10. August 2025

Dominiks GrandLady

Autor: Dome90

Vorwort:
Nach längerer Zeit als stiller Mitleser und auch dem einen oder anderen erfolgreich gebauten Lautsprecher und Verstärker kommt hier mein erster Bericht über den Weg bis zur fertigen GrandLady. Ich hoffe, mit diesem Bericht den einen oder anderen unendschlossenen Leser motivieren zu können, auch ohne eigene Werkstatt oder entsprechendes Vorwissen den Eigenbau zu wagen. Mit jedem Projekt lernt man dazu. Und was man nicht kann, kann man lernen.

Nach der Ausbildung kam, wie bestimmt bei vielen anderen auch, die erste HiFi-Anlage aus dem Kaufhaus ins Wohnzimmer und hat lange gute Dienste geleistet, später wurde daraus ein Auro3D Aufbau. Dann kam ein Umzug, ein neues, größeres Wohnzimmer, ein mit den Jahren erfahreneres Gehör und die alten Lautsprecher klangen plötzlich zu dünn. Und es war genau die Zeit des Umzugs, als sich die Wege von Fronti hier aus dem Forum und mir kreuzten. Fronti schwärmte von seinem selbstgebauten SB 285-Heimkino mitsamt Decken-Lautsprechern und einem überragenden Klang … und so wurde ich dann auf ADW aufmerksam.

Kann der Selbstbau wirlich so gut und „einfach“ sein, fragte ich mich, baute die MiniACL und konnte kaum glauben, was aus diesen kleinen Breitbändern raus kam. Das Selbstbaufieber hatte mich auch erwischt. Bald darauf fand die BelAir 71 aufgrund des AMTs Einzug auf dem Schreibtisch.

Schnell war klar, die alten Fertiglautsprecher im Wohnzimmer werden ersetzt, bloß welcher ist der richtige Bausatz dafür? Ein Termin bei Udo auf der Couch beantwortete diese Frage.

Es war Ende November als Fronti und ich nach kurzfristiger Terminabklärung zu Udo fuhren, um die großen BelAir-Bausätze Probe zu hören. Und wer Udos Couch kennt, weiß, dass die Zeit hier komischerweise schneller zu laufen scheint als anderswo. Recht oft liest man von einem Zeitloch, das sich dort befinden soll. So kam es, dass wir schon später am Abend hatten, als die Entscheidung auf die GrandLadys fiel. Bausätze ins Auto geladen, nach Hause damit und dort standen die verpackten Kisten erst einmal im Flur rum.

Nachdem die Entscheidung über die Bauweise und Ausführung gefallen war, habe ich meine ersten Erfahrungen mit den hier verfügbaren FreeCAD-Dateien gemacht. Die Anleitung und die Vorlagen sind echt klasse und nach erstaunlich kurzer Zeit blickte mich vom Bildschirm aus eine BelAir GrandLady in doppelter D’Appolito Bauweise an. Die entsprechende Holzliste mit den neuen Maßen war freundlicherweise direkt mit dabei. Den Entwurf zur Kontrolle zu Udo geschickt und nach Rückmeldung und einem Verbesserungsvorschlag (später mehr hierzu) war das Holz bestellt.

Der Bau:
Nachdem das Holz geliefert war, wurde mir die finale Größe und vor allem das Gewicht erst richtig bewusst. Zwar hatte ich die Entwürfe im Vorfeld grob mit Pappe gebastelt und einige Wochen im Raum stehen lassen, um das auf mich wirken zu lassen, aber die Wirkung von Buchen- und Akazienholz ist deutlich stärker als von Pappkarton.

Mithilfe einer alten Holzplatte wurde das Wohnzimmer zur behelfsmäßigen Werkstatt und die Buchen-Muliplexplatten wurden einzeln verleimt.

Udo hatte zu dem FreeCAD-Entwurf gesagt, die innere Versteifung könnte man halbieren, um den Luftdurchsatz zum oberen Bass zu erhöhen…und wer will schon beim Bass einen kleineren Durchsatz riskieren? Mit einer Stichsäge waren die Versteifungen dann auch schnell halbiert, inklusive Radius für einen Funken mehr an Stabilität.

