30. Juni 2019

Langes Gesicht – der Truppe-Sub und seine Folgen U_Do 18

Autor: Udo Wohlgemuth

“Ich hab da eine Idee”, schrieb uns Michael Truppe vor ein paar Wochen. Naja, nicht gerade verwunderlich für den Mann, dessen Youtube-Kanal “Lets Bastel” auch hier bestens bekannt ist. Als er vor gut zwei Jahren unsere Mona vorstellte, war die Zahl der Abonnenten noch recht überschaubar. Seither ist die Follower-Gemeinde geradezu explosionsartig auf eine Viertelmillion angewachsen. Hat er sich auch verdient, selten wird Bastelspaß mit einer so guten Unterhaltung geboten, weit weg von jeder Lehrmeister-Attitüde, dafür mit viel komödiantischem Talent, das sich auch selbst mal auf die Schippe nimmt. So geht auch der berüchtigste Doppellinkshänder gern mit auf den Weg zum Selbsbau-König – “trau dich!” ist dabei immer der erste Schritt.

Der Truppe-Sub

Nun, was war die Idee, von der Michael schrieb? Ein lauter Subwoofer wurde gewünscht, nicht einfach eine Kiste mit großem Loch für ein dickes Basschassis, schon  baulich etwas anspruchsvoller und vor allem nicht so groß.  Hier kam uns sofort unser Glück zu Hilfe, das uns fast immer rechtzeitig das passende Chassis zu einer Idee liefert. Richtigerweise kommt das natürlich von SBAcoustics, heißt SB 15 SRCF 39-8, ist oval, kostet 39 Euro und nicht wirklich einfach bündig in die Front zu fräsen.

SB 15 SRCF 39-8

Fs 35 Hz Mms 23,9 Gramm
Diameter 150 mm BL 7,8 Tm
ZMax 104 Ohm VAS 38 Liter
Re 6,0 Ohm dBSPL 87 dB/2,83V
Rms 0,62 kg/s L1kHz 0,67 mH
Qms 8,52 L10kHz 0,24 mH
Qes 0,52 SD 178 cm²
Qts 0,49 MMD 22,6 Gramm
Cms 0,85 mm/N Zmin 7,0 Ohm

“Das kann ich”, behauptete der “old fox”, also schickten wir ihm vier der Pappen samt Dämmstoff, Kabeln, Schrauben, einer groben Volumeneinschätzung (+/- 20 Liter pro Bass) und einfacher Sketchup-Skizze ins schwäbische Unterallgäu.

Für den Antrieb rieten wir ihm zum Monacor SAM-300 D, das die 2+2 parallel und hintereinander geschalteten Chassis mit ihren ungefähr 700 cm² Membranfläche gut im Griff hat.

Was er daraus gemacht hat, ist nun auf Youtube bei Lets Bastel in Teil 1 und Teil 2 zu sehen. Als Urheber steht es ihm selbstverständlich zu, die endgültige Bauzeichnung zu vermarkten. Ein Anlass für unkontrollierte Schnappatmung ist der Preis nicht, bestenfalls ist er eine kleine Anerkennung für die aufgewendete Zeit, um sein unterhaltsames Video zu erstellen. Hier ist der Link zum Erwerb seines geistigen Eigentums.

Damit der geneigte Nachbauer weiß, was er dafür bekommt, haben wir mit nur einem Bass in einer vergleichbar großen Kiste ein paar Messungen gemacht.


Der Inhalt des Truppe-Subs kann in unserem Online-Shop geordert werden.

Nun haben wir ganz ohne eigenes Zutun einen weiteren, sehr potenten, dennoch preiswerten Subwoofer im Programm. Damit nun aber niemand vermutet, dass wir unsere Entwicklungsarbeit ganz und gar in andere Hände gegeben haben, setzten auch wir unsere Gehirnzellen in Bewegung und gebaren ebenfalls eine Idee, die wiederum mit einem Satz neuer Chassis aus der SB-PFC-Reihe einherging.

U_Do 18

Schon vor längerer Zeit haben wir ein paar der interessanten Coax-Chassis geordert, warteten aber auf Rat der Entwickler auf eine kleine Änderung am Schwingspulen-Träger. Vor zwei Wochen kamen die überarbeiteten SB 16 PFC-4_Coax bei uns an, deren Parameter wir augenblicklich und fast noch im Karton steckend ermaßen. Stimmt so natürlich nicht, die Chassis durften erst einmal 24 Stunden voraltern – macht man halt so vor den Messungen.

