4. August 2024

Gut Ding will Weile haben – the long way to Double Nine

Autor: Henning

„Tausend Mal gehört, nie ist was passiert“, könnte Udo singen. Von mir, von endlosen Hörsessions, von „alles so schön gut hier“. Aber lassen wir das, ich muss da ja noch mal hin. Öfters ??

Mit Eton und dem ER4 kam ich nie wirklich überein und als Udo die neue BelAir-Serie mit dem AT60NC-4 als E-MAIL entwickelte, war ich wieder Feuer und Flamme ob des Neuen. Und im Laden. Und wieder unentschlossen. Aber letztlich tendierte ich doch zur BelAir 92, nicht zuletzt aus dem Grund, dass ich sie später zur Big 5 ausbauen kann. Diese gefiel – aber auch erst einmal aus meinem Budget.

Ich kaufte dann aber tatsächlich die Doppel 9 aka BelAir 92. Letztes Jahr im Juli. Und dann ging privat einiges den Bach runter. Ein Todesfall im engsten Umfeld, sowie eigene Probleme mit der Gesundheit schoben den Bau der Doppel 9 immer weiter hinaus. Dann kam der Winter und ich konnte draußen nichts mehr werkeln…

Was hatte ich mir einen Kopf gemacht für das Design, wollte ich doch das Zimmer (die Männerhöhle) in das Design miteinbeziehen. An Steampunk dachte ich und plante schon dafür, sowie von anderen, rückblickend abstrusen Designs. So ehrlich muss ich zu mir sein. Letztlich wollte ich die Box und das jetzt zügig.

Also im März 24 im Haus (Männerhöhle. Meins!) Möglichkeiten geschaffen und endlich angefangen.

Der hintere Teil der Männerhöhle

Der größere Teil des Raumes, mit den noch stehenden SB 12, da sollen die D9 hin

Die Fronten hatte ich schon bei Udo in schwarz durchgefärbtem MDF, anfertigen lassen, das restliche MDF, im präzisen Zuschnitt, bei Expresszuschnitt.de bestellt. Der Zusammenbau ging flott. Leider waren die meisten meiner Schraubzwingen verliehen. Wie es immer so ist. Also improvisieren.

Das ist noch einfach…

Gut, dass Katzemklos so schwer sind

Aber später, nach zwei Tagen, war auch das erledigt. Alles runter und hinausgeschleppt zum Schleifen. Der Schwingschleifer … ging kaputt. Ersatz kam recht schnell und machte, was er sollte – alles plan.

In der Wartezeit auf die Schleifmaschine, habe ich die Weiche gelötet … nicht gelötet … das Löten weitgehend vermieden. Ich habe alles dafür da, aber auch andere Bauteile, die ich gehortet habe. Also geschraubt, gesteckt, wo sinnvoll und nötig gelötet und Udo ein Bildchen zum Abnicken geschickt.

Minuten später hatte Udo schon abgenickt und auf einen Fehler hingewiesen, den ich aber auch bereits entdeckt hatte. Meine zweite E-Mail war gerade draußen, als die Antwort auf die Erste hereinkam. Der Mann schläft offenbar nie. Respekt und Dank schon an dieser Stelle.

Auch im Nachhinein – voll korrekt.

Zwischenzeitlich habe ich das Furnier vorgeschnitten.

Farfalla Nera Furnier

Die Furniersäge als wichtigstes Werkzeug

Die Furniersäge machte den Zuschnitt zum Kinderspiel. Sie lag noch in meiner Schublade, angeschafft nach dem Bau der Vota 4, wo ich solch ein Werkzeug stark vermisst habe. Diese Art Säge schneidet sauber durch das Furnier, ohne es auszureißen oder dem Faserverlauf zu folgen, was immer sehr schlecht ist. Die Furniersäge ist in Zukunft gesetzt.

Aber vorher wollte ich die Fronten noch mit einer Phase versehen. Schön abgerundet stellte ich mir das vor. Leider machte mir das Wetter tagelang einen Strich durch die Rechnung. Aber irgendwann später konnte ich dann doch loslegen.

Zwischenzeitlich die Threema Gruppe schön vollgenölt. Aber die sind nett da und tolerieren einen renitenten, alten Mann, auch wenn er schon mal Aussetzer hat und Essensbilder einstellt. Ok, zur Erklärung – in dieser Gruppe fanden sich einige Gleichgesinnte für lockere Gespäche, rund um HiFi, Musik und das Leben. Nette Gruppe und die Freunde dort sind immer für gute Anregungen oder Ratschläge gut.

Irgendwann die kleine Makita angeworfen und mich gefreut, dass der passende Fräser noch sauber justiert im Futter war. Dennoch, ein Opferbrett ist hier Pflicht – stell dir vor man versaubeutelt jetzt noch die Fronten…

Üben am Opferbrett.

Gefällt mir und alles gut gegangen!

So weit, so gut.