Tatsächlich waren die bestellten Holzplatten relativ genau geschnitten. Trotzdem gab es einige Stellen, wo mir die Maße nicht bündig genug waren, um den Körper fertig zu leimen. Kurz überlegt, ob ich die Ungenauigkeiten mit PE Leim oder Spachtelmasse lösen will und mich dann dafür entschieden, die Gelegenheit zu nutzen und mir die Arbeit mit dem Handhobel beizubringen. Nach ein wenig Rumprobieren und Einstellen hatte ich den Dreh raus und die wenigen Stellen mit Übermaß wurden bündig gehobelt, bzw. an Engstellen mit der Feile auf Maß gebracht. Mit dem Winkel nochmal alle Maße überprüft und mit etwas Improvisation den Lautsprecherkörper fertig gebaut.

Um bei der Größe auch entsprechend gleichmäßig Druck für den Leim bereitzustellen, habe ich die letzte Seitenplatte mit einer Kombination aus vollen Wasserkisten, Spannklemmen und Spanngurten aufgespannt.

Mit zunehmender Baufortschritt wurde das Hantieren mit den immer größer werdenden Teilen schwieriger. Wie man auf einigen Bildern sehen kann, war der verfügbare Platz oft sehr begrenzt und ein helfendes Paar Hände war oft nicht verfügbar. Durch die Größe und das Gewicht musste ich viele, an sich einfache Arbeitsschritte im Voraus planen und genau überlegen wie ich die Lautsprecher bewegen will, um nicht irgenwo anzuecken.

Parallel zu den Körpern waren die Frontplatten eine ganz eigene Herausforderung. Die Materialentscheidung war langwieriger, einen angenehmen Kontrast zum restlichen Lautsprecher wollte ich realisieren, dunkler sollte die Front auch sein, um Reflektionen vom Fernseher zu verhindern, farblich passend zu den Möbeln, am besten Massivholz und so weiter… Es ist bedampftes Akazien-Leimholz geworden.

Wie will ich so viele Chassis gleichmäßig ausfräsen, und dann noch mit dem rechtwinkligen Hochtöner? Antwort: Frässchablonen. Und wo ich schon dabei war, Hilfsmittel zu basteln, folgte auch direkt ein zugegebenermaßen recht primitiver Fräszirkel welcher nur die Einstellungsmöglichkeiten für die Satori Mitten und Bässe hat.

Und so habe ich mir für Bass- und MT-Chassis je eine Frässchablone aus ausrangierten Möbeln für die Außendurchmesser angefertigt, den Innenduchmesser mit dem selbstgebauten Fräszirkel. Für den AMT auch eine Außenschablone, innen habe ich die Ecken gebohrt und dann mit der Stichsäge ausgeschitten. Das Fräsen selbst war dank der auf den Millimeter eingepassten Frässchablonen sehr genau. Wie viele Pressspanplatten als Test für die Schablonen notwendig waren, habe ich nicht gezählt. Auf jeden Fall war danach mehr Platz im Keller.

Aufgrund des Holzes und der Menge an Ausschnitten hat das Fräsen einiges an Zeit in Anspruch genommen. Beim Fräsen der Bassreflexkanäle bin ich im letzten Arbeitsschritt mit der Fräse verrutscht und habe eine Delle in die Front gefräst. Sowas kann passieren, doch Spachtelmasse könnte helfen. Und genau so ist es gekommen. Auf den Bildern der Lautsprecher im Bau kann man die Delle im Bassreflexkanal sehen.

Vorgriff: Mit Spachtelmasse, etwas Schleifpapier, Öl und der finalen Behandlung mit fablichen Möbelstiften sieht man davon nichts mehr.

Jetzt sind alle Ausschnitte gefräst, doch noch waren die Fronten nicht fertig. Eine simple, rechteckige Platte in der Front wollte ich nicht, also müssen mindestens noch Radien rein. Und der aufmerksame Leser wird schon erkannt haben, ich will wirklich Radien in Massivholz fräsen, entlang der Faser. Mit den Schnittresten der Akazie also geprüft, wie sich das Holz bei so einem Vorhaben verhält, erstaunlich gut. Also dann … in drei Schritten seitlich die Radien gefräst, langsam und mit wenig Druck, aber auch nicht zu wenig, um Brandflecken zu vermeiden. Doch da fehlt noch immer was.