SB 16 PFC25-4 Coax

Fs 42 Hz Mms 14,5 Gramm
Diameter 130 mm BL 5,1 Tm
ZMax 28,1 Ohm VAS 24,1 Liter
Re 3,3 Ohm dBSPL 88 dB/2,83V
Rms 1,05 kg/s L1kHz 0,43 mH
Qms 3,65 L10kHz 0,19 mH
Qes 0,49 SD 178 cm²
Qts 0,43 MMD 13,6 Gramm
Cms 0,98 mm/N Zmin 3,8 Ohm

Sehr schön, daraus lässt sich doch so Manches machen. Zuerst simulierten wir mit den Parametern eine Bassreflexbox, für 6-Zoll-Chassis heute ein Muss.

Prima, 24 Liter mit Schlitz und etwa 45 Hz untere Grenzfrequenz – kann man bauen. Geht etwa auch ACL, das hier wohl beliebteste Bauprinzip? LspCAD sagt:

Das lässt sich mit dem U_Do18Coax17ACL_Holzlistenrechner leicht in passende Gehäusemaße umsetzen.  Minus drei dB um 35 Hz, oh man, das sieht gut aus. Naja, der Pegel ist begrenzt, ein Subwoofer trotzdem die falsche Ergänzung. Also zurück in die Realität.

Ideal lässt sich der Truppe-Sub im Heimkino oder mit nicht zu großen Satelliten im Jugendzimmer einsetzen, das ist seine artgerechte Heimat. Dafür wird er um 60 bis 80 Hz getrennt, darüber läuft der Satellit, im Hometheater mindestens fünf. Wer mehr braucht, kann auch zwei Subs und elf Satelliten rund um sich scharen. Bassreflex oder ACL sind in diesem Falle nicht die erste Wahl, aber geschlossen geht bei der großen Membranfläche des 16ers sehr gut. Für 75 Hz (-3dB) reichen schon knapp 10 Liter, sagt LspCAD:

Flugs Sketchup aufgemacht und für die zehn Liter eine Zeichnung gemalt, die sich aus nur sechs Brettern und je einem Loch in Front und Rückwand zusammen setzen ließ.

Schnell waren auch die Bretter verklebt, nachdem wir erstmals den Zuschnitt komplett mit der CNC-Fräse erstellt hatten. Vorangegangen war der Wechsel einiger Lager, den uns Markus Freund von CNC-Concept an einem Freitagnachmittag mal eben auf die Schnelle gemacht hat. Länger hatte nur der Weg um Kassel herum gedauert, wo ein Autobahnkreuz gesperrt war. Die Navi mit den alten Karten wollte uns zwingen, diesen Umstand zu ignorieren. Das Smartphone – meine Frau hatte es mir für die Fahrt geliehen – hätte mich schneller nach Thüringen geführt, doch die darin eingeschlossene Stimme sprach nur vollkommen unverständlich leise mit mir.

Dank Markus schafft die Fräse nun 3000 mm/ min, wodurch die Zuschnitte in angenehm kurzer Zeit und völlig maßhaltig durch sind.  Klebebilder habe ich mir geschenkt, so können wir die gesparten Seiten dereinst vielleicht anderweitig nutzen. So sah der Aufbau nach dem Schleifen mit eingesetzten Chassis aus.

Nicht zu sehen ist das Terminal, aus dem neben den Klemmen ein weiterer Kabelsatz herausführte. Auf diese Weise konnten wir zur Weichenentwicklung Bass und Hochtöner getrennt anschließen und von außen mit Bauteilen füttern. Optisch recht gut machte sich der Bass, dem wir das U_Do-typische Filter aus Spule, Saugkreis und parallelem Kondensator (diesmal etwas durch einen zusätzlichen Widerstand modifiziert) vorbauten. Der Hochton, gefiltert mit 12 dB,  sah dagegen aus wir ein Ritt durch die Alpen.


Beim Coax-Chassis sitzt der Hochtöner mitten in der Bassmembran, die für ihn eine Schallführung darstellt. Oftmals wird das als riesiger Vorteil, doch völlig falsch mit dem Begriff “Punktschallquelle” beschrieben. Tatsächlich wird so nur der baulich bedingte Fehler des Breitbänders kompensiert, der zu hohen Frequenzen immer mehr bündelt und so außerhalb eines kleinen Sweet-Spots immer dumpfer klingt. Der Hochtöner im Zentrum strahlt wegen seiner kleinen Membran breiter ab und ist auch unter zunehmendem Winkel noch gut (an)hörbar. Zur Verdeutlichung haben wir diesmal  ein paar zusätzliche Messungen des HT-Zweigs in 15 Grad-Schritten gemacht.


