30. Juni 2024

MDF in Form gebracht

Autor: Udo Wohlgemuth

Einer der beliebtesten Werkstoffe für den Boxenbau ist MDF. Es ist in verschiedenen Stärken und seit Längerem sogar Farben erhältlich, in nahezu allen Baumärkten wird es in 19 oder 22 mm Dicke zu (immer noch) günstigem Preis angeboten. Die wichtigsten Kriterien sind schnell genannt: Leicht zu verarbeiten, gute Dämpfung des Durchtrittschalls, geringe Neigung zum Resonieren, homogene Zusammensetzung dank fest verpresster Fasermasse, glatte Oberfläche und somit leicht zu lackieren, ölen oder furnieren. Diese Eigenschaften brauchen wir Boxenbauer, um ohne allzu großen Aufwand ansehbare Gehäuse zu fertigen. Ich nutze dazu gern schwarz durchgefärbte Platten, die ich mir auf handliche 139 x 68,5 cm zuschneiden lasse.

Wieder einmal hatte ich mir ein neues Produkt ausgedacht, das den Einsatz von drei solcher Zuschnitte erforderte. Mit CutMicro erstellte ich einen Plan, in dem nach ein wenig Drehen und Schieben alle Bretter fast ohne Nachdenken optimal auf den Platten verteilt waren.

Zuerst wurden alle 1170 mm Schnitte erledigt, es folgten die 190er, 294er, 380er, 256er und – weil meine Säge es kann – die 40er, die der Sägemann im Baumarkt aus Sicherheitsgründen nicht machen darf. Oben wurden Front, Deckel und Rückwand auf Gehrung gesägt. Schnell waren mit Cut2D die Fahrwege für Front und Rückwand gemalt und zur CNC-Fräse geschickt, die sich augenblicklich an das Zerstäuben der Fasermasse machte. Ach, es ist schön, solch praktisches Handwerkszeugs zu haben.

Einfach sollte es nun mit dem Verkleben weitergehen, doch noch einmal Ach – das andere. MDF ist hygroskopisch und “schüsselt”, wenn eine Seite mehr der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt wurde. Das ist kein Mangel an Sorgfalt, sondern ein ganz natürlicher, unvermeidbarer Vorgang. Ohne Wasser in der Luft wär das Leben auf unserem Planeten nie entstanden und der Selbstbau von Lautsprechern vollkommen überflüssig. Aus diesem Grund liegen unsere Bretter nicht plan und ihr bündiges Verkleben gelingt nur mit Gewalt in jede Richtung, Dübeln oder Lamellos und einer Armada von kurzen und sehr langen Schraubzwingen.

Wenn es nicht einfach geht, machen wir es einfach einfacher. Vor Jahren hatte ich mal einen Frästisch gebaut, der seither im Keller einen guten Job macht. In die Fräse spannte ich einen 32 mm Planfräser, der um 2 mm hoch- und per Anschlag um 20 mm vorgezogen wurde. Die vier Seitenplatten bekamen rundum eine Nut verpasst, die allen äußeren Brettern einen festen Halt im Rücken gibt.

Nun war zügiges Arbeiten in vorher durchdachter Reihenfolge angesagt, der Kleber hat nur eine begrenzte Offenzeit. Ein Seitenbrett liegt auf dem Tisch und wird rundum beleimt.

Das Aufstellen der Bretter und das zwischenzeitliche Auftragen von Kleber geht schnell von der Hand, ein mittig eingeschobenes Hilfsbrett hält Front und Rückwand auf Abstand.

Noch passt nichts so richtig zusammen, aber zwei straff gespannte Zurrgurte werden es schon richten.

Natürlich waren nun die inneren Bretter um 4 mm zu hoch, wodurch die zweite Seite den Kontakt zu Front, Rückwand, Deckel und Boden verloren hätte. Also reduzierte ich die Innereien mittels Tischkreissäge um 5 mm (1 mm Sicherheitszugabe) und das Volumen der Box um 1,2 Liter. Wer nun Sorge hat, dass mir damit die gesamte Abstimmung aus dem Ruder läuft, sei getröstet. Es gibt keine perfekte Gehäusegröße, die genau eingehalten werden muss. Bei mehr Volumen reicht der Bass marginal tiefer, bei weniger buckelt er marginal vor der unteren Grenzfrequenz auf. Stellt man die Boxen drei Zentimeter näher an die Wand, hat das mehr Einfluss – für den einen positiv, für den anderen negativ.

Nach einer Stunde können die Gurte entfernt und die Prozedur für Box 2 wiederholt werden. Wer genug Platz und Zurrbänder hat, kann das in der Trockenzeit erledigen.

Zur weiteren Bearbeitung ging es in den Keller, wo akribisch der ausgequollene Leim weggeschliffen wurde. Jeder Rückstand zeigt sich deutlich als unerwünschte Verfärbung nach dem Hartwachsölen, der besten Oberflächen-Behandlung für schwarzes MDF. Ob ich gut geschliffen habe, werden wir sehen, wenn ich die passenden Chassis für die Boxen gefunden habe. Klar ist aber schon, dass es etwas Hype(r)xaktives wird.

