21. September 2025

U_Do Mal Anders

Autor: Belgabad

Wie alles begann: Ein guter Freund und ich saßen zusammen in der Kneipe seines Papas und haben uns ein ruhiges Wochenende gemacht. Irgendwann ging uns nicht die Musik an sich, sondern die Lautsprecher ein bisschen sehr auf die Nerven und so war die Idee geboren, dem Wirt zum 60. Geburtstag Lautsprecher zu bauen. Sozusagen eine echte Schnapsidee.

Die Kneipe besteht aus drei Räumen, von denen einer vom Rest getrennt ist. Genau diesen hatten wir als unser Ziel gewählt, damit Udos Kreationen sich nicht mit anderen Lautsprechern beißen. Also haben wir uns das restliche Wochenende Gedanken gemacht, was uns der Spaß kosten soll und was wohl der richtige Bausatz sein könnte. Wieder zuhause angekommen, schnell eine Nachricht an Udo verfasst und beschrieben, was wir vorhaben. Schnell wie immer kommt die Antwort „Hallo, da kann ich dir leider nichts anbieten, was den Kneipenalltag aushält.“. Allgemeine Ernüchterung macht sich breit. Ein wenig hin und her überlegt und am Ende entschieden, dass wir es trotzdem versuchen und die LS im Notfall auch im Wohnzimmer gut aufgehoben sind. Vielleicht hatte Udo auch nur eine andere Vorstellung von kneipentauglich.

Da es sich um eine 60er Jahre Kneipe handelt, in der hauptsächlich Rock bis Metal gespielt wird und nicht die allergrößten Anforderungen von den Besuchern zu erwarten sind, stand die U_Do Reihe fest. Die LS müssen trotz Kneipe keine Partypegel schaffen, können nur an der Wand hängen und ich wollte mal gerne das ACL Prinzip testen. Somit fiel unsere Wahl auf die U_DO 51 ACL.

Was passt besser in eine 60er Szenekneipe als Lautsprecher im Röhrenradio-Design. Also ist das auch geklärt, U_DO 51 ACL als Röhrenradio in Eiche Massivholz. Die Planung und den Bau hab ich etwas mangelhaft dokumentiert. Dafür gibt es gleich das Ergebnis zu sehen.

Wer sich jetzt fragt, warum der Bericht „Mal Anders“ heißt und anstelle von „SABA“ und co. auch auf den Lautsprechern ein Schildchen mit „Mal Anders“ zu sehen ist, dem sei gesagt, dass die Kneipe offiziell ein Musik Café ist und eben diesen Namen trägt: „Mal Anders“.

Der große Tag ist gekommen und Manni feiert Geburtstag. Dass man auch an seinem 60. Geburtstag noch über beide Ohren grinsen kann, hat er beim Anblick der Lautsprecher bewiesen.

„Nächste Woche höre ich mir die mal ganz in Ruhe an“ hat er gesagt und wohl auch gemacht, denn eine Woche später war er so begeistert, dass er sich was überlegt hatte. Die Lautsprecher würden da, wo sie jetzt hängen, gar nicht zur Geltung kommen. Wir sollten doch noch ein Paar, aber etwas größere, bauen und dann kommen die zur Theke und die U_Do51 in den Nebenraum. Also gleich das nächste Projekt.

Aber vor dem nächsten, hoffentlich etwas besser dokumentierten Baubericht eine kleine Unterrichtseinheit am Sonntag mit dem Titel „ Verstehen Sie Holz?“

Lautsprecher in Massivholz hatte ich schon im Kleinen getestet und jetzt das Ganze etwas größer und komplexer.

Wenn man verstanden hat, wie Holz funktioniert, ist es gar nicht so unmöglich, daraus ein dichtes Gehäuse zu bauen. Holz quillt (wird größer), wenn es nass wird, und schwindet (wird kleiner), wenn es trocknet, aber nur quer zu den Fasern. Man könnte auch sagen wenn ein Baum vertrocknet wird er dünner, aber nicht niedriger.

Dieses Quellen und Schwinden lässt sich nie ganz vermeiden, da trockene Heizungsluft oder schwüles Wetter schon ausreichen, um die Holzfeuchte zu verändern.

