21. Dezember 2025

Achims Schallplattenreinigungsmaschine in einfach

Autor: Gipsohr

Die erste Pandemie dieses Jahrhunderts ist nun schon gute zwei Jahre vorbei. Die Nachwirkungen sind allerdings bis heute zu Hause zu spüren. Bei mir war die Folge: Der Kellerschrank füllte sich mit 50 Jahre altem mechanischem Gerät! Wovon spreche ich?

Ich spule nochmals vier Jahre zurück: Angefangen hat alles damit, dass ich meinen alten Technics-Tangential-Plattenspieler während der Pandemie wieder aus dem Schrank holte, ne Platte abspielte und dachte „…ich mag den Klang nach 40 Jahren immer noch nicht!“ Den Technics schaffte ich in meiner Jugend mit ganz wenig Geld im Geldbeutel an. Zwei Jahre später, nach dem Aufkommen der CD, wurde er in den Schrank verbannt. Das Verhalten kennen die älteren Boardies ganz sicher.

Ich hätte heutzutage für den Technics natürlich mal ne neue Nadel probieren können…war mir allerdings zu langweilig und die Pandemie gab einem viel Zeit für Internetrecherche. Ich blieb nach vielem Lesen im Dual Board hängen. Die haben eine lebendige Community und für jeden Dreher die technische Lösung. Die Folge war, ich kaufte zum ersten Mal einen Dual-Plattenspieler, einen 601-er.

Vor über 45 Jahren kostete der 500.- DM. Damals für mich als Azubi unbezahlbar, heute für 50.- € bezahlbar. Die neue alte Rillenfräse gefiel mir von Anfang an. Angekommen in der Nach-Pandemie-Gegenwart habe ich zwischenzeitlich ein paar Dual-Plattenspieler erworben, gereinigt, repariert, neu gefettet und mit neuen Nadeln versehen. Je Stockwerk steht jetzt einer rum. Mit den verschiedenen Duals und neuen Tonabnehmern hörte ich zwischenzeitlich viele alte und auch neue Platten und schwelge häufig emotional und akustisch in der Vergangenheit. Apropos Vergangenheit… die holte mich abermals ein. Das nervige Knistern hatte sich die letzten 40 Jahre nicht verändert.

Dann noch die Chance bekommen, für nen 10-er konnte ich 100 Klassik-Schallplatten erwerben. Viele der Aufnahmen waren älter als ich. Auch die knisterten.

Einschub:
Diese Platten waren nicht nur verschmutzt, sondern wurden von dem vorbesitzenden Pfeifenraucher mit ordentlich Patina und Duft versetzt. Vor allem die Cover brachten 50 Jahre alten Rauch in meinen Musikraum. Den „Duft“ bekommt man weg. In einen Pappkarton Schälchen mit Kaffeepulver und Essig reinstellen, die Cover dazu und alles verschließen. Nach einer Woche ist der Duft neutralisiert – sagen wir nahezu. Die Patina auf den Plattencovern bleibt natürlich weitgehend erhalten.
Einschub Ende

Die Plattenwaschmaschine von Sparky kam da gerade recht. Die Einzelteile sind einfach zu bekommen, einfach zu fertigen und innerhalb von 3 Wochen wurden 300 Platten gewaschen. Das waren wirklich richtig tolle Tage: Ich inhalierte stundenlang das wunderbare Alkohol-Wasser-Gemisch und verzichtete auf das Feierabendbier!

Das Ergebnis empfand ich ich als „halbgut“. Die Platten werden nach dem Waschen zweifellos sauber. Knistern ade. Aber dieses Vinyl ist ein Staubmagnet. Nach 2 – 3 Wochen im Regal waren die angezogenen Staubpartikel wieder ordentlich zu hören. Jedesmal die Maschine zu heizen, neu auffädeln, … mir wurde es zu aufwändig. Die Kohlefaserbürste wirkt auch nur bedingt gut. Die Ultraschallkiste in die Bucht gegeben und weg war sie. Die knacksigen Schallplatten blieben.

Professionelle Nassabsaugsysteme gingen mir nicht aus dem Kopf. Die richtig guten wollten mir aber massiv an den Geldbeutel. Weiter gegoogelt, schließlich bin ich Bastler und ich wurde fündig. Ein Österreicher zeigte bei Youtube einen Film über eine Schallplatten-Reinigungsmaschine mit Staubsauger. Hmmm, sah gut, einfach und wirkungsvoll aus. Probieren, und, wenn es funktioniert, bei Udo verbreiten. Staubsauger, alter Plattenspieler, Wasserabscheider (ist leicht zu bauen), alles da bis auf den Schlauch.

