31. Dezember 2023

AryU_Do 71

Autor: Udo Wohlgemuth

“Das ist ja mal eine großartige Idee” las ich in vielen Mails, die mich nach Jörgs Bericht zu Ralfs Ary U_Do 74 erreichten. Es war der eine Halbsatz, der die Schreiber elektrisierte: Kein separater Verstärker. Die Zeiten ändern sich und den gewohnten Sideboard- oder Rackaufbau mit dickem Boliden und diversen Zuspielern haben zum Mindesten die Jüngeren unter uns längst hinter sich gelassen. Es regiert die smarte Welt mit Handy-App – man kann sich beinahe kein Leben ohne das ehemals als Telefon bekannte Allzweckgerät vorstellen.

“Für mich reicht es aber völlig aus, wenn die Musik aus kompakten Lautsprechern übertragen wird. Mehr Platz hab ich nicht.” waren oft die nachfolgenden Sätze. “Dann versuch es doch mit dem Ary SB 18-Set.” antwortete ich dann.

“Naja, wenn es noch etwas günstiger geht, meine Ansprüche sind nicht audiophil. Die U_Do-Reihe ist doch ein toller Ansatz.” Ja, da hatten wir es wieder. Ich stelle etwas vor und schon kommt das bekannte “Könnte man nicht auch …” Aber so habe ich wenigsten keine Langeweile und eine gute Ausrede, warum ich wieder einmal “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” nicht gesehen habe. Nun gut, schaun wir mal, was wir denn haben.

Für unser Event in Nordhausen hatte ich aus jeder Serie eine kompakte 17/ HT-Kombination aufgebaut, damit man die unterschiedlichen Reihen im direkten Vergleich testen kann.

Natürlich gab es somit auch die U_Do 71, den potentesten Regalo aus der wirklich ihren Preis werten Aufsteiger-Klasse. Klanglich lässt sie nicht viel Platz zum Meckern.

An und für sich kann man sie direkt an den Arylic Plate Amp 2.0 anschließen und alle implementierten Vorzüge des kleinen Verstärkers nutzen: Zuspielung durch WLan oder Bluetooth mit Zugriff auf alle gespeicherten Medien, Direktempfang nahezu aller Streaming-Dienste, die längst die antike Hardware wie Platten- oder CD-Spieler ersetzt haben. Man kann sie im wörtlichen Sinn recht leicht von Raum zu Raum tragen, in dem man gern Musik hört. Wem das schon zu viel an tragender Rolle ist, kann sie auch an Ort und Stelle belassen und weitere Bausatz-Sets für die anderen Räume ordern. Auf diese Weise ist es möglich, von jedem Platz in der Wohnung die Musik allerorten mit nur einem Smartphone zu steuern, sei es Pegel, Tonquelle oder Titel.

Meinem Vater hätte das sicher sehr gefallen, wenn ich vor vielen Jahrzehnten mein Jugendzimmer mal wieder heftig durchrockte. Er mochte Musik und hörte häufig seine Operetten-Platten mit Rudolf Schock und Anneliese Rothenberger oder die Schlager der 40er und 50er von Rudi Schuricke bis Caterina Valente. Mit den hektischen Tonfolgen der jungen Menschen fremdelte er – aus heutiger Sicht verständlich – ein wenig, aber mit diesem ewigen Generationenkonflikt blieb er nicht allein. Auch ich kam nicht umhin, mich in der Klangbeschreibung zur Ceram 85 vollkommen zu Recht über das völlig sinnbefreite Computer-Gezuppel der Petshop Boys zu echauffieren. Und warum Taylor Swift mit ihrem mehr oder weniger banalen Singsang im ersten Halbjahr 2023 die meisten Schallplatten (!) verkauft hat, entzieht sich vollkommen meiner Vorstellungskraft. Auf dem 2. Platz lag Lana del Rey, die aber nur die halbe Menge schaffte. Wo war doch noch das Heftiges-Kopfschüttel-Emoji? Aber so sind wir Alten halt, für “Barbie” würde ich auch nicht ins Kino gehen.

Oh, da hab ich mich ein wenig vergalloppiert, zurück zum Thema. Wie sicher den meisten Lesern längst aufgefallen ist, habe ich keine Probleme mit neuen Zeiten. Wer nur gelten lässt, was ihm altbekannt ist, lebt rückwärts gewandt und sein “Damals war alles besser!” nimmt ihm den Blick auf die grandiosen, technischen Neuerungen, die gerade in den letzten Jahren früher teures Großes in bezahlbares Kleines transformiert haben. Ich rede hier natürlich auch von der Entwicklung bei der Musikwiedergabe, wo seit einiger Zeit der Turm aus vielen Einzelgeräten durch einen kleinformatigen Alleskönner verdrängt wird. Ja, wer wirklich hohe Ansprüche an beste Musikalität legt, wird noch seine alten Platten oder CDs nutzen, die nicht in die All-in-ones gesteckt werden können. Das wurde eingetauscht gegen die Bequemlichkeit des Streamens, das uns grenzenlos durch die gesamte Musikwelt wandeln lässt. Seit einem halben Jahr sind auch wir dank der Arylic-Amps fleißig dabei, dies platzsparend und kostengünstig in alle Räume zu übertragen. Nun ist also wunschgemäß die U_Do 71 BR an der Reihe. Damit der Aufbau des Chassis-Domizils klappt, habe ich eine Zeichnung mit Freecad angefertigt, die selbstverständlich für die eigenen Bedürfnisse umgemodelt werden darf.

