24. März 2024

VollAry SB 30 ACL

Autor: Udo Wohlgemuth

In der Welt des Lautsprecherbaus gibt es klare Regeln, an die sich jeder Hersteller im Wesentlichen hält. Der Achtzöller ist selten für den Mittelton zuständig, sein artgerechtes Einsatzgebiet ist der Bass im Dreiwege-System. Den Siebenzöller hat man für den Bass und die Stimme in meist kompakten Gehäusen vorgesehen, was er mit ausreichender Tiefe und guter Anbindung an den Hochtöner mit Anstand schafft. Sein ganz kleiner Bruder ist der Vierzöller, eher ein reiner Mitteltöner ohne große Ambitionen, uns auch mit tiefen Tönen zu verblüffen. Ausgelassen habe ich in dieser Reihe absichtlich den Fünfzöller, dessen Tiefton-Programm bei grob 60 Hz endet. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Da nützt es auch nichts, dass er obenrum den Siebenzöller aussticht. Ihm fehlt unten fast eine halbe Oktave, um ohne Subwoofer-Unterstützung zu unserem Vergnügen aufzuspielen. Aus diesem Grund erfand ich vor ein paar Jahren die ACL-Bauweise, ein viel zu großes Gehäuse mit spezieller Kammereinteilung. Darin schafft es auch der 15er, bei angenehm schlanker Gestalt überraschende Bassfülle in den Hörraum zu transportieren. Mit diesem Aufbau gelang es leicht, die im Wohnzimmer oft sinnvollen Kompromisse zwischen weiblichen und männlichen Nutzern zu beider Zufriedenheit zu finden.

“Kann man so etwas auch ohne Weichenlöten bauen?” war eine verständliche Frage, nachdem vor wenigen Wochen SB 18 und U_Do 53 als VollAry im Magazin angekommen sind. Ein “Du kannst die Weichen auch aufgebaut bestellen” oder gar ein abfälliges “Nein” hätte niemand akzeptiert. Es hätte auch keinen triftigen Grund dafür gegeben. Also ran an die erste VollAry ACL. Nach kurzem Abwägen entschied ich, dass die “SB 30” ausgezeichnet dazwischen passt, die mit ihren 4 Ohm dank zweier paralleler SB 15 NRX2C-8 die 50 Watt des zierlichen Amps voll ausnutzt. Also schnell die Freecad-SB30ACL gestartet und Bemaßung und Holzliste ausgedruckt.

 

Im Bauhaus gab es gerade Elliotis-Sperrholzplatten mit 250 x 125 cm und 20 mm Stärke zum günstigen Preis von knapp über 15 Euro/ m². Auf den ersten Blick ist das kein sonderlich schönes Holz, recht rauh ist es zudem. Es hat jedoch ein gewisses Etwas, wodurch es nach ordentlichem Schliff und Ölauftrag in meinen Augen sogar Wohnzimmer tauglich ist.

Der freundliche Mann an der Säge schnitt sie mir auch noch passend zu. So konnte ich zu Hause sofort die Fronten fräsen. Das bieten wir auch als Option für alle Nachbauer an, die keine Werkstatt besitzen, wo die – wenn vorhanden – Oberfräse das überflüssige Holz ungestraft in feinen Staub verwandeln darf. Den Gehäusebau dokumentieren wir diesmal ausführlich als Diashow, was nicht nur unseren Smartphone-Lesern den Blick auf den dazu nötigen, recht überschaubaren Arbeitsaufwand erleichtern soll.

Schritt für Schritt zeigen wir in gleicher Form auch den Einbau der nichthölzernen Teile der Boxen. Im Kommentarteil unter dem Bericht darf gern über die Vorzüge und Nachteile dieser Art der Präsentation diskutiert werden.

Ausgelassen haben wir die Feinarbeit der Oberflächen-Behandlung. Statt dessen machten wir uns mit einer Box unter dem Arm unmittelbar auf den Weg in den Messraum, wo wir den Chassis wieder einmal ohne das früher übliche Hantieren mit Legionen von Bauteilen per Digital Signal Processing, Maus und Tastatur zum ordentlichen Zusammenspiel verhalfen.

