„Das ist ein Wohnzimmer und keine Disco!“, so die Leitlinie meiner besseren Hälfte auf mein vorsichtiges Ansinnen, dem sowowhl optisch, als auch akustisch reichlich flachen TV ein wenig mehr Tiefgang zu verleihen. „Und überall stehen dann Lautsprecher rum? Und die Kinder stolpern dann ständig über irgendwelche Kabel?“, fragte sie mahnend, während das zentrale Gremium der häuslichen Gesetzgebung bereits verkündete: „Da darf nichts rumstehen! Und das optische Gesamtbild der TV-Wand darf nicht zerstört werden!“
Dem geneigten Leser sei erklärt, dass hier um die Unversehrtheit unserer Trockenbauwand im Wohnzimmer gerungen wurde. Eine Vorbauwand mit versetzter Steinoptik, Lowboard und Regalelementen. Dummerweise überbrachte ich meinen Wunsch nach akustischer 5.1-Optimierung, als die Wand bereits fertig gestellt war. Nur noch die Regale und das Lowboard fehlten.
Zwei einfache Holzkonstruktionen als Platzhalter boten bis zum Einbau des Lowboards einen sauberen Abschluss zum Tapezieren der linken und rechten Vorbauwand.
Natürlich hatte ich keine Idee, wie ich den Vorgaben der Legislative bei diesem Baustand schadlos entsprechen sollte, ohne meine eigenen Vorstellungen einer tonalen Offenbarung zurück stellen zu müssen. Bisher waren lediglich zwei Einbaulautsprecher von Canton in der Decke über der Couch vorhanden. Eine Maßnahme, die bereits vor vier Jahren geplant und beim Rohbau unseres Häuschens berücksichtigt wurde, da sich hinter der Couch der Esstisch und damit kein Platz für Rear-Lautsprecher befindet.
Mir blieben zwei Optionen:
Erstens, ich kaufe fertige Lautsprecher im Markt meines Vertrauens. Risiken: Wenig harmonischer Sound, keine Kabelkanäle vorhanden und damit sichtbare Kabel, wackelige Ständer vor der Wand oder ein vollgestelltes Lowboard, optisch kein stimmiges Gesamtbild … die Liste wurde immer länger. Hinzu kam, dass ich mich mit fertigen Soundanlagen und Lautsprechern nur wenig auskenne. Ich las von überteuerten Anlagen und von Marketinggags bei den Spezifikationen. Ich war weit davon entfernt, mich für diese vermeintlich einfache Variente zu begeistern.
Zweitens, ich baue meine Lautsprecher selbst und integriere sie zusammen mit unserem befreundeten Schreinermeister in die Wand. Risiken: Ich hatte keinen Schimmer vom Lautsprecherbau und mein persönliches Netzwerk sah diesen Skill ebenfalls nicht vor. Dennoch wagte ich mich an dieses Thema und googelte nach „Do it yourself Lautsprecher“. Irgendwann stieß ich auf einen Beitrag, der den durchaus kreativen Namen „U_Do“ zum Thema hatte. So landete ich auf Udos Seite. Das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal echte Begeisterung verspürte. Ein Shop, der nicht nur individuelle und perfekt abgestimmte Bausätze für Lautsprecher anbot, sondern auch ein Forum offerierte, in dem verzweifelte Einsteiger wie ich nicht direkt mit Häme und Spott hinausbegleitet wurden. Die Unmöglichkeit meines Vorhabens, alle optischen sowie akustischen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen, schien greifbar nahe.
Die Planung sah vor, die Fronten L/R in die Wand zu setzen, aufgeschraubt auf die dahinter liegenden Holzbalken. Als InWall-Lösung fiel die Wahl dank der exzellenten Beratung im Forum schnell auf die SB 30 InWall ADW. Die Tiefe der gesamten Wandkonstruktion von der Oberfläche der Steinwand bis zur sichtbaren Vorderseite der Vorbauwand beträgt rund 25 cm. Die Holzbalken haben eine Stärke von 6 cm, ODF + Rigips addieren sich auf etwas mehr als 3 cm. Das benötigte Volumen von 16 bis 20 Liter konnte durch leichte Modifikationen der vorgegebenen Außenmaße problemlos erreicht werden.
