Seit gut einem Jahr bin ich nun im Lautsprecher-Selbstbaufieber. Angefangen hat es mit dem Wunsch, mein Stereo-System um einen Subwoofer zu erweitern. Nach etwas Recherche kam ich beim Selbstbau bzw. der Eigenkonstruktion an und begann, mich in die Materie einzuarbeiten, bis ich das erste Projekt entwickeln und umsetzen konnte. Damit wurde die Büchse der Pandora geöffnet und nur wenige Wochen später folgten zwei weitere, kleine Subwoofer, eine Soundbar für meine Eltern bestehend aus zwei Mini – ACLs
und eine Kompaktbox mit Chassis, die ich interessant fand und aus denen ich immer mal etwas konstruieren wollte. Nach der Devise „nach dem letzten ist vor dem nächsten Projekt“ suche ich seither permanent Gründe, warum dieses oder jenes Lautsprecher-Projekt unbedingt umgesetzt werden muss.
Da kam es mir nur entgegen, dass ein Freund Interesse anmeldete, sein Wohnzimmer mit einer „ordentlichen Anlage“ zu bereichern. Und da er ebenfalls handwerklich nicht uninteressiert ist, war er sofort Feuer und Flamme für meinen Vorschlag eines DIY – Projekts. Schnell war klar, dass es wegen der räumlichen Gegebenheiten und dem gesteckten Preisrahmen ein Paar schlanke Standboxen werden würde. Was passt da besser als die ACLs aus der U_Do Serie? Entschieden hat er sich für die U_Do 52 ACL. Sie ist einerseits schlank genug, um bei kleiner Stellfläche noch Platz zu finden, hat allerdings auch genug Membranfläche, um auch mal etwas druckvoller Musik und Filmsound in den Raum zu bringen – so jedenfalls die Theorie.
Also Bausatz liefern lassen, Gehäuse planen und fix an die Arbeit machen, solange es noch Sommer und draußen lange hell ist. Da wir beide in Mietwohnungen in der Stadt wohnen, sind Holzarbeiten nur im Innenhof und daher nur bei Tageslicht möglich. Am 01. August war der Bausatz geliefert, aber musste dann leider eine Weile ungeöffnet in einer Ecke auf sinnvolle Verwendung warten. Die allgemeine Holzknappheit im Corona–Jahr 2021 hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Gehäuse sollte aus Multiplex gebaut werden, nur gab es über Monate hinweg weit und breit kein Multiplex zu vertretbaren Preisen zu kaufen. So zog es sich bis Ende Oktober, bis die gewünschten Buchenmultiplex-Zuschnitte abholbereit waren. Udos Bauplan schlägt 19mm Material vor, zu kaufen gab es nur 18mm. Zudem sollten die Boden- und die Rückplatte aus MDF gebaut werden, um ein paar Taler zu sparen. So mussten einige Maße angepasst werden. Die Stückliste war letztendlich wie folgt:
Verwendung Maße (mm) (Anzahl Material)
Front 1100 x 180 (2 x MPX)
Rückwand 1064 x 144 (2 x MDF)
Seite 1100 x 252 (4 x MPX)
Deckel 144 x 252 (2 x MPX)
Boden 144 x 252 (2 x MDF)
Trennwände 144 x 142 (6 x MDF)
Also endlich ans Werk. Als erstes zeichnet man die Mittelpunkte für die Kreisausschnitte für die beiden Tiefmitteltöner, den Hochtöner und das Bassreflexrohr auf die Front und das Anschlussterminal auf der Rückseite. Da die Trennwände zu klein sind, um im Baumarkt als Zuschnitt bestellt zu werden, haben wir eine 1 m lange und 14,4cm breite MDF Platte genommen. Die Zuschnitte sollten mit einer Stichsäge erfolgen (weil keine Kreissäge zur Verfügung stand).