Der linke und rechte Kanal des Up2Stream Amps Stereo wurden dafür gekoppelt, wodurch Bässen und Hochtönern jeweils von einem eigenen, programmierbaren Verstärker ihr gefiltertes Signal zugespielt wird. Dafür verbanden wir den Messrechner über den Line In-Eingang und den Programmier-Rechner per USB-Eingang mit dem Amp. Dabei fiel auf, dass wir eine Hürde noch nicht übersprungen hatten. Mit Hilfe des Klinke-Cinch-Adapters ließ sich wegen seiner Konstruktion nur der linke Kanal ansprechen. Also brauchten wir noch einen zusätzlichen Adapter Klinke mono auf Klinke Stereo, weil es kein natives Kabel für Cinch mono auf Klinke Stereo gibt. Natürlich kann man sich solch ein Kabel selbst herstellen, aber unser Ziel des reinen Plug and Play sieht löten nun mal nicht vor. Also packten wir die beiden Adapter hintereinander und hatten das gewünschte Ergebnis ohne Bastelei. Und damit nun niemand selbst auf die Suche nach solchen Barrikadenstürmern gehen muss, gehören die Adapter selbstverständlich zum Lieferumfang des VollAry SB 30 ACL-Sets.

Besonders hilfreich für die Feinabstimmung ist so nebenher, dass der Up2Stream zugleich als Soundkarte dient. Auf diese Weise war es leicht, die Messergebnisse unmittelbar per Ohr mit Musik zu überprüfen. Ohne dieses Korrektiv kann man sich schnell dazu versteigen, jeden noch so kleinen Huppel zu glätten und den Lautsprechern am Ende durch das zu enge Korsett jede vom Chassiskonstrukteur mit viel Akribie eingebaute Spielfreude zu nehmen. Ich erinnere mich an einen Bericht zu einer Hörsession, bei der gut abgestimmte Etons mittels “DSP-Verbieger” total glatt gezogen wurden. Die Teilnehmer attestierten den Probanden einen zwar cleanen, aber recht langweiligen Sound.

Vor den Bass habe ich ein Hochpassfilter, aber keine Anhebung gesetzt. Hier soll ausschließlich das ACL-Prinzip wirken. Beim Hochtöner zeigt der Einbruch um 4 kHz sehr schön die Schallwandbreite, die sich natürlich auch auf die Achs-Amplitude auswirkt. Unter zunehmendem Winkel verschwindet die Senke von selbst.

Da ich meine Lautsprecher immer parallel zu den Seitenwänden aufstelle, interessierte mich im Besonderen der Frequenzgang unter 30 Grad Winkel. Hier möchte ich den glattest möglichen Verlauf sehen.

Nach der Abstimmung der ersten Box übertrug ich die Daten auf den zweiten Up2Stream Amp. Nun konnte ich beide an den Arylic Vorverstärker BP 50 anschließen, der die Verbindung zu meinen Tonquellen herstellt. Die Amps haben im Weiteren nur noch verstärkende Funktion, ihre Signale bekommen sie vom BP 50 zugespielt. Der hat genügend Eingänge und kann – das ist seine nahezu einmalige Eigenschaft – neben Line Out links und rechts auch beide Amps kabellos per Bluetooth ansteuern. Bei mir stellt er die Verbindung zum PC und damit zur Musik auf meiner Festplatte her. Über S/PDIF habe ich ihn zusätzlich mit den Hypex-Amps verkabelt, die meine aktiven BelAirs steuern. Das macht auch sie nun mittels Smartphone-App bedienbar und Bluetooth fähig. Dieses Feature wird uns beim Event in Nordhausen wesentlich helfen, das leidige Zuspiel-Problem des vergangenen Jahres zu lösen.

