15. September 2024

Uwes Ceram 17

Autor: Dilettant

Was verleitet einen, schon wieder Boxen zu bauen? Jedes Zimmer ist bestens bestückt. Es gibt keinen unbeschallten Kubikzentimeter Luft im Haus. Und doch ist der Reiz da, etwas Neues zu schaffen. Spätestens nach unserem Tripp zum Event in Nordhausen war meiner Frau und mir klar, dass das Kapitel Selbstbau nicht abgeschlossen ist.

In Nordhausen habe ich die meiste Zeit bei den Kompaktboxen verbracht, einfach weil dort mein Verstärker für die Versorgung der Lautsprecher verantwortlich war und ich somit das Umstecken der Kabel übernahm.

Immer wenn der kleinen Ceram 17 das akustische Ruder übertragen wurde, entspannte sich der Klang auf wundersame Weise. So war zumindest mein Empfinden. Aber damit war ich wohl nicht allein. Des Öfteren wurde ich gebeten, doch nochmal auf die Dinger mit den weißen Membranen umzustecken. Und ja, nicht nur der Sound, auch die Gesichtszüge der Zuhörer entspannten sich regelmäßig. Für mich war das ein Zeichen, dass Udo hier einen Volltreffer gelandet hat.

Zurückgekehrt zur heimischen Anlage mit meinem Chorus Ensemble verblasste die Erinnerung an das Hörerlebnis ein wenig. Dennoch blieb da ein Kribbeln. Die erlösenden Worte kamen wie so oft von meiner Gattin. „Du musst die Dinger einfach bauen. Was willst Du denn sonst nächstes Jahr mit nach Nordhausen nehmen?“ Wenn also schon kein Raum in der Herberge zu finden ist, dann wenigstens in der Musikschule im Südharz. Die Entscheidung war gefallen und Udo wurde mit der Lieferung beauftragt.

Bei der Gestaltung hatte ich mir diesmal zwei Ziele gesetzt. Ich wollte das Gewand mit Schieferfurnier realisieren und ich wollte die Befestigungsschrauben der Chassis „verschwinden“ lassen. Mit dem Steinfurnier hatten wir schon erste gute Erfahrungen bei der Badrenovierung gemacht. Und Boxen ohne Schrauben – wie man es ja vermehrt auch bei Kaufboxen sieht – finde ich einfach schön.

Also erstmal zwei, drei Sachen ausprobieren, bevor es richtig ernst wird. Zunächst haben wir nach längerem Suchen das richtige Furnier für uns gefunden. Lässt sich so etwas mit der Oberfräse bearbeiten, ohne dass es ausreißt? Ja, das funktioniert ganz hervorragend!

Die Chassis kann man also ganz normal in das Steinfurnier einlassen. Zur Abdeckung der Schrauben sollte eine Art Maske aus gebogenem Holz dienen. Diese musste zu entfernen sein, damit man auch später noch an die Chassis heran kommt.

Mit dem Biegen von Fuma Biegesperrholz hatte ich mich zuletzt bei meiner U_Do 51 CoACL beschäftigt. Hier habe ich auch gleich jeweils 4 mm dickes Holz gebogen. Also schritt ich frohgemut zur Tat.

Zunächst einmal wurden alle Holzreste in 19 mm zusammen getragen.

Das Äußere war hier relativ egal, da ja nachher das Steinfurnier drauf sollte. Das Zusammensetzen der sechs Bretter plus Versteifung und Reflexkanal ist schon geübter Standart und ging leicht von der Hand. Ergänzend zu den eigentlich Boxen entstand eine Dummy-Box mit der gleichen Breite und den gleichen Rundungen. Hier wollte ich mich mit dem Biegeholz austoben.

Leider ging der erste Versuch aber mal so richtig in die Hose.

Das Holz schlug Wellen und bog sich an Stellen, die dafür nicht vorgesehen waren. Wieso hatte es beim letzten Mal mittels heißem Dampf so gut funktioniert? Wahrscheinlich weil die zu biegende Seite da nur ca. 19 cm in der Breite hatte, jetzt aber 36cm! Von der Breite konnte ich mich ja nicht verabschieden. Also musste das Holz dünner werden. Eine Nachbestellung mit nur 2 mm dickem Holz folgte.

Zwischenzeitlich entstand die Weiche, welche ja im Baubericht von Udo mit Bildern hinterlegt war. Das machte die Sichtprüfung des Netzwerkes einfacher.

Dann folgte der zweite Versuch mit dünnerem Holz und dank der Hilfe meiner Frau mit 4 Händen. Die einzelnen Teile wurden mit Leim bestrichen und an einer Seite nach Vorgabe einer Schablone auf den Dummy geschraubt.