Der alte, wie ich finde hochwertige Siemens, eigentlich ein japanischer Dreher, hatte den Geist aufgegeben. Immerhin drehte er noch. Zudem sehr schnell. Der Schlauch war ruck, zuck gekauft. Alu-Röhrchen an den Schlauch angestöpselt, und mit jeder Menge Heißkleiber mit dem Deckel des Gurkenglas-Wasserabscheiders verbunden. Der Adapter für den alten Staubsauger war noch übrig und wurde fix modifiziert. Auch der landete auf dem Deckel des Wasserabscheiders.

Den Schlauch mit dem Heißluftfön in Form gebracht und noch mit dem Tonarm verbunden. Fertig war die Reinigungsmaschine.

Zum Reinigen einen Pinsel aus dem Baumarkt besorgt. Nach dem Einsprühen der rotierenden Scheibe halte ich den 2cm breiten Pinsel drauf. Danach den Staubsauger in den Wasserabscheider einstecken und manuell absaugen. So behandelte neue Platten sind nach der Prozedur frei von jeglichen Knacksgeräuschen. Bei älteren Scheiben lasse ich die Flüssigkeit auch mal 5 -10 Minuten einwirken. In der Zeit wird die nächste Scheibe herausgesucht. Die Flüssigkeit ist Alkohol mit destilliertem Wasser. Ich bevorzuge 1/3 Alkohol, 2/3 Wasser und einen Tropfen Spülmittel. Mit dem geringeren Alkohol-Anteil verdunstet die Flüssigkeit bei den einzuweichenden Scheiben nicht so schnell.

Die Maschine hat mich tatsächlich nur 8,50 € gekostet. Plattenspieler und Staubsauger waren da. Mit Gerätschaften aus der Bucht wird der Nachbauer auf 30-40 € kommen. Der Plattenspieler sollte meines Erachtens ein direct drive Laufwerk haben. Die ziehen durch. Ein Riementriebler bleibt stehen. Pro Plattenseite dauert der Reinigungsprozess ca. 1-2 Minuten. Ich finde das Ergebnis optimal. Das Vinyl kommt abgesaugt und frisch gereinigt auf den Plattenspieler, in diesem Fall ist es der Lady-Dreher von Dual.

Nachdem bis hierher nur die Alten in Erinnerung schwelgen konnten, habe ich auch für die Jungen ein kleines Geschenk zum besseren Verständnis ihrer audiophilen Vorfahren ohne Smartphone und Bluetooth. Und damit es auch modern wirkt, besteht es natürlich aus bewegten Bildern.

Gipsohr Achim

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Hallo Achim,

lustig, manche Ideen kommen immer wieder. Als ich mich vor ein paar Jahren mit Microcontrollern und Arduinos auseinandergesetzt habe, kam auch eine Plattenwaschmaschine heraus. Dazu habe ich damals ebenfalls einen alten Dual-Plattenspieler geschlachtet.Wen es interessiert: Einfach nach “Waschimmo” googlen. Die Waschimmo hat damals im Dual-Board sogar ein paar Nachahmer gefunden.

Irgendwie habe ich seitdem immer mal wieder darüber nachgedacht, wie man ein solches Projekt wiederholbarer umsetzen könnte, ohne dass man dafür antikes Kulturgut opfern muss. Mit den heutigen Möglichkeiten von 3D-Druck usw. müsste doch was möglich sein. Ich glaube, ich setze mich mal wieder dran …

Fröhliches Fest und saubere Platten wünscht,
Roland

Hallo Achim,

was es nicht alles gibt… ein interessantes Projekt, mal außer der Reihe.

Wenn der Sauger jetzt noch live kurz vor der Nadel jeden neu hingeflogenen Krümel wegsaugen würde … 😉

Ich habe als Student vor 32 Jahren mit einem Signalprozessor in 256 RISC-Assemblerbefehlen Knackser live beim Abspielen der Platte erkannt und korrigiert. Danach war die Wiedergabekette aber nicht mehr rein analog und das Produkt somit eher eine technische Parodie und an der Zielgruppe vorbeientwickelt.

Sonnige Grüße zum 4. Advent,
Martin F

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