Dann furnieren also, nun gut. Furniere ich mal.

Meine Frau lieh mir ihr “kreatives” Bügeleisen, welches sie zur Verschönerung von T-Shirts nutzt. Einstellbar in drei Stufen. Wunderbar.

Auch hier die Furniersäge + Dreieckssäge, die ich viel zu enthusiastisch eingesetzt habe. Mehr Schmirgelpapier tat hier Not. Wusste ich eigentlich, aber im Eifer voll verdrängt.

Ging aber noch alles gut. Soweit zufrieden.

Danach die Endbearbeitung. Mein Endgegner. Zwei Kanten ambitioniert durchgeschliffen. Tränen getrocknet und weiter. Immer weiter. Das Wetter bestimmte weiterhin meinen Arbeitsrhythmus. Am Ende der Qual – die Polierarbeiten. Nach dem großen Regen, oder besser … dazwischen. Aber auch das endete einmal.

Hier, dieses Zeugs hatte ich verwendet. Eigentlich nicht besser oder schlechter, wie das Wachs, was ich an den Boxen vorher verwendet habe.

Front. Schwarzes MDF ist da immer etwas anspruchsvoll. Nice … Aber hallo, das geht für mich letztlich so in Ordnung.

Mangels einer Sisal-Bürste oder ähnlichem Polierwerkzeug (war am Ort auch nicht zu bekommen), habe ich mich, entgegen guten Ratschlägen, entschlossen, einen Tag später nochmals da ranzugehen und mit 1200er Schleifpapier alles anzuschleifen, das Wachs nochmals dünn aufzutragen und weiter mit der Maschine und vorhandenem Equipment aufzupolieren. Am Ende war das Ergebnis etwa seidenmatt glänzend. Das reichte mir dann bei dem dunklen Furnier auch vollkommen. Ich werde aber, wenn das Wachs endgültig ausgehärtet ist, mit Möbelpolitur noch einmal an die Gehäuse gehen. Gerade bei schwarz durchgefärbten MDF hat sich das bei mir an zwei anderen Projekten bewährt. Versuch macht klug, sagt man ja.

Weiter ging’s. Ich hatte für die Terminals versenkbare Buchsen bestellt, die natürlich nicht herbeikamen. Sie kamen dann drei Tage nach Fertigstellung der Doppel 9er. Also das Loch für die mitgelieferten Terminals nachträglich mit dem Kreisschneider ins Furnier gesägt.

Passt, sitzt und hat Luft. Ausgesägt mit dem Kreisschneider, den ich anfange zu lieben – der tut gut!

Nun, ging doch ohne Bruch.

Dann folgte direkt die Endmontage. Diese Hamsterkäfige werden übrigens immer schwerer und wenn man(n) Hüfte hat…

Esszimmertisch. Weiter kam ich nicht. Hier und jetzt wird es passieren!

Weiche verstecken, anschrauben und Strippen ziehen. Das macht Spaß

Nester bauen und schön zurecht zupfen. Abbildung 19 Endlich darf das Schätzchen Platz nehmen.

Auch Bass und BMT kommen an Ort und Stelle.

Nachdem alles ordentlich angeschlossen und platziert ist, wird verschraubt.

Vorbohren! Mit Gefühl verschrauben.

Fertig. Probestellen und anschließen. Die Doppel 9er dürfen sich im Wohnzimmer, neben den Vota 4, ein paar Tage, von morgens bis abends, einspielen. Dann kommen sie in die Männerhöhle zum Weitertrainieren, aber mit locker 60 Stunden Spielzeit auf dem Tacho. Bevor die D9er in die Männerhöhle verschwinden und für die meisten Menschen unsichtbar (und unhörbar) werden, können sie sich dort halt ein paar Tage aufplustern. Oder ich mich als stolzer Bauherr.

In der Männerhöhle und artgerecht plaziert, mit Wänden im Rücken, erwarte ich vor allem im Bassbereich noch einen signifikanten Zugewinn an Punch. Erstaunlich weit herunter kommen sie auch so schon.

An die Fronten muss ich dennoch nochmals ran, wie oben beschrieben.

Als erstes durfte Suzanne Vega mit ihrem Album “Solitude Standing” ran, dann der sanfte Shouter Mitch Ryder. So entjungfert, wurde in der Folge fleißig gestreamt. Tagelang. Nur unterbrochen von abendlichen TV-Sessions und Vinylparties: von Roberta Flack, über Warren Zevon, aber auch Yello, Kraftwerk und so weiter. Ach ja, … und so weiter und so weiter.

Klang der HT in den ersten Minuten noch etwas harsch, war das dann auch Minuten später erledigt. Während ich noch den Hot Spot auf meinen Lieblingsplatz ausrichtete, öffnete sich schon das Klangbild enorm und was ich ein paar Stunden später (etwas vorwitzig) zu meiner Frau sagte, war am nächsten Tag für mich definitiv klar: Das sind die deutlich besten Boxen, die wir jetzt im Hause haben.

