4. Juni 2023

Schöne neue Welt – Arylic Multiroom

Autor: Udo Wohlgemuth

“Haben wir nicht” musste ich gestehen, als ich in letzter Zeit wiederholt nach Multiroom gefragt wurde. Bekannt war mir die Anwendung natürlich, sie gehört in die Kategorie “Smart Home”. Mit dem ehemals als Telefon bekannten Communikator in der Tasche läufst du durch die ganze Wohnung und hörst, wenn du es so magst, in allen Räumen die gleiche Musik. Die Lautsprecher sind nicht das Problem, davon haben wir genug. Benötigt wird dafür ein Verstärker, der am besten platzsparend in die Box eingebaut werden kann.

Kopplung per Bluetooth bieten einige Systeme. Damit geht es notfalls auch, aber nicht mit dem Komfort, der heute verlangt wird. Zwar kann man auch den PC, einen USB-Stick oder gar einen althergebrachten Zuspieler anschließen, die müssen jedoch in jedem Zimmer körperlich vorhanden sein. Einbindung aller Systeme in das Heimnetz ist gefragt, mit einer App individuell oder in Gruppen steuerbar, streamen von Diensten sowie Radio per Internet sollten auch trotz geringer Kosten ohne zusätzliche Installation in das Gerät integriert sein. Träumen wird man dürfen und sich dann wundern, dass es so etwas tatsächlich gibt. Arylic heißt die Lösung. Dass in den kleinen Platinen sogar ein per käuflicher Workbench programmierbarer DSP steckt, macht die handlichen Plate Amps für mich besonders interessant.

Nun, es sind nicht die repräsentativen Lautsprecher im vornehmlichen Hörraum, die mit Signalen versorgt werden sollen. Kleine Lautsprecher mit ebensolchen Chassis sind eher bei meist knappem Platzangebot in Küchen, Arbeits- oder Schlafräumen angesagt. Schön für die Nachkommen ist es ebenfalls, wenn sie aus ihren Zimmern auf die Musiksammlung der Eltern zugreifen können oder die eigenen Lieblingsmusiker:innen per Stream zu sich einladen dürfen. Wie ein elender Radiowecker darf es natürlich nicht aus den Membranen tönen, etwas mehr Qualität braucht es schon.

Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, müssen wir ein wenig abschweifen. Schon seit Längerem habe ich geplant, die SB 12_6L als Achtohm-Variante aufzubauen. Auf diese Weise kann sie bei Bedarf zum Doppelbass aufgerüstet werden, was viel besser in mein nachhaltiges Konzept passt. Erweitern statt wegwerfen ist Resourcen und Geldbeutel schonend. Dies nun endlich anzugehen, war das Gebot der Stunde. LspCAD empfahl weniger als 4 Liter mit einem 30 cm langen HP 50 für knapp unter 80 Hz mit halbierter Lautstärke. Bautechnisch ist das nahezu unmöglich, also hab ich munter zwei Liter zugegeben und kam mit einem 14,5 cm langen HP 50 knappe 10 Hz tiefer. Freecad lieferte mir die Bauzeichnung und die Holzliste.


Damit ausgerüstet ging es an den Zuschnitt. Da ich mir schon vor einiger Zeit einen wunderbaren Frästisch gebaut hatte, reizte es mich, alle Bretter rundum mit einer 45 Grad-Gehrung zu versehen.

Vor dem Verkleben werden die Platten mit durchsichtigem Paketband gefügt. Die üblichen Bilder zeigen den chronologischen Ablauf, der etwa 10 Minuten in Anspruch nahm.

Nach Kantennachspachteln, Schleifen und Lackieren standen zwei blaue Kistchen im Messraum und warteten etwas ungeduldig auf die Weichen.

Mit ein paar Messungen waren Filter 2. Ordnung als Tief- und Hochpass gefunden, der Hochtöner wurde mit einem Spannungsteiler abgesenkt. Fertig war der zum SB-Heimkino passende Rear in der Achtohm-Version.

Nach dem kleinen Zwischenspiel ist es an der Zeit, zum eigentlichen Thema des heutigen Berichts zu kommen: Die Zusammenstellung des Komplett-Sets aus Lautsprechern, Multifunktions-Verstärker und individueller Programmierung. Handeln wir zuerst einmal das heute Übliche im Schnelldurchgang ab. Bluetooth anmelden, analoger Anschluss per Klinke und Soundkarte über USB funktionieren ohne große Verrenkungen, das System ist sofort nutzbar. Ein Druck auf den dicken Knopf schaltet zwischen den Eingängen, drehen im Uhrzeigersinn erhöht die Lautstärke.