Danach kam der Dampfreiniger zum Einsatz und das feuchte Holz wurde gezogen und mit Gurten und Zwingen fixiert.

Nach dem Durchtrocknen sah das ganze schon ansprechender aus.

Abschließend habe ich die Maske furniert und an den Rändern passend zugeschnitten.

Nun musste noch geklärt werden, wie weit die Chassis – und hier vor allem der Hochtöner – abgedeckt werden sollten. Im Halbschlaf beim Zusammenträumen so einer Box kann man sich ja immer alles Mögliche vorstellen, aber in der Realität sieht vieles dann doch ganz anders aus. Also habe ich auch hier Muster erstellt, die dem Familienrat vorgelegt wurden.

Zwischen ganz frei (dann kann man sich die Maske natürlich auch sparen) und völliger Überdeckung aller Schrauben entschieden wir uns für die goldene Mitte.

Jetzt wurde aber erst einmal der Schiefer aufgebracht. Das Zeug lässt sich mit dem Cuttermesser schneiden und ähnlich gut verarbeiten wie normales Furnier.

Ich entschied mich für Kontaktkleber. In gut gelüfteten Räumen lässt er sich prima auftragen. Nur beim Aufsetzen muss man sich seiner Sache sehr sicher sein, da ein nachträgliches Verschieben fast unmöglich ist, sobald die beiden Flächen miteinander in Kontakt gekommen sind. Auch das gelang mit Hilfe der Gattin, die auch noch beruhigend auf den nervösen Bastler einwirkte („ruhig Brauner…“), ganz ordentlich.

In das Gehäuse hatte ich zuvor Magnete eingelassen, deren Gegenstücke ich nun in meine Masken einließ.

Auch hier musste ein erster Versuch revidiert werden, weil die Magnete nicht stark genug waren, um die Maske bündig am Gehäuse zu halten. Also habe ich stärkere Magnete nachbestellt. Aber auch das führte nur teilweise zum Erfolg. Nach etwas Überlegen fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mein Dummy hatte wie gesagt exakt die gleiche Größe wie die Boxen. Diese bedeckten nun aber ein Kleid aus Steinfurnier, das ein wenig auftrug. Dann zwickt es halt beim Überstülpen. Also tief durchatmen und die Innenseiten der Masken ausschleifen.

Irgendwann war dann die Passgenauigkeit für meine Augen gut genug.

Nun sollten ja die Masken exakt über den Chassisrändern liegen. Dazu mussten die Lautsprecher in der Box und die Maske das gleiche Zentrum haben. Also erst die Maske auf der Box platzieren und dann die Mitte für den Fräszirkel bohren. Ich habe dann gleich noch die Bohrungen der Masken auf meinen Dummy übertragen, um die Ausschnitte in der Maske anzurunden. Leider war mein Dummy etwas zu kurz, um für beide Masken die Maße zu übernehmen. Es gab da eine kleine Überschneidung der Kreise. Das sollte mir kurz vor Schluss noch die größten Kopfschmerzen bereiten…

Die nächsten Schritte sind dann wieder Routine und einfach, wenn man die exakten Maße auf den Fräszirkel überträgt.

Nun noch schnell die besagten Rundungen anbringen. Da der Fräskopf unten mit einer Rolle geführt wird, habe ich den Dummy entsprechend tief ausgefräst, so dass die Rolle guten Halt findet.

Nur eben nicht da, wo die beiden Kreise sich mangels Platz überschnitten haben. Und obwohl mir diese Problemstelle bewusst war, und obwohl ich deswegen äußerst vorsichtig vorgegangen bin, ist mir der blöde Fräser weggerutscht. Die Maske war fürs erste versaut.

Dreimal ums Haus laufen in Verbindung mit blutdrucksenkenden Atemübungen brachte mich wieder zurück auf Mutter Erde. Ich habe den Ausschnitt dann minimal größer machen müssen und so lange per Hand nachgeschliffen, bis ich mit dem Ergebnis leben konnte.

Nun waren sie fertig, die Ceram 17. Und ich auch. Also schnell ins Wohnzimmer mit den beiden und ein erster Testlauf unter Herzklopfen, weil ich Sorge hatte, dass mein Gebrutzeltes an der Weiche vielleicht nicht passt. Es sollte nur ein Funktionstest werden, aber ich war vom ersten Moment so geflasht vom Klang, dass ich das Aufräumen der Werkstatt verschob, mit offenem Mund sitzen blieb und lauschte.