In einigen Bauberichten hier hatte ich schon gesehen, wie überzeugend so eine mittige 45°Phase bei doppelter D’Appolito Bauweise aussieht. Dementsprechend die Fronten im Keller wieder aufgespannt und in kleinen vorsichtigen Schritten die Fase gefräst, bis der Fräskopf nicht mehr ausgereicht hätte. Hat alles geklappt und keine Faser ist ausgerissen.

Anschließend wurden die Fronten sorgfältig auf den restlichen Lautsprecher geleimt und schon standen zwei große Gehäuse im Wohnzimmer. Dann die LS wieder mit viel Kraft in den Keller wuchten zum Schleifen.

Beim Schleifen der Front hat sich dann ein Span ungünstig im Schleifpapier verhackt und ist abgebrochen. Jedoch habe ich mich dagegen entschieden, hier mit Spachtelmasse oder Wachs zu agieren, zum einen weil die Reparatur an dieser Stelle deutlich sichtbarer sein könnte und zum anderen unterstreicht eine fehlende Faser in Echtholz den Charakter des Lautsprechers, dachte ich mir.

Das Ölen dauerte knapp über eine Woche, ist aber auch einer der schönsten Arbeitsschritte, finde ich. Mehrere Schichten farbiges Öl auf die Buche , jeweils trocknen lassen und zwischenschleifen. Die Akazienfront bekam kein farbiges Öl. Sobald der Farbton der Buche meinen Erwartungen entsprach, mit Hartwachsöl den gesamten Lautsprecher fertig geölt. Nach einem weiteren Tag war das Öl dann trocken und es war Zeit für die finale Politur.

Die Weiche wurde zwischendurch auf jeweils zwei Brettchen gebaut und auf die gegenüberliegende Wand vom unteren Bass geschraubt. Der zweiteilige Aufbau soll eine zukünftige Bi-Amping Möglichkeit unterstützen, wobei ich da keine Erfahrungen gemacht hab bisher.

Die Anschlusskabel noch durch die Gehäuse verlegt und dann gleichmäßig mit der vorbereiteten Dämmwolle befüllt, Chassis eingebaut und da standen sie endlich, die beiden fertigen GrandLadys. Kurz zufrieden inne gehalten und das Werk begutachtet und schon wurden die Lautsprecher zur Klangprüfung an den Verstärker gewuchtet und anschlossen.

Die ersten Töne brachten ein Grinsen, welches immer breiter wurde und nicht mehr weg ging. Vielleicht gut, dass keiner dabei war. Alles klingt richtig, alle Chassis sind richtig angeschlossen und den Rest des Tages freundeten die GrandLadys sich mit ihrem neuen Raum an. Wie erwähnt, wurden jetzt die letzten gespachtetelten Stellen mit passender Farbe dem restlichen Lautsprechen angepasst. Sieht alles aus wie gewollt, fertig 🙂

Klangbeschreibung?
Noch nicht, es fehlt noch ein passender Fuß..

Rollen drunter schrauben wollte ich nicht. Der Abstand der Front zur Rückwand ist grade groß genug und da das hier ein Mehrfamilienhaus ist, muss der Hausfrieden stärker berücksichtigt werden. Nach einigem Experimentieren mit Kork, Holzfasern und Dämmmatten beschloss ich, mir Schieferplatten zuschneiden zu lassen. Final stehen die Lautsprecher jetzt auf Trittschallmatte für Laminat 3-4 mm, Schieferplatte und 8 mm Kork auf dem Parkettboden. Oben auf die Lautsprecher kam auch noch eine Schieferplatte, mehr zum Schutz der Oberfläche, wobei das zusätzliche Gewicht bestimmt nicht zum Nachteil für den Klang ist. Durch diese Aufstellung der Lautsprecher ist es mir gelungen, nahezu alle unerwünschten Bass-Resonanzen verschwinden zu lassen.

Der Unterschied zwischen den verschiedenen Aufstellungsarten, bzw. die Anbindung der Lautsprecher an den Boden hat in meinem Raum vergleichbar große Auswirkungen wie das Versetzen der Lautsprecherposition ansich. Und mit stärkerer Anbindung an den Boden wurde der Klang hörbar präziser, vor allem im Bassbereich. Auch habe ich das Gefühl, dass durch die Verteilung der Bässe in die Höhe von vornherein weniger Raummoden entstehen. Dem Hochtöner dagegen war das alles egal. Der spielt brilliant – immer.

