14. Mai 2023

Ceram 15 und 30 – sieben auf einen Streich

Autor: Udo Wohlgemuth

Auch wenn die Entwicklung eines Bauvorschlags in Stereo nicht unbedingt zur Kategorie “Leichteste Übung” gehört, sind die Herausforderungen im Heimkino ungleich größer. Zwei ausreichend große Boxen stellt man in den Raum, setzt sich davor, rückt Hörplatz und Lautsprecher ein wenig hin und her und schon kann man seine Musik genießen. Wer Rollen unter die Holzkisten geschraubt hat, kann sie nach dem Hören leicht wieder an den Platz zurückschieben, wo sie am wenigsten (den Hausfrieden) stören. Mach das mal mit den heute weit verbreiteten 15 Schallgebern, die vorschriftsmäßig an Wänden und Decken, neben und auf dem TV-Board platziert sein wollen. Möglichst klein müssen sie sein, unter 80 Hz mit halbiertem Pegel muss es dank zugeselltem Subwoofer nicht gehen. Besonders kritisch wird es jedoch, weil eigentlich immer der schlechteste Aufstellort nah an früh reflektierenden Wänden gewählt werden muss, an dem der Frequenzgang ordentlich verbogen wird. Hiervon wollen wir diesmal ein Lied singen, wofür uns die fälligen Ceram 15 und 30 gerade Recht kommen.

Idealerweise wird das Heimkino aus gleichen oder doch recht ähnlichen Komponenten zusammengefügt. Sehen wir davon ab, dass es auch optisch gelungener aussieht: Nur gleiche Klangeigenschaften ergeben ein harmonisches Zusammenspiel. Für die Optik sind die weißen Membranen der Ceram-Reihe selbst im dunklen Theater ein gute Wahl, wie man mich mittlerweile belehrt hat. Also malte ich mir auf die Schnelle meine Freecad-Pläne für die SB 15 und 30 OnWall um. Sie sollen meine Ausgangsbasis für sieben neue Bauvorschläge mit dem SB 15 CAC und dem SB 26 CDC sein.

Ceram 15 CB
Kleine Boxen haben im Heimkino vornehmlich die Aufgabe, Effekte von rundum zum Ohr zu bringen, doch bei beengtem Wohnraum dürfen sie auch die Musik von vorn machen. Mit den oben genannten Vorgaben schlug LspCAD für die Ceram 15 gerade nur 5 geschlossene Liter als benötigtes Volumen vor. Artig gab ich das in meine Freecad-Tabelle ein, bei 20 cm Breite und 34 cm Höhe ergibt sich eine Tiefe von 14 cm. Ja, die Frontbox könnten wir nun auch etwas schmaler, weniger hoch und dafür ein paar Zentimeter tiefer bauen. Doch das kompakte Format passt auch als Rear direkt an oder sogar in die Wand. Einer für alles, das macht es für mich leichter. Wer dennoch andere Maße bevorzugt, kann sie selbst mit Hilfe der Freecad-Datei erzeugen.

Bilder vom Bau habe ich nicht geschossen, viel hätten die sechs benötigten Bretter eh nicht hergegeben. Also ging ich nach Trockung des Leims gleich an die Weichenbastelei für die Fronten. Ein Filter 2. Ordnung und ein Saugkreis begradigten den Frequenzgang des 15ers, der Hochtöner bekam die gleiche Flankensteilheit und einen Spannungsteiler aus Vor- und Parallelwiderstand.

Anders als von LspCAD erdacht, liegt der -3dB-Punkt real bei knapp unter 70 Hz. Aber das ist völlig in Ordnung. Hier noch die restlichen Diagramme.

Kurz durften sich die beiden 15 CB im Hörraum tummeln, wo sie sich gut schlugen. Stimmen waren akzentuiert, Instrumente gut ortbar und der Hochton passte sich sauber ein. Der Bass war dünn, wie es von frei stehenden, geschlossenen Satelliten nicht anders zu erwarten war. Unten fehlte halt der Subwoofer, der im Heimkino unverzichtbar ist.

Ceram 15 OnWall
Aus Neugier packte ich die kleinen Kisten dann auch mal unmittelbar an die Wand, die untenrum für mehr Fülle sorgte. Im Messraum offenbarte sich der Grund als Buckel um 150 Hz, den ich nicht weiter bearbeitete. Nötig war jedoch eine kleine Modifikation des Saugkreises. Bei den folgenden Diagrammen bitte ich Messgläubige um Nachsicht. Ich habe bei der OnWall nichts geschönt, um wohlwollendes Kopfnicken zu provozieren. Der Lautsprecher wurde unter den gleichen Bedingungen gemessen, wie sie jeder Onwall-Lautsprecher am Spielplatz vorfindet. Die berechtigte Frage “Und warum hast du nichts gegen die tiefe Kerbe unternommen?” wird später beantwortet.