Noch eine Problematik, die das Quellen und Schwinden mit sich bringt, ist das Werfen oder auch Schüsseln. Um dies zu verstehen, guckt man sich Hirnholz an. Das ist die Seite an einem Brett, an dem die Jahresringe erkennbar sind. Beim Trocknen zieht sich die Seite des Holzes, die vom Kern weg zeigt (linke Seite), mehr zusammen, als die Kernseite (rechte Seite) und somit ist das Brett gebogen.

Das Schüsseln kann man genau so wenig verhindern wie das Quellen und Schwinden. Es gibt aber auch hier Lösungen, um die Folgen auf ein erträgliches Maß zu verringern:

Man nehme trockenes Holz!

Für nasses Holz gilt die selbe Regel wie bei Brennholz. Es trocknet ca. 2-3cm pro Jahr. Das bedeutet z.b.: Im Garten hat der Sturm einen schönen Baum umgeworfen, der Nachbar hat ihn in 6cm dicke Bohlen gesägt und jetzt muss das Ganze unter Dach gut belüftet (je nach Holz) ca. 2-3 Jahre trocknen, um auf 20% Ausgleichsfeuchte zu kommen, die sich im Außenbereich einstellen.

Für unseren Zweck ist das jedoch noch zu viel, denn in beheizten Räumen liegt die Ausgleichsfeuchte des Holzes bei ca. 9-13%. Diese sollte das Holz auch in etwa haben, wenn wir es weiterverarbeiten.

Wer jetzt draußen im Schuppen noch ein paar Bretter hat und aus denen etwas bauen möchte, sollte sie vor Arbeitsbeginn daher für einige Zeit ins Haus holen, aber nicht auf die Heizung legen. Das ist dem Holz zu schnell. Es trocknet lieber langsam, 3-4 Wochen für ein Brett (2-3cm dick) sollte man schon Zeit haben. Je dicker das Holz ist, um so länger muss es trocknen.

Jetzt haben wir trockenes Holz – entweder gekauft oder selbst getrocknet – und wollen es so verarbeiten, dass wir wenig Probleme mit den oben beschriebenen Eigenschaften Quellen,Schwinden und Schüsseln haben.

Nehmen wir uns als erstes das Schüsseln vor. Der Trick ist es, ein breites Brett in etwa 6-8cm breite Leisten zu schneiden und diese dann zu einer Platte zu verleimen. Die Verformung, die durchs Trocknen entstanden ist, kann man nicht mehr rückgängig machen, sondern muss sie mit Säge und oder Hobel beseitigen.

Das Holz wird also etwas größer gesägt, als wir es nachher haben wollen, und dann aufs gewünschte Maß gebracht. Die Fachkraft spricht von abrichten, fügen und Dicken hobeln. Diese Bretter können nun zu einer Platte mit der gewünschten Größe verleimt werden. Hierbei darauf achten, dass rechte und linke Seite des Holzes abwechselnd oben liegen. Dadurch biegt sich jedes schmale Brett nur ein wenig in die entgegengesetzte Richtung und die ganze Platte bleibt grade.

Beim Sägen dieser Leisten auch gleich darauf achten, dass große Äste und der Kern des Baums (Markröhre) nicht mit verarbeitet werden, da diese oft für unliebsame Überraschungen sorgen.

Die so entstandene Platte kann aber immer noch quellen und schwinden. Das Holz z.b. durch Lack oder ähnliches daran zu hindern, Feuchtigkeit aufzunehmen oder abzugeben, funktioniert in der Regel nicht. Spätestens wenn das Bassreflexgehäuse (Luft kommt ins Innere) von innen lackiert werden soll, wird es sehr aufwändig. Also muss so gebaut werden, dass sich zusammengeleimte Stellen gleichmäßig bewegen. Das haben wir wie folgt gelöst: Seiten, Boden und Deckel haben eine umlaufende Maserung und können somit an den Kanten verleimt werden.

Das ganze Gehäuse kann dünner oder dicker werden. Kommen jetzt Front und Rückseite dazu, funktioniert das nicht mehr. Denn die Maserung steht an den Seiten senkrecht nach oben und an der Front liegen sie quer.

Wenn die Front nun höher oder niedriger wird, bewegt sich die Seite in diese Richtung nicht mit und es würden sich über kurz oder lang Risse bilden. So haben wir in dem Rahmen aus Seiten, Boden und Deckel Nuten gefräst, in denen Front und Rückseite sich bewegen können. Damit aus dieser Nut keine Luft kommt, haben wir sie mit Kompriband abgedichtet, ein dauerelastisches Dichtband, das nach dem Zusammenbau langsam aufquillt und die vorhandenen Fugen abdichtet.