Auch die Winkelmessung des U_Do 18 zeigt, dass die Boxen parallel zu den Wänden aufgestellt werden sollen. So sitzt der Zuhörer immer im leichten Winkel zu den Lautsprechern. Wird die U_Do 18 unter dem TV liegend als Center genutzt, entsteht der Winkel für den Zentralsitzenden von selbst. Auch die so sehr gefürchteten (und völlig überschätzten) Einbrüche im Frequenzgang für seitliche Zuschauer gibt es bei den Coax-Chassis nicht.


Zum Einbau der fertigen Weichen auf der Rückwand über dem Terminal haben wir die Chassis noch einmal aus den Boxen genommen und ein paar erklärende Fotos gemacht.


Der erfahrene Leser wird sofort bemerken, dass wir den Hochton-Zweig diesmal nicht direkt an der Weiche verpolt haben. Daher mussten wir das beim Chassisanschluss nachholen. Die Anschlussfahnen des HT sind am Kabel zu erkennen, das durch die Polkernbohrung zum Tweeter führt. Die schmale Fahne ist der Minuspol. Mit einer 30 x 80 cm Matte Dämmstoff wird die Box locker gefüllt. Nach dem Anschrauben des Chassis durften die U_Do 18 in den Hörraum wandern.

Nun ist es nicht ganz einfach, eine Klangbeschreibung für geschlossene Satelliten zum Besten zu geben, denen bewusst das untere Frequenzband gestohlen wurde. Das soll vom Subwoofer beackert werden, der aber fast 600 km entfernt bei Lets Bastel steht. So lang sind meine Kabel nicht und so laut kann man den Truppe-Sub nicht aufdrehen, dass beide Heimkino-Teile wenigstens in Stereo bei mir pegelmäßig zusammen kommen. Naja, da half ein halber TS, der schon mal vorweg für ein anderes Projekt gebaut wurde.  Die halbe Membranfläche kompensierten die vier Ohm der parallel geschalteten SB 15 SRCF, nur der Maximalpegel war geringer. Laut genug wurde es dennoch, als in Stereo Deep Purples “Smoke on the Water” ertönte. Doch noch wichtiger als laut war die Tatsache, dass wir problemlos den Text mitsingen konnten, den uns Ian Gillan sehr gut verständlich vorgab. Nicht einmal das von draußen unkontrolliert wirkende Hampeln mit Händen, Füßen und Kopf trügte den guten Klangeindruck an den verschiedenen Stellen des Raums, an denen wir uns schnell wechselnd befanden.

Weit ruhiger ging es zu, als Pink Floyd “Shine on you crazy diamond” vor unseren geschlossenen Augen zelebrierte. Die Bassdrum schob uns nach etwa 3 Minuten 30 nicht vom Sofa, war aber sauber, dynamisch, kurz und trocken. Alle drei Eigenschaften, die wir von guter Wiedergabe erwarten, waren also erfüllt.

Doch was schreib ich hier von alter Männer Musik. “Remember when you were young” war zwar soeben noch das Thema, die U_Do 18 jedoch eher für junge Leute oder preiswerten Einstieg in die  Heimkinowelt konzipiert.  Nun, da kann ich sagen, niemand wird enttäuscht sein. Sprache, Effekte, laut und leise, alles geht. Und wenn der Truppe schon den Pegel beim Sub runter nehmen muss, obwohl er ohne Ohrschutz fräst und sägt,  dann muss man dazu doch auch nichts mehr schreiben. Die U_Do 18 halten problemlos mit, für die Ohren wollen wir das nicht behaupten.

Udo Wohlgemuth

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Moin Udo,

eignen sich die U_Do18 wohl auch als Rears zu den Sb36 oder tanzen sie im Vergleich zu den anderen U_Dos sehr aus der Reihe? Ich vermute, dass es natürlich funktioniert, aber lieber nochmal den Meister fragen 🙂 Derzeit stehen hinten noch die alten Quickly 14, aber die werden jetzt zu meinen Eltern verschickt. Corona und Disney+ steigern auch bei den Mittsechzigern die Erwartungshaltung ans Entertainment 😉

Liebe Grüße,
Helge

Quickly 14 habe ich auch, war damit auch sehr zufrieden…. Gibt es einen Klangvergleich zwischen Quickly und U_do 18? Die U_do Reihe allgemein soll der alten Quickly Serie ja überlegen sein. Mein Plan wäre Udo 18 für die Front und Udo 19 hinten in 5.1. Dazu evtl. der Truppe sub.