Selbst mit der aktuell ungünstigen Aufstellung wird das Klangbild immer weiter und auch tiefer. Der Klang, im mittleren Bereich, der für die Wiedergabe von Stimmen zuständig ist, treibt einem bei entsprechendem Material die Tränen der Rührung in die Augen. Jazz, Soul, Blues. Country, Americana. Funk, Elektro, Rock. Interessant ist für mich aber auch, dass die Doppel 9 am Stream schon so richtig ihre Klasse zeigt. Etwas verblüffend für mich. Hier streamt Amazon Music in HD oder Ultra HD … whatever.

Die Damenriege aus meinem Geburtsjahrzent treibt Tränen in die Augen.

Fazit, weil der Baubericht überraschend schon am Ende ist: Die Doppel 9, BelAir 92, stellvertretend für die BelAir Reihe, ist für mich ein großer Wurf. Ob Eton Liebhaber damit klar kommen, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber wer aus der nicht so analytischen Ecke kommt, wird hier seine Traumboxen finden. Liebe ich schon die Satori-Chassis seit Jahren, ist diese Serie noch mal eine Klasse darüber. Das war nicht meine letzte Box aus dem Hause Udo Wohlgemuth, bzw. Acoustic Design Wohlgemuth.

Und meine Frau so: „Aber, aber … du hast gesagt…?“

Edit: Die Doppel 9 stehen am gewünschten Ort, wo wir gemeinsam der Rente zu fiebern und es ist so, wie ich erwartet habe – tatsächlich noch mehr Tiefe und ein zufriedenstellender Druck im Bass. Was ein Neuner halt so kann.

Edit 2: Wer nach diesem Baubericht der Meinung ist, dass es mir weniger um den Bau an sich, sondern um das Ergebnis geht, liegt erstaunlich richtig. Deswegen habe ich, als ich endlich anfangen konnte, dieses Projekt auch innerhalb einer Woche durchgezogen, trotz Regenwetters. Es gibt aus diesem Grund sicherlich Abzüge in der A-Note, aber hey! – ich höre jetzt diese wahnsinnig tollen Boxen und tanze nicht mehr ums Furnier herum.

Henning

Zur BelAir 92 (Doppel 9) im Online-Shop

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Wenn der Henning einmal loslegt, dann zieht er es durch. Auch unter der Gafahr, eine Pfütze in der Wohnung zu haben, weil das Klo für die Katzen unerreichbar ist 😉
Die D9 ist einer der entspanntesten Lautsprecher, die ich gehört habe. Bei Bedarf kann die D9 aber auch die “Männerhöhle” fast einreißen…
Eine Anmerkung zum verwendeten Wachs: das Zeug kann sehr glänzen.
Rezept für Glanz:

  • Schleifen 240er bis 320er Korn
  • Vorgewärmtes Wachs (ca. 35° – 40° C) mit einem Pinsel auftragen
  • etwa 20 – 30 Minuten mindestens Warten
  • Mit einer Bürste auf Glanz polieren. Es gibt Sisal-Bürsten-Aufsätze aus Polierschops für die Bohrmaschiene, damit geht es schneller und schont die Arme

Ist ein wenig anders in der Bearbeitung als Hartwachöl

Hallo Henning,

du bist also auch erfolgreicher und langjähriger Wiederholungstäter im Lautsprecherbau. Die D9 ist eine sehr gute Wahl. Bei mir spielt ein Paar D9 im Wohnzimmer (in einer geheimen Frankenstein-Variante mit ER4 und daher hier nicht berichtsfähig 😉 )
Ich höre damit meistens Deep House Relax Beach Club Musik durch die offene Terrassentür, wenn ich auf dem Balkon Zigarren rauche, oder Musik des jeweiligen Landes, dessen Küche ich beim Kochen zu imitieren versuche.

Deine Umsetzung mit Furnier und schwarzem MDF ist sehr gelungen. Die Klemmen finde ich als Frequenzweichenexperimentator sehr interessant . Ich kannte bisher nur die Wago-Clips.

Viel Spaß mit den D9 in der Man Cave!

Beste Grüße,
Martin F

Das Bügeleisen wird doch im Bausatz der Mona mitgeliefert 🙂

Hallo Henning, viel Spaß mit den neuen Schätzchen! Was ich sehr interessant finde sind die Weichensteckverbindungen. Der Lötkolben ist (noch) nicht mein best buddy… Daher meine Frage, was sind das für Steckverbinder und wie sind sie befestigt? Schön ist das sie in mehreren Varianten zu haben sind. 1 auf 2, 1 auf 4… LG Andreas

Hallo Henning,
wie auch in deinem Fall, sieht eine eckige Box mit Furnier und Öl bzw Wachs super aus. Ist auf jeden Fall Wohnzimmer tauglich. Viel Spaß damit. Die Vota ist übrigens auch schick.

Last edited 1 Monat her by Alechs
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