Der Bau der Gehäuse geriet wenig spektakulär. Die Bretter wurden mit Ausnahme der Fronten vorab zusammen geklebt. Passende Öffnungen wurden in die Vorbauwand geflext (meine bessere Hälte war zu diesem Zeitpunkt außer Haus). Vor dem Anschrauben der Rückwände an die Holzbalken wurden die Gehäuse unterlegt, sodass die Gehäusefronten am Ende bündig zur Vorderseite der Wand abschließen sollten. Die Fronten sind das Produkt der CNC-Fräse unseres befreundeten Schreinermeisters. Fotos meiner Person beim Fräsen mit Atemmaske kann ich daher leider nicht bieten. Schlussendlich klebten wir auf die vorderen Kanten dickes, nachgiebiges Isolierband, packten die aufgerollte Wolle rein und schraubten die Fronten luftdicht fest. Gut erkennbar ist auch, dass wir einige Millimeter Abstand zur Rigips-Wand hielten. Die Gehäuse halten lediglich zur Rückwand Kontakt.
Ebenfalls gut erkennbar sind auf den Fotos die Ergebnisse meiner Lötversuche. Mein erstes Lötvorhaben überhaupt, was beweist, dass das Thema Lautsprecherbau durchaus für bemühte Anfänger geeignet sein kann. Auch wenn ich ehrlicherweise beim Kauf der Bausätze die Variante mit fertiger Elektronik gewählt hatte. Ebenfalls auf den Fotos erkennbar ist, dass ich auf die Anschlussklemmen in der Außenwand verzichtete. Der Lautsprecher erfüllt viele Anforderungen, nicht aber die der Mobilität. Das Kabel führt von der Elektronik direkt zum AV-Receiver.
Der passende Center sollte unter dem TV in das Lowboard integriert werden. Hier fiel die Wahl auf die SB 30 STC ADW. Das Fräsen der Front geschah ebenfalls via CNC. Das Foto zeigt einen Arbeitsstand mit bereits eingebauter Front.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an den Tippgeber im Forum: Das leichte Kippen der Front nach oben verringert akustisch spürbar die Distanz zwischen TV und Center. Die Blenden der drei Lautsprecher wurden mit einem Holzrahmen und Lautsprecherstoff in passender Farbe selbst gebaut. Die Montage an die Fronten erfolgte mit aufgeschraubten Ansteckklemmen.
Für ordentlichen Bass sollte der SB29 BR-Sub sorgen. Er sollte als einzig freistehender Lautsprecher rechts neben dem Lowboard seinen Platz finden. Ihn in die Wand zu integrieren, wäre alleine des notwendigen Volumens wegen ein quasi unmögliches Unterfangen geworden. Von einer möglicherweise schwingenden (und scheppernden) Trockenbauwand ganz zu schweigen. Nun stellte sich die Herausforderung, wie sich die durchaus opulenten Außenmaße des Quaders harmonisch in das Gesamtbild einfügen. Und so fiel die Entscheidung auf eine Mischung aus Eiche Echtholz für Front, Rückwand, Ober- und Unterseite und funiertes Holz in anthrazit für die Seiten. Abgestimmt auf die Materialen, die in Lowboard und Regalen verwendet wurden. Ideengeber für die Zweifarbigkeit war das Produktfoto in Udos Shop.
Das zugehörige Aktivmodul SAM 300-D wurde in die Rückwand integriert. Udos Rat entsprechend, erhielt das Modul im Lautsprechergehäuse eine eigene Kammer. Um dennoch das notwendige Gesamtvolumen zu erreichen, wurden die Außenmaße des Sub ein wenig vergrößert.