Udo Wohlgemuth

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Hallo zusammen,

nacktes, schwarzes MDF, ein idealer Werkstoff gerade für den Boxenbau-DIY-Einsteiger. Das darf ich bestätigen. 🙂

Was bei mir so hängen geblieben ist:

Im MDF ist erstklassigster Ruß enthalten welcher beim Sägen und bei der Oberfräse mit erstaunlich hoher Effizienz freigesetzt wird. Die Absaugung an der Tischkreissäge funktioniert leidlich (die Werkstatt hat zwei Türen, ich säge dieses MDF immer bei Gegenzug) und die Oberfräse kommt ausschließlich im Freien zum Einsatz.Genau, es schüsselt zuweilen. Ganz schlimm wird es wenn man im Freien arbeitet und es fällt Sonnenlicht auf das schwarze MDF. Nach 15 min geht es los, es wird heiß, nach 45 min ist es krumm wie eine Banane. Da hilft nur sofort wieder rein in die kühle Werkstatt und über Nacht “gegenbiegen” damit es wieder annähernd eben wird.Sobald das Schleifen beendet war wurde alles mit schwarzer Beize eingepinselt. Jawohl, trotz Ruß im MDF! Es sieht wirklich homogener aus. Dann noch einmal mit 400er oder 600er Schleifpapier drüber und ölen, dann glänzt es seidenmatt.
Es grüßt freundlich
Rundmacher

Hallo Rundmacher,
Welche Beize und Öl verwendest du für das schwarze MDF?
Die Seitenteile sind bei mir aus Birke Multiplex, die sollten wegen dem Kontrast heller bleiben. Reicht da ölen? Falls ja mit welchem Öl? Sorry, bin kein Holzwurm, komme von der Mechanik 😉
Grüße
TOM

Danke, mach ich!

Hallo TOM,

ich meine das ist alles so ziemlich unkritisch.
Als Beize hatte ich Aqua Clou Holzbeize Black verwendet, mindestens 24 Std. trocknen lassen.
Dann wird das bereits scharze MDF total schwarz. Ein kleines Reststück MDF eignet sich immer für einen Test.
Beim Öl war es glaube ich Arbeitsplattenöl. Probier es auch hier aus.

VG Rundmacher

Hallo Rundmacher,

danke fürs Feedback.
Ich bin da doch etwas vorsichtig, wenn ich denke es ist unkritisch passieren oft seltsame Dinge 😉
User Gipsohr hat sich aktuell angeboten dem Metallwurm zu helfen, er wohnt nur einige Kilometer entfernt. Sobald ich die Ceram 34 Gehäuse geschliffen habe melde ich mich bei ihm.

Grüße
TOM

Tagschen zusammen
Die Gehäuse gefallen mir gut. Die werde ich mir in 4 Wochen auch mal anhören, wenn sie dann fertig sind. Ich tippe auf eine Ceram417CB. 🤪
Gruß Ralf

Gutn Tach,

ich tippe auf eine geschlossene 2,5-Wege Ceram 68 (17-34-68 … logisch) mit 3-Wege-Hypex, ein zu erwartendes Wunderwerk an Knackigkeit und Basspräzision. Der SB17CAC ist durch seine fast null-vierer Qts schon gut geschlossen-tauglich. Mit dem DSP im Hypex kann dem Bass der Pegel hinzugefügt werden, der sonst aus dem BR-Rohr käme. Dank eigenem Verstärkerkanal für die unteren Bässe vermeidet man auch die sonst unvermeidliche 2-Ohm-Impedanz im Bass bei einer passiven Lösung, welche die meisten normalen Verstärker zum Schwitzen und Klirren trieben.

Die gefräste Falz hätte ich auch gerne bei manchem Projekt gehabt, um verzogene Bretter auf eine Linie zu zwingen. Die zu erwartende Staubsauerei hat mich bisher davon abgehalten, selbst so einen Frästisch zu bauen.

Es bleibt spannend.

Beste Grüße,
Martin F

Hallo zusammen,

in den einschlägigen Heimwerkerforen werden immer mal wieder besondere Marken von MDF diskutiert (z.B. Valchromat).

Gibt es Unterschiede zwischen den Makenprodukten und “Standard-MDF”? Hat da jemand Erfahrungen?

Freundliche Grüße,
Stefan

Moin,

der geneigte Sonntägliche Leser sucht bei dieser Grösse vergeblich das Bassreflexrohr oder eben einen Schlitz.

sonntägliche Grüsse

Dirk

geht auch ohne Schlitz in der Schallwand indem man die Schallwand um die Höhe des BR-Schlitzes kürzer macht

Wer Udo kennt, der weiß, das Loch oder der Schlitz kommt auf jeden Fall vorne rein und aus reiner Effizienz von Udo, wäre eins von beiden schon drin. Hinterher kommt da nix mehr rein.
Ergo: Geschlossen und die tiefen Töne werden durch die Aktivierung erzeugt.
Achim

Moin Udo,
das sieht ja mal wieder richtig interssant aus.
Als langjähriger Fan der SB 417 stach mir sofort die Front ins Auge. Eine CERAM 417???
Gibt es eine Neuauflage der 417?
Herzlichen Gruß aus Ostfriesland

ERwin

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