20. April 2025

Duetta NG und der Drang nach Perfektion

Autor: Udo Wohlgemuth

Wieder einmal legte ich zum musikalischen Tagesabschluss die fantastische CD von Alexander John in den Player, setzte mich vor die neue Duetta NG und lauschte dem emotionsgeladenen Spiel des jungen Künstlers. Bereits fünf Mal durfte ich ihn live in Nordhausen genießen, wo er uns bei jedem jährlichen Event mit einem wundervollen Klavierkonzert beglückte. “Flow” floss in meine Ohren. Mit geschlossenen Augen war ich wieder in der Cyriaci-Kapelle, wohin mich die Töne aus dem Flügel augenblicklich entführten. Doch trügt die Erinnerung? Sollte die begleitende linke Hand nicht noch etwas präziser klingen? Ein wenig fehlte mir der Anschlag, auch das Ausklingen der tiefen Töne passte dynamisch nicht so ganz zur sauber vorgetragenen Melodie aus der rechten Hand. Gab es da etwa eine Schwäche im Grundton, wo Bass und Mitteltöner sich die Übertragung der Frequenzen teilen? Gravierend war es nicht, fiel auch nur beim piano und pianissimo als “minimal zu weich” auf. Und war da nicht manchmal ein etwas zu lauter Ton im Mittelbass? Es ist nicht das erste Mal, dass Langzeithören kleine Schwächen offenbart. Schon die Ur-Duetta  musste ein paar Korrekturen über sich ergehen lassen, denen damals vor allem die “High End”-Bauteile in der Weiche zum Opfer fielen. Das muss ich doch mal überprüfen, wenn etwas mehr unverbrauchte Zeit vorhanden ist. Aber jetzt erst einmal Licht aus, es ist Feierabend.

Und dann hatte ich tatsächlich etwas Zeit und fragte mich, was ich denn damit anfangen soll. Das war gar nicht so einfach zu beantworten, denn in solch eine Situation komme ich äußerst selten. Meist reichen die wenigen Minuten eines Tages gerade einmal dafür aus, die dringendsten Dinge zu erledigen und die anderen auf morgen zu verschieben. Und jetzt sowas! Naja, es gab ja etwas zu überprüfen, wie ich erst kürzlich festgestellt hatte: die Serienschaltung von Bass und Mitteltöner der Duetta NG. Nein, Zweifel an ihrer Qualität hatte ich nicht, klanglich war eigentlich alles ok. Doch ich hatte sie nicht mit einer “normalen” Parallelschaltung verglichen. Klar, die gab es ja auch wegen des mit mir selbst ausgemachten Entwicklungsziels nicht: durch die doppelte Nutzung der Bauteile galt es, ohne Klangeinbussen ordentlich Geld einzusparen. Aber jetzt hatte ich die Zeit, ohne monetäre Vorgabe eine Weiche mit parallelen Chassis zu entwerfen.

Doch fangen wir die praktische Arbeit erst einmal weiter vorne an mit einem (ganz) kurzen Blick auf die Aufgaben einer Frequenzweiche und der daran beteiligten Bauteile. Nun, die Weiche teilt den Chassis die Frequenzbereiche zu, für die sie besser geeignet sind als ihre Mitspieler. Ihre Helfer heißen Spule, Kondensator und Widerstand mit ihren spezifischen, elektrischen Eigenschaften.

Da haben wir zuerst den Kondensator und die Spule. Beide sind frequenzabhängige Widerstände, ihr Verhalten zeigen die Diagramme für 1,0, 3,3 und 10 mH, sowie 10, 33 und 100 µF an einem idealen Lautsprecher mit 8 Ohm und 80 dB SPL.

Der Kondensator sperrt durch seinen hohen Widerstand gegen tiefe, die Spule gegen hohe Frequenzen. So können wir durch geeignete Zusammenstellung mit zusätzlicher Dämpfung durch Festwiderstände den Amplitudenverlauf aller Chassis in die rechten Grenzen weisen. In der parallelen Weiche wird jeder Lautsprecher individuell bearbeitet, in der seriellen geschieht das ganzheitlich mit komplexen Abhängigkeiten aller Komponenten untereinander.

Ebenso wichtig wie der sich ändernde Widerstand von Spule und Kondensator ist deren Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom (graue Linie). Sie beeinflusst die Addition oder Subtraktion der Zweige im Trennbereich.

Nachdem wir nun grob wissen, was in den Schaltungen vor sich geht, kommen wir zur Entwicklung der Parallelweiche. Fest stand schon die Abteilung Mittel-Hochton, die bereits in Parallelschaltung ausgeführt war. Hieran gab es nichts zu meckern, lediglich die serielle Trennung von Bass und Mitteltöner musste auf parallel umgestellt werden. Ohne lange Rede: Tief- und Hochpass wurden auf Filter 2. Ordnung umgebastelt.

Um im Bass die Raumeinflüsse auszuklammern, wurde unter 300 Hz im Nahfeld gemessen, wodurch sich die unrealistisch geraden Linien ergaben. Unter den gleichen Bedingungen wurde dann auch zum Vergleich die serielle Schaltung (rot) diagrammiert.


