24. August 2025

Needle-Blues macht Laune

Autor: Der Handwerk

Schöne Zusammenkünfte im Kreis guter Freunde, mit gutem Essen und gutem Bier sind eine feine Sache. Da stehen wir so bei mir in der Küche, kochen zusammen, schnacken über dies und das, die Mini-ACL mit Röhrenantrieb entlässt zur Unterstützung des Wohlbefindens Feines in den Raum… Und dann kam die Aussage von einem lieben Freund „man das Ding oder Ähnliches würde auch gut in mein Domizil passen…“ Ach ja, ernsthaft jetzt? „Na klar, Du hast freie Hand … nur nicht zu riesig bitte. Standfläche max. DIN A4“ Whoop! Deal!

Dass die Needle was kann, hat man ja schon öfter gelesen und gehört. Da ist ein wahres physikalisches Wunderwerk errechnet worden. Dieser Mini-Treiber von Dayton ist in der langen Stange ja mal sowas von gut aufgehoben, aber dazu später mehr.

Da der Auftraggeber ein ähnliches Faible hat für alles, was aus Holz ist, ist mein „Standard“ Leimholz Eiche gesetzt. Aber diesmal nicht komplett. Der eigene Anspruch, sich handwerklich weiter zu entwickeln, ein nicht vorhandener Zeitstress und einfach die Lust am Machen fördern erstaunliche Ideen zu Tage. Hier der Plan, am Ende soll es ein komplett geschlossenes Gehäuse sein ohne Deckel. Die Basis bildet dreiseitig ein Korpus aus MDF, weiß lackiert mit anschließend aufgesetzter Frontplatte aus Leimholz Eiche.

Der fortwährende Kontakt zu befreundeten Schreinern hat meinen Horizont in Sachen Holzbearbeitung auf ein recht ansehnliches Niveau gehoben und es darf bereits gerne mehr sein. Daher bekommen die beiden Stangen plan ins MDF eingelassene Standfüße, ebenfalls aus Eiche0 mit schraubbaren Ständen. Erstens um die Standfläche so zu vergrößern, dass DIN A4 ausgereizt ist und die Beiden sicher stehen, zweitens sieht´s saugeil aus, drittens will ich die Challenge. Geringe Selbstüberschätzung und eine nicht ganz reelle Vorstellung des eigenen Tuns legt man vorerst beiseite, aber auch dazu mehr…

Hier die Geschichte der Entstehung. Materialkombinationen, gerade direkt und miteinander verbunden, sind in meine Augen ein heißes Ding. Da ich so einen Aufwand vorab nicht betrieben habe und es ohne Schraubverbindungen gehen soll, starte ich mit dem vermeintlich Anspruchsvollsten, heißt mit der Bodenplatte und den eingelassenen Standfüßen. Da ich, natürlich!!, die beiden Füße diagonal einlassen will, muss die Format-Kreissäge mit Ausleger und Winkelaufnahme mein Freund werden.

Die Tiefe der Schnitte ist schnell eingestellt. Nach dem Zersägen von zwei Probestücken ist der Winkel für den ersten Schnitt gefunden und es wird Lage für Lage ausgesägt.

Da das Sägeblatt keine planebene Leimfläche hinterlässt, kommt ein altes Schreinerwerkzeug zum Einsatz, von dem ich vorher noch nicht mal gehört habe. Mit einem präzise auf Maß eingestellten Grundhobel lassen sich ausgesägte oder auch ausgestemmte Flächen absolut plan herstellen. Wie hätte man diese Fitzelsachen auch sauber ausschleifen wollen? Neues Lieblingswerkzeug, check.

Zur Fixierung beim ersten Leimen habe ich zentriert ein Loch gebohrt und einen Holzdübel eingeleimt.

Das war einfach. Ab jetzt steckt aber bereits viel Arbeit drin, Fehler machen und rumprobieren scheiden also aus. Es ist ein Kreuz für den Stand geplant, daher muss wieder der Winkel her um sauber sägen zu können. Es hat ewig gedauert um alles einzustellen und die gute Formatsäge ist mit maximalem Zubehör, Anbau und Führungsholz versehen, damit alles klappt.

Der bereits eingeleimte Fuß hat es deutlich schwerer gemacht als gedacht. Am Ende hat alles funktioniert, die Schnitte waren sauber, präzise und ich zufrieden. Wie man sich doch über zwei Sägeschnitte in kleinen MDF-Platten freuen kann!

In der zweiten Runde ist alles wie bereits beschrieben, Grundhobel, Zentrierdübel, reichlich Ponal, zwei Zwingen.

Die Miniüberstände nach dem Leimen sind verschliffen worden und zwei Bodenplatten hätte ich dann schon mal. Auch wenn man es nie sieht, wenn die beiden Boxen stehen, habe ich alle offenen kleinen Fugen mehrfach nachgeleimt um alles wirklich zu schließen. Meine Wahl ist auf mehrere Schichten Holzleim gefallen, weil selbiger sich restlos abschleifen lässt und eine gewisse Rest-Elastizät hat. Spachtelmasse wäre vielleicht auch gegangen, habe ich aber wegen möglicher farblicher Reste und der Rissbildung abgewählt.