Am nächsten freien Samstag mit gutem Wetter sollten die Ausschnitte mit der Oberfräse und einem Fräszirkel ausgefräst werden. Natürlich sollten alle Chassis auch hübsch versenkt werden. Ohne CNC – Fräse gestaltet sich das auf den halben Millimeter genaue Einstellen der Frästiefe und des Radius etwas schwierig. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, ordert einfach noch ein MDF-Stück, um die Einstellung der Fräse zu testen
Solange alle Schrauben der Oberfräse fest sitzen, kann man ruhigen Gewissens die entsprechenden Fräsungen auf die Multiplexplatte übertragen.
Die zusätzlichen Aussparungen für den Hochtöner wurden mangels cleverer Ideen mit Bohrer und Holzfeile nachträglich hinzugefügt.
Die Maße des Terminals waren im Bauplan nicht mit angegeben, also wurde der Durchmesser für den Ausschnitt noch gemessen, so ungefähr 76 mm Durchmesser sind es nach Augenmaß.
Es ist immer wieder ein schönes Gefühl, am Ende der Arbeit die schick ausgefrästen Holzplatten vor sich hinlegen, bestaunen und sich etwas dabei auf die Schulter klopfen zu können.
Sogar das Teststück ist recht schick geworden
Wäre ich etwas vorausschauender gewesen, hätte ich das Stück gleich mit den Maßen der U_Do 52-Front bestellt. Dann könnte ich das irgendwann sogar weiterverarbeiten. Jetzt dient das Stück wohl nur noch als Opferplatte.
Als letzten Schritt des Tages wurden die Stellen auf den Innenseiten der Seitenflächen angezeichnet, an denen später die Trennwände angeleimt werden sollen
In den nächsten Tagen habe ich die Trennwände, Böden, Deckel und Rückwände auf die Seiten geleimt. Wenn man dabei möglichst perfekt im rechten Winkel verleimen möchte, hilft es, ein Stück rechtwinkliges Holz (oder einen Winkel) an das zu leimende Stück Holz zu zwingen.
Beim Rest sagen Bilder wohl mehr als Worte, also:
Damit die zweite Seitenfläche auch gut passt, muss man im Zweifel nochmal Unebenheiten abschleifen, die beim häufig Verleimen, aber vor allem durch ungenaue Zuschnitte unvermeidbar sind.
Anschließend wird die zweite Seitenfläche aufgeleimt
Wenn alles trocken ist, kann man das Ergebnis schon einmal bestaunen und die Vorfreude weiter anheizen.
Die Weiche wurde auf Holzresten aus einer Rückwand eines entsorgten Kleiderschrankes aufgebaut, die ich im Keller dieses Mehrparteien-Hauses gefunden habe. Das Material ist dafür nicht wirklich optimal, aber es funktioniert. Die Teile wurden mit Heißkleber auf die Plättchen geklebt und die Kabel verdrillt und dann verlötet.
Ich nutze Wago Klemmmen aus Bequemlichkeit, da diese den Anschluss an das Terminal und die Chassis später sehr einfach machen.
Nach kurzer Rücksprache mit Udo wusste ich, dass die Weiche hinter den oberen Tiefmitteltöner gehört. Um später mögliche Änderungen an der Weiche vornehmen zu können, kam uns die Idee, selbstklebende Streifen mit Klettverschluss zu verwenden, um die Weiche zu befestigen. Tatsächlich funktionert das ganz gut und ist seitdem mein Standard zur Weichenbefestigung – bis mich jemand eines Besseren belehrt.
Aber zunächst die Weiche wieder raus und die Front aufleimen.
Das Resultat könnte so schon mit Chassis bestückt werden, sieht aber für das Wohnzimmer noch etwas traurig aus.
So langsam rückte der Winter näher und die trockenen Tage wurden immer seltener, da musste jede Gelegenheit genutzt werden. Glücklicherweise fand sich noch ein Samstag für die ausstehenden Arbeiten. Sämtliche überstehenden Kanten mussten abgeschliffen werden. Vor allem aber sollte die Front eine gefräste 30 Grad Fase bekommen. Die hat hier rein optische und keine akustischen Gründe. Ich hoffe die recht scharfen Kanten vermurksen den Frequenzgang nicht.
