Wer gelegentlich mal wieder die Baudokumentationen findet, wundert sich aufs Neue, welche Schätzchen sich dort hinter Dornröschens Hecke jeder berechtigter Aufmerksamkeit entzogen haben. Viel zu schade für den Dauerschlaf zerre ich diesmal Golls druckvolle Monas und Ary BB 3.5 in das viel hellere Licht des Magazins, um sie und ihre Schönheit endlich angemessen leuchten zu lassen.
Teil 1
Ich bin ein grosser Fan der Mona. Das Verhältnis von Leistung zu Aufwand und Kosten ist beachtlich. Ich wollte ausprobieren, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich mit einem 3D gedrucken Gehäuse bieten, und wie sich das auf den Sound auswirkt.
Theoretisch liesse sich ein Satellit in einem Stück im FDM-Drucker ausdrucken. Die in jeden Fall nötigen Supportstrukturen lassen sich aber einfacher entfernen, wenn man einen Satellit in 2 Teilen druckt und anschliessend zusammenklebt. Damit sich die beiden Hälften beim Zusammenkleben nicht verschieben, sind im Modell 2mm Löcher vorgesehen. Ich habe in die eine Hälfte 2mm Stiftschrauben eingelegt und die zweite Hälfte sitzt dann präzise fest. Zum Verkleben habe ich 2-Komponenten Epoxy Kleber verwendet. Da die Klebestellen sichtbar sind, würde ich beim nächsten Mal ein wenig passende Farbpigmente zum Kleber hinzumischen.
Ich habe die Oberflächen der Satelliten sehr sorgfältig mit Nassschleifpapier glatt geschliffen und anschliessend mit Epoxydharz lackiert. Aus Spass habe ich den weissen wieder mit feinem 320er Schleifpapier nachbehandelt. Das Ergebnis ist ein tolles, samtiges Finish.
Was gefällt euch besser? Glänzend-schwarz oder matt-weiss?
Die Boxen werden im Fuss mit einer Abschlussplatte geschlossen. Auf die Aussenseite kommt eine Lüsterklemme für den Anschluss an den Verstärker. Auf die Innenseite werden der Widerstand und die Spule für den Frequenzfilter gelötet und mit Heisskleber fixiert.
Da die Boxen aus akustischen Gründen möglichst fest sein sollen, sind die Wände 5mm dick. Ich habe mit 40% Gyroid Infill und 4 Schichten Wandstärke gedruckt. Bei der Tonqualität habe ich keinen Unterschied zum Original mit 19mm MDF Material festgestellt. Ich würde mich jetzt aber auch nicht als ganz grossen HiFi-Experten bezeichnen.
Wer das Ganze nachbauen will kann die STL-Dateien auf Thingiverse herunterladen
Teil 2
Weil das mit den 3D-geduckten Monasatelliten vor ein paar Monaten so hübsch geglückt ist, musste ich etwas Neues ausprobieren. Diesmal sollen die Mona 2.1 Satellitenboxen aus Beton gegossen werden.
Die Gussform der Boxen ist aus PLA gedruckt. Sie besteht aus einer inneren und einer äusseren Gussform. Die innere Gussform verbleibt im Modell, und dient auch dazu das Chassis und die Lüsterklemme festschrauben zu können. Die äussere Gussform ist wiederverwendbar.
Die innere Gussform besteht aus 2 Teilen, die zusammengeklebt werden. Die äussere Gussform muss sorgfältig fein geschliffen werden, damit sie sich gut ablösen lässt. Ausserdem habe ich sie mit Vaseline als Trennmittel eingestrichen. Wenn man die Support-Strukturen nicht entfernt, lässt sich die Gussform am Ende besser zusammen klemmen. Die innere Gussform wird bei den 4 Löchern für die Lautsprecher festgeschraubt. Zudem wird die Gussform von einem Verbindungssteg zusammengehalten, der gleichzeitig dafür sorgt, dass im Fuss des Lautsprechers eine Aussparung für das Kabel übrig bleibt. Damit keine Luftblasen im Modell verbleiben, ist es wichtig den Beton gut zu rütteln. Auch sollte man dem Beton genügend Zeit zum Aushärten lassen, damit sich keine Risse bilden.
Die Lüsterklemmen werden auf das Montageplättchen geschraubt. Auf der gegenüberliegenden Seite werden der Widerstand und die Spule der Frequenzweiche gelötet.
Das Resulat sind wunderbar massive Satellitenboxen mit einem tollen Klang und extravangantem Aussehen. Auch bei voller Lauststärke vibrieren die Boxen praktisch nicht – ich denke, das ist eine gute Sache.