Oder doch lieber Udo 54 als Basis für 5.0? Schwierig alles…

Hallo Schorle,
wenn du mit den Quicklies zufrieden bist, wirst du es auch mit der U_do zufrieden sein. Die U_do sind im Bass etwas knackiger.
iIch habe hier auch noch die 14-er und die U_do 51 gebaut. Also rein subjektiv…
Frag doch einfach im Forum nach was du genau vor hast.
grüße

…da könnte der geneigte Hals(aar)abschneider nicht abgeneigt sein😀

Hi Udo,

freut mich, dass nun endlich wieder ein Coax Bausatz bei dir erhältlich ist. Noch mehr freut es mich, dass du dich bewusst gegen das größere Reflexgehäuse entschieden hast. Für die dezente Unterbringung von mindestens fünf Lautsprechern im Wohnbereich ist es sicher nicht von Nachteil geizig mit dem Volumen umzugehen. Und eine F3 von 75 Hz ist herrlich praxisgerecht. Kannst du abschätzen was bei der Montage direkt an / auf der Wand passiert? Mir schwebt da eine Art Kubus vor, im Idealfall noch einen tacken weniger Volumen. Ich muss mal ein wenig mit der CAD-Software spielen – vielleicht genau das richtige für mein Wohnzimmer… 😉
Sind noch weitere Bausätze mit den kleineren Geschwistern geplant?

Zum Subwoofer:
Irgendwie interessant das Teil, aber der Formfaktor der Chassis schreit doch geradezu nach einem möglichst schlanken Gehäuse mit längs eingebauten Treibern. Das wäre für den ein oder anderen sicherlich ein Problemlöser, zum Beispiel unter der Couch, dem Lowboard etc… Bin gespannt was da noch von Euch kommt.

Weiter so,
Köter

Danke für die Info! 😉

Hmm 10 Liter… Das bringt meine HK Pläne etwas in den “überdenkmodus”… gefällt mir schon ganz gut 😉 Was mir ehrlich gesagt nicht ganz so gut gefällt ist die “Aufteilung” des Bausatzes und des Bauplanes… jedem sei sein geistiges Eigentum gegönnt, aber so hat man das Gefühl weder hier noch dort das volle Programm zu bekommen… da wärs günstiger gewesen den Bauplan hier für nen 10er mehr anzubieten… aber seis drum…
Wie willst Du das halten wenn der erste hier seinen Baubericht mit Bauplan veröffentlichen will?

Georg

Guten Abend. Also der Sub ist mal ganz anders und kann aufgrund der Gehäuseform bestimmt so manches Platzproblem im Wohnzimmer lösen. Und die Gesamtmembranfläche ist ja nicht zu verachten.
Den Coax kann ich mir gut in einer fetten Soundbar vorstellen. Man müsste ihn mal gehört haben.
Gruß und schönen Restsonntag.
Martin

Hallo Udo dann besuch doch den Truppe Mal und ihr dreht zusammen ein Video mehr Werbung geht nicht, aber ich glaube danach kommst du garnicht mehr zur Ruhe 😁😜

Hallo Udo,
wieder mal sehr interessant. Der ein oder andere hat ja schon auf die Coax gewartet. Ein Highlight des Berichts war die Anmerkung zu CNC-Concept. Da wird eine sehr lange Tradition zwischen dem Eichsfeld und dem Pott erneuert. In den Jahren von Hunger und Armut zogen viele Arbeiter aus dem Eichsfeld mit Kisten und Kasten in den Pott, um dort Lohn und Brot zu finden. Heute wird hier Präzisionsarbeit gefertigt und sozusagen in die Welt geliefert. Da hättest du ja auf einen Kaffee rum kommen können, sind ja nur ein paar km Luftlinie bis zu mir.

Gruß Enrico

Oh man,

für den Preis vollwertige Breitbandsatelliten! Die Heimkinofraktion wird staunen, insbesondere wenn das Budget -Real-Life geschuldet- nur kleinere Ausgaben erlaubt.
Man lese nur einmal recht aufmerksam die Aussagen zu dem erzielten Hörwinkel im Hochtonbereich, die Eigenschaften des Breitbänders werden gekonnt ausgenutzt.
Vor 30 min aus der Werkstatt gekommen, ein Paar U_Do2 haben ihr First Sound gehabt. Da geht es los in der Einsteigerklasse und ich bin beeindruckt.
Sehr beeindruckt.
In der U_Do Reihe steckt mehr als man auf den ersten Blick vermutet.

@Udo
ein Besuch hier da hätte ich nicht schlecht gestaunt 🙂

Gruß Rundmacher

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