Möglicherweise ein wenig Offtopic, aber dennoch eventuell relevant für den einen oder anderen Interessenten mit ähnlichen Zielen: Es sollte kein einziges Kabel ohne sauberen Übergang aus der Wand herausgeführt werden, was für den Sub allerdings notwendig gewesen wäre. Außerdem sollte der AV-Receiver auch bei geschlossenem Lowboard funktionieren und dennoch ohne das Hinzufügen von Kabeln spontan um weitere Abspielgeräte erweiterbar sein. Die Lösung war ein multimediales Baukastensystem von Kindermann (https://www.kindermann.de/en/highlights/konnect/), das in alle gängigen Schalterrahmenprogramme gängiger Hersteller passt und sich damit nicht nur optisch nahtlos in das Wohnzimmer einfügt, sondern darüber hinaus relativ viele Buchsen auf kleinstem Raum bereit stellt. Das folgende Foto zeigt das Ergebnis. Neben dem Sub (Strom und Cinch) können über das Feld weitere Quellen angeschlossen werden.
Zu guter Letzt das Gesamtergebnis.
Einmal bei Tag:
Und bei Nacht:
Die Akustik lässt sich in einem solchen Artikel – zumindest für mich als Laiem – nur schwer beschreiben. Der Sound ist kraftvoll, er ist breit, vielschichtig und räumlich, der Bass durchdringt kraftvoll ohne Störgeräusche den Raum und selbst die bereits vorhandenen Deckenlautsprecher harmonieren nach Anpassung ihrer Lautstärke hervorragend mit dem Gesamtsystem. Und sogar meine bessere Hälfte schaltet die Anlage bei jeder Gelegenheit ein. Mission erfüllt.
Tobias S
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Hallo zusammen!
Gerade gesehen, dass mein Artikel online ist. Danke für die Kommentare!
Auch heute, also Wochen nach Abschluss der Arbeiten, sind wir noch ziemlich happy über das Ergebnis.
Ganz nett: Der AV-Receiver sollte im Low-Board versteckt werden, ohne Kabel und ohne die Front öffnen zu müssen. Auch dann nicht, wenn wir ihn über die Fernbedienung ein- oder ausschalten. Dazu hatten wir ursprünglich vor, einen Infrarot-Verstärker unter das Board zu bauen, der das Signal der Fernbedienung in das Board leitet. Von der Idee haben wir Abstand genommen, da sich der Receiver bei Bedarf mit dem TV oder mit Sonos selbst ein- und ausschaltet. Die Steuerung lässt sich außerdem viel besser über eine App vornehmen als über die Fernbedienung. Damit ist es auch nicht notwendig, dass das Display des Receivers einsehbar ist. Ein Receiver ohne Display (gibt es das überhaupt?) wäre genauso gut.
Zu euren Fragen und Anmerkungen:
@Michael:
– Asymmetrischer Aufbau… ja, das ist wie so vieles Geschmackssache. Und vor allem ist es schwieriger zu bauen. Wir würden es heute aber nicht anders machen. Danke für den leisen Beifall 🙂
– Hitzeprobleme gibt es keine. Die Höhe des Boards wurde auf die Maße des Receivers abgestimmt. Und um die Luft ein wenig zirkulieren zu lassen, ist das Board hinten unten (von vorne unsichtbar) großzügig offen. Sprich, das vorne abschließende Boden-Brett ist hinten 7-8 cm kürzer als der Rest des Boards. Die Front lässt mit einen ausreichend großen Schlitz zur Oberkante Luft ins Innere (gut erkennbar auf den Fotos). Tests nach 1-2 Stunden intensivem Filmerlebnis zeigen, dass die Oberkante des Receivers (mit den Luftschlitzen) nicht wärmer als handwarm wird.