Sämtliche Dateien und Informationen zum Nachbau sind kostenlos erhältlich auf Thingiverse.
Gruss aus Zürich, Rolf
Teil 3
Hallo Leute,
Ich bin der mit den 3D gedruckten Mona-Gehäusen und der Beton-Mona. Der neue Ary BB 3-5 Bausatz hat mich gleich angesprochen. Fur solche Aktiv-Boxen habe ich gleich mehrere Anwendungen. Und das Gute für mich ist, dass die kompakten 1.8 Liter Satelliten in einem Stück in meinem Ultimaker 2 druckbar sind. Mit direkt im 3D Drucker erstellen Boxen habe ich gute Erfahrungen gemacht. Nach einigen im 3D Design Programm durchprobierten Ideen bin ich bei einem rund-knuffigen Modell gelandet. Im Freundes- und Familienkreis kommt es jedenfalls gut an.
Ich habe für den Druck matt-rotes Filament benutzt. Was die aus bestimmten Winkeln sichtbaren Schichten verursacht, ist mir nicht klar. Ich glaube nicht, dass es am Filament liegt. Gedruckt werden sie mit der Frontseite auf der Buildplatte. So liessen sie sich mit nur minimalen Support-Strukturen drucken.
Da die Boxenform keine ebenen Flächen hat, konnte ich die im Bausatz mitgelieferten Klemmen nicht verwenden. Darum gibt es für die Anschlüsse zwei Bananenbuchsen. Ich habe mir Mühe gegeben, sie jeweils senkrecht ins Gehäuse einzubauen. Bei der Betrachtung des Ergebnisses denke ich jedoch, dass parallel ausgerichtete Stecker besser aussehen würden.
Bei einem Druckvorgang hat sich das Filament verheddert, was das Modell ruiniert hat. Dafür habe ich jetzt ein Schnittmodell. Gut zu erkennen die Wandstärke von 15mm und das Gyroid Infill Muster. Das Gyroid Infill hat die interessante Eigenschaft in alle Richtungen durchlässig zu sein. Das heisst man müsste die Infill-Zwischenräume mit einem Harz ausgiessen können. Ich werde das in einem zukünftigen Projekt mal austesten.
Die Boxen sind mit matt-transparentem Lack beschichtet. Um möglichst gleichmässig sprayen zu können, habe ich mit einer Akkubohrmaschine eine Drehvorrichtung konstruiert.
Der Druck einer Box hat bei mir etwa 3 Tage gedauert. Die Materialkosten betrugen grob geschätzt etwa €10. Den grössten Aufwand hatte ich mit dem Entfernen und Verschleifen der Support-Strukturen. Pro Box machte das etwa 1-2 Stunden Schleifarbeit.
Und wie klingen sie? Durch den Soundtest angezogen, hat meine Frau beim Anblick der Boxen gerufen: “Oh, die möchte ich gerne haben für mein Büro!”. Da erübrigt sich jeder weitere Kommentar.
Grüsse von Rolf aus Zürich
Zur Mona 2.1 im Online-Shop
Zur Ary BB 3.5 im Online-Shop
Guten Morgen.
Eine kleine Inspiration für ein zukünftiges Subwooferprojekt: Für größere Konstruktionen kann ich eine Methode empfehlen, die ich zum ersten Mal auf YouTube bei einem Herrn namens „DIY Perks“ gesehen habe. Es werden, ähnlich wie deinen Betonsatelliten, nur eine äußere und eine innere Hülle gedruckt und dann mit einer Mischung aus Gips und Holzleim gefüllt. So lassen sich mit vergleichsweise wenig Druckaufwand große, stabile Gehäuse bauen.
/Matthias
Danke Udo, dass du meinen Berichten mit dem Umzug in den redaktionellen Teil mehr Sichtbarkeit verschafft hast.
Das ist nun auch der richtige Moment um von vergleichenden Messungen zu berichten, die ich vor einigen Monaten angestellt habe. Im ADW Theorieteil werden ja ausgiebig alle möglichen Gehäusematerialien besprochen. Gedruckter Plastik ist jedoch bislang nicht erwähnt. Vorteilhaft am 3D Druck scheint mir dass damit Bauformen möglich werden die grundsätzlich steifer sind und die stehende Wellen reduzieren. Herausfordernd ist hingegen der Umstand, dass im Allgemeinen dickere Wände nicht vollvolumig gedruckt werden sondern nur mit z.B. 20%-50% Infill. Den Rest bilden dann Luftkammern. Was das für Auswirkungen auf die Boxenakustik hat konnte ich zunächst nur ausprobieren.