Nachfolgend haben alle Ecken oberflächenbündig Einschlag-/ Einpresshülsen erhalten, welche später die schraubbaren Füße aufnehmen. Hier ist sauberes Ausbohren nach dem Senken Pflicht, damit das Echtholz in einem Stück bleibt.

Der übrige Korpus ist im Vergleich recht übersichtlich. Die Maße gibt´s von Udo mitgeliefert, einzig den Schnittwinkel für das kleine Anschlussbrettchen am Bassreflexkanal ist für mich erwähnenswert. Es sind exakt 4°.

Die beiden Innenbretter bieten sich an, vorab verleimt zu werden, macht es später besser zu händeln. Aus Erfahrung fräse ich die Aufnahmen für die Anschlussterminals auch bereits vor dem Verbinden.

Da ich beim Leimen auf Lamellos zur Unterstützung setze, werden alle Fräsungen gemacht und die besagten Holzlamellen eingeleimt und dann immer Stück für Stück…

Der Boden bleibt vorerst offen, da die Verbindung nachfolgt und der Rest durchgetrocknet sein muss. Also eine Nacht gewartet und weiter geht´s. Die Fräsungen waren fertig somit kann es wie vor beschrieben weiter gehen, Lamellos rein, schön dick Leim, Zulagen um das Holz zu schonen …

Läuft … Schön wäre es gewesen wenn ich am unteren Ende, wo der Metallhaken der Zwinge sitzt, auch an eine Zulage gedacht hätte. Ich war so auf den Fuß fixiert und habe mich schon kurz gewundert, dass die Lamellos beim Anziehen ganz schön knirschen, „ach was, ist halt eng …, viel hilft viel …“ Am nächsten Tag und durchgetrocknet kam dann … „was für ein Mist?“ Euphorie ist ein Antreiber. Kommt Unachtsamkeit und Ungeduld hinzu, wird´s gefährlich. An der Oberseite, ja natürlich!! an der Oberseite, war der Druck so hoch, dass selbst mit Lamellos das Brett eingedrückt und ein deutlicher Riss sichtbar ist.

Schöner Mist, jetzt alles in die Reste-Holzkiste? Das nachfolgende Spreizen, anheben und nachleimen ist aus Gründen der Diskretion und der vorherrschenden Gefühlslage der eigenen Unachtsamkeit wegen nicht dokumentiert worden. Leider eigentlich … Es hat aber zum Glück funktioniert. Ein bisschen Aufmerksamkeit und ein kleines Restebrett mehr und ich hätte mir 2 Tage richten, spachteln und schleifen sparen können. Tja, was soll´s, auf zur Oberflächenbehandlung.

Dass auf dem MDF nach dem ausgiebigen Schleifen nicht mehr viel von der Grundierfolie übrig geblieben ist, war zu erwarten. Abschließend gibt es umlaufend eine kleine Phase.

Durch den Mix der Materialien war ein umfangreiches und möglichst präzises Abkleben unumgänglich. Ich habe Präzisionsklebeband verwendet, um scharfe Kanten und genaue Übergänge zu erreichen.

Vier Schichten Grund in weiß sind es im ersten Schritt geworden.

Die Stöße der MDF-Platten haben sich wie erwartet abgezeichnet und sind mit 2K-Spachtel komplett abgezogen worden. Ausgiebiges Schleifen folgte nach und die nächsten 2 Schichten Grund folgten.

So weit, so schön. Einmal das ganze Abgeklebe erneuert und 2 Schichten Lack in weiß, seidenmatt folgten. Man bekommt so langsam eine Vorstellung, wie schön das Ganze werden kann.

Fehlt noch die Treiberwand in Eiche Leimholz. Da die Wand nicht aufgedoppelt wird, sondern direkt verbunden ist, ist auch hier die gewünschte Präzision recht hoch. Die Fräsungen für die beiden Treiber sind Formsache. Fräszirkel und Messschieber sei dank klappt alles reibungslos, trotzdem bleibt es immer beim Probestück aus MDF, um vorab zu testen.

Der Reflexkanal am unteren Ende wird in der Breite vorgesägt und dann mit Führungsschiene und Oberfräse Stück für Stück in Form gebracht. Wie man an der Anzahl der umstehenden Füße sehen kann, war das Interesse doch recht groß.

Mein Buddy JP hat einen Schriftzug für´s Produkt entworfen und gelasert, welcher im Farbton des Gehäuses lackiert und anschließend aufgeklebt wurde.

Wichtig zu erwähnen ist bei Direktverbindungen zweier Materialien, dass die Leimflächen der Innenseiten der Eiche ebenfalls abzukleben sind, bevor lackiert wird. Ansonsten ist mit Verbindungsschwierigkeiten zu rechnen. Man sollte bei Leimholz die Innenseiten dann aber auf jeden Fall 2 x mitlackieren, um Schüsselungen oder Verwerfungen zu vermeiden. Auf der Außenseite bringen 4 Schichten Klarlack das Holz zum Strahlen.