– Konzept: Versteckt sind die beiden Fronten links und rechts sowie der Center im Board. Nicht erkennbar auf den Fotos sind die beiden Rears von Canton, die ich im Artikel erwähnt habe. Sie wurden bereits vor vier Jahren während des Rohbaus unseres Häusschens in die Decke über der Couch integriert, noch ohne zu wissen wie die Gesamtlösung später einmal aussehen wird. Man sieht lediglich ein mit der Decke bündig verlaufendes, weißes, rundes Gitter pro Lautsprecher. Ähnlich der Auslässe einer Lüftungsanlage. Jeder, der ein Haus baut, sollte darüber nachdenken bereits im Rohbau so etwas vorzusehen. Ich bereue es keine Sekunde. Sicher lässt sich darüber streiten, ob es nicht besser wäre, wenn der Klang von hinten statt von oben käme. Meist sind es ja die Rear-Lautsprecher, die die bessere Hälfte wegen ungünstiger Platzierung, Sperrigkeit und Kabel bemängelt. Insbesondere wenn die Couch nicht an der Wand steht. Dieses Problem musste quasi nie diskutiert werden.
@Tjaden und Kai:
Danke für das positive Feedback! Leider zeigt das Foto bei Nacht ein völlig falsches, da viel zu intensives Licht. Ich konnte unseren Fotoappart noch nicht dazu überreden, hier ein brauchbares Foto zu machen. Stellt euch das Licht deutlich dezenter vor. Ich versuche, bei Gelegenheit ein besseres Foto zu posten 🙂
@Matthias (da->MZ) und Peter:
Auch euch besten Dank! Der besseren Hälfte gefällt das Ergebnis weiterhin gut. Allerdings musste ich tatsächlich einmal eine Blumenvase vom Sub entfernen. Selbstverständlich mit vorsichtiger Begründung: Wir wollen ja nicht, dass die schöne Pflanze beim nächsten basslastigen Film einen tiefen Fall erleiden wird.
Beste Grüße
Tobias
Also ich bin selbst kein Freund von asymmetrischen Aufbauten, weshalb mich diese schräge Rückwand total fertig machen würde. Aber die Grundidee, das Konzept und das Ergebnis lassen mich dann doch leise Beifall klatschen. Saubere Sache. Mein erster Gedanke war jetzt eigentlich, ob der AVR in dem Board nicht etwas unter Hitzestau leiden könnte.
Beschränkt sich das Konzept jetzt nur auf die Front, oder hast Du die hinteren auch versteckt?
Hallo Tobias, Respekt für diese Leistung! Ich bin auch ein Fan von indirekt beleuchteten TV- Wänden und versteckten Lautsprechern, alleine die Planung von Design und Funktionalität im Einklang mit dem WAF ist eine echte Herausforderung. Deine Variante gefällt mit ausgesprochen sehr gut!
Ich wünsche euch viele schöne Stunden mit dem neuen Wohnzimmer und der tollen Anlage.
Gruß Kai
Hallo Tobias. Sehr schick und konsequent Deine Arbeit. Da sieht man mal, was nach erster vermeintlicher Aussichtslosigkeit noch möglich ist. Das mit dem Licht…. Naja. Ein Hingucker ist es aber allemal. Ich wünsche Euch viele Stunden Spaß mit Deinem Werk.
Gruß Martin
Glückwunsch,
Sehr schick.
Und ein weiterer Vorteil dieser Variante, die holde kann nicht einfach irgendwelche blumenvasen auf die Mains drauf stellen 😉
und dass sie deine Anlage mitbenutzt spricht auch sehr dafür dass es ihr Freude bereitet.
Alles richtig gemacht.
Matthias
Klasse! Absolut aufgeräumt und elegant. Da werden noch einige Wow´s bei Gästen kommen, und nicht nur wegen der gelungenen Optik.
Herzlichen Glückwunsch, vor allen auch, dass es Deiner Frau gefällt und sie auch die Anlage nutzt.
Peter