Bedauerlich ist, dass es beim BP 50 keine Netzwerk-Anbindung gibt und somit die direkte Einwahl in Streaming-Dienste nicht möglich ist. So muss man den kleinen Umweg über das Tablet oder den PC gehen, was ich nicht allzu tragisch finde. Und falls es noch jemanden gibt, der es (wie ich vor drei Minuten) noch nicht weiß: Der BP 50 kann auch Soundkarte für Tablets und Konsorten. Verbunden wird über ein Kabel mit beidseitigem USB-C.

Und weil die Verbindung gerade stand, habe ich mal bei Youtube ohne besonderen Plan nach Heavy Metal gesucht und Heavy Metal Lover gefunden. Keine Probleme hatten die Lautsprecher, den stampfenden Bass in den Raum zu transportieren, Lady Gaga zeigte im Video eine große Wandlungsfähigkeit im Aussehen. Dass sie auch eine stimmgewaltige Sängerin ist, bewies sie mir dann im Duett mit Elton John mit “Don’t let the sun go down on me” Dabei fühlten sich nicht nur die ACL’s gut.

Aber eigentlich wollte ich doch richtiges Metal und landete wieder einmal bei AC-DC, “Thunderstruck” fetzte da schon ganz anders los, auch wenn es immer noch nur mit Youtube-Qualität aus dem Tablet kam. Nun, schnell mal die lossless-Version von Festplatte angeworfen und heftiges Headbanging war die logische Konsequenz. Bessere Auflösung und Ortung, straffere Beats und viel mehr “Ruhe” – was für ein Begriff in Bezug auf Heavy Metal – im gesamten Klangbild ließen auch bei noch weiter gehobenem Pegel das Gesicht grinsen.

Oh, war das nicht die falsche Musik für mein angedachtes Zielpublikum? Naja, falsch kann Musik nicht sein, wenn sie uns erreicht. Und das tat sie ohne Zweifel bei mir. Dennoch will ich auch das gesetztere Alter auf die VollAry SB 30 ACL aufmerksam machen. Wer sich nicht mehr so gut im Rythmus auf den eigenen Füßen bewegen kann, setzt eher auf Jazz und Blues, auch bei Klassik sollten die Lautsprecher nicht versagen. Eine wunderbare Mischung aus allem präsentiert Alexander John – vielen Lesern von den Nordhausen-Events längst ein Begriff – mit seinem “Flake Off“, das er mit viel Gefühl und einem jungen Streicher-Quartett im Leipziger Gewandhaus aufgenommen hat. Großartig, das geht unter die Haut. Ich freu mich aufs Wiedersehen im November und auf die Musik, die wirklich bewegt.

Udo Wohlgemuth

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Hallo Udo,
Ich verfolge Deine Arylic Projekte seit Anfang an mit Begeisterung und habe Sehnlichst auf die VollAry SB30 gewartet. Drei Fragen hätte ich noch.

1. Weshalb (oder habe ich es überlesen) verwendest Du nicht den Arylic S50pro + Preamp, mit dem wäre dann doch direktes Streaming ohne Umwege möglich?

2. Mich würde ein Vergleich der SB30 aktiv und der Passiv Version mit einer hochwertigen Endstufe zum Beispiel dem Hypex Monoblock interessieren. Welcher Variante, ungeachtet der Kosten, würdest Du klanglich den Vorrang geben?

3. Planst Du auch den Upgrade der Passivbox ohne den PreAmp anzubieten?

Liebe Grüsse und frohe Ostern
Pascal

Hallo Udo,
mir gefallen die beiden Bau-Videos gut, sie vermitteln gut den Eindruck, wie schnell ein Gehäuse aufgebaut sein kann (wenn man es kann ;-)).
Was mir noch gefehlt hat, ist ein Hinweis, wie Du die Kabel durch bereits geschlossene Gehäuse ziehst.
eine Frage habe ich noch zum auf der Boxenrückseite aufgeschraubten Amp: Welche Funktion haben die beiden schwarzen Kabel, die nach oben an die schwarzen Rechtecke gehen?

Viele Grüße

Uwe

Hallo Udo
sorry, Denkfehler von mir, das Terminal sitzt ja oben und somit direkt hinter den Chassis. Da braucht es tatsächlich kein eigenes Bild.

Viele Grüße,

Uwe

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