Ich habe die Mona-Satelliten erst ganz brav nach der Bauanleitung angefertigt. Motiviert durch den überaus positiven Höreindruck machte ich mich an die gedruckten Gehäuse. Beim vergleichenden Hörtest konnten weder ich, noch meine Mitbewohner einen Unterschied ausmachen zwischen dem 21mm MDF Gehäuse und dem nur 5mm dicken PLA. Auch die Variante mit 15mm starkem Beton klang für meine Ohren nicht anders.
Das kann doch nicht sein dass diese doch sehr unterschiedlichen Materialien überhaupt keinen Unterschied machen!? Eine objektive Messung musste her. Ich habe mir ein einfaches Messmikrofon besorgt (Superlux ECM999) und mich in den Room EQ Wizard REW eingelesen. Als Messraum musste notgedrungen das herhalten was hier vorzufinden ist ein 10m x12m x 2.8m grosser Wohnraum mit Parkettboden.
Die Ergebnisse sind im Diagramm zu sehen: orange ist original MDF, ocker ist direkt gedrucktes dünnwandiges PLA, blau ist Beton. Aufgrund meines amateurhaften Mess-Setups achte ich weniger auf die absoluten Messwerte, sondern betrachte lieber die Diagramme im Vergleich. Mir fällt vor allem auf, dass die drei Kurven sich kaum unterscheiden. Den einzigen Ausreisser gibts beim Betongehäuse bei 9kHz.
Mein Fazit: Wenn du keinen groben Fehler machst kommt es auf die Gehäuseform und das Material nicht so an. Was sagen die Profis?
Hallo Rolf,
das sind interessante Ergebnisse, die allerdings nicht den Bereich betrachten, wo Gehäusematerial und -dicke relevant sind. Viel größer wären die Unterschiede, wenn wir den Bassbereich betrachten. Hier ist das Gehäuse einem weit größeren Druck ausgesetzt, der die dünnen Wände heftig verformen würde. Eine große Membran mit viel Luftverschiedung ließe ein leichtes Häuschen nach dem Prinzip Kraft und Gegenkraft hin und her hüpfen – naja, theoretisch. Die Bedämpfung des Durchtrittsschalls würde nur mit den dickeren Materialien ausreichen. Bei der Betrachtung kleiner Satelliten ist das aber nicht relevant. Das zeigen deine Messungen.
Gruß Udo
Hallo Rolf,
tolle Idee mit den Gehäusen. Genau so toll das du die Dateien und Infos bereit gestellt hast.
Eine Frage zur Elektronik: hast du da den Plate Amp verbaut? (im Shop wird er immer noch angeboten)
Er soll doch ersetzt werden.
VG Rundmacher
Ja, das ist der Plate Amp. Ich habe mit Bedauern vernommen, dass der nicht mehr erhältlich sein wird. Mir gefällt die Möglichkeit des nahtlosen Einbaus in den Sub.
Guten Morgen Rolf. Guten Morgen werte Gemeinde.
Das ist sehr beeindruckend. Ich hatte mit dieser Art des Bauens bis dato noch keinen Kontakt. Richtig abgefahren wäre es wenn die Sub-Module auch aus dem Drucker kommen würden. Geht dann wahrscheinlich nur aus mehreren Teilstücken, der Größe des Gerätes geschuldet und dem Geldbeutel des Betreibers…😁 Und hier liegt ja ein großer Teil der Arbeit vor dem Druck.
Zur Umfrage des Farbtones, hat beides seinen Reiz. Die Variante Hochglanz schwarz hätte auch direkt von einer Bowers&Wilkins abgeschraubt sein können… 😉
Gute Arbeit! Ein schönes Wochenende an alle.
LG Andreas
Gedruckte Sub-Module: Das habe ich mir schon auch überlegt. Wenn man einen “normalen” Drucker mit 20cm3 Bauraum sein Eigen nennt kommt man nicht weit weil der Sub in zu viele Teile gestückelt werden muss. Will man die Resonanzrohre gleich mitdrucken – wenn schon, denn schon – dann wird es recht trickreich aus den verwinkelten Formen die Stützstrukturen rauszukriegen.
Seit ich aber einen neuen Drucker mit 30cm3 Bauraum habe der auch wasserlösliche Stützstrukturen druckt sind meiner Fantasie kaum mehr Grenzen gesetzt. Ich werdet zu gegebener Zeit hier davon lesen können.