zahlen der FreeCAD-Datei orientiert. Es stellte sich heraus, dass es zwei FreeCAD-Dateien mit zwei unterschiedlichen Volumina (von etwa 18 und 19,5 Litern) gab. Nach einer kurzen Panikattacke meinerseits hat Udo freundlicherweise erklärt, dass beide Größen in Ordnung sind, weil beides innerhalb der 10% Toleranz liegt. Daher habe ich das Volumen dann in FreeCAD auf 18,5 Liter abgeändert, bevor ich die restlichen Platten besorgt habe.

Da ich momentan keinen brauchbaren Lötkolben bei mir daheim habe, habe ich die Weichen dieses Mal von Udo zusammenbauen lassen.

Trotz meines zugegebenermaßen schwindenden Vertrauens in Paketdienste waren die Keramikmembranen der Treiber nicht wie Teller in Scherben zersprungen und auch die Magnete wiesen keine Risse auf. Ich habe die Komponenten trotzdem probehalber angeschlossen. Und da waren sie, die hohen Frequenzen, die ich in dieser Qualität und Quantität vermisst hatte.

Bau des Gehäuses
Nachdem der Bausatz bei mir ankam, habe ich die restlichen Platten bei einem Online-Service bestellt, dessen Domain einen schnellen Zuschnitt suggerierte. Bei den MiniACL klappte das gut; ich konnte die Bretter damals einfach zusammenleimen, fertig. Hier jedoch kam das MDF mit verkohlten, leicht konkaven Schnittkanten an. Wie auch immer das passieren konnte. Vielleicht war der Laser falsch eingestellt.

Das war etwas ärgerlich, weil ich das Gehäuse deswegen krumm und schief verleimen und die inneren Ecken mit Klebstoff glasieren musste. Wären die Bretter hingegen sauber zugeschnitten gewesen, hätte ich hochprofessionelle Arbeit geleistet. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort!!!

Über das Zusammenleimen möchte ich sonst nicht viele Worte verlieren. Hier ein Bild von dem Rahmen, auf dem man nochmal die verrußten Kanten sieht.

Irgendwo flog ein lustiges Foto herum, auf dem ich ein Gehäuse mit Schraubzwingen beschwert hatte, aber das ist leider verloren gegangen. An dessen Stelle kann Udo ein paar mahnende Worte einfügen, warum der für den Leim angegebene Anpressdruck auch für MDF eingehalten werden sollte. (Nun, ich verwende keine Zwingen, weil die heimtückig sind. Wenn du sie ordentlich verspannt und mit bündigem Sitz der Bretter verlassen hast, verschieben sie sie in der Trockenzeit recht häufig. Deshalb nutze ich für den erforderlichen Druck gutmütige Spanngurte, die keinen Schalk im Nacken tragen.)

Beim Einbau der Weichen hat sich herausgestellt, dass es einfacher ist, wenn man die Kabel bündelt. Um den letzten Meter Faulheit zu unterstützen und die Kabel nicht beschriften zu müssen, kann man das Klebeband so platzieren, dass nur eines der Bündel die Verkabelung mit den weiter auseinander liegenden Anschlüssen des Hochtöners zulässt.

Beim Festschrauben zeigte sich dann eine interessante Besonderheit beim Tieftöner. Bisher war ich es immer gewohnt, dass die Körbe der Treiber der Kraft des Akkuschraubers leicht nachgeben. Hier jedoch gab der Druckguss keinen Millimeter nach.

Als Folie für das Gehäuse habe ich „Blackwood“ gewählt, weil das für diesen entspannten Alte-Lautsprecher Look & Feel sorgt. Damit nicht das passiert, was ein Video-Influencer für Klemmbausteine als Farbseuche bezeichnet, wurden vorher die Kanten mit schwarzem Permanentmarker bemalt.

Und das war es auch schon, was den unrühmlichen Aufbau betrifft.

Klang und Fazit
Um einen unfairen Vergleich anzustellen: Wenig überraschend kann die Ceram 17 alles, was die MiniACL kann, nur besser. Die Auflösung ist feiner, der Klang wirkt mühelos und auch der Abstrahlwinkel ist breiter. So habe ich mir das vorgestellt. Klasse Entwicklung, Udo.

Tiefe Frequenzen können die Ceram 17 auch besser. Traurigerweise ist meine Wohnung unterhalb von 75 Hz eine einzige Raummode, aber wenigstens ist das Problem gleichmäßig auf den relevanten Hörbereich verteilt, so dass sich die Überhöhungen mit Equalizer APO ausbügeln ließen. Empfehlungen äquivalenter Software für andere Betriebssysteme werden im Kommentarbereich sicherlich gerne entgegen genommen.
Man sieht sich.

Clemens

Zur Ceram 17 im Online-Shop

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Hallo Clemens,

Hat das eigentlich den Nachteil, dass Spanngurte dadurch erwähnenswert schwieriger anzubringen sind?

Ganz im Gegenteil. Du ziehst die Gurte fast fest und kannst dann die Ausrichtung der Bretter korrigieren. Danach spannst du noch etwas nach und alles ist im Lot. So kannst du auch auf Gehrung geschnittene Bretter problemlos verkleben. Versuch das mal mit Zwingen 😉

Gruß Udo

Hallo Clemens,

also vielen Dank für deinen Bericht. Man denkt immer man hat schon alles gesehen, aber das wird wohl niemals der Fall sein.
Ja, die Brandspuren vom Laserzuschnitt. Uff. Da hat man zu tun.
Durch die Folierung hast du das generös gelöst, die “Unschönheit” quasi in ein Feature gewandelt.
Ich weiß was es bedeutet wenn in der Oberfräse ein nicht mehr ganz so scharfer Fräser steckt und die bearbeitete Holzkante/Fläche leichte Brandspuren aufweist. Da muss schon recht tiefgründig geschliffen werden, manchmal tiefer als eigentlich ratsam ist…
Wahrscheinlich hast du hier gezeigt das Holz “zuschnitte” mit dem Laser eher suboptimal für uns sind.
Es gibt immerhin die bewährten Kreissägen mit einer Vielzahl von speziellen Blättern, wem sage ich das. 😉

Oh ja, die Ceram17 kann Bässe. (Höhen sowieso)

Beim letzten Event hier in Nordhausen lief gerade eine Ceram17, der Erbauer schaute sie erstaunt an und sagte “Ich wusste gar nicht dass sie das kann!”

Vom Album “Drif” lief “Asja”, das Genre ist Pagan Folk. 🙂
https://www.youtube.com/watch?v=q4DvaaWeN5o

VG Rundmacher

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