Die Trennbretter für das ACL Gehäuse bzw. Mitteltonkammer und den Bassreflexkanal sind nach dem selben Prinzip verbaut. Damit sollten die Grundlagen von „ Verstehen Sie Holz?“ abgehandelt sein. Wer jetzt nur Bahnhof verstanden hat, kann beruhigt sein. Es gibt zwei Varianten das Ganze zu umgehen:

Variante 1 : Plattenwerkstoffe sind in jedem Baumarkt oder Holzhandel erhältlich
Variante 2 : Quellen und Schwinden setzt erst ab einer Holzfeuchte von unter 30% ein. Wenn man es schafft, seine Bauprojekt dauerhaft nass zu halten, hat man dieses Problem nicht.(aber dafür viele andere, z.b. kommt der Schimmelpeter zu Besuch)

Abschließend sei noch gesagt, dass insbesondere die Herstellung der Holzplatten eine gewisse Grundkenntnis im Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen voraussetzt und diese auch vorhanden seien sollten. Diese Arbeitsschritte können nicht mit Oberfräse, Stichsäge und Schleifer erledigt werden. Doch möglicherweise gibt es in der Nähe einen Maker-Space, der diese Maschinen zur Holzbearbeitung zur Verfügung stellt.

Jetzt hab ich aber lange genug um den heißen Brei geredet. Eigentlich sollte das doch ein Baubericht werden und keine trockene Abhandlung über das theoretische Verhalten eines eigenwilligen Naturprodukts. Projekt Nr.2, als Ergänzung zur U_Do 51 ACL, ist am Ende die U_Do 53 geworden.

Am Anfang war der Baum. Nun ja, der ist jetzt schon seit einiger Zeit keiner mehr, aber dafür in mehr oder weniger handliche Bohlen zersägt. (Wenn man 6m lang 60cm breit und 6cm dick noch als handlich bezeichnen kann.) Dies wurden mit Ketten- und Kreissäge in nun wirklich handliche Formate gebracht. Die Rohlinge der Leisten für die späteren Platten waren aber noch etwas scheu und wollten noch nicht aufs Foto. Nach dem Abrichten, Fügen, Hobeln und Zusammenleimen haben sie aber ihre Scheu abgelegt und es geht mit Bildern weiter. Beim nächsten Bauprojekt nehme ich die Kamera aber von Anfang an mit, versprochen!

Die so entstandenen Platten (sind im Kapitel „Verstehen sie Holz?“ zu sehen) wurden mit Kreis- und Kappsäge zu den einzelnen Teilen der LS verarbeitet. Auch hier, wie schon bei den U_Do 51, sollte kein Hirnholz zu sehen sein. Daher wieder alle Ecken des Gehäuses auf Gehrung geschnitten.

Nach dem Zuschnitt wurden die Nuten für die Dehnungsfugen gefräst. Da die Front 2,5cm zurückgesetzt wird, kann man hier die ganze Dicke der Front ausfräsen. Bei der Rückseite ist das nicht möglich, da diese außen bündig sitzen soll. Da die Front und Rückseite nicht befestigt werden in Form von Kleber oder Schraube, um sich bewegen zu können, halten sie nur in den Nuten. Werden diese außen bündig gefräst, fällt die Rückseite einfach heraus. Daher wird diese Nut schmaler und etwas nach innen versetzt. Bei der Rückseite wird eine Kante gefräst, die in diese kleinere Nut passt (nennt sich Falz) und die trotzdem noch außen bündig sitzt. Oben auf dem Stapel liegt die Rückseite mit der Falz.

Anschließend noch die Öffnungen in Front und Rückseite sägen und Chassis einlassen. Beim Bassreflexkanal auf den Faserverlauf des Holzes achten und auch ankleben. Auf der Innenseite der Fronten sind zwei Bohrungen zu sehen. In diesen sind Magnete eingelassen, um die Stoffblenden zu befestigen.

Bei den Seitenteile haben wir Dominodübel in der Schmiege gefräst, um das Zusammenbauen zu vereinfachen. Das erste Zusammenstecken aller Teile sieht dann auch fast vielversprechend aus. Aber auch nur fast.