Programmiert wird der Plate Amp über USB von der ACPWorkbench (nicht im Lieferumfang enthalten). So erhalten die angeschlossenen Boxen den letzten Feinschliff, der passiv nur mit vielen Bauteilen möglich ist. Zu Beginn kümmerte ich mich um den Bass, der rein passiv bei meiner kurzen Hörprobe angesichts der geringen Membranfläche natürlich etwas dünn daher kam. Ein Hochpass 2. Ordnung schützt den 12er vor zu viel Hub bei tiefen Frequenzen, den die Anhebung bei 55 Hz bewirkt. Mehr Pegel gab es zwischen 300 und 700 Hz, kleine Absenkungen um 1200 und 6000 Hz. Unter Winkel zeigt sich, dass eine Glättung aller Unebenheiten auf Achse nicht sinnvoll ist.

Per Upload wurde die Programmierung auf das Modul geladen, wodurch der positiv verbogene Frequenzgang nun dauerhaft an die Lautsprecher weiter gegeben wird. In diesem Zustand liefern wir die Komplett-Sets aus.

Kümmern wir uns nun um die Kopplung des Plate Amps mit dem Heimnetz. Die kostenlose App “4Stream” habe ich aus dem Play-Store auf mein Tablet geladen und den Amp mittels Knopfdruck auf “Wifi” gestellt. Die LED blinkt zuerst heftig, um dann seine Paarungsbereitschaft mit ruhigeren Lichtzeichen zu verkünden. Nach Öffnen der App beginnt der Kuppelvorgang, für den immer nur die grüne Fläche angetippt werden muss.

Im WLAN-Verzeichnis des Tablets suchte ich das “Soundsystem xxx” aus, tippte auf das kleine Dreieck unten links und schon ging es weiter.

Damit das SoundSystem und das Tablet im gleichen Netzwerk sind, musste das Handteil auf die Fritzbox zurück gestellt werden.

In manchen Fällen kann es auch erforderlich sein, die Verbindung zum Router manuell einzustellen.

Nach den ersten Funktionschecks war meine Neugier groß. Noch nie hatte ich in meinem 16 m² großen Wohnzimmer Musik gehört. Bisher war es immer einfacher, eine Treppe hinunterzulaufen, als eine komplette Stereoanlage nach oben zu schleppen. Nun hatte ich alles in so kompaktem Format, dass ich die Zutaten nicht einmal beim Aufschließen der Wohnungstür abstellen musste. Die Ary SB 12 packte ich ins Bücherregal, das sie in artgerechter Haltung aufnahm. Etwas irritiert schaute sich Kater Fritzi das blaue Wunder genauer an.

Beworben werden die Arylic-Systeme mit der Eigenschaft “kabellos”. Das stimmt natürlich nicht ganz, denn Strom braucht Leitung. Das gilt auch für das Signal, das dem linken Lautsprecher zugeführt werden will. Aber Stecker in die Dose und Kabel in die Klemmen war in weniger als einer Minute erledigt und schon konnte ich genießen, was mein NAS hergab. Joshi, mein Ladenhüter, gesellte sich sofort zu mir auf das Sofa. “Mach Nothing else matters” befahl er mir. Gewiss sind es nicht die Emotionen, die dieses Cover zu seinem Lieblingstitel erkoren haben. Mir hingegen ging es ähnlich wie dem Publikum in Wacken, stimmungsvoll, wo sonst eher härtere Klänge das Ohr verwöhnen.

Naja, Cello. Keine große Attacke, viel Oberbass und Mitten, kaum hohe Töne, das ist nicht schwer. Tonal ausgeglichen und dynamisch war dennoch, was Box und Amp zum Ohr brachten. Ein wenig heftiger wurde es, als Rory Gallagher “Just a little Bit” auf seiner Gitarre abrockte. Da marschierte der Bass, die Drum gab den Takt und die alten Knochen zappelten in Eintracht mit. Leise ging das nicht. Erstaunlich , wie groß der Plate Amp mit seinen maximal 20 Watt die kleinen Achtohm-Boxen erklingen ließ. Großartig angestrengt tönten die Kistchen nicht, pure Spielfreude war in das Wohnzimmer eingezogen. Nicht einmal Trentemöllers “Chameleon” machte mit seinem drückendem Tiefbass die Ary SB 12 zur Schnecke. Nach ein paar sehr zufriedenstellenden Ausflügen in Richtung Klassik und Jazz hab ich dann das Wohnzimmer wieder in den Normalzustand versetzt. Die Lautsprecher hängen jetzt an meinem Büro-Rechner, wo sie mir im Dauerlauf musikalisch die Schreibarbeit untermalen. So bekommen sie täglich die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.