Ceram 15 InWall
Nach dem kleinen Schock darst du jetzt die Augen wieder öffnen, denn es folgt zum 15er-Abschluss die viel hübscher anzusehende InWall-Version, bei der sogar der Saugkreis wegfiel.

Um den Buckel bei 180 Hz hätte ich mich auch noch kümmern können. Das überlasse ich aber lieber dem AVR, der zu diesem Zweck keine großen Bauteile in den Signalweg legen muss.

Ceram 30
Nach den Fingerübungen ging es an die Doppelbass-Version die laut LspCAD 10 Liter geschlossen braucht. Hier beließ ich es ebenfalls bei einem Aufbau für alles, die Freecad-Datei für eigene Ideen gibt es natürlich auch.

Ceram 30
Bevor wir uns die Front-Version der Ceram 30 vornehmen, kurz ein paar vereinfachte Worte zu den allgemein üblichen Messbedingungen. Um festzustellen, was die Chassis-Kombination im Zusammenspiel mit dem Gehäuse veranstaltet, werden alle weiteren Einflüsse ausgeblendet. Wenn ein reflexionsarmer Raum zur Verfügung steht, ist das bis in den Bassbereich möglich. Im anderen Fall werden Lautsprecher und Mikrophon weit weg von allen Wänden platziert, um erste Echos von dort in den unteren Mittelton zu verschieben. Oberhalb erhält man einen Schrieb, der die gewünschte Auskunft über die Eigenheiten von Box und Chassis liefert, die bei der Weichenentwicklung berücksichtigt werden müssen.

Ceram 30 CB
Ein Lautsprecher strahlt Schall kugelförmig ab, solange der Membranumfang kleiner als die Wellenlänge ist. Einen Teil davon reflektiert die Gehäusefront und so steigt der Pegel in den Mitten mit abnehmender Wellenlänge (= Schallgeschwindigkeit/ Frequenz) kontinuierlich an. Bei der Weichenentwicklung muss der Hochtöner möglichst nahtlos mit dem Mitteltöner gekoppelt werden, dabei ist auch noch der Gesamtpegel anzugleichen. Den ersten Teil der Forderung erledigte ich mittels Filtern 2. Ordnung, bestehend aus je einer Spule und einem Kondensator für Hoch- und Mittelton.

Nun sehen wir aber einen ordentlichen Buckel mit Zentrum um 1100 Hz. Ihn wie bei der Ceram 15 durch einen Saugkreis zu glätten, ist wegen der Parallelschaltung der beiden 15er nicht möglich. Die Impedanz würde unter 3 Ohm sinken und den Verstärker überfordern. Also wird hier ein Sperrkreis passender Güte (Wirkbreite) aus R1, C1 und L2 vor die Bässe gelegt, der den Hügel einebnet.

Die kurze Hörprobe offenbarte keinerlei tonale oder dynamische Schwächen. Sehr gut waren die Sprachverständlichkeit und die Ortbarkeit bei kleinem wie bei großem Pegel. Etwas dünn waren dagegen Explosionen, weil der dicke Subwoofer fehlte. Alles in allem bin auch ich nun überzeugt: Auch weiße Membranen können Heimkino. Für den reinen Stereo-Hörer haben wir die Ceram 52 ACL, die braucht keinen Subwoofer.

Ceram 30 Center
In liegender Position wird aus den Ceram 30 CB der zugehörige Center. Gleiche Weiche, gleicher Aufbau, nur breit statt hoch. Nun begegnen uns die ersten Grenzen, die uns die Physik setzt. Davon bemerken wir nichts, wenn wir mittig vor der Box sitzen. Zu den beiden Bässen haben die Ohren den gleichen Abstand und die daraus erzeugten Töne treffen zur selben Zeit ein. Setzen wir uns nach rechts, vergrößert sich die Strecke zum linken Bass um grob 20 cm. Das ergibt die unvermeidliche Senke im Frequenzgang um 2 kHz (= 17 cm Wellenlänge). Den Filmgenuss scheint das jedoch wenig zu stören. Anders wär nicht zu erklären, warum diese Art des Centers in mindestens 90 % der Wohnzimmer-Installationen verwendet wird.