Da Multiplex zum Splittern neigt, empfiehlt es sich meiner Erfahrung nach, kleinschrittig vorzugehen. Insbesondere bei günstigen Fräsköpfen, die schnell Schärfe verlieren. Am Ende muss alles noch sauber abgeschliffen werden.
Einen mittelschweren Herzanfall hatten wir, als ich versuchte, die überstehenden Kanten anstatt mit der Schleifmaus mit einem Bündigfräser zu entfernen. Hier muss man sich zu 100% auf seine Fräse und den Fräskopf verlassen können, da man schnell Kerben in das Holz fräst. Mein Fräskopf war billige Chinaware und ein gutes Argument, warum man beim Arbeiten mit Holz unbedingt eine Schutzbrille tragen sollte. Beim Fräsen hat sich das Kugellager verabschiedet und ist mir um die Ohren geflogen. Natürlich bin ich abgerutscht und habe eine ordentliche Kerbe ins Holz gefräst.
Zum Glück konnten wir durch die Fase auf der Front und ordentlich Abschleifen das Problem einigermaßen kaschieren. Zum Ende noch alles glatt schleifen, erst mit 80er, danach 180er und zum Schluss noch feinerer Körnung.
Alle Arbeiten, die unbedingt draußen erledigt werden müssen, waren damit erledigt, sodass es endlich ans Finish gehen konnte. Der Plan war, die Schichtholzoptik der Multiplexplatten an den Kanten, insbesondere auf der Front, durch Leinöl hervorzuheben. Das restliche Gehäuse sollte eine Palisanderlasur bekommen. Ich persönlich stehe mit diesem Zeugs auf Kriegsfuß, da unbehandeltes Mutliplex diese dickflüssige Pampe sehr ungleichmäßig aufnimmt, egal wie viel Mühe man sich beim bepinseln gibt. Aber der Reihe nach: Zunächst müssen alle Kanten mit Kreppband sauber abgeklebt werden.
Anschließend kann die Lasur mit einem entsprechenden Pinsel aufgetragen werden. Und hier kommt der Grund, warum ich dieses Zeug nicht leiden kann. Es entstehen sofort schmierige Flecken
Verdünnen hilft, liefert aber auch kein zufriedenstellendes Ergebnis. Vielleicht sollte man bei unbehandeltem Multiplex eine Grundierung verwenden, oder besser gleich beizen. Nach doppeltem Anstrich konnte das Kreppband entfernt werden. Anschließend habe ich die Kanten nochmals mit feiner Körnung glatt geschliffen und mit dem Auftrag des Leinöls begonnen. Insgesamt vier Aufträge brauchten die Kanten bis zur Sättigung. Der ganze Prozess hat wegen der Trockenzeiten insgesamt über eine Woche gedauert.
Der Rest ist Kleinkram: Bohrungen für die Chassis anzeichnen und vorbohren. Anschließend die Weiche an den vorgesehenen Platz legen/kleben und sämtliche Kabel in die (richtigen) Wago-Klemmen stecken. Anschließend kommt die Polyesterwatte in die Kammer hinter den Lautsprechern und die herausstehenden Kabel können an die Chassis gelötet oder gecrimpt werden (ich bevorzuge das Crimpen). Dann alle Chassis festschrauben.
Das Reflexrohr musste noch gekürzt und an den vorgesehenen Platz gesteckt werden. Da ein Ausschnitt etwas großzügig ausfiel, habe ich das Rohr mit etwas Heißkleber befestigt. Kabel an Terminal löten/crimpen und dieses dann auf der Rückseite festschrauben. Fertig!
Die fleckige Optik sieht am Ende tatsächlich gar nicht schlecht aus. Jedenfalls gefällt es meinem Kumpel und seiner Freundin und das ist ja die Hauptsache. Es geht etwas in Richtung „used look“.
Jetzt kommt es zu dem Teil, auf den ich monatelang gewartet habe und für den ich leider kaum noch Zeit hatte, da Weihnachten vor der Tür stand und der Zug zu meinen Eltern für den nächsten Tag schon gebucht war: die Hörprobe!