Ich bin begeistert, mit welch einfachen Mitteln es möglich ist, eine komplette Hifi-Anlage mit allen denkbaren Zuspielern und wohlklingenden Kompaktboxen auf kleinstem Raum unterzubringen. Weil alles zusammen weniger als 500 Euro pro Stereo-Set kostet, ist Multiroom bei uns nun angekommen.

Schöne neue Welt – wir machen damit weiter.

Udo Wohlgemuth

Der Arylic Plate Amp 2.0 wurde durch den Up2Stream Amp 2.0 ersetzt. Hier ist der Bericht.

Zum Ary SB 12-Set im Online-Shop
Zur SB 12_8 im Online-Shop

Zur Sicherung des Presets kann im Magazin die passende Software herunter geladen werden. Den Link liefern wir mit dem Bausatz-PDF.

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Hi Udo,
sehr attraktiv die zwei…mir fehlt da noch was adäquates fürs Homeoffice 😁

Eine Frage hätte ich da noch, wenn du die Boxen am Rechner, vermutlich via USB, angeschlossen hast, wird die Lautstärkeregelung dann auch digital vom PC gesteuert oder ist man auf den Regler auf der Rückseite angewiesen?

Beste Grüße

Flo

Sehr schönes Set hast du da zusammengestellt.
Die Arylic Amps und Streamer hatte ich mir nach Nordhausen schonmal angeguckt, gerade mit dem Gedanken eine platzsparende All-In Möglichkeit zur Arbeitsplatzbeschallung zu bauen. Jetzt lieferst du das Gesamtpaket. Top!
Ich bin gespannt, was du uns als 2.1 Set bescherst. Ich wollte mir mal eine mobile Soundbar für Dienstreisen und Urlaube bauen um auch unterwegs vernünftig Musik hören zu können. Vielleicht passt der Formfaktor ja.

Schön an den Arylics ist, dass die, dank entsprechendem Plugin, auch direkt als Lautsprecher in eine Logitech Media Server Umgebung integriert werden können. Praktisch, wenn man schon ein Multiroomsystem auf der Basis hat und es erweitern möchte.

Morgen Udo,
Vor ein paar Monaten habe ich mir einen Arylic AMP 2.1 bestellt mit dem Plan damit eine Mona 21 anzutreiben. Der Plan ist noch nicht umgesetzt, aber damals kam die Idee in mir auf die Mona mit besagtem Modul aktiv zu betreiben. Ich traute mich die Frage bei Dir nicht zu stellen, aber jetzt wo Du den Anfang gemacht hast…
Solltest Du die Mona 21 aktiv lancieren, ich wäre garantiert der erste Besteller!

Übrigens: Die Arylic Produkte sind kompatibel mit den Wiim Streamern so wie auch die 4Stream und die Wiim App. Damit lassen sich dann auch die hochwertigen DAC’s, AMP’s und Lautsprecher in ein Multiroom System integrieren.

Gruss und sonnigen Sonntag
Pascal

Hallo Udo,

da hast Du mich falsch verstanden. Ich habe durchaus ein Komplettsystem gemeint wie Du es heute mit der Ary SB12 8 vorgestellt hast. Das ich bereits einen AMP habe ist halt Pech. Vielleicht kann ich Ihn für was anderes verwenden, oder ich finde einen Abnehmer…

Passt,
Dann warte ich gespannt auf die kommende Sonntags-Frühstücklektüre. 😉

Moin Udo,

ein neuer Meilenstein..finde ich grossartig 👍

gruss Dirk

Hallo Udo,
wenn die Haarfarbe nicht zum Fortschrittswillen passt… 😁

Es ist wirklich beeindruckend, wie das “Alte-Leute-Thema” Hi-Fi hier keinen Staub auf alten Idealen ansetzt und alle Altersklassen fasziniert.

Gruß
Niklas

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