An die fertige Box schloss ich einen Kanal des Plate Amp 2.0 an und schon konnte ich mit der Workbench den Frequenzgang nach Belieben zurechtbiegen. Zur Kontrolle meiner Arbeit lief auf dem zweiten Rechner Clio mit und malte mir die entstandenen Kurven auf den Bildschirm.
Nachdem ich die Box mit Weiche und ohne “Über alles”-Bearbeitung gemessen hatte, schaltete ich einen Hochpass gegen zu tiefe Anregung. Als man noch Schallplatte hörte, war das nötig, um die Resonanz des Tonarms zu unterdrücken, die unnötig die Membran zu ungesundem Hub zwang. Und was früher einmal gut war, kann heute auch nicht schaden. Zusätzlich gab ich dem Bass einen kleinen Boost, der für die frei stehende AryU_Do 71 sicher hilfreich, aber nicht übertrieben ist.
Das sieht eigentlich schon ganz gut aus, könnte aber etwas weniger präsent sein. Also senkte ich den Pegel zwischen 1 und 11 kHz leicht ab.
Das Endergebnis kann sich durchaus sehen lassen, wie auch der Vergleich “vorher – nachher” und die Winkelmessungen beweisen.

Nun haben wir bei den Arylic-Modulen leider nicht wie bei den Hypexen die Möglichkeit, mehrere Setups per Klick abzurufen. Doch auch bei ihnen ist eine kleine Anpassung an eigene Hörvorlieben leicht möglich. In der Bedien-App “4Stream” findet sich ein Zahnrad, hinter dem sich unten “EQ” öffnet lässt. Hier kann der Bass und der Hochton stufenweise angehoben oder abgesenkt werden. Die Auswirkungen für Bass-1 und Hochton +1 habe ich in den beiden folgenden Diagrammen abgelegt.

Um die Mitten etwas zu betonen, senkt man den Hochton ebenfalls um einen Punkt ab. Die klassische “Badewanne” mit Mittenabsenkung erzeugen Bass+1 und Hochton+1. Dies ist natürlich auch bei allen anderen Ary-Bausätzen ausdrücklich erlaubt. Mit Freude Musik zu hören, hängt – handwerklich saubere Abstimmung vorausgesetzt – nicht an objektiv messbaren Linearitäten, sondern ist völlig subjektiv nicht zuletzt von der eigenen Stimmung abhängig. Deshalb mag ich nun auch nicht ellenlang über die klanglichen Meriten der AryU_Do 71 hin und her reden. Sie hat mich nicht völlig unerwartet mit grandiosem Wohlklang überrascht, sie war auch nicht das Allerbeste, was meine Ohren je verwöhnt hat. Trotzdem keine Sorge, du bekommst mit ihnen objektiv ein Produkt, das klanglich viele Lautsprecher für weit mehr Geld positiv auf Distanz hält. Und so nebenher, falls ich es noch nicht geschrieben habe: Ich freue mich riesig, dass mir die Arylic-Module dank der ACPWorkbench so viele Optionen der Gestaltung an die Hand geben. Ideen habe ich schon genug. Doch vielleicht kommt auch der eine oder andere Leser mit speziellen Wünschen um die Ecke, die mir schon in den vergangenen Jahren oft zu erfolgreichen Bauvorschlägen verholfen haben.

Schöne Ausblicke auf das neue Jahr, für das ich allen Lesern alles Gute wünsche.

Udo Wohlgemuth

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Moin,
dann nutze ich auch mal dieses Kommentarkästchen für einen Neujahrsgruß.

Schön, dass die Einsteiger nun auch mit nem Streamer ausgestattet werden. Könnte echt gut für mein Patenkind passen.

Grüße Enrico

Guten Morgen Udo,

da hört das alte Jahr doch schon mal sehr gut auf. Ich finde die AryU_Do´s sehr gelungen, auch gerade, wie du schreibst, für die “Jüngeren” als moderne Möglichkeit Musik zu hören.

Danke für Deine Schaffenskraft und Dein Engagement. Einen guten Rutsch für Dich und Deine Familie, wie auch für alle anderen hier.

Alles Gute

Peter

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