Ceram 30 OnWall
In den meisten Fällen fristen die hinteren Effekterzeuger ein unauffälliges Dasein direkt an der Wand, nur selten werden Rears frei stehend genutzt. Wegen der nun mitspielenden frühen Reflexionen können sie nicht mehr als reines Chassis-Gehäuse-Set betrachtet werden, der Ort der Aufstellung drängt sich zusätzlich massiv in die Messkurve ein. Dort wo Direktschall und Spiegelung an der Wand sich gegenphasig überlagern, entsteht eine tiefe Senke im Messschrieb, dem Ohr bleibt sie jedoch im Zusammenspiel mit den anderen Lautsprechern weitgehend verborgen. Auffüllen kann sie auch das beste Einmesssystem nicht. Mehr Pegel im abgesenkten Band bedingt auch wieder lautere Echos, die Kerbe bleibt somit nahezu unbeeindruckt. Auch ausführliche Tests mit Anschrägungen oder Abrundungen führten zu keiner Abschwächung der Reflexionen. Unterhalb der Absenkung sorgt die nahe Wand für eine Verstärkung des Grundtons. Beibehalten habe ich die Weiche der CB-Version, nur der Widerstand im Sperrkreis wurde etwas verkleinert. Damit wurden alle Korrekturen erledigt, auf die wir abseits der Aufstellung Einfluss nehmen konnten.

Ceram 30 InWall
Die vierte Variante der Ceram 30 ist die InWall. Hierbei wird das Gehäuse direkt in die Wand eingelassen, wodurch der Schall bis zur Bündelungsfrequenz die umgebende Luft nur noch in einer Halbkugel anregt Weder Gehäusekanten, noch herausragende Kästen machen sich am Frequenzgang zu schaffen, allerdings wird der Grundton um 6 dB verstärkt. Das Absenken der Mitten ist daher nicht mehr sinnvoll, die Weiche wird vom dafür zuständige Sperrkreis befreit.



Den Buckel im Grundton könnte ich leicht durch einen vorgeschalteten 220 µF Kondensator auf das Mitten-Niveau herunterziehen. Da er jedoch im Signalweg liegt, sollte angesichts der Chassis-Qualität ein MKT oder MKP zum Einsatz kömmen. Sein hoher Preis steht jedoch dem Nutzen entgegen, der AVR erledigt diese Aufgabe dank manuellem Equalizing kostenlos.

Dass sich der Center unter Winkel und die OnWall generell nicht toll messen lassen, war zu erwarten. Vielleicht ist das der Grund, dass kaum einmal entsprechende Messungen bei den diversen Anbietern zu finden sind. Sie deshalb aber von Vornhinein als Bauformen auszuschließen, verbietet sich dennoch. Auch wenn die Schriebe nicht dem Schönheitsideal des Auges entsprechen, klappt das Zusammenspiel in allen Zusammenstellungen einwandfrei. Beim Vergleich weichen die Kurven der vier Ceram 30 oberhalb von 350 Hz selbst bei der physikalisch schlechtesten OnWall-Aufstellung nur unwesentlich voneinander ab, tonal ist also für sehr ordentlichen Gleichklang gesorgt. Was unterhalb der Raum ändert, zeigen die übereinander gelegten Messungen an den verschiedenen Stellplätzen.

Und so ist nun auch das Ceram-Heimkino komplett, ideal mischen lassen sich die 15, 30 und 85 in allen erdenklichen Kombinationen. Ein wenig aus der Reihe fallen die Ceram 17 und 34, die mit einer Weiche 3. Ordnung aufgebaut sind. Trotzdem sind die kleinen Schwestern bei Platzmangel auch dafür als Rundum-Ergänzungen ohne Bedenken nutzbar. Ob es oberhalb der unteren Ebene die Keramik-Membranen sein müssen, darf jeder für sich entscheiden. Von dort kommt nichts Klangentscheidendes und so würden mir an diesen Orten auch Lautsprecher der U_Do-Reihe genügen. Mit ein oder zwei Subwoofern für die druckvollen Momente steht dann einem imposanten Kinovergnügen nichts mehr im Weg, sei es im Wohnzimmer oder im hauseigenen Lichttheater.

Udo Wohlgemuth

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So schön kann ein Sonntag beginnen. Ein Heimkino und Multikanal-Sound Rundumschlag mit höchsten deutschen Lob: Da gibt’s nix zu meckern.

Hui, gleich Mal ein Rundum-Schlag!
Sehr spannend finde ich die Messungen und Vergleiche je nach Aufstellung, ähnliches habe ich bei der Wallross ja schon erlebt gehabt. Ich hoffe nur, dass der Bericht nicht für manche Käufer “zu ehrlich” ist 😉

Fehlt jetzt nur noch der Subwoofer… Groß, rund, weiß…
Ist Moby Dick schon vergeben? 🐳

Besten Gruß

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