Wieder zurück zu Hause aus der Werkstatt fällt mir auf, dass sich anstelle der SB 19 STC die Hochtöner der SB Reihe, die SB 26 STC, in das Paket von Udo geschlichen haben. Unproblematisch, wie Udo halt ist, hatte ich kurze Zeit später die richtigen Hochtöner und er die falschen wieder zurück. Nur musste ich jetzt feststellen, dass ich die Löcher für die Chassis nicht nach den Maßen der Zeichnung, sondern nach den gelieferten Chassis ausgeschnitten hatte.

Die Lösung des kleinen Passnichtgutes ist, das zu große Loch mit dem Kreisschneider ausbohren und einen Stopfen aus den Scheiben, die bei den Mitteltönern angefallen sind, zu basteln.

Nach dem Fräsen des neuen Lochs gleich noch den Rahmen für die Stoffblende mit gebaut. Wenn man ganz genau hin sieht erkennt, man die Reparatur am HT noch.

So sieht es dann beim Zusammenbauen aus.

Zu sehen sind hier die Dominodübel an den Schmiegen und wie das Kompriband (grau) verbaut wird. In den Nuten der Front und Rückseite kann es im zusammengebauten Zustand aufquellen und für die Dichtigkeit sorgen, aber trotzdem kann sich das Holz noch bewegen. Die Mitteltonkammer hat keine Nuten. Hier sorgen Winkel die an die Ecken geschraubt sind für die Lagesicherung und auch wieder Kompriband für die Luftdichtung.

Wie das Ganze nun fertig aussieht und wie die guten Stücke sich nach nun mittlerweile über zwei Jahren in den Kneipenalltag eingelebt haben, wird euch jetzt der Manni höchst persönlich berichten.

Das kann man nicht beschreiben, das muss man sich anhören!! Am Wochenende kann jeder zu uns ins „Mal Anders“ in Schieder-Schwalenberg kommen und bei Kaffee und Schnitzel oder Bier und Kuchen Musik genießen.

Samuel

Zur U_Do 51 ACL im Online-Shop
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Hallo Samuel,
Vielen Dank für diesen Bericht. Dein Exkurs in die Theorie der Holzbearbeitung ist hervorragend erklärt. Davon wünsche ich mir mehr, wie man ein paar Bretter winklig verleimt ist ja schon oft genug erklärt worden.
Tolles Design, die Lautsprecher sehen sehr wertig aus.
Und Schwalenberg ist gar nicht mal so weit weg, ich werde mal meiner besseren Hälfte einen kleinen Ausflug vorschlagen.
Viele Grüße,
Hermann

Hallo Samuel, ich bin von der Umsetzung begeistert!

Die Idee mit dem Dichtband finde ich super gut.
Du schreibst, dass es langsam aufquillt. Wird es durch Druck aktiviert, oder ist das eher ein Dichtband wie man es zum Beispiel zum Fenster abdichten nehmen könnte? Eine Art Schaumstoff. Glaube von Tesa gibt es sowas.
Ich hatte mir nämlich lange Gedanken gemacht zu einer eingenuteten Front, konnte sie aber nicht 100% abdichten.

Auch deine Beschreibung und der Bau des Gehäuses aus Vollmaterial ist beachtlich. Da muss schon alles stimmen, dass es keine Risse gibt.
Alles in allem und auch die Optik passend zum Raum ist Mega gut geworden! Danke dir sehr für den Bericht, war sehr lehrreich.

Viele Grüße aus dem Schwabenland
Alex

Oh ja, herzlichen Dank! Dann weiß ich für die Zukunft Bescheid 👍

Hallo Samuel,
Das scheint ein interessantes Zeugs zu sein. Hast du einen Link zum Dichtband?
Gruß Udo

Hallo Udo,

findest du z.B. hier: https://amzn.eu/d/1szXVIl

Ciao Chris

Danke dir Chris! 👍

Hallo Samuel

Klasse Arbeit und Superbericht.

Dass sich der Manni über diese, ins Ambiente absolut passenden, Lautsprecher gefreut hat, ist kein Wunder.

Auf der Webside der Kneipe sind sie schon zu sehen.

Habt Ihr das Volumen der U 53 beibehalten? Auf den Bildern sieht´s zumindest recht klein aus.

Servus

Peter

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