Hochzeit. Nachdem beide Baugruppen fertig gestellt waren, gilt es zusammen zu führen, was zusammengehört. Allein durch die Höhe der Box und die beiden kleinen Löcher hinten und vorne habe ich alles, was rein muss, auch vor dem Verleimen reingetan. Heißt Dämmstoff und Kabel. Fixieren nicht vergessen! Lamellos und Leim nur auf den Innenkanten haben mit Zulagen, Zwingen und neuem Abdeckvlies Ihren Job erledigt und alles zu einem Ganzen zusammengefügt.

Dieses Mal ist alles prima gelaufen und es sind keinerlei Beschädigungen an den fertigen Flächen entstanden. Nach dem Trocknen haben die Holzfüße ebenso 4 Schichten Klarlack erhalten.

Die Endmontage geht ein wenig unter, da sie relativ unspektakulär war. Die Weiche ist überschaubar und es ist nur ein Treiber einzusetzen.

Das erste Hören dagegen ist eine Wucht. Mein Plan ist, die beiden Stangen mit einem Röhrenhybrid von Douk Audio zu betreiben. Diese Wahl darf ich als absoluten Volltreffer bezeichnen. Es ist sauber angelegtes Geld und der Antreiber verhilft den beiden Stangen zu einem vollen, runden und präzisen Klang. Als netten Nebeneffekt gibt es alle Anschlussmöglichkeiten, welche derzeit wichtig sind. Wenn man es nicht weiß oder die Augen geschlossen hat, meint man deutlich mehr zu hören als den kleinen Dayton. Wie bereits durch den Meister selbst geschrieben, sie sind ein absoluter Türöffner in die Selbstbauwelt und wenn man Leute im positiven Sinn hinters Licht führen will. Außerdem finde ich die Konstruktion des Treibers einfach genial, die freischwingende Membran um die Spitze herum ist bei mehr Druck und gehobenem Pegel einfach spektakulär. Als einzige „Einschränkung“ möchte ich anmerken, dass die Needle sicher zum schön hören erdacht ist und nicht für Maximalpegel. Dafür gibt´s andere …

Wenn man etwas mehr Zeit und Arbeit investiert, spielen Sie auch optisch auf jeden Fall in der Bluesklasse mit. Ach so, wenn Sie nicht an Nico gehen würden, hätte ich Sie in jedem Fall behalten …

Liebe Grüße an alle, Andreas

Leider ist der Bausatz derzeit nicht lieferbar.

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Moin Andreas,

Danke für den Bericht. Klasse Arbeit.

Das mit dem Leim an der Innenkante wusste ich, weil auf Bildern nicht erkennbar, wurden die
„Deckellamellos“ wegen der Gefahr des Leimaustritts auf die Lackflächen nicht eingeleimt?

2.Frage an alle: Gibt es klanglich große Unterschiede zwischen ACL und normaler Needle?

Servus Peter

Der Baubericht entspricht ja tatsächlich dem Nicknamen, das ist „Das Handwerk“ in purer Form.

Großes Kino!

Mit solch einer schichtweisen Aufspaltung vom MDF hatte ich bereits zweimal zutun, einmal zu wenig vorgebohrt im Chassiskreis, das war relativ unbedeutend.
Das zweite Mal eine Außenkante, eine Ecke, also sichtbar. Ich hatte ein wenig Holzkaltleim mit ca. 10…20% Wasser verdünnt und mehrmals satt auf den Riss aufgetragen. Zusätzlich mit einem sehr dünnen Blechstreifen (aus dem Maschinenbau Abstandsstreifen mit 0,04mm Dicke) den Leim in die Risse in die Tiefe gedrückt. Selbstverständlich dann mit einer Zwinge bis zur vollständigen Trocknung gepresst. Nach dem Schleifen war nichts mehr zu sehen.

VG Rundmacher

Super, alles klar.

Zweimal ein unabhängiger, identischer Arbeitsablauf, das muss daher klappen.

(in den 40ziger Jahren wurde das Düsentriebwerk entwickelt, fast zeitgleich in Deutschland und in England, und es funktioniert) 😉

VG Rundmacher

Es gibt ja wirklich unglaublich viele Needles (schreibt man das so?) auf dieser Welt, aber selten in einer handwerklich, so perfekten Umsetzung!
Ich mag die Farbkombination und vor allem das Echtholz. Ist alles sehr stimmig und wirkt edel. Leider konnte ich die Needle noch nie hören, aber du machst einem echt Lust, nach Bochum zu fahren.

Viel Spaß mit den beiden und liebe Grüße aus dem Schwabenland
Alex

Ne Needle habe ich nicht mehr, aber eine RS100 ACL. Schwabe bin ich auch…😊

Made my day! Danke für den Bericht und die Details zum Handwerklichen!

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