Zunächst einmal ein Schock: aus der einen Box kommt fast kein Ton. Nach kurzer Panikattacke war aber die Ursache schnell gefunden. Die Kombination aus Terminal und Bananensteckern scheint sich nicht wunderbar zu vertragen, da es bei gewissen Stellungen der Kabel zu Wackelkontakten neigt. Ob das Problem bei den Steckern oder dem Terminal liegt, weiß ich nicht. Im Zweifel muss man eben das Kupfer direkt anschrauben.
Leider liegt die Hörprobe schon eine Weile zurück, denn die Boxen erfüllen schon seit Weihnachten bei meinem Kumpel ihre Dienste und der vereinbarte, gemeinsame Hörabend hat leider noch nicht stattgefunden. Aber immerhin einen ganzen Tag konnte ich die Perlen mit allerlei Musik füttern und mich überzeugen lassen. Die Bässe haben Volumen und Druck. Mein Wohnzimmer hat etwa 30 Quadratmeter, sodass schon etwas Luftbewegung erforderlich ist, um elektronischen wie auch echten Kickdrums und Basslinien das nötige Volumen zu geben. Und die U_Dos haben mir auf jeden Fall ein Grinsen ins Gesicht gezaubert, denn sie stellen Bässe mit mehr Autorität in den Raum als meine deutlich teureren KEFs, bei denen ein Sechszehner mit zwei gleichgroßen Passivmembranen den Tiefton liefern. Mit Hilfe meiner Raummode gibt es sogar 30 Hertz, aber das grenzt an Schummeln. Stimmen kommen bei der U_Do 52 ACL klar heraus und auch die Höhen liefern genug Glitzer. Die Lautsprecher liefen quasi einen halben Tag lang, während ich wie ein geköpftes Huhn durch das Wohnzimmer rannte, um die Wohnung und meine Sachen abreisefertig zu machen. Entspanntes Lauschen auf der Couch kam da etwas zu kurz.
Trotzdem bleibt der Eindruck: Die U_Do 52 ACL machen Spaß, spielen klar und „spritzig“. Genervt hat nichts, sondern zum Zuhören oder Mitwippen animiert. Wieder einmal ärgere ich mich, wieso mein Anfang in die Welt der Lautsprecher mit einem Gang zum Laden anstatt einem Besuch auf U_Dos Seite begann. Denn mit insgesamt 300 Euro stehen hier fertige Lautsprecher, die meiner Meinung nach sehr viele Menschen sehr lange glücklich machen können.
Sören
Zur U_Do 52 ACL im Online-Shop
Hallo Sören,
danke für den wunderbar geschriebenen Bericht!
Der Used-Look sieht wirklich interessant aus. So macht man aus der Not eine Tugend! Überhaupt ist es jeden Sonntag wieder schön zu lesen, dass anderen die gleichen Fehler beim Bauen passieren. Dann fühlt man sich nicht so allein…!
Ich frage mich nur, wann denn deine Kaufware durch entsprechende eigene Kreationen ersetzt werden.
Viel Spaß beim Planen!
Gruß
Uwe
Danke für das Lob!
Ich denke vor jedem neuen Projekt, aus den Fehlern des letzten genug gelernt zu haben und dann geht doch jedes Mal irgendwas schief. Aber vielleicht macht es das Hobby auch aus. Mit Multiplex stehe ich mittlerweile auf Kriegsfuß. Tolles Material für Lautsprecher und optisch nett, aber wirklich schrecklich zu verarbeiten.
An meinem Schreibtisch beschallen mich schon DIY – Konstruktionen und für das Wohnzimmer ist natürlich mittelfristig auch ein Upgrade geplant. Aber das hat noch Zeit. Jedenfalls bin ich bzgl. Größe und Preisrahmen schon grob festgelegt. Und meine Wohnung hat noch mehr Zimmer…
Aber der Bau von Projekten mit und für andere macht mir auch immer wieder Spaß.
Wenn es Bausätze aus Udos Angebot werden, dann teile ich das selbstverständlich hier mit! 🙂