Ich hatte erwartet, dass sie erstmal harsch klingen und sich einspielen müssen. Aber vom ersten Ton an passte alles zusammen. Ich hätte den Klang auch so schon gekauft. Jetzt einige Zeit und etliche Sessions später ist alles noch ein bisschen runder geworden.

Die Ceram spielen sehr klar, was sie ein wenig schlanker wirken lässt als meine SB 15 oder auch die Chorus. Wenn die Aufnahme es hergibt, ist aber reichlich Bass vorhanden. Und der kommt richtig knackig auf den Punkt. Die räumliche Darstellung ist hervorragend! Die Bühne baut sich schön nach hinten und an den Seiten weit neben bzw. hinter den Boxen auf, wenn der Tonmeister es so wollte. Oft benutzt, hier aber zutreffend: die Lautsprecher verschwinden beim Hören regelrecht. Meiner Frau fiel dazu diese besondere Geschlossenheit auf. Das mag am gleichen Material der Membrane liegen, aber man kann die Chassis nicht einzeln heraushören. Insbesondere Stimmen sind ein Traum. Ich hatte noch nie ein Box, die die S-Laute dermaßen natürlich wiedergegeben hat!

Die Ceram-Boxen sind für mich die hidden Champions in Udos Programm. Ich hoffe, es wird noch viele Nachbauten geben! Danke Udo für diese tollen Kreationen! Wir freuen uns alle schon auf Nordhausen, hier gibt es für alle Interessierten alle Infos zum Jahrestreffen 2024.

Liebe Grüße aus dem nördlichen Ostwestfalen

Uwe

Zur Ceram 17 im Online-Shop

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Hi Uwe,
Ich schließe mich Rundmacher an, auch ich würde mir gerne eine Furnierprobe in Nordhausen anschauen wollen.
Ansonsten alle Daumen hoch, das traue ich mir so nicht nachzubauen, aber ich werde mir ein paar Gedanken machen, ob eine „Lightversion“ für mich umsetzbar wäre.
Viele Grüße aus OWL
Hermann

Oh, mal etwas Neues mit dem Furnier. Es gefällt mir, und wenn es da weitere Furniervarianten gibt kann man ja überlegen was in Zukunft so passieren würde. 😉
Der Baubericht schön detailliert, gute und passende Fotos. Den lese ich mir in aller Ruhe mehrmals durch.
Der Schmatzer mit der Oberfräse, da könnte man sich selber in den Allerwertesten treten, ich weiß. Ich überlege nur was da wie weg gerutscht ist. Hätte man das nicht fixieren können? Mit Hilfsschrauben, oder doppelseitigen Klebeband?
Die Keramikhochtöner. Als ich damals den 26HD3 das erste mal hörte war er mir fast zu grell (Kommentar Udo, “das kann man ändern”), zwei Jahre später hatte ich ihn in der L41 ACL verbaut und war begeistert. Vielleicht ist es ja so das sie etwas schärfer klingen, aber das ist nur eine Vermutung von mir. Für meine Ohren wäre dies mittlerweile angebracht.
Sollten noch ein paar Reststücke vom Furnier existieren könntest du sie wohl am 09.11. mitbringen?

VG Rundmacher

Hallo und Danke für deine Nachricht!

Das mit dem Ausrutscher ist schwer zu erklären. Meine Dummy-Box war nicht lang genug, um beide Masken hintereinander draufzulegen. Daher haben sich die beiden Kreise für die Tieftöner überschnitten. Der Fräser hatte für ein kleines Stück keinen Anschlag…dumm gelaufen.

Den Hochtöner empfand ich zu keiner Zeit als spitz. Im Gegenteil. Der Gesamtklang der Ceram ist nach oben raus eher rund als hell. Dafür sind die Mitten sehr durchsichtig. So ist zumindest mein Eindruck.

Ein Reststück Furnier werde ich auf jeden mit nach Nordhausen bringen! Ich freue mich schon auf den Austausch!

LG Uwe

Ich hatte ja auch mit den Cerams geliebäugelt, kam aber leider nie so richtig mit den weißen Membranen klar. Mit dem Echtsteinfurnier sieht das aber mal richtig gut aus! Den Fräsern hat die Bearbeitung nichts ausgemacht?
Und darf ich nach dem Hersteller des Furniers fragen? Ich hatte immer nur Anbieter gefunden, bei denen man große Mengen bestellen musste.

VG Alex

Hallo Alex,

das Furnier stammt von der deutschen Firma Slate Lite. Die haben sehr viele verschiedene Sorten Natursteinfurnier in passablen Größen. Ich habe das „ultra thin“ verwendet, weil es sich sehr gut biegen lässt. Ist wirklich erstaunlich was man damit alles machen kann, obwohl es aus Stein ist.

LG Uwe

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