Ja, es sind kleine Unterschiede zu erkennen. Doch sollten die tatsächlich für die zu weichen Anschläge der linken Hand und den manchmal vorlauten Bass verantwortlich sein? Nun, die Ursache liegt tiefer und ich musste ein wenig näher an die Sache heranrücken.

Üblicherweise verraten die Zweigkurven, ob denn überall ausreichend gut addiert wurde. Bei Serienweichen spielen jedoch alle Chassis und Bauteile im wörtlichen Sinn miteinander und somit sind Messungen der einzelnen Chassis nicht möglich. Doch wenn ich mit dem Mikro sehr nah an das Chassis heranrücke, wird der vom anderen Treiber abgestrahlte Schall vernachlässigbar gering vom Mikro aufgenommen und ich kann so die Auswirkungen der Filterung auf die einzelnen Chassis ermitteln.


Im ersten Diagramm sehen wir die Addition der Zweige (pink) bei gleichphasigem Anschluss der Chassis, im zweiten sind sie gegenphasig (blau) angeschlossen. Und hier haben wir den Teufel entdeckt, der tief im Detail steckt. Bei keiner Polung ergibt sich die angestrebte Addition der Zweige, die bei der Parallelschaltung vorhanden ist.

Und nun passt die Klangbeschreibung noch besser, die mein Lehrherr und Chefredakteur Heinz Schmitt vor mehr als 24 Jahren in der Klang und Ton zur Duetta geschrieben hatte:

“Es gibt bestimmt viele Boxen, die beeindruckend Musik und andere Schallereignisse wiedergeben, doch die lässige Selbstverständlichkeit, mit der die Duetta zur Sache ging, übertraf unsere Erwartungen und Hoffnungen bei Weitem. Da holte eine Sängerin einfach Luft ohne asthmatische Nebengeräusche, bevor sie die Stimme erhob, und die Berliner Philharmoniker zerrissen beim Umblättern ihre Notenblätter nicht, wie von vielen Boxen behauptet. Die Basswiedergabe wurde dabei dem Qualitätsanspruch mehr als gerecht. Tiefe Töne ließ die Duetta nur dann hören, wenn sie vom Verstärker geliefert wurden, aber dann mit Ehrfurcht gebietendem Druck und faszinierender Präzision. Kein dröhnig lästiges Dauergebrummel störte den Musikgenuss.”

Schade für den Geldbeutel, dass es trotz guter Messkurven mit der kostengünstigeren Serienweiche nur ein zu 90 % zufriedenstellendes Klangerlebnis gab. Mit der verbesserten Schaltung kommen wir nun auf die angestrebten 95 % des perfekten Klangs. Für die noch fehlenden 5 % bis zur Perfektion lohnt sich für jeden Musikliebhaber der Weg zum Konzert. Sofern es keine Terminkonflikte gibt, findet es auch in diesem Jahr wieder beim Event in Nordhausen statt.

Udo Wohlgemuth

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Hallo Udo,
danke für die Erläuterung des Unterschiedes. Jetzt geht mir ein Licht auf.
Ich meine mich erinnern zu können, mal bei einer Fertigbox eines namhaften Herstellers so etwas gesehen zu haben. Da wunderte ich mich, dass nur eine Spule und ein Kondensator verbaut war und dachte, naja man kann es auch auf die Spitze treiben mit der Bauteilreduktion. Entweder es war dann tatsächlich eine serielle Weiche oder halt doch nur gespart. Ich kann leider nicht mehr nachschauen.
Gruß
Daniel

Guten Abend Udo und frohe Ostern!

Ich habe die Serienweiche der Duetta NG sehr interessant gefunden, aber auch diesen Artikel,
weil er auch sehr gut die Grundlagen von Frequenzweichen veranschaulicht.

Schade, die Idee der Serienweiche, Schwingspulen als “aktive” Bauteile der Weiche zu nutzen, kam mir recht innovativ vor.

Für mein Verständnis: Eine Spule in einer Parallelweiche besitzt ja ne statische Induktivität.
Ne Schwingspule, welche sich um den Polkern des Magneten bewegt, hat somit ja immer ein gewisses Verhältnis aus Luft- und Kernspule.

Wirkt sich das auf deren Induktivität aus und macht den Unterschied?

Gruß,
-Sparky

Hallo Udo,

die schwarze Magie überlasse ich weiterhin Dir, darum stehen hier viele Deiner Lautsprecher bei mir rum 😀

Ich war neugierig und Du hast mir mit dieser Antwort bereits alles Wissen gegeben, welches ich dazu haben wollte. Habe eine Ahnung, was da elektrotechnisch passiert nun.

P.S.

Und was das CAD simuliert, ist halt simuliert.
Ich kann z.B. etwas über Farblehre lesen und die dann auf ne Leinwand kippen. Das macht micht aber noch nicht zum Künstler….

Du entwickelst nach wie vor Deine LS ganz am Schluss mit dem Ohr, das macht Dich zum Künstler und da kommt keine Simulation ran 🙂

Gruß,
-Sparky

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