Nach diesem mehrwöchigen Ausflug in den Kaninchenbau über Raummoden und Aufstellungsarten wurde die behelfsmäßige Werkbank im Wohnzimmer abgebaut, denn die GrandLadys waren endlich fertig mit passendem Standfüß und grüßten mit einem phänomenalen Klang.

Klangbeschreibung:
Ruhige Liedpassagen sind je nach Aufnahme so fein, man zweifelt schon, dass so ein zarter Ton aus diesen großen Lautsprechern kommt. Lautere und dynamischere Liedpassagen hingegen bringen das ganze Orchester mitsamt Dirigent und Konzerthalle direkt ins Wohnzimmer und man sitzt mitten drin. Der Klang schwebt mit einer Leichtigkeit und Klarheit im Raum. Man vergisst sofort, dass da nur zwei Lautsprecher stehen.

Durch das Mehr an Membranfläche ist auch bei geringem Pegel ein massives Bassfundament im Raum – natürlich nur, wenn die Aufnahme das auch hergibt. Auch spielen die BelAirs sehr offen und weit, woduch sich der Klang im ganzen Raum verteilt und auch außerhalb des Stereodreiecks ordentlich Freude aufkommt.

Die nächsten Schritte werden sein, ein passendes HiFi-Rack zu bauen, sowie den GrandLadys einen passenden Center zur Seite zu stellen, Udos Päckchen mit dem passenden Bausatz liegt schon bereit…

Viele Grüße,
Dominik

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Hallo Dominik,

Wie sagte Gorm so treffend und machte einen Luftsprung: “ich bin entzückt !”

Hab viele wundervolle Stunden beim Hören deiner Musik. Eines garantiere ich Dir, du wirst vieles neues dabei hören.

LG
Yoga

Hallo Dominik,

herzlichen Glückwunsch zu deinen zarten Riesen!

Die sind mal richtig gut geworden. Ich komme aus dem Staunen gar nicht raus wie du das in deinen Räumlichkeiten geschafft hast! Ich brauche selbst für Kompaktboxen den Platz einer ausgewachsenen Werkstatt! Vom Staub beim Kreiseziehen ganz abgesehen …

Viel Spaß beim Klangbaden!

LG
Uwe

Wow! Meine bessere Hälfte würde sagen, „das sind ja Monster!“ 😀

Ich mags wenn es größer ist, aber sag mal, wie machst du das mit dem Hochtöner auf Ohrhöhe?
Hatte mir ja auch ein Doppel-D’Appolito bauen wollen, kam mit der Planung aber nicht klar ohne die erwähnten Monster zu haben. Deine wirken hingegen noch recht, na ja filigran.
Und schön zu sehen dass du das Ganze im Wohnzimmer hinbekommen hast. So fing ich auch an. Viel, viel Spaß mit deinen Neuen! Werden ja nicht die letzten sein. Freu mich auf den nächsten Baubericht von dir

VG Der Alex

Nachtrag: wie sind denn die Maße der Lautsprecher?

Uih! 155cm sind aber auch richtig amtlich! Das hätte ich den Bildern nach so gar nicht vermutet.
Hätte max. 110cm gedacht und dann wird es mit dem Hochtöner schon eng auf Ohrhöhe. Vermutlich wären die „Monster“ von meiner besseren Hälfte dann leider abgelehnt worden. Obwohl sie sonst eigentlich alles durchwinkt 😏

Hallo Alex,

bei 155 cm Boxenhöhe sitzt der Hochtöner ungefähr bei 1 m. Bei 110 cm Hölhe wären es grob 55 cm. Wo sind deine Ohren, wenn du auf deinem Sofa sitzt? 😉

Gruß Udo

Udo, genau das war mein Problem bei der Planung der SB 36-3. Entweder hatte ich riesige Monster oder konnte auf dem Sofa nur liegen – wobei zweiteres durchaus akzeptabel für meine bessere Hälfte gewesen wäre 😃

Aber nun habe ich sie ja so bestückt wie es der Bauplan von dir vorsieht. Und der WAF-Faktor ist auch bei 100% 🥰

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